Herrlich luftig auf den Zehenspitz


Publiziert von Ychthus , 6. November 2013 um 18:51.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:24 Oktober 2013
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SG   Alpstein 
Zeitbedarf: 7:15
Aufstieg: 926 m
Abstieg: 1200 m
Strecke:Geschätzt 7km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit Auto zur Talstation Bahn Gamplüt in Wildhaus
Kartennummer:Wanderkarte Obertoggenburg Alpstein 1:25000

Als Berner verheiratet mit einer Sankt-Gallerin und seit mehreren Jahren im Ausland lebend habe ich seit mehreren Jahren das Vorrecht, den Alpstein immer besser kennenzulernen. Vor ein paar Monaten stiess ich auf die spannenden Berichte über den Zehenspitz und nahm mir vor, diesem auch einmal einen Besuch abzustatten. Da ich in T6 Gelände noch nicht so geübt bin, wollte ich genug Zeit einplanen und auch das Wetter musste stimmen. Bei meinem Kurzaufenthalt in der Ostschweiz Ende Oktober klappte es dann endlich.

Von der Bergstation Gamplüt zog ich Richtung Teselalp los und verliess bei Fros auf ca. 1440m den Fahrweg. Von dort querte ich immer ungefähr diese Höhe halten unter der Schofbergwand Richtung Osten. Dabei wollte ich einen Blick auf die Südschlucht werfen, ob dort wohl ein Zustieg möglich wäre. Gleichzeitig konnte ich mich an wegloses Gelände herantasten. Nach knapp 40 Minuten erreichte ich den blau-weiss-blau markierten Wanderweg welchem ich bis zum Wildhuser Schafboden folgte (Pt.1678). Schwierigkeit bis hierher maximal T3 und sicher kein Zeitgewinn, wer es gemütlicher nehmen will, folgt der Naturstrasse immer Richtung Tesel und zweigt dann auf dem BWB-Weg Richtung Jöchli ab. Die Querung ist allerdings eindrücklich, im Ausgangsbereich der Südschlucht kann jedoch auch Steinschlaggefahr bestehen.

Nach ausgiebiger Rast ging es dann nordöstlich des Zehenspitzes ein schattiges Couloir hoch in welchem ich noch Restschnee vom Oktober fand. Ich hielt mich im Couloir eher rechts, nicht zu nahe an der Nordostwand. Aufstieg nass und rutschig, im Durschnitt wohl T4. Da ich nicht sonderlich gut akklimatisiert war und auch nicht mehr über eine so gute Kondition verfüge, legte ich immer wieder kurze Pausen ein. Vom Wildhuser Schafboden bis zum nördlichen Übergang (ca. 1865m) in den Schrofentrichter knapp 45 Minuten.

Bei diesem Übergang scheint der Gipfel fast greifbar - nun folgt jedoch der weiterhin weglose Abstieg in den Schrofentrichter, bis auf etwa 1700m. Beim Abwärtsteigen gilt es den Übergang nach Osten (links) in ein Couloir gut zu wählen, ein paar Griffe sind dort nötig und einen sehr lockeren Grat gilt es südlich zu umsteigen. Hier sehr lockeres Gestein, nur wenige sichere Griffe und doch sehr steil - also kurz T6, jedenfalls bei Nässe.

Nach kurzer Querung in das Couloir (T5) in demselben rechts haltend in grasigem Gelände gut gestuft hoch. Im obersten Teil immer noch rechts halten, ein paar Griffe in gutem Fels und etwas ausgesetzt auf einen kleinen Übergang in die Ostflanke welche sehr steil Richtung Wildhuser Schofboden und Teselalp abfällt. Ob hier wohl ein direkter Aufstieg möglich wäre ? Für mich eine der Schlüsselstellen, kurz T6 wegen der Routenwahl, denn wer zu schnell nach links Richtung Gipfel aufsteigen will, kommt in Legföhren und auf eine sehr steile und ausgesetzte Platte.

Man muss also weit genug noch eher östlich weitergehen, denn das Ziel ist die Nordostflanke. Die Schwierigkeit ist dort im T5 Bereich, später im Übergang in den Gipfelaufbau und hoch zum Gipfel T6.

