Pizzo Paglia (2593m)
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Nach unserem gelungenen ersten Tag im und über dem Val Cama stand uns ein zweiter, strenger Tag bevor. Mit dem Pizzo Paglia setzten wir uns den höchsten Gipfel in der Gegend als Ziel. Dazu mussten wir zuerst zum Lagh de Cama aufsteigen, von wo's auf dem Wanderweg zur Alp de Vazzola hoch ging. Wanderweg? Naja, ist wohl etwas übertrieben. „Teils dürftig markierter Trampelpfad“ würde es wohl besser treffen. Jedenfalls brachten wir es zwei oder drei Mal fertig, davon abzukommen.
Der Aufstieg zur Alp de Vazzola gestaltete sich stellenweise ziemlich steil. Knapp zwei Stunden nach Abmarsch beim Rifugio Alp d'Albion trafen wir aber dort ein und bestaunten zu erst Mal die beinahe fertig renovierte Hütte. Wäre der Wanderweg gleich gut ausgebaut wie die Hütte, würde er einer Autobahn gleichen.
Nach kurzem Zwischenhalt ging's gleich hinter der Hütte weiter und hoch zu P. 1953, wo der Weg zur Alp d'Agnon abzweigt. Fortan wurde es richtig ruppig, von Weg war hier ausser ein paar Markierungen in den Büschen oft nicht mehr viel zu spüren. Wir waren jedenfalls froh, uns dieses Mühsal nicht im Abstieg antun zu müssen. Nach einer knappen Stunde (ab Alp de Vazzola) erreichten wir den Übergang zur Alp de Mea (P. 2108).
Auch hier wirkte der Pizzo Paglia noch weit weg – wir schätzten die Entfernung auf eineinhalb Stunden. Zunächst stiegen wir auf dem Wanderweg etwas ab, um danach unterhalb der W-Flanke des Piz d'Agnon hinüber zum Pizzo Paglia zu queren. Zu unserer Überraschung ging es nun nicht auf üblem Blockgeröll, sondern auf angenehmen, einst vom Gletscher geschliffenen Platten in die Höhe. Der Aufstieg zog sich in die Länge, Madame und ich schwiegen. Jeder kämpfte irgendwie mit sich alleine – und dem Höhenmesser.
Auf den letzten 200 Hm oder so war dann fertig mit den angenehmen Platten, nun erwartete uns doch noch Blockgeröll. Während Madame die letzten Meter über den recht schmalen N-Grat in Angriff nahm, steuerte ich den W-Grat an. Der Gipfelaufstieg gestaltete sich dann doch steiler, als wir das aus der Entfernung wahrgenommen hatten. Kurzzeitig durften hier noch die Hände aus den Säcken genommen werden, bevor wir uns auf dem kurzen Gipfelgrat trafen.
Bei der Tourenplanung hatten wir uns 12 Uhr als Gipfelankunft ausgedacht, insgesamt für den Aufstieg also vier Stunden veranschlagt. Und siehe da: Auf die Minute genau um 12 Uhr standen wir auf dem Pizzo Paglia und schauten auf den Lago di Como hinunter. Mit dem Blick in die andere Richtung wurde uns bald auch klar: der Abstieg nach Grono würde wohl noch eine Ewigkeit in Anspruch nehmen. Schade übrigens, dass das Gipfelbuch trotz Gamelle völlig durchnässt war.
Da es auf dem Gipfel etwas kühl war – jaja, es ist halt bereits wieder Mitte September – zogen wir bald von dannen. Wir folgten eine Weile dem W-Grat, bevor wir uns einen Weg zurück in die Flanke und hinunter nach Piot suchten. Wegspuren gibt's dort nirgends, heikle Stellen ebenfalls nicht. Man läuft, wo man will. Danach querten wir zum Kamm, welcher vom Torrion zum Sass Mogn hoch führt. Da wir etwas zu ungeduldig waren, stiegen wir etwas zu früh und beinahe senkrecht durch Gebüsch hoch zum Kamm, auf welchem wir hinunter zum Wegweiser bei P. 2003 liefen.
3h 30min nach Grono stand dort auf der Tafel. Puuh...! Nix wie los also! Immerhin gab's fortan einen markierten Weg, der gut begehbar war. Entsprechend konnten wir ziemlich auf's Tempo drücken. Nur: wirkliche viele Höhenmeter wurden trotzdem nicht vernichtet. Dies insbesondere nach der Alp de la Piazza: Zickzack ohne Ende. Irgendwann meinte Madame: „hinunter geht's eigentlich nur jeweils in den Kurven.“ Wie recht sie leider hatte.
Bei der Cappella Carmel trafen wir schliesslich auf den ersten Menschen seit langer Zeit – ein Bauarbeiter. Bereits nach Moncuch warnte uns eine Tafel vor Sprengarbeiten. Nur: ein anderer Weg führt nicht aus diesem Tal hinaus und mit über 2000 Abstiegshöhenmeter in den Beinen käme es wohl keinem in den Sinn, hier umzukehren und nochmals auf 2000 Meter hochzusteigen, um die Gegend dann via Val Leggia zu verlassen.
So stiegen wir also weiter ab und trafen bald auf noch mehr Bauarbeiter. In der Gegend wird gebaut was das Zeug hält, wie's scheint eine lange Wasserleitung ins Dorf hinunter. Kurz vor dem Talboden dann jene, bereits von Zaza fotografierte Tafel, welche uns zu verstehen gab, dass der Wanderweg bis November während der Woche gesperrt war. Vom Val Cama her kommend hatten wir natürlich keinen blassen Schimmer von der Sperrung, zu stören schien's aber niemanden.
Und ja: wir waren schon sehr froh als wir nach rund vier Stunden Abstieg vom Piz Paglia um 16.15 Uhr den Talboden erreichten und mit platten Füssen nach Grono hoch humpelten...

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