Es ist nicht nur die Faszination der Gedeckten Holzbrücken, sondern das vielfältige Umfeld: Die Landschaften, die Leute, die Geschichte und neuerdings die Geologie in diesen durch die Bäche und Flüsse teils tiefeingeschnittenen Gräben, welche untere Schichten zutage bringen. Nagelfluh aus Salzwasser- (Meer) und Süsswasserablagerungen (Flussdeltas) wechseln sich mit andern Sedimenten der Molasse, Flysch, Mergel und die bekannte Helvetische Decke mit Sandsteinadern. Das Ganze in einer späteren Epoche durch den Druck der Kalküberlagerung des Alpsteins von Süden her teils senkrecht aufgeworfen. Und schliesslich „abgerundet“ durch Gletscher verschiedener Eiszeiten. (siehe Geoweg Chrüzegg).
Wie bei meinem letzten Bericht im Oberen Toggenburg hier muss ich zwei Brücken hoch über dem Tal besuchen, um auch möglichst alle Gedeckten Holzbrücken gesehen zu haben. Ich starte in Lichtensteig 616m an der SOB-Bahnstation und überquere auf dem Gehsteig der Eisenbahnbrücke die Thur. Linkerhand, parallel zur Eisenbahnbrücke befindet sich die Strassenbrücke. Darunter befand sich vor langer Zeit auch eine gedeckte Holzbrücke (Alte Stiche und Radierungen vorhanden). Nun schlendere ich die Hauptgasse hinauf an die Kreuzung (Strasse zur Wasserfluh). Dort nach links abbiegen. Nach etwa 400m der Hauptstrasse entlang zweigt die Strasse zum ehemaligen Thurotex-Areal nach links ab. Alte Eisenbahn-Relikte machen auf die Ausstellung mit Modelleisenbahn Spur 0 aufmerksam.
Zwischen den Hallen hindurch erreiche ich die Thurotexbrücke 596m, die 1918 für die Fabrikarbeiter gebaut wurde, welche so den Umweg übers Städtchen nicht mehr machen mussten. 23m lang, bis 15t befahrbar, Hängewerk-Konstruktion. Sehr sorgfältig verarbeitet mit ausgesägter Giebelfront-Blende. Die beinahe Ganzverschalung macht sie eher massig.
Nächstes Ziel ist Libingen, einige hundert Höhenmeter „obsi“. Damit ich nicht nach Lichtensteig zurückgehen muss, nehme ich einen etwas speziellen Weg querfeldein. (Nur mit 1:25‘000 Karte auffindbar). Zuerst nach rechts horizontal zur ARA. Verbotenerweise durch dieses Areal hindurch. Dann im Wald zum Pt. 616 hinauf zum Wanderweg. Diesem steil im Zick-Zack nach Kengelbach 695m. Welch göttliche Eingebung, in diesem heimeligen Restaurant einzukehren: 1. )Lieber Empfang. Und dies am Sonntag. In der Nebenstube ist für eine grössere Gesellschaft weiss aufgedeckt. 2.) Herrliche Tee-Runde mit Einheimischen. Sie interessieren sich für mein Projekt. Er müsse nach Libingen – ob ich mitfahren wolle. Ja gerne - Strassenlaufen sei nicht meine Stärke. Und so erreiche ich motorisiert die Libinger Holzbrücke 723m. Neue riesige zweispurige, Gedeckte Holzbrücke. Baujahr 1991. 68m lang und über 6m breit! 28 t befahrbar. Die Gemeinde entschloss sich für eine Holzbrücke aus finanziellen Gründen: Das Holz wurde weitgehend gesponsert und vieles wurde in Fronarbeit gemacht. Brücken verbinden eben!
Über Libingen 769m – einem schmucken, fortschrittlichem Dorf mit vielen schönen Einfamilienhäusern – und Hofen 818m auf einer Anhöhe mit Aussicht auf den Alpstein wandere ich zur Taamüli hinab. Früher Müllerei, Sägerei und Mosterei, jetzt stillgelegt und als Party-Ort wieder auferstanden. Schau-Mosten. Bei der wasserbetriebenen Holzfräse verzehre ich mein Menü 1 mit hausgemachten Nussstängeli und heissem Tee aus der Thermosflasche. Bei -7°C eine Wohltat. Die Taamülibrücke 700m ist nur knappe 100m Meter flussabwärts zu suchen. Anno 1994 als Lehrabschluss-Arbeit erstellt. Hänge- und Sprengwerk mit hübschem Biberschwanz-Ziegel-Walmdach. Jedoch das Spezielle – ein absolutes Highlight – sind die Geländer-Unterbauten mit asiatischen Symbolen! Unvergesslich für denjenigen, welcher sie einmal gesehen hat.
Hinunter nach Dietfurt 608m, wo über den Dietfurterbach ebenfalls eine gedeckte Holzbrücke gestanden hat. Ein kleines Relikt ist unterhalb der heutigen Spannbetonbrücke noch sichtbar (Nische für Schutzpatron?). Nun ja nicht zur Thur hinunter (ausser man wolle im gastlichen Gasthaus Rössli bei der netten Wirtin einkehren), sondern auf der Höhe dieser neuen Brücke der Hauptstrasse leicht aufwärts (Gelbe Rautecke), um diese nach rechts zu verlassen. Schöner Weg hinunter zur Thur. Über eine Eisenbrücke auf die andere Fluss-Seite nach Laufen 596m hinauf und in leichtem Auf und Ab – leider über viel Teerstrasse – 2.4 km entlang der Erdgasleitung (rote Dächli-Markierungen) zur riesigen Lochermoosbrücke 571m hinunter. Zweispurige Brücke mit separatem, angehängtem Fussgängersteg. Bis 40 t befahrbar! Unglaubliche Bogenhetzerkonstruktion mit Fachwerkaufbau. Interessante Geschichte: Die Alte Gedeckte Holzbrücke von 1841 musste einer Stahlbrücke weichen. Die Einwohner wünschten beim Ersatz dieser Stahlbrücke wieder eine Gedeckte Holzbrücke. Bravo! Nun steht sie da als Symbol der Verbundenheit zur Tradition.
Querfeldein zurStation Lütisburg 598m. Noch einmal will ich die Thurbrücke Lütisburg 551m bei Tageslicht sehen und besuche sie motorisiert. Sie steht gut sichtbar an der Hauptstrasse Lütisburg – Wattwil. Baujahr 1789, also rund 220 Jahre alt! Zwei Steinpfeiler. Ausgeklügelte Hänge- und Sprengwerke. Düster. Eindrückliche 58m lang. Mit beidseitig angebauten Fussgängersteigen. Alleine diese Brücke ist eine Reise wert.
Wo mache ich jetzt weiter? Logischerweise der Thur folgend bis zum Rhein. Kommst Du mit?
Schön daneben: Ich besuche die Töss auf
http://www.hikr.org/tour/post31886.html
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