Schlieren (2830m) & Uri Rotstock (2928m)


Publiziert von أجنبي , 12. August 2013 um 11:30.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:11 August 2013
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Aufstieg: 1900 m
Abstieg: 1900 m
Strecke:Neihüttli – P. 1130 – Musenalp – Firnboden – Obere Stelli – P. 1989 – P. 2121 – P. 2286 – Chessel – Chlitaler Firn – Schlierenlücke – Schlieren – Schlierenlücke – N-Grat – W-Flanke – N-Grat – NO-Flanke – Uri Rotstock – P. 2798 – Chlitaler Firn – P. 2286 – retour nach Neihüttli auf Aufstiegsroute
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis P. 1192
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Auto ab P. 1192
Kartennummer:LK 1:25.000: 1191 Engelberg

Ein *Bericht von El Chasqui vor zwei Wochen stiess bei mir auf grosses Interesse. Er beschrieb, wie er via Chessel den Schlieren und anschliessend direkt den Uri Rotstock bestiegen hatte. Da die Überschreitung des Schlieren (wie von Alpinist hier *dokumentiert) für mich eine Nummer zu gross ist, eröffnete sich mir nun eine andere, etwas einfachere Möglichkeit, diesen selten besuchten Gipfel mal zu besteigen. Als ich neulich eine *Tour auf den Gitschen unternahm und hinüber schaute war klar: diesen Sommer soll's einen Versuch geben.

 

Madame weilt noch im Ausland, doch für solcherlei Exkursionen ist auch Kollegin C. immer zu haben. Nach dem *Run auf den Fleckistock am vergangenen Wochenende hatte auch sie Lust auf mehr. Zusammen starteten wir also morgens um 5.15 Uhr im Schein der Stirnlampen beim Neihüttli. Wirklich schön war das Wetter nicht, doch die Meteorologen gaben uns Anlass zu Hoffnung, hatten sie ja durchaus noch etwas Sonne und vor allem keine Gewitter prognostiziert.

 

Nachdem wir die Musenalp passiert hatten, ging es auf dem teils etwas schmalen Bergweg hoch zu P. 1989. Der Sonnenaufgang war durch die Bewölkung zwar nicht zu sehen, doch je höher wir kamen, desto mehr blaue Flecken zeigten sich am Himmel. Nach P. 1989 folgt ein steiler Anstieg über viel Geröll. Irgendwie hatten wir beide das Gefühl, es sei nicht unser Tag. Wir waren jedenfalls auch schon flotter unterwegs.

 

Nach den Geröllpassagen scheint es zwei (markierte) Möglichkeiten zu geben. Eine eher links mit Eisenbügeln, doch ohne Fixseil und jene rechts mit weniger Tritten, dafür mit fixem Drahtseil. Nachdem auch diese Hürde bewältigt war, trafen wir nach insgesamt etwas mehr als zwei Stunden Aufstieg westlich von P. 2286 ein.

 

Der Aufstieg zum Chessel ist hier zwar noch nicht direkt einsehbar, es ist aber offensichtlich, wo's ungefähr hoch gehen muss (siehe Foto). So zweigten wir nun vom Bergweg nach rechts oben – teils auf Wegspuren – ab und liefen mehr oder weniger bis zum südlichen Ende der Gras-/Felsrampe. Und siehe da: Steinmännchen markierten hier den wohl besten Aufstieg. Unterhalb des Chessels entschieden wir uns, diesem entgegen unserer Absicht doch einen Besuch abzustatten. Grund dafür war primär der angenehmere Aufstieg, den wir uns davon versprachen. Hätten wir direkt den Chlitaler Firn angepeilt, wäre die Sache wohl ziemlich geröllig geworden, während der Aufstieg zum Chessel meist auf Karst erfolgte.

 

Vom Chessel steuerten wir dann hinüber auf die Seitenmoräne des Chlitaler Firns, worauf wir Steigeisen montieren. Der Schnee war pickelhart, die Dinger mitzuschleppen hatte sich also gelohnt. Auf dem Chlitaler Firn stiegen wir zum oberen, flacheren Teil auf und steuerten hinüber zur Schlierenlücke. Bis wenig unterhalb der Lücke konnten wir auf Firn aufsteigen, danach war noch etwas rutschiges Geröll zu meistern.

