Schindelegg Nordostwand: Klassische NE-Wand


Publiziert von ossi , 7. Mai 2009 um 22:28.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum: 5 Mai 2009
Wandern Schwierigkeit: T6+ - schwieriges Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SG   Zürcher Oberland 
Aufstieg: 500 m
Strecke:Libingen-Rossweid-Pkt 825-Schwämmli-Nordostwand-Schindelegg
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bus 765 Bütschwil-Mosnang-Libingen. Wandererparkplatz am Ortseingang.
Kartennummer:1:25000 Hörnli und Ricken

Bereits ein schüchterner Blick auf die Landkarte verrät: Hier gibt's nichts zu holen. Die Wand bricht breitflächig ins Tal von Libingen ab, da wird ein Durchstieg durch die Nagelfluh nicht möglich sein. Erst im Rahmen einer Begehung der Habrütispitz Ostwand, als ich so ganz unschuldig und ohne Absicht einen verstohlenen Blick in diese Fluh hinein riskierte, dachte ich ein vages erstes Mal an eine mögliche Begehung.

Allgemeines zur Tour: Ganz im Sinne der klassischen Touren bewegt sich die "Klassische NE-Wand-Führe" zwar immer durch die Wand, sie folgt aber konsequent den einfachsten Stellen. Dies macht die Wegführung zwar sehr verworren, aber durchaus logisch. Die Tour bewegt sich durch den äussersten Nordteil der Wand, wo mir eine Durchsteigung am ehesten möglich schien; alles andere weiter südlich sieht dann doch sehr, sehr ambitioniert aus.

Zustieg: Der Zustieg ist ein landschaftliches Highlight und auch weniger erprobten Tösstalbergsteigern empfohlen. Von Libingen aus folgt man der Strasse zur Rossweid und weiter zu Pkt. 825, überschreitet den Bach, folgt einem Weg weiter über eine Lichtung mit Häuschen und gelangt kurz darauf an eine Bachgabelung, wo der Spass beginnen kann. Hier folgt man dem Bach, der aus Südwesten zufliesst und gelangt bald in einen traumhaft schönen Kessel unter eine gewaltige Nagelfluhstufe (Wasserfall). Man wählt dicht unter dem Wasserfall einen Sporn zur Linken (im Aufstieg gesehen), bis man unter Felsen gelangt, die talauswärts gehend umstiegen werden können (Sporn T4-, Überwindung einer kurzen Stufe T5). Nun quert man zurück, bis man über die grosse Nagelfluhstufe mit dem Wasserfall zu stehen kommt. Eine  breite Bachrunse wird überquert und man gewinnt einen breiten Sporn, umgeht diesen aber, durchquert nochmals eine offene Bachrunse und benutzt dann erst diesen Sporn, um einfach durch Wald an Höhe zu gewinnen (maximal T3, wunderschöne Blicke in kleine Felsstüfchen). Kurz vor Erreichen einer Wiese wird die Bergstation einer Materialbahn passiert, diese ist auf der Karte als Häuschen festgehalten.

Ist die Wiese (Schwämmli) erreicht, zielt man auf den Waldrand rechts (im Aufstieg), durchquert im Wald eine weitere breite Bachrunse und steigt auf der andern Seite auf eine neue Waldlichtung aus. Nun geht's steil nach oben, zuerst über die Lichtung, dann wieder in den Wald hinein bis unter die eigentliche NE-Wand.

