Gr. Wechnerkogel über den O-Grat


Publiziert von kardirk , 13. August 2015 um 12:07.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Stubaier Alpen
Tour Datum:12 August 2015
Wandern Schwierigkeit: T6+ - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m
Strecke:17 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Seit dem 25.7. kann man die Landestrasse nach Kühtai wieder benutzten, Allerdings ist bis Gries alles noch Baustelle mit Ampelreglung, teilweise Schotterbelag.

Die 3 zackigen Gipfel der Wechnerkögel waren mir schon vor Jahren vom Acherkogel aus aufgefallen. Sie fristen völlig zu Unrecht ein Schattendasein, einmal da sie tatsächlich im "Schatten" des großen Acherkogel liegen, dann weil sie kanpp unter den magischen 3000 sind. Im AVF fand ich zudem eine knappe Beschreibung des O-Grates von der Wechnerscharte aus, die im Winter häufiger mal als Skitour gemacht wird, die als schöne Tour eingestuft war und mit II im Möglichen des mir Machbaren lag.

Start am Parkplatz Längentalspeicher.

Über den Steig ins Mittertal Richtung  Mittertalscharte. Dort wo er steil nach rechts ansteigt verließ ich den Steig, weiter direkt über den schönen Roßboden rechts am Bach entlang auf die nächste Geländeebene. Dann rechtshaltend über grasigen Böden aufwärts unterhalb des Maningkogel querte ich die mächtige Schutthalde etwas mühsamer hinauf zum Schutt des ehemaligen Mittertalferner, jetzt nur noch ein sterbendes Todeisfeld das unter Schutt begraben ist. Überhaupt stirbt hier Alles, auch der Berg, viele Spuren kleiner Felsstürze sind in den Wänden zu sehen, dazu hört man permanent Steinschlag im Gewänd, recht unheimlich das Ganze.
Über unangenehmen steilen Schutt und erdigen Brei gings zuletzt auf die rechte Scharte hinauf, die linke ist noch steiler, davor ein Blankeisfeld, nicht zu empfehlen.
T4, 3:30h.

O-Grat:
In der Scharte war ich zunächst mal etwas überrascht über die unglaubliche Brüchigkeit des Gesteins. Eine kurze Exkursion in die linke Scharte zwecks O-Grat Anstiegs-Klärung zeigte mir auch eine leichte Ersteigbarkeit der Wechnerwand, die ich aber heute auslies, da mir der O-Grat genug Arbeit verhies.
Von der Scharte führt nach Süden eine sehr steile Schuttrinne, die man sicherlich auch, wenn auch sicherlich sehr mühselig, zum An- und Abstieg nutzten kann.
Wie im AVF beschrieben querte ich zunächst den ersten steilen brüchigen Aufschwung des O-Grates südlich über extrem brüchige , schutt- und sandbeladene Leisten ansteigend, dann kurzeitig gerade über festere plattige Felsen, schließlich auf die Nordseite wechselnd kurze Zeit über ein Schuttband, bevor es ausgesetzt über schmale Leisten und Risse auf den Grat hinaufgeht. Was mich auch im weiteren eher unangenehm überraschte, war die ungemeine Brüchigkeit des Terrain. Jeder Griff, Tritt muß absolut Überlegt und Geprüft sein, richtig sorglos verlassen kann man sich hier auf Nichts.
Es folgte nun der lange Grat mit vielen kleinen Türmchen, Wechsel zwischen kurzen Gehpassagen, schönen plattigen Kletterstellen, dazwischen mit Vorsicht zu geniessenden Bruchstellen.
Schon vermeinte ich das Ende des Grates erklommen zu haben, da kam ich zu einem plattigen Turmabbruch, 5m senkrecht ausgesetzt, vollkommen glatt. Die erste Schlüsselstelle. Ich suchte lange eh ich deutlich tiefer eine Übergangsstelle dieser Schichtfugenabruchs fand - auch heikel, aber fest. Mühsam gings durch eine Rinne wieder zum Grad zurück, gut 20min hatte mich das Suchen zusätzlich gekostet.
Über eine schöne Plattenstelle gings nun auf den letzten rötlichen Turm vor dem Gipfelaufbau. 2.Schlüsselstelle, auch hier das gleiche Spiel, ca. 5 senkrechte Meter, dazu ist der Fels hier auch noch sehr brüchig (rote Färbung verheißt selten was Gutes!!). Äußerst behutsam kletterte ich hier relativ direkt am Grat die Stelle ab, das ging dann doch ganz gut, auch wenn die Griffe und Tritte beim Prüfen manchmal hohl und locker klangen.
Damit war die Sache gegessen, nur noch den letzten steilen Hang hinauf und ich stand nach gut 2:00h am Gipfel. T6+, II, Stellen auch III-.

