Pilatus im Frühling: Heitertannliweg und alter Tomliweg


Publiziert von Chrichen , 15. Mai 2015 um 10:48.

Region: Welt » Schweiz » Luzern
Tour Datum:12 Mai 2015
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Pilatusgebiet   CH-NW   CH-OW   CH-LU   Rigigebiet 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 400 m
Strecke:ca. 8.5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem ÖV: Zug bis Luzern / Bus bis Kriens, Linde-Pilatus / ca. 10 Min. Fussweg zur Talstation / Gondelbahn bis Fräkmüntegg
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Mit dem ÖV: Seilbahn ab Pilatus Kulm bis Fräkmüntegg / danach gleicher Weg zurück wie bei der Anreise

Was macht man am ersten richtig warmen Tag im Jahr, bei dem Sonne und fast 30 Grad angesagt sind? In meinem Fall landete ich schlussendlich in der schattigen düsteren Nordseite des Tomlishorn und kämpfte mich genussvoll durch den Altschnee...

Eigentlich hätte es eine gemütliche Wanderung von der Fräkmüntegg zum Pilatus Kulm über Gsäss- und Nauenweg werden sollen. Da ich nicht genau ausfindig machen konnte, wie die aktuellen Verhältnisse sind, habe ich zur Sicherheit Pickel und Steigeisen dabei. Um genau zu sein hoffe ich sogar auf Altschnee, damit ich das Gehen damit etwas üben kann.

Beim Schalter der Gondelbahn-Talstation in Kriens werde ich jedoch sogleich von einem Schlild begrüsst, auf dem zu lesen ist, dass die beiden Wege am Dienstag, 12. Mai gesperrt sind wegen Aufräumarbeiten. Der Hinweis, dass Lebensgefahr herrsche, unterstreicht die Botschaft in überzeugender Weise. Damit sind die ursprünglichen Pläne definitiv durchkreuzt.

Glücklicherweise führen viele Wege zum Pilatus und so entscheide ich mich zunächst für den Heitertannliweg. Schon früh schwebt mir auch die Idee im Hinterkopf, dass ein Versuch am alten Tomliweg in Angriff genommen werden könnte. Die Entscheidung hebe ich mir aber für später auf.

Ab der Fräkmüntegg laufe ich zunächst auf breitem Strässchen und gutem Wanderweg via Lauelenegg nach Ober Lauelen. Hier beginnt der Heitertannliweg, der sich schon rasch steil nach oben windet (T3). Der schattige Weg ist stellenweise etwas hochtrittig und manchmal leicht ausgesetzt, aber durchwegs sehr gut mit Seilen gesichert. An einer Stelle führt sogar eine urchige Holztreppe über eine steile Passage hinauf. Altschnee gibt es nur noch ganz unten und fast zuoberst kurz vor Erreichen der Klimsenkapelle. Alle Schneefelder sind kurz und lassen sich einfach überwinden.

Bevor der Heitertannliweg die Klimsenkapelle ansteuert, könnte der alte Tomliweg über ein geschlossenes Schneefeld in den Chastelen relativ bequem direkt in der Falllinie erreicht werden. Da ich mir aber meiner Pläne noch nicht sicher bin, gehe ich jedoch zunächst weiter bis zur Kapelle und mache einen kurzen Abstecher zum Gipfelkreuz des Klimsenhorn. Von hier aus lässt sich die Nordseite von Pilatus und Tomlishorn gut einsehen. Der Weg zum Kulm scheint fast gänzlich schneefrei zu sein. Auf den Schneefeldern in der Geröllhalde des Chastelen sind einige schwache Spuren auszumachen. Insbesondere im steilen Abschnitt neben dem Chastelendossen ist eine klare Spur zu erkennen. Für mich der Auslöser, die Sache von Nahem anschauen zu gehen und einen Versuch zu wagen. Umkehren kann man ja immer noch.

Von der Klimsenkapelle steige ich ein kurzes Stück dem Aufstiegsweg entlang ab und folge dann einer Wegspur in die Geröllhalde. Einige weiche Schneefelder können problemlos überquert werden. Leider verliere ich dabei stellenweise die schwache Wegspur. Anfangs lässt sich das Geröll noch recht gut frei begehen. Weiter hinten, wo die Halde steiler wird, ist der Schutt aber ziemlich instabil und rutschig. Ein Aufstieg in der Falllinie um wenige Meter führt mich wieder auf den richtigen Weg. Zahlreiche Steine auf dem Altschnee weisen übrigens darauf hin, dass öfter etwas von oben herunter kommt. Dies bleibt auch später so. Ein Helm wäre wohl nicht verkehrt gewesen.

Ein grösserer Stein vor dem letzten geschlossenen und eher steilen Schneefeld bietet eine gute Gelegenheit um bequem auf Steigeisen, Pickel und Handschuhe umzurüsten. Ich folge der Spur, die ich schon vom Klimsenhorn aus gut erkennen konnte, und erreiche rasch wieder sanfteres Gelände. Hier verliert sich die Spur auch schon wieder. Von vermeintlichen Fussspuren fehlgeleitet leiste ich mir im Anschluss einen kleinen Verhauer und lande zu tief, unterhalb der angestrebten Route. Also nochmals zurück und kurzzeitig eher steil etwas weiter hinauf. So erreiche ich schliesslich problemlos den Einstieg in die anspruchsvolleren Passagen des alten Tomliweg.

