Einsam: Rieffenkopf (1749m) und Hahnenköpfele (1735m)


Publiziert von Kris , 20. September 2010 um 17:44.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 6 August 2010
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1150 m
Abstieg: 1150 m
Strecke:Parkplatz Oberer Renksteg - Gerstruben - Vorderer Rieffenkopf - Hahnenköpfele - Obere Lugenalpe - Untere Lugenalpe - Oytalhaus - Oibeleparkplatz (ca. 19km)

Nach der doch recht verkorksten Tour auf den Schattenberg, die ich abbrechen musste (nachzulesen in meinen Tourenberichten) regnete es am Folgetag immer noch - und ein neuer Versuch auf den Gipfelerfolg bei den sehr schlechten Verhältnissen stand an.

Meine eigentlich geplanten Touren wie Schneck und Höfats waren bei dem Wetter natürlich unmöglich - und so studierte ich die DAV-Karte nach einem Alternativziel und fand Berge, die mir vorher nicht aufgefallen waren - der (Vordere) Rieffenkopf und das Hahnenköpfele, welche den Bergkamm der Höfats eröffnen und das Oytal vom Dietersbachtal trennen.

Ausgangspunkt für die lange Tour (ca. 23 km) ist der Parkplatz Oberer Renksteg (823m), welcher an der Straße, die von Oberstdorf in Richtung Birgsau führt liegt. Von dort aus ist das erste Ziel der Talkessel des Trettachtals, von dem aus der Aufstieg nach Gerstruben beginnt.

Der Weg vom Renksteg bis nach Dietersberg (899m) führt asphaltiert vorbei an einem Golfpflatz für die oberen 10000, der durch die starken Unwetter in Mitleidenschaft gezogen wurde, und disqualifiziert sich als schöner Wegabschnitt durch ständige Belästigung durch Autofahrer (eigentlich für Anrainer gedacht, und ansonsten gesperrte Zone, aber anscheinend hatten alle die erforderte "Genehmigung" der Gemeinde Oberstdorf - na wer's glaubt). Auf der vielleicht 10-15 Minuten langen Strecke begegnete ich vielleicht 20 Autofahrern. Nunja, 's ist ja schnell vorbei. Von dort an überquerte ich die Brücke über die Trettach, die durch den Starkregen reißend geworden war. Das Wasserkraftwerk etwas flussabwärts wird's gefreut haben.

Bald kam ich an eine Wegabzweigung in Dietersberg - es bestehen nun zwei Möglichkeiten Gerstruben zu erreichen - über eine geebnete Fahrstraße, die recht steil zum alten Dorf leitet (T1) - oder über den landschaftlich viel schöneren, aber auch anspruchsvolleren Hölltobel (T3). Ich wählte die letztere Variante und ging dafür noch ein wenig weiter taleinwärts in Richtung Gottenried (919m). In Gottenried ist klar erkennbar die Abzweigung zum Pfad in den Hölltobel (1002m), der durch eine urige kleine Schlucht führt. Erst schmal zwischen Almwiesen geht es dann durch Wald, bald darauf leicht gestuft zu einer Bachüberquerung. Hier musste ich aufgrund des Wetterchaos leider einsehen das hier kein Weiterkommen zu finden war. Der sonst wahrscheinlich kleine Bach war ebenso reißend geworden, wie die Trettach an Strömung gewonnen hatte. Eine Überquerung wäre unverantwortlich gewesen, da die sonst als Trittstufen verwendeten Steine komplett überspült waren, und man der Strömung so schutzlos ausgeliefert war. Die Bachüberquerung war so angelegt, das direkt über einem kleinen Wasserfall und somit einer kleinen Steilstufe war - wäre man aufgrund der Strömung umgerissen worden, wäre man ziemlich sicher die Steilstufe heruntergefallen - also war das einzig Vernünftige schweren Herzens den Umweg in Kauf zu nehmen und zurück zur Wegabzweigung, die zur Fahrstraße Richtung Gestruben führt zurückzugehen.


