Der Normalweg auf die Hochwand ist sehr gut markiert (man kann sich vermutlich auch im Nebel zurechtfinden), eine Routenbeschreibung zum Auffinden des richtigen Verlaufs ist nicht erforderlich. Diese Beschreibung soll also in erster Linie erklären, auf welche Schwierigkeiten man sich einstellen muss. Vor einigen Jahren stand ich schon mal alleine vor der Schlüsselstelle und bin umgedreht, diesmal kamen wir zu zweit...
Für Gelegenheitsbergsteiger wie uns war die Tour eine konditionelle und psychische Herausforderung, für erfahrene Berggänger ist sie vermutlich ein Spaziergang. Verglichen mit anderen Mieminger Touren war sie für mich spürbar schwerer als z.B. Sonnenspitze Südanstieg (weil länger), Grünstein Riffelrinne (weil länger Kletterei) oder Hohe Munde Westanstieg (weil schwieriger).
Ein paar Hinweise vorab:
- Das Gelände ist sehr oft ausgesetzt, ohne jemals senkrecht zu sein. Aber die Neigung ist so steil, dass man einen Sturz an vielen Stellen nicht abfangen könnte. Man muss absolut schwindelfrei sein und ruhige Nerven haben.
- Der Schwierigkeitsgrad wird in alten Büchern mit I. Grad angegeben. Aus meiner Sicht ist es an einigen wenigen Stellen der II. Grad, aber weitestgehend kommt man mit dem I. Grad aus. Wie schon in einem anderen Bericht erwähnt ist die Beschilderung mit „roter Bergweg“ als gefährlicher Nonsens einzustufen.
- Die Route fordert rund 350 Hm Kletterei und damit viel Ausdauer und über lange Zeit volle Konzentration. Das Abklettern ist eher schwieriger und genau so zeitaufwändig wie der Weg hinauf.
- Der Fels ist an vielen Stellen für Mieminger Verhältnisse gar nicht schlecht, aber man sollte jeden Griff und Tritt im Steilgelände prüfen. Einige Passagen sind auch sehr brüchig, man muss sich in diesem Gelände zu bewegen wissen.
- Der Anstieg liegt auf der Südseite in voller Sonne ohne jeglichen Schatten. Ausreichend Wasser mitnehmen (wir vernichteten jeder 4 Liter, es war ein sehr heisser Tag).
Zunächst stiegen wir vom Alplhaus über den kleinen Umweg Hintereggenkamm (landschaftlich schöner) zum Wetterkreuz auf. Zum Wetterkreuz gelangt man auch vom Gasthof Strassberg oder durch den eintönigeren Weg vom Alplhaus direkt durch Latschenhänge.
Wenige Meter hinter dem Wetterkreuz liegt der beschilderte Abzweig in Richtung Hochwand. Dort befindet sich freundlicherweise noch der Hinweis „Nur für Geübte“.
Man folgt der guten Markierung zunächst über Grashänge rechts des Südgrats und gelangt etwas später auf den Südgrat selbst. Der Pfad verschwindet langsam im weiteren Verlauf und auf etwa 2200m Höhe wird man von den steilen Wänden links in die schrofige Flanke rechts gedrängt. Beginn der Schwierigkeiten.
Es folgt ein erster ausgesetzter Abschnitt Gehgelände, bis man kurze Zeit später bei einer Rinne erstmals die Hände benötigt (I). Kurz wieder durch ausgesetztes Gehgelände und danach folgt die Schlüsselpassage: Über grasdurchsetzte und schuttbedeckte Platten ausgesetzt nach links oben klettern (II und I) bis man die Grashänge oberhalb der sogenannten „Toten Wand“ erreicht (ca. 2300m). Wer sich hier sehr unsicher fühlt oder wegen seiner Kondition Sorgen hat sollte lieber umdrehen, dann das Abklettern dieser Stelle ist nach einigen weiteren Stunden auf dieser Tour sicher nicht leichter geworden.
Für den nächsten Abschnitt kann man noch mal die Stöcke auspacken. Der Grashang wird nach und nach immer felsiger, und bei einem markanten Turm wird das Gelände wieder schwieriger (ca. 2400m)
Es folgt ein Quergang unterhalb des markanten Turms (I, stellenweise ausgesetzt) nach links und ein Aufstieg durch eine geneigte Rinne (Stelle II) und das darüber liegende Gelände (länger I, stellenweise Gehgelände). Etwas später wendet sich die Route wieder nach rechts (I) und führt durch relativ festen Fels über plattige Felsen (Stelle II, etwas ausgesetzt) auf den Grat oberhalb des markanten Turms (knapp 2500m).
Die folgenden zahlreichen Kletterpassagen durch brüchigeres Gelände (I, stellenweise ausgesetzt) führen direkt auf den Gipfel zu und werden immer wieder von steilem Gehgelände unterbrochen. Knapp unterhalb des Gipfels auf etwa 2680m folgt noch eine steile Rinne (Stelle II, dann I) und erst wenige Meter vor dem Ziel taucht das Gipfelkreuz auf. Die letzten Schritte über Gehgelände zum SW-Gipfel mit Kreuz.
Vom Beginn der Schwierigkeiten bis zum Gipfel benötigten wir fast 4 Stunden. Da wir konditionell und psychisch „gefordert“ waren, haben wir uns den Übergang zum etwas höheren NO-Gipfel nicht mehr angesehen. Für den Abstieg bis zum Ende der Schwierigkeiten waren wir noch mal 3,5 Stunden unterwegs. Die Zeiten beinhalten viele Pausen.
Hinweis: Westlich der Alplhütte ist im März 2012 ein gigantischer Felssturz niedergegangen (fast 1 Mio. Kubikmeter) , welcher sich aus der „Toten Wand“ der Hochwand gelöst hatte. Der Weg Richtung Judenscharte wurde dabei auf 500m Länge verschüttet. Man kann sich das Gelände ansehen, wenn man von der Alplhütte 5 Minuten westwärts geht.
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