Teilweise liegt noch Altschnee im schmalen Band durch die Felswand, was auch zu erwarten war. Das Unterfangen scheint aber mit entsprechender Ausrüstung sicher machbar. So wage ich den Einstieg. Teils über Schnee, teils über Schutt folge ich dem zuweilen recht ausgesetzten Weg. Ich lasse mir genügend Zeit und achte darauf Tritte möglichst sauber zu machen und Griffe auf Festigkeit zu kontrollieren. Der Schnee weist dank der angenehmen Temperatur eine gute Konsistenz auf, eher ein bisschen zu weich als zu hart. Der Pickel leistet hervorragende Dienste. Vielerorts lässt sich der Schaft komplett in den Schnee rammen, so dass er hervorragenden Halt bietet. Der weiche Trittfirn würde wahrscheinlich eine Begehung ohne Steigeisen zulassen, dennoch bin ich dankbar um den zusätzlichen Grip. Teilweise helfen die Stahlseile, an vielen Stellen sind sie aber noch im Schnee eingegraben. Die Rippe nach dem Couloir ist schneefrei und lässt sich gut erkraxeln. In der Regel verzichte ich auf teils heikle Umgehungen der Schneefelder, auch wenn dies möglich wäre. Zum aktuellen Zustand des Weges möchte ich auf die Fotos verweisen.

Ob der Weg in jüngerer Zeit begangen wurde oder nicht, kann ich schlussendlich nicht wirklich feststellen. Zum Teil habe ich das Gefühl schwache Tritte erkennen zu können - über weitere Strecken ist aber wieder nichts dergleichen auszumachen. Das traf auch auf den vorherigen Aufstieg im Schnee zu. Ich wundere mich, ob einige der Spuren eventuell von Steinwild stammen. Das Routenbuch kurz vor dem Ausstieg habe ich leider nicht durchgeschaut.

Ein letztes sonnenbeschienenes Schneefeld markiert schliesslich den Ausstieg. Noch einmal konzentrieres Schneekraxeln und schon befinde ich mich in einer ganz anderen Welt. Nach Abnehmen der Steigeisen und einer kurzen Pause mache ich mich auf zum Tomlishorn, dessen Gipfel ich ganz alleine für mich habe. Ein wohl eher rarer Moment der Einsamkeit auf diesem Berg.

Über den offiziell noch geschlossenen Weg geht es anschliessend zum Pilatus Kulm. Die Seile der Zäune sind noch nicht montiert und liegen als Stolperfallen auf dem Boden. Ganz am Schluss kurz vor dem Kulm gibt es noch zwei Schneefelder, wovon das zweite genug steil ist, dass ich nochmals den Pickel hervornehme. Kurz darauf stellt die rigorose Absperrung des Weges ein letztes Hindernis dar. Zugleich ist auch Schluss mit der Einsamkeit. Nochmals finde ich mich in einer ganz anderen Welt vor. Immer noch den Pickel in der Hand ernte ich etwas verwirrte Blicke von einer Gruppe von Chinesen.

Fazit: Das Pilatusgebiet ist schon weitgehend schneefrei. Auf dem sehr schattigen alten Tomliweg hält sich der Altschnee erwartungsgemäss hartnäckig. Für mich war der erste ernsthaftere Versuch mit Pickel und Steigeisen ein sehr positives Erlebnis. Zumindest der Pickel wird im Frühsommer wohl öfter mit auf Wanderungen kommen. Unter den gegebenen Bedingungen hatte der Tomliweg durchaus alpines Flair und es kam schon ein bisschen Nordwand-Feeling auf.

Tourengänger: Chrichen


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Kommentare (7)


Kommentar hinzufügen

Makubu hat gesagt:
Gesendet am 15. Mai 2015 um 11:40
Schöner Bericht mit tollen Bildern! Den Heitertannliweg merk ich mir mal vor! Bin erst seit Kurzem am Entdecken des Pilatusgebiets.

(ich bin mir nicht sicher, ob sich Steinwild oft im Routenbuch einträgt ;-))

LG, Markus

Simiae hat gesagt: RE:
Gesendet am 16. Mai 2015 um 11:41
Das Steinwild frisst die Routenbücher lieber ;-(

Makubu hat gesagt: RE:
Gesendet am 16. Mai 2015 um 13:31
jetzt verstehe ich! Deshalb wäre das Checken des Routenbuchs wichtig gewesen! ;-))

Chrichen hat gesagt: RE:
Gesendet am 16. Mai 2015 um 13:57
Ob die wohl fein schmecken... :-)
Beim nächsten Mal werde ich dieser Aufgabe gewissenhaft nachgehen!

Simiae hat gesagt:
Gesendet am 16. Mai 2015 um 11:50
Das 'Nordwandfeeling' kann ich nachempfinden. WOW !

Ein Helm ist schon wichtig!
Nach eigener Erfahrung kommen im Bereich Couloir (dort wo sonst die Kletterstelle beginnt) bis zum Schlussausstieg häufig kleinere Steine mit hoher Geschwindigkeit runter.

Chrichen hat gesagt: RE:
Gesendet am 16. Mai 2015 um 14:04
Vielen Dank! Bei einem nächsten Mal würde ich sicherheitshalber den Helm mitnehmen. Tatsächlich lagen viele kleine Steine auf den Schneefeldern, insbesondere im besagten Couloir.

أجنبي hat gesagt: Respekt!
Gesendet am 1. August 2015 um 10:33
Bin da gestern hoch... Also bis es mich da bei Schnee/Eis hin verschlagen würde, bräuchte es doch einiges! ;-)


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