Steile Wege an Bälmeten (2416 m), Hoch Fulen (2506 m) & Co.


Publiziert von alpinos , 29. September 2011 um 22:15.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:25 September 2011
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 2500 m
Abstieg: 2500 m
Strecke:Bruust - Hinters Schwandi - Obers Schwandi - Rüti - P. 1621 - P. 1898 - P. 1993 - Schwarz Grat - Bälmeten-Nordgrat - Bälmeten - Bälmeter Grat - Grätli - Chli Fulen - P. 2360 - Hoch Fulen - Stich - Rinderstock - Uf den Bielen - Zigerweg - P. 1938 - Nasen - Öfeli - Ronen - Schwändli - Hinters Schwandi - Bruust
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Pkw bis Bruust; ca. 100 m steil die kurze Stichstrasse zwischen den beiden Häusern hinauf; nach einem dritten Haus einige Parkmöglichkeiten am Waldrand.

Bergabenteuer hoch über Erstfeld

Schon oft hatten wir während der Fahrt durch's Reusstal die beeindruckenden Wände des Bälmeten bewundert und uns gefragt, ob es wohl Wege durch diese Abgründe gäbe. Das Kartenstudium offenbarte neben den "Normalweg" von Obers Schwandi durch den grossen Talkessel bei Öfeli zwei Möglichkeiten: durch die SW-Flanke des Bälmeten zum Schwarzen Grat; und den Zigerweg durch die SW-Flanke des Rinderstocks. Beide Wege lassen sich mit dem N-Grat des Bälmeten, der Traverse des Bälmeter Grates sowie der Besteigung von Hoch Fulen und Rinderstock zu einer wunderbaren Rundtour verbinden. Startet man zusätzlich im Tal bei Erstfeld, hat man ein tagfüllendes Programm mit 2500 Höhenmeter und 23 km Wegdistanz beisammen.



Aufstieg durch die SW-Flanke des Bälmeten (T5, I)

Nach der gestrigen langen Klettertour am Gross Bielenhorn starteten wir etwas später als geplant erst um 7:30 Uhr in Brusst (495 m) bei Erstfeld in das heutige Bergabenteuer. Zügig stiegen wir durch den wunderbaren Wald auf steilem Weg via Hinters Schwandi (1020 m) nach Obers Schwandi (1113 m), wo wir zusammen mit der ersten Gondel der Luftseilbahn nach einer Stunde eintrafen. Rechts an den Häusern vorbei stiegen wir - weiterhin steil - am Rand der Wiese bergan. Bereits hier sind die ersten roten Markierungen zu erkennen. Am obenen Ende der Wiese machten wir den schmalen Pfad zwischen den Bäumen aus; erstklassig angebrachte roten Markierungen wiesen nun den Weg durch den lichter werdenden Wald hinauf zu P. 1621. An manchen Stellen müssen die Hände gebraucht werden und einige ausgesetzte Gras-Schorfen-Geröll-Passagen gequert oder erklommen werden. Auf einer kleinen Terrasse auf 1660 m Höhe (kleiner Steinmann), die wir zu unserem Frühstücksplatz erklärten, erholten wir uns etwas von dem rasanten Aufstieg (ca. 1h von Ob. Schwandi).

Der steilste Teil des Weges lag nun hinter uns und es begann die abwechslungsreiche und spannende Traverse in nord-östlicher Richtung zum Schwarzen Grat. Die roten und orangen Markierung liessen uns nicht im Stich; sie sind generell logisch angebracht, wenn auch teilweise von Gras oder Gestrüpp etwas verdeckt; Pfadspuren helfen ebenfalls bei der Wegfindung. Die Tiefblicke ins Reusstal sind einmalig, die Ausgesetztheit erzeugte stellenweise ein leichtes Kribbeln in der Magengegend. Die beiden Schlüsselstellen der Traverse, zwei ausgesetzte Querungen auf sehr schmalem Pfad (Fotos der 2. Schlüsselstelle hier und hier) , waren heute gut zu meistern; wir waren aber um die mitgebrachten Pickel mehr als froh. Über die ausgedehnten Latschenkiefer-Hänge der oberen Wurmälpeli (rote Markierungen manchmal etwas versteckt im hohen Gras oder zwischen den Ästen) erreichten wir den impossanten Talkessel südlich P. 1993. In wenigen Minuten hatten wir den Kessel gequert und standen bald neben dem Steinmann der den höchsten Punkt des Schwarzen Grates (2037 m) markiert (10:50 Uhr; ca. 3h Gehzeit von Bruust).


Bälmeten-Nordgrat (T5, II bzw. T4 mit Benutzung der Ketten)

Nach gemütlicher Rast in der warmen Herbstsonne machten wir uns an die nächste Etappe: die Besteigung des Bälmeten über dessen N-Grat. Wieder zurück bei P. 1993 folgten wir den zahlreichen weiss-blauen Markierungen und Steinmännchen durch die NW-Flanke des Bälmeten. Auf einem Grasband umrundeten wir die unterste Bastion des N-Grates und erklommen selbige auf der Ostseite. Der folgende Grat wartete mit einigen wirklich sehr schönen Kraxelpassagen auf, die allesamt sehr gut mit neuen Ketten gesichert sind (T5 und II ohne Ketten, T4 mit). Viel zu schnell war das Vergnügen vorbei und wir erreichten den Gipfel des Bälmeten (2416 m; 12:10 Uhr, 55min vom Schwarz Grat).