Nur ein Steinmann, kein Gipfelbuch, Schade. Gegenüber durch eine scharfe Scharte mit Türmchen getrennt ein fast gleichhoher Gipfel, der mittlerer Wechnerkogel - ist aber niedriger, wie man an der Horizontlinie sehen kann, unter der er kanpp liegt, Übergang laut AVF ein knackiger IIIer. Das war nix für mich.
Gut 45 min genoss ich die schöne Aussicht auf Acherkogel und Co bei angenehmen Temperaturen und schattenspendenden Wolken von diesem steilen Gipfel, den es geht nahezu überall senkrecht abwärts.

Der Abstieg erfolgte über den S-Grat, deutlich einfacher, Schutt, Block und plattige Passagen wechseln sich ab. Vor einem großen Gratabruch machte ich dann einen direkten Abstieg durch die SO-Flanke. Das ging überraschend angenehm über Leisten und Bänder, über die man wie auf einer großen Treppe problemlos abwärts steigt. Von unten sind diese Bänder nicht zu sehen, da wirkt die Flanke unnahbar kompakt plattig. Zuletzt über Schutt und Rasenschroffen auf den oberen Karboden des Längentals, wo der ein oder andere See und Bach zu längeren lauschigen Päuschen einläd - einschließlich eines Bades. 1:30h vom Gipfel.Stellen I.

Dabei traf ich noch auf zwei Franzosen, die mir schon vorher eher unangenehm aufgefallen waren, da sie ständig in der Gegend herumschrien. Der Grund war allerdings mehr als verständlich, Sie suchten Ihren Kameraden, der voran gerannt war und nun nicht mehr zu finden war, und für den Sie mich kurzzeitig gehalten hatten. Ich hoffe mal das er nur "kurz mal" auf den Hochreichkopf gestiegen ist und seine Rückkehr sich daher etwas verzögerte - entgegen der Absprache mit seinen Freunden.
In gut 2h erreichte ich vom letzten Rastplatz aus wieder das Auto über das bequeme Längental mit vielen Schafen Pferden und Kühen.

Aufstieg gesamt 5:30h
Abstieg ohne Pausen 3:50h
Pausen 1:40h
Gesamt 11h

Fazit:
Einmalige sehr anspruchsvolle Tour, absolut einsam (bis aufs Längental).
Wegfindung ist nicht so schwer, aber gute Trittsicherheit in Geröll und Bruch, absolute Schwindelfreiheit und Orientierungsinn sind ein muß.
*****-Tour

Kleine Anmerkung:
Im Sellrain ist Anfang Juni eine mächtige Mure abgegangen, im unteren Tal ist die Strasse eine einzige Baustelle, die Ortschaften haben dort gewaltig was abbekommen.Überall sind Hänge abgerutscht, Häuser verschüttet und kleine Bäche haben tiefe Gräben. Sehr eindrucksvoll und erschreckend !!.

www.gries-im-sellrain.tirol.gv.at

Tourengänger: kardirk


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Kommentare (2)


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DHM123 hat gesagt: Brösel ...
Gesendet am 13. August 2015 um 16:04
den O-Grat hatte ich auch schon mal im Auge, aber die Sellrainer sind mir nicht mehr so geheuer, alles bröselt hier. Dein Bericht bestätigt das ganze, leider !
Optisch schauen die Felsen auf deinen Bildern ja aber eigentlich gut aus,
LG

kardirk hat gesagt: RE:Brösel ...
Gesendet am 13. August 2015 um 18:20
Servus,

tja bröseln tuts leider nicht nur in den Sellrainern, wie ich schon ander Ruderhofer feststellen konnte, bzw am Spiegelkogel in den Ötztalern. Auch der gewaltige Felsturz an der Grubenwand, die den "Normalaufstieg" praktisch unmöglich gemacht hat zeugen dafür, das der Klimawandel und der Rückgang des Permafrostes zügig voranschreitet. Aber so ist es nun einmal, Nichts ist wirklich Ewig außer der stetigen Veränderung. Also Augen auf und Wachsam sein, dann gelingen trotzdem noch schöne Touren.

Vg
Dirk


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