Zwei Länder, drei geologische Systeme und viele Burgen


Publiziert von PStraub , 12. Dezember 2018 um 20:36.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:12 Dezember 2018
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SG   FL 
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 800 m

Die Alpen bestehen aus drei übergeordneten geologischen Deckensystemen: dem Helvetikum, dem Penninikum und dem Ostalpin. Das Südalpin, geologisch gesehen Teil von Afrika, sei hier ausser Acht gelassen.
Die Gesteine des Helvetikums wurden am nördlichen (europäischen) Rand der Thetis angelagert, jene des Ostalpins am südlichen (afrikanischen) Rand und jene des Penninikum in den Trögen dazwischen.

Heute liegen diese Gesteine längs der Alpen angeordnet: im Nordwesten das Helvetikum, im Südosten das Ostalpin und dazwischen eingeklemmt das Penninikum -> siehe hier. Dabei wechselt letzteres im Tal des Alpenrheins von Süd nach Nord und bildet dort ein schmales Band.
Darum kann man hier mit einer vergleichsweise kurzen Wanderung alle drei Systeme besuchen.


Gestartet bin ich Weite, Haltestelle Plattis, und bin erst dem Wanderweg Richtung Burg Wartau gefolgt. Am Waldrand habe ich einen Forstweg gerade hinauf genommen, das war am Anfang eine gute Idee, weiter oben gar nicht mehr. Aber schneller als der fast flach verlaufende markierte Weg war es allemal.

Obwohl die Burg spätestens dann aufgegeben wurde, als die Glarner die Grafschaft Werdenberg kauften, sieht man den stattlichen Resten heute noch an, wie gross und wichtig die Anlage einmal war.

Burgruinen gibt es in der Umgebung jede Menge - das Rheintal war seit Urzeiten ein wichtiges Transitland. Wer hier Macht hatte, konnte mit Zöllen gutes Geld verdienen. Mächtige Familien wie von Sax-Misox, von Werdenberg oder von Ems/Hohenems stammten aus der Umgebung.

Wie lange die Gegend schon besiedelt ist, kann unmittelbar neben der Ruine "besichtigt" werden. Zu sehen gibt es zwar nichts, aber auf dem Ochsenberg (P. 663) wurde bei Grabungen ein eisenzeitlicher Brandopferplatz nachgewiesen. Vermutet wird auch ein Herrenhof (befestigter Bauernhof) aus der Merowingerzeit.
Der Zugang erfolgt durch ein Gatter im Sattel links von der Burganlage.

Als nächsten Hügel habe ich den Magletsch (P. 738) bestiegen. Auf der LK ist kein Zugang von Süden ersichtlich. Ich bin östlich vom Hof Vergrolis den Wald hoch und weiter oben auf ein gut ausgebautes Netz von Wegen gestossen, die vermutlich bei Palezza beginnen und von den Festungsfreunden unterhalten werden. Auf jeden Fall lässt sich der Hügel von der Ruine aus recht direkt besteigen.

Die Festung Magletsch war als vorgelagerter Teil der Festung Sargans einer der Eckpfeiler der Verteidigungslinie Sargans - Zürich - Hauenstein - Gempenplateau und wurde nach der Kapitulation der Franzosen zur nordöstlichen Ecke des Réduits. Noch heute ist praktisch jedes Gebäude dort oben eine ehemalige Geschützstellung und der Hügel darunter ist löcherig wie ein Emmentaler.

Vom Magletsch bin ich nach Osten durch den Steilwald abgestiegen und habe dann die Procha Burg  besucht. Viel ist davon nicht erhalten.
Obwohl der Name Procha ("gebrochen") auf eine gewaltsame Zerstörung hinweist, gibt es dafür keine Indizien. Die Burg wurde vermutlich einfach nicht mehr gebraucht und deswegen aufgegeben.
Bemerkenswert ist die Lage: Die tiefe Spalte bergseits war besser als jeder künstliche Burggraben.

Als ich im Internet "Procha" eingab, wollte mir Google "Prora" schmackhaft machen. Gemeinsam ist beiden Gebäuden, dass deren Ersteller mit dem Bau Macht demonstrieren wollten. Aber die Dimensionen sind doch ziemlich verschieden.

Nach einer Wanderung auf einem schönen Weg durch den Wald kam ich nach Sevelen und besuchte dort die Überreste der Burg Herrenberg. Aufgestiegen bin ich von Südwesten (vom Hotelparkplatz aus), das ging recht gut.

Dann folgte der eher fade Abschnitt: Sevelen - Vaduz: Das sind erst einmal gut 2.5 km einer Hauptstrasse entlang. Erst am Rhein, den man auf der historischen gedeckten Holzbrücke überquert, wird es angenehmer.

Den Aufstieg zum Schloss musste ich erst einmal finden. Zwar gibt es einen attraktiven Treppenweg, aber keine Hinweise für Fussgänger - bis man davor steht (Schloss-Stieg; Beginn an Ecke Altenbach/Beckgässli).

Beim Schloss Vaduz wunderte ich mich erst über die Wülste an der Nord- und Südwand. Rund, so haben die Savoyer gebaut, bei uns kam das erst mit der Renaissance in Mode. Und tatsächlich handelt es sich dabei um Anbauten aus dieser Zeit.

Der letzte "lokale" Besitzer, also bevor die Herren von Liechtenstein die Herrschaften Schellenberg und Vaduz kauften, war Graf Ferdinand Karl von Hohenems-Vaduz.
Nun waren die Glarner, denen Werdenberg auf der anderen Rheinseite gehörte, als Herrschaft recht verhasst. Doch Ferdinand Karl trieb es so krass, dass über ihn die Reichsexekution vollzogen wurde. Das heisst, er wurde enteignet und entehrt. Einzig der Hinrichtung entging er dank seines uralten Adels.

Sein Geschäft bestand darin, vermögende Bürger der Hexerei anzuklagen und hinrichten zu lassen - und deren Vermögen einzuziehen. Da die Hohenemser das konfiszierte Geld nach dem Urteil nicht rückerstatten konnten, wurden die beiden Herrschaften zum Verkauf ausgeschrieben - und die Liechtensteiner zahlten einen horrenden Preis dafür.


Die nächste und letzte Burg war die Ruine Schalun (auf den Wegweisern = Wildschloss).
Aufgestiegen bin ich nicht dem langweiligen markierten Weg nach, sondern erst Richtung Triesenberg und dann bei der zweiten Kehre dem nicht markierten Weg entlang. Beim Beginn "versperrt" ein umgekippter Baum den Weg, das ist aber das einzige grössere Hindernis.

Gerade als ich oben war, ging dort die Sonne auf, perfekt für eine Pause.

Abgestiegen bin ich erst auf dem rot markierten Weg und nach dem Wasserspeicher den (nicht markierten) geraden Weg hinunter. Im Städtchen bin ich den Weinbergen entlang abgestiegen und habe dort den Bus zurück genommen.

Tourengänger: PStraub


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (1)


Kommentar hinzufügen

Primi59 hat gesagt:
Gesendet am 13. Dezember 2018 um 08:36
Mal was ganz anderes als Bergspitzen, sehr interessanter Bericht.

Gruss
Priska


Kommentar hinzufügen»