Watzespitze (3533 m) über den Ostgrat


Publiziert von Sebi4190 , 30. August 2015 um 01:24.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Ötztaler Alpen
Tour Datum:28 August 2015
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS+
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m
Strecke:16 km

Geniale Tour bei besten Verhältnissen, bei der der Abstieg allerdings nicht lief wie gewünscht. Aber der Reihe nach.
Los gehts nachmittags in Plangeroß am Parkplatz der Kaunergrat- bzw Rüsselsheimer Hütte. Der Weg zur Kaunergrathütte startet direkt mit einer etwa 400 Meter hohen Steilstufe. Da es ohnehin schon 25 Grad hat wird uns natürlich gleich richtig warm. Das Ende des Steilstücks markiert eine Brücke über den großen Gletscherbach, direkt unterhalb der Plangeroßalm, bei der unser Ziel auch erstmals in Sicht kommt. Weiter geht es gemütlich ins Tal hinein bis zur nächsten Steilstufe, die etwa 300 Meter hoch ist. Hat man diese überwunden kommt man zu schönen Sandbänken, wo sich die Quellbäche der verschiedenen Gletscher vereinen. Besonders schön ist vor allem das teils klare Wasser und das deutlich milchigere, welches hier zunächst noch brav nebeneinander her fließt und sich schließlich vermischt. Die Hütte kommt hier zum ersten Mal ins Blickfeld. Die letzte Stunde wandert man nun auf einer Moräne empor, bis man an die Hütte gelangt. Wir brauchen etwa 2 1/2 Stunden für den Aufstieg. Der Hüttenzustieg allein ist landschaftlich wunderschön, und für diese top Hütte mit super nettem Personal würde es sich auch lohnen, nur für einen Apfelstrudel vorbei zu schauen.
Abends spielen wir in der gemütlichen Stube noch ein wenig Karten, bevor wir uns in das gemütliche Lager schlafen legen. Ich schlafe insgesamt volle sechs Stunden, was bei mir für eine Hütte erstaunlich viel ist. Um halb 6 stehen wir auf und gehen frühstücken. Gegen viertel nach 6 brechen wir auf richtung Originaleinstieg Ostgrat, welchen uns der Hüttenwart am Abend zuvor empfohlen hat, da er gegenüber dem neuen Einstieg eine Stunde Zeit spart.
Zunächst steigt man von der Moräne etwa 50 Meter hinab zum Gletscherbach, wo wir unseren Flüssigkeitsvorrat für den Tag auffüllen. Auf der anderen Seite geht es wieder hinauf bis zu einem steilen Schneefeld, welches man oberhalb in den Felsen umgeht. Unangenehm ist es hier, da viel Schotter auf den Felsabsätzen liegt, die zudem abwärts geschichtet sind. Ist man hier vorbei gekommen, steht man vor dem originalen Einstieg des Ostgrats, welchen ein Tau markiert, das man benutzen kann, muss man aber nicht. 
Ohne das Tau würde ich diese Stelle mit 3 bewerten (0:45 bis hier hin). Weiter geht es nun etwa 100 m die Ostwand querend, immer leicht ansteigend mit zwei unangenehmen Quergängen (nie schwerer als II) bis zu einem Absatz, an dem sich die originale und die neue Route vereinigen. 
Durch eine Rinne (eine Stelle II+) gelangt man zur Schlüsselstelle, wo wir zum ersten und letzten Mal das Seil auspacken. Eine etwa 10 m hohe, leicht überhängende Wand (IV), die allerdings super Griffe bietet. Außerdem hängt hier zur Entschärfung auch noch eine Schlinge, an der man sich hinauf ziehen kann. Die nächsten 100 hm haben wir uns beide nicht besonders gut eingeprägt, was sich beim Abstieg noch rächen sollte, dazu aber später mehr. 
Über ein von der Hütte aus sichtbarem, breitem hellem Band steigt man empor bis man um einen Vorsprung steigt, hinter dem ein riesiger roter Pfeil nach links weist. Über ein sandiges Band erreicht man nach etwa 50m den eigentlichen Ostgrat. Es geht los mit einer recht luftigen IIIer Stelle, welche aber wie eigentlich überall auf dem gesamten Anstieg gute und vor allem feste Griffe bietet. Natürlich liegt ab und zu loses Geröll rum, aber der schöne Granit ist im Vergleich zum Dammkar oder zum Wilden Kaiser natürlich um Welten angenehmer zu klettern. Von nun an bewegt man sich immer mehr oder weniger direkt an der Gratkante entlang (I-II) bis man einen großen Steinmann erreicht.