 

In der Lücke stiessen wir auf die blauen Markierungen, welche einerseits nach rechts zum Schlieren und nach links zum Uri-Rotstock führten. Hier deponierten wir nun auch einiges Material. Nach einer kurzen Klettereinlage ging's über ein schmales Band zum Einstieg ins Couloir (II-), welches hoch zum einfacheren Teil des Schlieren-Aufstiegs führt. Das Couloir ist zwar steil und es liegt viel Abschussmaterial herum, jedoch ist es gut gestuft. Danach folgten wir den Markierungen durch die unschwierige Gipfelflanke (T4) auf den Gipfel, welchen wir vier Stunden nach Abmarsch beim Neihüttli erreichten.

 

Wir freuten uns nicht nur über den Gipfelerfolg, sondern auch darüber, uns noch im Gipfelbuch aus dem Jahr 1970 eintragen zu können. Viel Platz hat's dort nicht mehr. Wegen des starken, kalten Windes hielten wir uns nicht unnötig lange auf dem Gipfel auf und waren kurze Zeit später zurück in der Schlierenlücke.

 

Nun folgte Teil 2 der Tour über den N-Grat und die NO-Flanke des Uri-Rotstocks. Zunächst widmeten wir uns der Kletterei (II) durch einen langen Kamin. Danach erreichten wir den Grat, auf welchem es erstaunlich einfach weiter in die Höhe ging. Hie und da eine Kraxeleinlage und bald standen wir vor der ausgesetzten Querung hinüber zum Felsentor in der W-Flanke. Uff, so sah das nun also aus...! Genau diese Passage hatte mir bei der Tourenplanung die meisten Sorgen bereitet...

 

Wohlwissend, dass es nicht viel bringen würde, hier lange herum zu studieren, zögerte ich keine Sekunde damit, Hand anzulegen. Es hat zwar gute Griffe und Tritte, doch sind letztere nicht gerade frei von Schutt. Nachdem ein paar Meter traversiert sind, kraxelt man hoch ins Felsentor. Schon speziell, dieser Ort! Nach dem Felsentor geht's ähnlich, aber etwas einfacher weiter: ausgesetzt auf einem schmalen Band. Mit der nötigen Langsamkeit und Vorsicht meisterte ich auch dies. Danach erreichten wir eine steinschlägige Mulde, durch welche wir zurück auf den Grat gelangten – dies genau beim markanten Übergang von grauem auf rötliches Gestein.

 

Auf dem N-Grat geht's aber nicht lange weiter, denn bald steht die Kraxelei durch die brüchige NO-Flanke an. Gut, gibt es hier Markierungen. Experimentieren möchte ich in diesem Gelände nicht. Vom Chlitaler Firn aus scheint es abwägig, dass die Route oben durch die Flanke führt. Auch während man diese begeht, fragt man sich, wer um Himmels Willen als Erster auf die Idee kam, den Gipfel auf diese Art zu erklimmen. Die Kraxelei macht zwar viel Spass und Tiefblicke sind garantiert, doch sollte man jeweils die Griffe auf ihre Festigkeit prüfen. Viel hält dort zuweilen nicht und ein aufgesetzter Helm ist sicherlich eine schlaue Sache.

 

Den Gipfel sieht man im Aufstieg nie. Sowieso konzentriert man sich besser darauf, die blauen Markierungen nicht aus den Augen zu verlieren. Und plötzlich erblickt man dann das Gipfelkreuz und steht eine Minute später auf dem Gipfel des Uri-Rotstocks. Um 10.40 Uhr war dies bei uns der Fall, also knapp fünfeinhalb Stunden nach Aufbruch im Tal und ca. 1h 15min nach Abmarsch auf dem Schlieren.

