....Arbre Ténéré


Publiziert von Henrik , 27. November 2011 um 23:28.

Region: Welt » Schweiz » Jura
Tour Datum:27 November 2011
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-JU 
Zeitbedarf: 1:30
Strecke:Pleigne paysage
Zufahrt zum Ausgangspunkt:PW
Zufahrt zum Ankunftspunkt:PW
Kartennummer: ...einmal ohne Karte

 .... ich wollte Claudia in die Sonne entführen... und nicht zuwarten bis am Nachmittag das ggf. in Basel zutreffen würde! Was für ein Segen des Internets und den vielen Heinzelweibchen und –männchen, die mit einem Klick mir/uns sagen, fast auf den Meter genau, wo der Nebel endlich grenzt und wo adriatische Temperaturen herrschen könnten... Zuerst erwog ich in Stadtnähe einen Höhenzug zu überqueren.. dann ein Tal zu durchstreifen, hatte etliche Bergbeizen im Focus und musste mir auch keine Gedanken über ÖV-Zeiten machen, da wir gedachten, mit dem Auto zum Startpunkt zu fahren. Die Webcams in der Agglonähe zeigten Grau und die Differenzierung auf dieser Seite fehlte. Nicht selten aber treffen die Angaben von SF Meteo zu, und die verhiess ab 700 m Höhe Sonne. Als wir aus Basel wegfuhren und im Laufental Liesberg hinter uns liessen, eröffnete sich ein beinahe schlierenfreier blauer Himmel und unzählige Kondensstreifen. Zudem blinzelte das grelle, fast weisse Licht unserer Wettermaschine im Universum hinter Hügeln hervor und am Strassenrand zerflossen die Raureiffelder. Die Strasse nach Movelier schien noch nichts von der Tageswärme aufgenommen zu haben, dort glaubten wir eisige Stellen wahrzunehmen...im Dorf angekommen, bogen wir nach Pleigne ab und erreichten dieses kurz nach elf. Den Windblouson verstaute ich im Rucksack, lediglich die Kopfbedeckung holte ich hervor und die Kamera. Wir spazierten zuerst hinauf zum „Point du Vue“ auf Les Planches mit seinen 841 m.  Weit reichte der Blick vom „Tour d’observation“, Les Ordons oder auch der Chasseral waren deutlich auszumachen. Auch die Vogesen und der Südschwarzwald – doch die Alpen verbargen sich, obwohl die Pano-Karte das Gegenteil verspricht! Hernach folgten wir auf Wirtschaftwegen auf der Hochfläche an Weideflächen vorbei, wo vor vier Wochen noch Hunderte Kühe grasten, heute waren es Pferde, nicht ganz so viele, aber so viele, wie man es eigentlich nur kennt aus den Franches-Montagnes. Wir begegneten niemanden.
 
 .... über uns zogen Flugzeuge nach Westen hin mit vierstreifigen Kondensstreifen, dies fiel Claudia auf und mir ist solches auch noch nie aufgefallen. Der Wind blies auskühlend an die Stirn und auch die Finger wurden etwas klamm. Vereinzelte Meisen flogen in Gruppen aus den Hecken weg und ein paar Krähen machten auf sich aufmerksam. Über diesem kleinen Flecken, den wir um Mittagszeit gerade besuchten, lag eine fast unwirkliche Stille, im Westen eine Nebelwalze auf uns zukommend, damit verschwanden auch die ehedem sichtbaren Vogesen und das gleissende Licht nach Süden blendete wie unangemeldet.
 
 .... wir fanden uns im Dorf zurück, kamen an Gartenzwergen vorbei, die nicht im Garten, sondern als Schmuck an Türeingängen aufgehängt waren, an Misthaufen, die dampften und an Autoleichen, deren Fenster schon lange nicht mehr bewegt wurden. Das Ganze wirkte szenisch, hätte gefehlt, ein knarrendes Gatter oder das Wiehern eines Gauls – die Dorfstrasse wirkte verlassen, ein einzelner Mann mit Kaffeesatz im Melitta-Filter huschte auf Pantoffeln über die Strasse und entleerte dieses in seinem Komposthaufen im Garten. Vor dem Restaurant standen die Fahrzeuge der Gäste beinahe unordentlich kreuz und quer – als ich die Türe aufstiess und wir eintreten wollten, glaubten wir im ersten Moment, dass eine geschlossene Gesellschaft uns keinen leeren Tisch übrig zu lassen schien, doch im hintern Teil war gerade noch ein Tisch frei. Wir bemühten unsere Erinnerungen ... hier waren wir auch schon vor Jahren einmal. Damals bestand das Intérieur noch aus Holz, dieses ist Verputz und gestrichenen Wänden gewichen.  An den langen Nebentischen sass eine grosse Gruppe von wahrscheinlich Einheimischen zu Fondue Bourguignon, wir wurden auch vom Service darauf aufmerksam gemacht, dass unsere Menüs etwas verspätet serviert werden könnten, was wir als ausnehmende Qualität sehr zu schätzen wussten. Tagesmenu und das Pferdesteak mundete uns vorzüglich und der Rosé stimmte auch. Friandiseli und Kaffee  gedachten wir anderswo uns zu genehmigen, ich schlug die „Neumühle“ vor, die hikr.s ja auch schon aufgesucht haben – allerdings, die Qualität hat nachgelassen und die Preise stimmen auch nicht mehr.
 
 .... im späteren Verlauf des Nachmittags fuhren wir über den Chall zurück nach Basel via Leimental, dem nun noch ein paar Sonnenstrahlen zuteil wurden.. hier schien sich der Nebel doch auch zurückgezogen zu haben, jedenfalls die vielen Ausflügler liessen diese Einschätzung zu. Wir waren wieder eins von vielen ... in der Blechlawine. Also die Entscheidung im Jura zu spazieren und zu speisen hat sich einmal mehr gelohnt. Das Spektakuläre liegt in dieser aufgesuchten Landschaft im Detail – dem  Knarren von Gattern oder das zitierte Szenische .... sowie in Gartenzwergen, die sommers im Garten lauern und im Advent Gäste empfangen können!


Spazieren und Speisen mit Claudia
  

Tourengänger: Henrik
Communities: Touren und Tafeln


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Kommentare (2)


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bidi35 hat gesagt:
Gesendet am 28. November 2011 um 10:51
schöner kann man ja den Sonntag nicht verbringen...Super

LG Heinz

Zaza hat gesagt:
Gesendet am 28. November 2011 um 13:09
Ciao Henrik,

ganz in der Nähe wäre auch ein Abstecher nach Bourrignon zu empfehlen. Dort bin ich letzthin durchgeradelt und da hat es im Dorf allerhand grimmige Plakate aufgehängt, mit denen sich die Einwohner gegen ein geplantes Windkraftwerk wehren.

Beispiele gefällig? Via Google-Bildersuche nach "Bourrignon" suchen.

LG, Manuel


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