Dom via Festigrat, offen und fast menschenleer


Publiziert von danski , 12. September 2012 um 18:27.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum: 9 September 2012
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   4000er 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1450 m
Abstieg: 3100 m
Strecke:Randa - Biwak oberhalb Domhütte - Festijoch - Festigrat - Dom, Rückweg Normalroute

Unser Ziel: Den bergsteigenden Massen aus dem Weg gehen. Damit macht man sich das Leben bei der Tourenplanung auf die prominenteren Gipfel nicht eben einfacher, aber manchmal bieten sich geradezu einmalige Chancen um gewisse dieser Gipfel doch noch ins Palmares aufnehmen zu können. In diesem Fall war es die geschlossene Domhütte, die uns quasi eine Garantie für wenig Verkehr am höchsten komplett auf Schweizer Territorium befindlichen Gipfel ausstellte.

Der Preis für diese Garantie: Schwere Rucksäcke, denn die Biwakausrüstung muss mit. Allerdings lohnt sich der etwas kraftraubendere Aufwand. Das Gefühl, sich in der Bergwelt aufzuhalten ist viel unmittelbarer und intensiver. Ganz zu schweigen von ökologischen Aspekten, vorausgesetzt man hinterlässt (fast) keine Spuren. Der Aufstieg vom Bahnhof Randa führt vor allem eines: Steil nach oben! Doch mit der Höhe nimmt die Aussicht zu und man wird sich der gewaltigen Vertikaldistanzen bewusst. 3100 Meter vom Weisshorngipfel bis nach Randa und am kommenden Tag sollten es sogar noch mehr sein, die in einigen Stunden vom Gipfel des Doms zu bewältigen wären... Erst einmal kamen wir bei der Hüttenbaustelle vorbei und stellten mit Erstaunen fest, dass die Fahne im Wind flatterte. Und tatsächlich der überaus freundliche Hüttenwart war mit einigen älteren SAC UTO Herrschaften anwesend. Wir durften ohne weiteres unsere Wasservorräte auffüllen und bekamen obendrein noch die neuesten Auskünfte zu den Verhältnissen am Berg und einer offenbar neue Linienführung aufs Festijoch. Auf ca. 3110m stiessen wir auf mehrere hervorragende Biwakplätze, von denen wir  den Besten aussuchen konnten. Windstill in einer kleinen Senke auf einer mehr oder weniger flachen Steinplatte schlugen wir unser Nachtlager auf. Das Nachtessen genossen wir mit einer Weltklasse-Aussicht auf Matterhorn, Zinalrothorn und unmittelbar gegenüber das gewaltige Weisshorn. Wasser besorgten wir übrigens aus einem kleinen See am Gletscherrand. Ein Wasserfilter empfiehlt sich... 

Die Nachtruhe war um 02:30 nach wenig erholsamem Schlaf vorüber und wir waren nicht unglücklich, dass es endlich los ging. In der Nacht mussten die Temperaturen wohl um den Gefrierpunkt gelegen haben, denn die Schlafsäcke waren aussen teilweise von einer Reifschicht überzogen. Im Schein der Stirnlampen und dem Halbmond, der es just in diesem Moment über die Gipfel geschafft hatte, starteten wir um 03:15.  Vor uns tanzten schon 5 Lichter, die wir jedoch schnell ein- und schliesslich überholten. Bis 3400m ist es ratsam, den Festigletscher am nördlichen Rand im Geröll und den Steinmännchen folgend zu umgehen. Bei den momentanen Schneeverhältnissen ist man gut beraten, den Gletscher möglichst an dessen äussersten Rand zu folgen. Ca. 30cm Neuschnee überdecken kleinere und grössere Löcher... Wir folgten dem Ratschlag des Hüttenwarts und stiegen erst auf ca. 3680m in die brüchige Flanke des Festijochs. Statt in der Falllinie hoch zum P. 3723 folgt man linkshaltend einem schwach ausgeprägten Band und trifft nach vielleicht 20 Höhenmeter auf einen soliden Abseilstand. Einmal auf dem Festijoch ist die Linie nicht zu verfehlen. Über einen kleinen Turm II-III betritt man den Festigrat. Dieser Turm kann auch links umgangen werden, was aber Schade wäre. Abwechselnd in Firn und Fels gehts der 4000m Marke näher. Zwischenzeitlich ist der Tag angebrochen und bot ein Schauspiel der unvergesslichen Sorte. Nach einer 2. "Frühstückspause" auf ca. 4000m folgt wohl die Schlüsselstelle der Tour. Eine höchstens 45° steile, blanke Passage muss auf gut 60m überwunden werden. Hier haben wir geschraubt, da ein Absturz an dieser Stelle der Letzte gewesen wäre. Mühelos meisterten wir diese spannenden Meter und fanden uns danach wieder im Firn. Der Weiterweg ist gegeben und je höher desto mehr verlangsamt sich das Tempo. Wir fanden einen guten Rhythmus und gewannen stetig an Höhe, bevor wir eine weitere Pause auf 4300m einlegten. Der Gipfel schien zum greifen nahe, aber das täuschte wie immer... Dann endlich, die letzten Schritte und die emotionale Überwältigung fährt mit voller Wucht ein! Nur im Süden stehen noch einige höhere Gipfel, ansonsten wird einem voll und ganz bewusst, dass hier einer der höchsten Punkte der Schweiz erreicht ist.  Einfach nur gewaltig und wir waren voller stoke! Eine gute halbe Stunde verweilten wir bei perfektem Wetter auf dem Gipfel. Zwischenzeitlich ist eine weitere Seilschaft über den Normalweg eingetroffen. Insgesamt schafften es an diesem Tag neben unserer noch 2 weitere Seilschaften auf den Gipfel.