Wir freuten uns riesig über unsere erfolgreiche Tour. Sie forderte uns, war abwechslungsreich, lockte mit schönen Kraxel- und Klettereinlagen. Das Gipfelerlebnis auf dem Uri-Rotstock war dann aber schon einiges anders als jenes auf dem Schlieren. Fünfeinhalb Stunden lang waren wir keiner Menschenseele begegnet. Nur aus der Ferne entdeckten wir unter uns auf dem Chlitaler Firn mal MaeNi und SchmiGno (siehe ihren *Bericht). Auf dem Uri-Rotstock oben sassen nun aber bereits zwei, drei Dutzend Leute...
 

Wir hatten uns zwar ein windgeschütztes Plätzchen gebastelt, doch blieben wir nicht lange. Bereits um 11 Uhr stiegen wir zu P. 2798 ab und rutschten – so gut es ging – den Chlitaler Firn ab. Auf dem Normalweg ging's zurück zur Musenalp, wobei wir uns unterwegs (insbesondere zwischen P. 2121 und P. 1989) ein paar schöne Geröllfelder zu Nutze machten. Mit 25-30Hm/min stiebten wir dort zu Tale. Kurz vor 14 Uhr endete unser Ausflug beim Neihüttli. Viel pausiert hatten wir auf der Tour nicht, holten dies nun aber am nahen Bach (zurzeit bloss ein Rinnsal) nach.

Tourengänger: أجنبي


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Kommentare (8)


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MaeNi hat gesagt: Tolle Tour und Gratulation!
Gesendet am 12. August 2013 um 11:57
Uns hat es auch mega gut gefallen!

LG
Nicole und Marcel

أجنبي hat gesagt: RE:Tolle Tour und Gratulation!
Gesendet am 12. August 2013 um 12:01
Danke, gleichfalls!

Alpinist hat gesagt:
Gesendet am 12. August 2013 um 12:00
kuuul Gratuliere zur Tour, guet gmacht.

Der Klemmblock hinauf zum Uri-Rotstock hält anscheinend immer noch.

Gruess Cornel

أجنبي hat gesagt: RE:
Gesendet am 12. August 2013 um 12:05
Yep, passt ja auch genau in den Spalt. Wobei: wenn man etwas zu fest drückt wir ihr damals, könnte das kritisch werden...
Danke für *deinen Bericht von 2011. Hat uns bei der Tourenplanung geholfen.

--- hat gesagt: Genial
Gesendet am 12. August 2013 um 14:03
Wirklich tolle Tour habt ihr da gemacht! Werde dies sicherlich auf meine Liste aufnehmen. Danke für die super Beschreibung.

Liebe Grüsse
Ayla

أجنبي hat gesagt: RE:Genial
Gesendet am 12. August 2013 um 14:07
Na dann, viel Spass!
Von P. 2286 zur Schlierenlücke ist's zwar weglos bzw. Firn, man findet's aber gut. Wenn man mal die Lücke erreicht hat, ist die Wegfindung dank der Markierungen easy. Die oben verlinkten Berichte von El Chasqui und Alpinist sowie der bald erscheinende Bericht von MaeNi helfen sicherlich auch bei der Planung. Für Nachfragen kannste dich gerne per PM melden.

--- hat gesagt: RE:Genial
Gesendet am 12. August 2013 um 19:55
Herzlichen Dank für dein Angebot. Die Berichte werden mir sicherlich sehr helfen. Da ich zur Zeit leider sehr viel um meine Ohren habe, werde ich diese erst nächstes Jahr durchführen können. Die Tour ist aber auf jeden Fall vermerkt und zuoberst auf meiner Liste. Ursprünglich wollte ich den Uri-Rotstock besuchen, doch mit dieser Variante wird das Unternehmen zusätzlich reichlich versüsst.

LG Ayla

El Chasqui hat gesagt: Bravo
Gesendet am 12. August 2013 um 18:47
Bravo, sehr schön dokumentiert. Mit der weiteren Schneeschmelze wird der Zugang zur Schlierenlücke etwas schwieriger. Aber vielleicht bildet sich mit der Zeit dort im Geröll eine gute Spur hinauf. Ich denke, diese Route wird je länger je mehr benutzt.
Gruess Urs


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