Ab hier ist der Grat nun deutlich schärfer. Wir sagen uns schon, dass der Abstieg hier richtig ätzend wird, allerdings hängen auch immer wieder Abseilhaken bzw Schlingen früherer Seilschaften rum, was die Sache entschärft. Nach einer letzten IIIer Stelle sieht man erstmals das Gipfelkreuz. Das Gelände ist ab hier deutlich flacher, aber wie auf dem gesamten Grat extrem ausgesetzt (I-II). Eine eklige Stelle um einen großen Felsblock herum folgt noch, und nach einem letzten 3 m hohen Absatz hat man es auf den Gipfel geschafft, den wir nach 2:45 Stunden ab Einstieg erreichen. Laut Topo sind 3:30 für den Aufstieg angegeben, aber die Angabe bezieht sich auf den neuen Anstieg. Außerdem haben wir bis auf die IVer Stelle nicht gesichert. Die beiden anderen Seilschaften am Gipfel zeigen jedoch, dass es auch schneller geht. Beide haben den neuen Anstieg gewählt, beide kamen trotzdem vor uns am Gipfel an. 
Als höchste des Kaunergrats bietet die Watzespitze natürlich eine phänomenale Aussicht, die von der Lechtaler bzw Allgäuer Alpen und der Zugspitze im Norden über die Zillertaler- und Ötztaler im Osten, über die Ortler- und Berninaalpen im Süden, bis hin zum Tödi im Westen reicht. Wir bleiben eine halbe Stunde, ehe wir uns an den Abstieg über den gleichen Weg machen. Der originale Abstieg über den Südgrat und den Gletscher kann man momentan aufgrund von Steinschlag gerade nicht machen. Trotzdem stand im Gipfelbuch ein Eintrag von vor zwei Tagen, der über den Südgrat auf den Gipfel ging, wie auch immer der dahin gekommen ist. 
Einem Abseiler zu Beginn folgt der eklige Block, den man aber umgehen kann wie wir feststellen. Wir folgen dem Grat bis zur IIIer Stelle, vor der wir nach rechts in die Südwand abbiegen. Diese steigen wir etwa 70 m hinab (II), ehe wir wieder richtung Ostgrat queren. Am großen Steinmann kommen wir so nicht mehr vorbei aber den Grat erreichen wir ohne Probleme wieder. Weiter den Grat hinunter bis zur IIIer Stelle, die wir abklettern. Hier kommt der Erste Verhauer. Im Abstiegssinn hätten wir jetzt nach links absteigen müssen durch eine enge Scharte wo man zu dem sandigen Band kommt, das zum großen Pfeil führt. Wir lassen uns jedoch von zwei Haken die wir direkt unter uns sehen verleiten nach rechts abzusteigen, und über den Grat nach links um zu besagten Haken zu gelangen. Wir steigen den Haken nach bis wir nach etwa 30m an eine Steilstufe gelangen wo wir feststellen, dass wir vielleicht doch falsch sind, da wir ja eigentlich mal nach links müssten. Ich finde eine Querung wo eine Schlinge hängt zum Abseilen. Dort hin zu gelangen war allerdings extrem heikel. Glatte, abwärts gerichtete Platten die griffarm sind. Dort dann mit dem Seil zu hantieren erschien uns zu gefährlich. Im Nachhinein war es auch viel zu gefährlich überhaupt da hin zu queren. Wäre ich ein mal nur ein kleines Stück gerutscht oder sonstiges und 50m freier Fall wären die Folge gewesen. 
Wir klettern wieder rauf als wir auf dem Topo sehen, dass wir oben gleich nach links gemusst hätten. Den Bohrhaken sei Dank. Generell ist es im Abstieg schwierig zu erkennen welcher Bohrhaken bzw Schlinge überhaupt zum Ostgrat gehört, da es hier mehrere Sportkletterrouten bis VIII- gibt. Man könnte natürlich über Abseilstellen dieser Routen abseilen, allerdings kann man ja nicht wissen ob das 60m Einfachseil reicht oder ob man dann irgendwo frei 10m über dem Boden hängt. Hier verlieren wir insgesamt 45 Minuten.
Den richtigen Weg gefunden gehts schnell nach unten bis zu Schrofengelände an dem wir wieder einen Abseilhaken finden, den wir allerdings nicht nutzen. Wir folgen dem Grat auf dem Steinmänner platziert sind. Irgendwann müsste es mal nach links gehen richtung IVer Stelle, wir finden allerdings nicht wo. Wir sehen einen Abseilhaken, der zu einem kleinen Plateau führt, was extrem felsig aussieht. Auf dem Weg zu diesem Plateau stecken noch 4 weitere Haken. Aus der Erinnerung von heute morgen schließen wir, dass es hier eigentlich nicht runter gehen kann, vor allem weil hier so viele Haken stecken und wir mehr Gras in Erinnerung haben. Mit dem Wissen der Sportkletterrouten gehen wir nicht direkt hier runter und schauen mal was kommt. Außerdem sieht man ab dem felsigen Absatz nichts mehr bis zum Schotterfeld am Fuß des Ostgrats. Das man bei einem Überhang nicht sehen kann was drunter ist ist klar aber so weit runter kommt uns komisch vor. Auch das Topo