Über ein recht breites Grasband / couloir also an der Nordostflanke hoch - inklusive Tiefblick in das rutschige Couloir, welches ich vor etwa 1 1/2 Stunden hochgekraxelt bin !

Im oberen Bereich kurze Querung nach links durch Legföhren und dann wunderschön gestuft aber auch sehr ausgesetzt auf den Gipfel. Man kann diesen auch weiter auf dem Grasband auf dem Nordostrat erreichen, ist dort aber eher T6+ da es weniger gute Griffe hat.

Wegen einiger Pausen und mangelnder Kondition nach etwa 3h30 auf dem Gipfel, aber es sollte ja eine Genusstour sein ! Laut Gipfelbuch war ich offensichtlich in diesem Jahr der erste dort oben, etwas, das ich nicht erwartet hatte. Danke an Delta für das Hinterlegen des Gipfelbuches. Seit dem 28.September 2011 acht Besteigungen, davon offensichtlich eine durch die Südschlucht - ein doch eher risikoreiches Unterfangen bei welchem äusserste Vorsicht angebracht ist. Ich genoss die Herbstwärme und staunte einmal mehr über Gottes Schöpfung.

Der Abstieg erfolgte bis in den Schrofentrichter auf dem gleichen Weg, anschliessend gilt es zuerst weglos Richtung Norden (Mietplätz) zu halten und dann Pt.1852 anzupeilen. Von hier ist der manchmal als eher eintönig beschriebene Abstieg bis zur Schäferhütte kein Problem mehr - da ich zu faul war die Karte aus dem Sack zu ziehen, vermutete ich ihn jedoch etwas weiter westlich an einem Grat und wählte so zufällig eine Variante, welche ich nun wärmstens empfehlen kann. Von Pt.1852 aus auf gleicher Höhe bleibend (Wegspuren, sicher vom Vieh) westlich haltend auf einen stellenweise leicht ausgesetzten Grat welcher einen tollen Blick in ein kleines Tal ("Gross Chelen") erlaubt. Bei trockenen Bedingungen durchwegs T3, einzelne Stellen knapp T4. Ein Genuss!

Am unteren Ende des Grates links haltend zum Normalweg, welchen man knapp über der Schäferhütte gut erreicht. Anschliessend lockeres Auslaufen bis zur Talstation Gamplüt...

Fazit : für mich wirklich wohl die bisher schönste und wildeste Alpsteintour, abseits vom Rummel. Genossen habe ich auch die Ruhe, da ja kein Vieh mehr auf den Alpen war. Und obwohl ich zuerst von einer Umrundung des Zehenspitzes nicht so begeistert war, kann ich dies nun wirklich empfehlen. Eigentlich unglaublich, dass dieser schöne Gipfel so selten besucht wird ! Allerdings sieht dieser ja nicht besonders "einladend" aus und es braucht guten Orientierungssinn, insbesondere beim Übergang in die kurze Querung in die Ostflanke und von dort auf das Grasband am Nordostgrat.

Schwierigkeit und Ausrüstung : Stöcke sind über weite Strecken hilfreich, auch Pickel kann im grasigen T6-Bereich nützlich sein. Da ich keinen besitze, nahm ich eine leichte Gartenhacke mit :-). Einen Helm hatte ich nicht dabei, denn sehr ausgeprägte Steinschlaggefahr besteht nur bedingt, am ehesten noch im nordöstlich gelegenen Couloir und dem südlichen Couloir welches vom Schrofentrichter zur Ostflanke führt.


Tourengänger: Ychthus


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Kommentare (2)


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alpstein hat gesagt:
Gesendet am 8. November 2013 um 19:36
Atemberaubende Angelegenheit. Gratulation zum Zehenspitz

Gruß
Hanspeter

Ychthus hat gesagt: Vielen Dank !
Gesendet am 9. November 2013 um 00:16
Hoi Hanspeter,

ich kenne dich zwar nicht persönlich, aber danke herzlich für deine Glückwünsche. Für mich wirklich eine einmalige und atemberaubende Angelegenheit. Ich habe kurz auch einen Blick auf Deine Fotogalerie geworfen, ist einfach genial.

Gruss von einem heimlichen Heimwehschweizer :-)

Rolf


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