Mürtschenstock-Überschreitung (N - S) - Tour der Superlative


Publiziert von Mueri , 7. Oktober 2012 um 17:10.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum: 5 Oktober 2012
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: S
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Schilt-Mürtschengruppe 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:mit dem PW bis kurz vor dem Talalpsee (Tages-Parkticket für 5 CHF wird an einem Automaten unten in Filzbach gelöst)

Bereits im vergangenen Jahr stand ich auf dem Ruchen, dem südlichsten und höchsten der drei Mürtschen-Gipfel. Damals schwor ich mir, den Mürtschenstöcken keinen Besuch mehr abzustatten. Zu morsch war der Ruchen, zu steinschlägig der Weg dahin. 

Und nun, eine Saison später, habe ich trotzdem allen dreien einen Besuch abgestattet. War es Wankelmütigkeit, eher schlechtes Erinnerungsvermögen oder einfach die Verklärung der Vergangenheit? Nichts von all dem ... Am ehesten lag es wohl an der Ausstrahlung bzw. Anziehungskraft, die der Berg auszuüben vermag, der sich von der Linthebene aus so prominent zur Schau stellt und alle anderen Berge in den Schatten stellt. Und dazu kam noch ein zweites Element: Die erste Tour auf den Ruchen unternahm ich alleine, ohne Begleitung, bei aufkommendem Nebel bereits im Aufstieg. Bei dieser zweiten Tour wollte ich alles anders machen, etwas ausgedehnter, dafür in Begleitung eines erfahrenen Bergführers. ... Und nachdem die Idee geboren war, die Überschreitung der Mürtschenstöcke zu machen, ging's eine Woche danach schon auf Tour. So spielt das Schicksal. Schon seit Jahren möchte ich via Chalttäli aufs Vrenelisgärtli steigen, und trotzdem ist das Projekt bisher nicht zustande gekommen. Und die eben erst geborene Idee, die Mürtschenstöcke zu überschreiten, liess sich fast im gleichen Atemzug realisieren.  Aber das Schicksal, der Zufall, die Vorsehung oder Vorherbestimmung - je nach Überzeugung werden eben diese unterschiedlichen Namen für dieselbe Sache gebraucht- dürfte zumindest bei diesem Bericht zweitrangig sein, und drum gehe ich nun ebenso schnell zur Sache (oder versuche es zumindest) wie das Projekt entstanden ist.


Die Überschreitung der Mürtschenstöcke ist ein Highlight in den Voralpen, das seinesgleichen sucht; eine fantastische Tour, die weit mehr bietet als nur wertlose Schutthalden und mürtsche Unterlagen.

Mit diesem vorgegriffenen Fazit möchte ich mein einstiges, vom Namen der drei Berge her naheliegendes Urteil über die Mürtschenstöcke nachträglich korrigieren.

Trotzdem, vor der Tour war ich innerlich noch angespannt. Zum einen mag es an der ersten Begegnung mit dem Ruchen gelegen haben, zum anderen bestimmt auch daran, dass ich bisher quasi nie mit einem Bergführer und auch selten in Begleitung unterwegs war. Wohlwissend darum, dass ich mich nicht um die Suche des geeigneten Wegs etc. kümmern muss, konnte ich mich in der Nacht davor psychisch trotzdem nur bedingt entspannen. So paradox es auch klingen mag, konnte ich mich im Vorfeld der Tour innerlich nicht daran gewöhnen, dass ich dieses Mal mit Führer unterwegs bin.

Stock (2390m): ZS, III
Anyway, um 05.30 Uhr in der Früh steigen wir von Talhütten (nördlich vom Talalpsee gelegen) erst fünf Minuten über eine durchnässte Wiese, dann auf einem angenehmen Pfad auf zu 'Ober Tros' und weiter zur 'Hohmatt'. Nach den 'Hohmattplanggen' geht's bei Tagesanbruch über felsdurchsetzte Wiesen meist auf erkennbarer Spur hoch, bis man zur 'Schwarzschnuer' (schwarzes Schieferband) gelangt. Dieses wird anfänglich gequert. Sodann wird auf einen grossen Felsvorsprung aufgestiegen ('Jägernase') und von dort via 'Bös Band' durch den Nordkamin zum Gipfel. Die Kletterei erreicht beim Aufstieg auf den Stock stellenweise den III. Grad. Als wesentlich anspruchsvoller habe ich die Routenführung empfunden. Das mag daran liegen, dass ich mich nicht darauf konzentrieren musste. Genauere Angaben finden sich im SAC-Alpinführer Glarner Alpen (Route 1021 bis 'Jägernase', sodann Route 1021a).