besagt, dass man sich der IVer Stelle von rechts nähern müsste (Im Abstiegssinn erst nach links absteigen, dann zur IVer Stelle nach rechts). Da wir schon so weit unten sind denken wir, dass wir eben von rechts an die Stelle kommen müssten. Wir steigen deshalb weiter ab und suchen. Wir landen wieder an einer Stelle wo wir nicht sehen können wo es hingeht. Hier stecken auch nicht mal Haken also steigen wir eben wieder rauf. Den Steinmännern folgend 150m rauf, ständig suchend ob man hier irgendwo links runter kommt, Fehlanzeige. Wir studieren Fotos von heute morgen wo wir hergegangen sein könnten, kommen zu dem Schluss, dass wir irgendwie doch richtig sind hier an den Steinmännern, finden aber einfach nicht wo es weiter runter geht. Nach insgesamt 2 Stunden Sucherei entschließen wir uns, doch mal an den Haken weiter unten zu schauen wo es hingeht. Tatsächlich geht es am letzten sichtbaren Haken nach rechts zur IVer Stelle. Endlich haben wir sie gefunden. Ein letzter Abseiler über diese Stelle und dann weiter zu dem Punkt wo sich Original- und Neue Route trennen. Wir biegen links ab und queren wieder die Ostwand richtung Schneefeld. Mit Hilfe des Taus überwinden wir die letzte Steilstufe. Nun noch ein letztes mal konzentrieren und oberhalb des Schneefelds auf dem Schotter nicht ausrutschen und schließlich sind wir nach ± 9 Stunden in Absturzgelände wieder in Sicherheit. Für den Abstieg bis hier hin brauchen wir knapp 5:30 Stunden. Wenn man die Verhauer abzieht hätten wir es wohl in knappen 3 Stunden schaffen können, auf jeden Fall benötigt man mehr Zeit als im Aufstieg.
Jetzt das Schotterfeld hinunter bis zum Bach, abermals die Wasservorräte auffüllen, die 2 Liter von heute morgen waren längst aufgebraucht. Dann die schlauchenden 50m wieder rauf zur Moräne und zur Hütte. Die wir nach guten 10 Stunden wieder erreichen. Nach einem abschließenden Apfelstrudel machen wir uns an die 1200 m Abstieg nach Plangeroß, für die wir wieder 2 1/2 Stunden brauchen. Immer wieder blicken wir zurück auf die imposante Watzespitze, bis sie schließlich ab der Plangeroßalm nicht mehr zu sehen ist. Die abschließende Steilstufe geht noch mal ordentlich in die Knie. Um halb 8 sind wir wieder am Auto und fahren nach Hause. 
Absolute Traumtour auf den höchsten Gipfel des Kaunergrats, auch wenn der Abstieg schon ein wenig an die Nerven ging. Der Grat ist komplett schneefrei, bessere Verhältnisse sind also nicht möglich. Auf dem eigentlichen Abstieg poltert es durchgehend, auch nachts. Vielleicht wäre der ja einfacher, kann ich aber nicht beurteilen. Dazu muss man auch sagen, dass es im Frühsommer, wo der Originalabstieg möglich ist, am Grat aufgrund von Schneeresten bzw Eis vermutlich schwieriger ist als im Hoch- bzw Spätsommer. 
Der vierte Schwierigkeitsgrad wird ein bzw zwei mal erreicht, je nachdem welchen Einstieg man wählt. Dazu kommen ein paar IIIer und sonst eigentlich durchgehend I-II, Gehgelände kommt so gut wie nicht vor. Das merke ich auch jetzt noch beim Tippen, meine Hände schmerzen nämlich immer noch... Die 750 Klettermeter, mit Verhauern gut und gerne 1000, müssen sich ja auch bemerkbar machen.

Am letzten Juni Wochenende war ich erneut an der Kaunergrathütte unterwegs. Wieder ging es über den Weg von Plangeroß zur Hütte. Am nächsten Tag sind wir über das Steinbockjoch zurückgegangen. Ursprünglich wollten wir noch auf den Westgipfel der Parstleswand, allerdings zog es genau am Steinbockjoch zu. Beim weiteren Abstieg waren wir bis zum Karlesegg nur im Nebel und vor allem damit beschäftigt, Wegmarkierungen zu erahnen. Da immer wieder Schneefelder zu queren waren, waren die Markierungen einfach nicht zu sehen. Spuren gab es aufgrund des Regens der vergangenen Nacht auch keine mehr und so haben wir etwas länger gebracht. Nachdem wir insgesamt 3 mal falsch abgebogen sind und schließlich immer wieder zurück an die letzte Wegmarkierung und dann in eine andere Richtung gegangen sind, kommen wir endlich am Karlesegg an. Ab hier kann man auch wieder mehr sehen und wir steigen problemlos zurück ins Tal. Nebel kann schon extrem lästig sein ...

Tourengänger: Sebi4190, Benedikt


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