Durchstieg NE-Wand: Zuallererst gilt es einen kurzen, etwa fünf Meter hohen Vorbau einer Wurzelfolge entlang zu ersteigen (schmutzige Nagelfluh, T5). Man gelang auf ein sehr breites Band und erreicht gerade oberhalb einen Sporn, der über herrlichste Wurzeln und anschliessend über Gras erstiegen werden kann, bis man unter einer hellen, kompromisslos abweisenden Nagelfluhstufe steht (T5). Hier quert man im Aufstieg gesehen auf einem schmalen Band nach rechts, wobei eine erste Schlüsselstelle ambitioniertes Hinstehen erfordert (T6, wenig Erdauflage auf brüchiger Nagelfluh, Tritte müssen behutsam belastet werden). Schliesslich gelangt man auf den markanten Schindelegg NE-Sporn, der die NE-Wand nach Norden hin abgrenzt. Ein Anstieg über den Sporn auf den Gipfel ist sicher möglich und sieht recht einfach aus.

Damit der Spass noch weiter geht, folgt man dem Sporn nur einige Meter, um dann möglichst bald und recht lange wieder horizontal in die NE-Wand hinauszuqueren, immer leicht aufsteigend (T4). Man erreicht einen stumpfen Sporn, von dem aus tatsächlich ganz diskrete Wildspuren in die wohl über 60° steile nächste Felsstufe hinausführen. Im Schnüerliwegstil folgt man den Spuren, bis sie malheureusement plötzlich aufhören. Die kurze weitere Querung auf den nächsten rettenden Sporn ist sehr heikel und führt über ziemlich ungünstige Nagelfluhtritte mit herzlich bescheidener Erdauflage (T6). Nun überquert man -immer noch horizontal- die nächste breite Rinne, diesmal  wesentlich einfacher (T4+) und gewinnt abermals einen Sporn. Diesem Sporn folge ich nun endlich gerade aufwärts, da ich mich unter dem Gipfelgrat glaube. Es gilt eine kurze Stufe mit reichem vegetarischem Angebot teilweise zweifelhafter Qualtät zu überwinden (T5, kleine Leute im Vorteil). Die wenigen soliden Sachen sind es dann auch. Nach zwei, drei weiteren Kletterzügen ist der Gipfelgrat erreicht.

Kulturschock: In dieser Ausprägung hab ich das Folgende noch nie erlebt. Mit nur zwei Schritten gelangt man aus einer wilden, abweisenden Wand in "nullkommanichts" in eine völlig andere, liebliche, wohl gepflegte, instand gehaltene Welt; gewaltig. Irgendiwe seltsame Vorstellung, ich wär jemandem aus der NE-Wand direkt in seine Bratwurst hineingebouldert...

Tour im Alleingang.


Tourengänger: ossi


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Kommentare (4)


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Alpin_Rise hat gesagt: In die Bratwurst hineingebouldert...
Gesendet am 7. Mai 2009 um 23:54
... köstlich, wies nur der Ossi sagen kann ;-)) und Respekt, sieht haarig aus, Z6?
Ein weiteres Schmankerl wartet, aber nicht im ZO!

Delta Pro hat gesagt: Da hat er wiedermal zugeschlagen!
Gesendet am 8. Mai 2009 um 20:37
Und so, wie es nur der ossi kann! Herzliche Gratulation zu einem der letzten "ungelösten Probleme" des Zürcher Oberlandes und eine weitere Tour in der Reihe der dünn gestreuten Z6-Touren!
Gruss Delta

ossi hat gesagt: RE:Da hat er wiedermal zugeschlagen!
Gesendet am 8. Mai 2009 um 21:26
Herzlichen Dank, im Tösstal bist Du im Geiste immer bei mir...;)

Habe von einem Arbeitskollegen erfahren, in Deutschland hätten Grubenarbeiter spezielle Haken entwickelt, die ihnen die Fortbewegung in steilsten lehmigen Halden erleichtern würden (anstelle von Pickeln) Wenn ich so nen Haken mal zu greifen kriege, ...dann such ich mir mal so ein richtig dreckiges Ding und los geht's...;)

Beste Grüsse in den Jura
ossi

kopfsalat hat gesagt: RE:Da hat er wiedermal zugeschlagen!
Gesendet am 9. Mai 2009 um 18:59
normale steigeisen tun's auch.


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