Fulen (2410m): ZS, danach T5
Der Abstieg vom Stock erfolgt über Route 1021 bis zu einem Ringhaken, wo zum ersten Mal Abseilen angesagt ist, und dies über 40m bzw. zweimal 20m. Nicht dass ich an den Fähigkeiten meines Bergführers zweifeln würde, doch ist mir das Abseilen nicht ganz geheuer. Es ist wohl ein eher diffuses Unbehagen, keinen Boden unter den Füssen zu haben und ganz vom der Reissfestigkeit des Seils und der Verankerung des Ringhakens abhängig zu sein...
Geschafft, 'Jägernase' erreicht! Weiter geht's unschwer auf Route 1027 zum berüchtigten 'Kegelkönig' und von dort über einen Kamin hinauf zum 'Härdöpfelacher' oder - wie man in meiner Heimat wohl sagen würde - 'Gumelacher'; dem faszinierenden Gipfelplateau des Fulens. Das Gipfelplateau lädt zum Träumen ein: träumen von einer Übernachtung an dieser Stelle. Man fühlt sich auf dem Dach der Welt. In wenigen Schritten gelangt man von dort über den Grat auf den Gipfel des Fulens.

Ruchen (2441): S, IV
Ob die grössten technischen Schwierigkeiten nun bereits hinter mir liegen? Ein Ausblick auf die noch bevorstehende Route zwischen Fulen und Ruchen lässt erahnen, dass dem nicht so ist. Die bevorstehende Route zum südlichsten Mürtschengipfel (Route 1032) führt spektakulär über verschiedene kurze Abseilstellen, kaminartige Rinnen und Risse (auf der Westseite des Grates zwischen Fulen und Ruchen), unzählige Zacken über die Nordkante des Ruchens hoch zum dritten Gipfel. An einigen Stellen ist dabei Klettern im IV. Grad angesagt.

Nach einer Mittagsrast auf dem Ruchen folgt man dem Südgrat bis zu einem gewaltigen Gendarm, mal kurz nach Westen ausweichend, dann länger östlich über steindurchsetzte Grashalden absteigend. Vor dem Gendarm steigt man westlich runter, wobei ein Drahtseil und gut erkennbare Spuren den Weg weisen. Am Ende des Couloirs bietet sich "Geröllsurfen" an. Relativ schnell und ohne grosse Anstrengung gelangt man so zur Alp 'Hummel', von wo aus ein Weg zurück zum Talalpsee führt.

Nun fehlt nur noch eines: auf diese Tour anzustossen. Und welchen geeigneteren Ort als das Alpbeizli am nördlichen Ende des Talalpsees käme dafür in Frage! Also: Prost, danke an den Bergführer und auf Wiedersehen!

Die obigen Zeilen sind gänzlich ungenügend, um die Tour mit dieser Beschreibung in Angriff nehmen zu können. Die unpräzise Wegbeschreibung mag daher rühren, dass ich mich nicht detailliert für die Tour vorzubereiten brauchte und mich während der Tour wohl dermassen auf meinen Bergführer verlassen konnte, dass ich mir nicht jede Einzelheit eingeprägt habe, sondern es eben einfach geniessen konnte.

Tourengänger: Mueri


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Kommentare (2)


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Bombo hat gesagt:
Gesendet am 7. Oktober 2012 um 23:53
Gratuliere Dir zur Mürtschen-Überschreitung - unser Projekt wurde damals durch das schlechte Wetter vorzeitig beendet, dennoch, die Tour - gerade wegen seiner Brüchig- und Ausgesetztheit - bleibt also in Erinnerung (das Wort "guter" möchte ich ausnahmsweise einmal nicht verwenden...)

Gruess
Bombo

Mueri hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. Oktober 2012 um 09:26
Salut Bombo

Danke für den Glückwunsch. Deine Berichte zu den Mürtschenstöcken lassen erahnen, dass es dir in vielerlei Hinsicht ganz ähnlich ging wie mir. Auch ich mochte die Mürtschenstöcke (bzw. den Ruchen) nach meiner ersten Expedition (bei aufkommendem Nebel im Alleingang) nicht und musste ein zweites Mal an den Ort kommen. Hab's ja im Bericht erwähnt...

Ich wünsche dir weiterhin schöne Touren und - wer weiss - vielleicht begegnen wir uns mal in der Natur, nach den Mailkontakten zum Vrenelisgärtli und hierzu...

Gruess

Armando


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