Der Abstieg via Normalroute war gespurt und führte im oberen Teil durch perfekten, ca. 40cm Hochalpin-Powder. Trotz doch schon recht müder Beine, träumten wir von unseren fetten Powderlatten... Zurück auf dem Festijoch überlegten wir uns die beste Abstiegstaktik und konnten schliesslich eine weitere Seilschaft überzeugen, gemeinsam abzuseilen um 50m voll auszuschöpfen. Die uns empfohlene Abseilstelle befindet sich übrigens nicht beim tiefsten Punkt der Lücke, sondern gut 10-20 Höhenmeter oberhalb Richtung Festigrat. Durch leichtes Abklettern erreicht man die ersten Haken. Mit 2x50m kann man den Gletscherrand momentan noch erreichen. Danach waren die grössten Schwierigkeiten überwunden und "nur " noch weitere 2200m Abstieg standen uns bevor. Leider wurden die Rucksäcke auch nicht leichter und als unsere Beine endlich beim Bahnhof Randa zum Stillstand kamen, fühlte sich das so an, als hätten die Zahnräder einer Maschine eben ihre allerletzten Umdrehungen gemacht... 

Es war schlichtweg ein grandioses Abenteuer! Und obwohl wir uns beim Abstieg manchmal selbst verflucht haben, laufen die Planungen für eine ähnliche "Mission" am kommenden Wochenende schon wieder im wahrsten Sinn auf Hochtouren... Dummerweise entleeren sich die "Stoke-Akkus" immer so schnell und wollen wieder aufgeladen werden! ;)

Tourengänger: nprace, danski, manny


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Kommentare (6)


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MaeNi hat gesagt:
Gesendet am 12. September 2012 um 18:51
Fantastische Fotos...wie immer!

Grüsse
N&M

danski hat gesagt: RE:
Gesendet am 12. September 2012 um 19:01
Man braucht nur abzudrücken, den Rest besorgt die Natur... ;) Ihr gehört das Kompliment!

MaeNi hat gesagt: RE:
Gesendet am 12. September 2012 um 19:41
Schön gesagt!

CarpeDiem hat gesagt:
Gesendet am 12. September 2012 um 21:29
Traumhaft, diese Bilder und die Tour.

Bombo hat gesagt:
Gesendet am 13. September 2012 um 18:14
Gratuliere Euch zu dieser fantastischen Tour - was habt Ihr da nur für perfekte Fotos mitgebracht, genial! Weiter so und für kommendes Weekend viel Glück - Wetter wird fantastisch...

Gruess
Bombo

danski hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. September 2012 um 09:28
Es war einfach DER Dom Tag! Glück können wir gebrauchen, denn dieses Wochenende gilt es, auf 4506m zu stehen... ;) Wir werden sehen, obs klappt.. Dir auch ein unvergessliches Bergwochenende!

Gruess
Danski


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