Übergang zu Hoch Fulen (T3) & Rinderstock (T4)

Der Himmel war bereits von Quellwolken erfüllt und die Sicht im milchigen Licht nicht mehr wirklich atemberaubend. Wir genossen trotzdem die grossartigen Blicke auf die umliegende Bergwelt - soweit eben sichtbar. Nach kurzer Rast wanderten wir über den Bälmeter Grat (Grätli, 2252 m) zum Hoch Fulen (2506 m; 13:20 Uhr, 1h vom Bälmeten). AlpinoM hatte noch etwas Energie zu viel und nahm noch den Chli Fulen (2335 m) am Wegesrand mit. Der Blick vom Hoch Fulen war wirklich beeindruckend, trotz der Quellwolken: die N-Wand der Grossen Windgällen ragt einschüchternd im Süden in den Himmel; der Rinderstock besticht durch seine abweisenden Flanken; weiter im Osten reicht der Blick an Gross Ruchen und Gross Schärhorn vorbei bis zum Chammliberg.

Doch ein Gipfel fehlte noch in dieser Runde: Via P. 2360 und Stich stiegen wir bis auf ca. 2300 m ab; etwa 500 m südlich des Wegweisers Stich zweigt der mit üppigen weiss-blauen Markierungen versehene Weg zum Rinderstock ab (ohne Wegweiser). Über interessant ausgehöhlte und ausgespülte Kalkplatten stiegen wir zum Gipfel des Rinderstocks (2464 m; 14:20 Uhr, ca. 1h vom Hoch Fulen) auf. Die Tiefblicke ins Tal und der Blick auf die Gross Windgällen waren nochmals eindrücklich. Wir hielten uns jedoch nicht lange auf, stiegen wieder auf den weiss-roten Wanderweg ab und wanderten hinab zu Uf den Bielen (2032 m).


Zigerweg (T5, I)

Nach kurzem Tankstop nahmen wir die letzte Etappe unter die Stiefel: den Ziegerweg. Technisch ist der Weg nicht wirklich anspruchsvoll; Trittsicherheit in steilen Gras-Schrofen-Geröll-Hängen gepaart mit absoluter Schwindelfreiheit sind aber essentiell! Der freundliche Almhöhi von den Bielen hatte schon recht mit seiner Aussage, der Weg sei "schon recht aussetzt" - in der Tat war es einer der ausgesetztesten alpinen Wanderwege, die wir je gegangen sind! Trotz des Nervelkitzels ein wirklich toller Weg in gigantischer Kulisse!

Etwas unterhalb und westlich der Hütten bei ein paar Ruinen und einem markanten Stein mit blau-grüner Markierung ist der Einstieg. Auch der weitere Wegverlauf ist reichlich mit blau-grünen Markierungen versehen und die Pfadspuren deutlich sichtbar. Die ersten Querungen der ausgesetzen Grashänge sind auf dem schmalen, abschüssigem Pfad schon teils etwas umgemütlich; dann folgen einige deutlich ausgesetztere Traversen durch einschüchternde Talkessel. Besonders die Querung des Schiesstalkessel sorgte für erhöhten Puls und Magenkribbeln - und das nicht nur wegen der steilen Hänge, sondern auch wegen der Gruppe von Gemsen über uns, die einiges an Geröll in Bewegung setzten. Nach weiteren - ja, wieder ausgesetzten - Querungen und dem Abstieg über eine Leiter erreichten wir schliesslich den Ausstieg bei den Nasen und stiegen hinab zum Öfeli (1752 m; 16:55 Uhr, ca. 1h30min von Uf den Bielen).

Da die Zeit doch schon recht fortgeschritten war, rasteten wir nicht allzu lange, bevor wir über Ronen (1516 m) und Hinter Schwandi (1020 m) in der warmen Abendsonne wieder nach Bruust (495 m) abstiegen (18:35 Uhr, ca. 9h30min reine Gehzeit)



Welch schöne Tourenperlen das Urner Land doch immer wieder bereit hält! Die heutige Tour beeindruckte uns besonders durch die Tiefblicke ins Reusstal, die Blicke auf die abweisenden N-Wände der beiden Windgällen und die atemberaubend ausgesetzten Traversen. Ein ganz grosses Alpinwander-Abenteuer!

Anmerkungen
Die Tour sollte nur bei trockenden und stabilen Verhältnissen durchgeführt werden; Ausrutscher auf nassen Grashängen enden mit grosser Wahrscheinlichkeit tödlich.
Absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind unbedingt erforderlich!
Wir waren heute etwas sportlicher unterwegs, die Gehzeit sind keine Standard-Zeiten!

Tourengänger: alpinos


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Geodaten
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Kommentare (2)


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MaeNi hat gesagt:
Gesendet am 29. September 2011 um 22:22
Tolle Tour! Vorgemerkt!

LG

alpinos hat gesagt: RE:
Gesendet am 30. September 2011 um 07:15
Ja, die Tour war wirklich ein Highlight! Herzlichen Glückwunsch Euch noch zum Brienzer Grat, den hatten wir auch für letztes Wochenende angedacht.

Weiterhin schöne Herbsttouren und liebe Grüße

A&R


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