Der Umweg kostete mich dann etwa 45 Minuten - aber Sicherheit geht eben vor. So habe ich etwa anderthalb Stunden gebraucht und war somit etwas in Zeitverzug. Nach einer kurzen Fotopause im bekannten Gerstruben (1130m) ging es schnell weiter zum weiteren Aufstieg zum Rieffenkopf - schlammig über die Almwiesen über die Gerstruben bis zum Anfang des Waldes - der Weg war kaum bis nicht markiert, aber gut erkennbar. Durch das Wetter war der Weg allerdings eher ein Bach geworden, durch den man aufsteigen musste. Das Gelände war zum Glück trotz Nässe ausserordentlich griffig und ohne Probleme zu begehen.

Schnell gewinnt man an Höhe und gelangt in zugewachsenes Gelände, viele scheinen diese Überschreitung der der Höfats vorgelagerten Berge nicht zu machen. Es werden wieder einige kleinere Bäche gequert - diesmal allerdings deutlich unproblematischer als zuvor im Hölltobel. Nach einer Weile gelangt man zu einer recht ebenen Fläche, die über und über voller gelblicher Blumen war. Ein schöner Anblick der ansonsten leider durchs Wetter bestimmten recht tristen Szenerie. Ich sah auch einige Rehe, die als sie mich erblickten schnell in den anliegenden Wald flüchteten. Leider wurde das schöne Bild getrübt, als ich an die verfallene Gerstrubener Älpele kam, die aber als Almgebiet mit mehr als reichlich Vieh bestückt war. Der Weg war dadurch, das die Kühe die Wege ebenfalls zu nutzen scheinen, so matschig und schlammig und voller Kuhmist, das er absolut unbegehbar war. So versuchte ich neben dem Weg Halt zu finden. Leider schienen die Kühe überall gewesen zu sein - einer der ungepflegtesten Wege die ich je begangen hab - zumal keine einzige Markierung durch das Labyrinth von den vielen von den Kühen erstellten Wegen führt. Ein schreckliches Rätselraten, was ich zum Glück für mich entscheiden konnte. Nicht nur der Regen konnten diesen Wegabschnitt so entstellt haben - dieser Weg war zwar auf allen Karten eingezeichnet - aber seit sehr langer Zeit nicht mehr gepflegt worden in irgendeiner Weise. Neben dem Weg zu gehen hieß über schmale Grasrücken aufzusteigen .. zwar aufgrund der Hanglage nie exponiert oder mit Absturzgefahr, aber heikel für "kleine" Stürze in Richtung des eigentlichen Weges. (T3)

Leider war dieser unangenehme Teil des Weges über die Alm recht lang - etwa 300 Höhenmeter - die ich nur langsam begehen konnte. Hat man das schlimmste überstanden, gelangt man an eine recht charakteristische Senke, von der ein gut erkennbarer Pfad zu einem Rücken führt. Hier teilt sich nun der Weg. Ich gehe zuerst nach links, da dort der Rieffenkopf anzutreffen ist. Allerdings ist zwar in der Karte eingezeichnet das ein markierter Weg rauf existiert, aber vor Ort sah die Sache anders aus. Das benachbarte Hahnenköpfele war ausgezeichnet, welches allerdings nicht in der Karte markiert ist. So verdreht war die ganze Chose - ich konzentrierte mich aber erst einmal auf den Rieffenkopf, der aus der Perspektive des Rückens viel abweisender wirkte als sein Nachbar, das Hahnenköpfele. Ein Pfad war aber klar erkennbar. Leider war genau über den Pfad einer dieser schönen Elektrozäune gespannt, in einer Höhe in der ich lieber nicht drüberkraxeln mochte. Also hieß es unten durch, mit vielen Äuglein die mich beobachteten. Diese äußerste Ecke des Almgeländes war anscheinend der Lieblingsplatz des Viehs.

Der Pfad führt erst kurz auf- und dann abwärts, dann folgt ein kurzes Gratstück und nun befindet man sich im Gipfelaufschwung, der durch zugewachsenes Latschenföhrengebiet führt, und in kleinen Serpentinen die Flanke erklimmt. Umso höher man kommt, desto ausgesetzter wird es. Ich kämpfte mich - bei den schlechten Verhältnissen mit wachsendem Unbehagen höher. Auf dem markanten Vorgipfel, der den Gipfelgrat zum eigentlichen Rieffenkopf einleitet, stoße ich allerdings auf ein nicht überwindbares Hindernis. Ein steile, mit spärlichen Griffen ausgestattete Felsplatte (UIAA II), die mir bei der Nässe als viel zu heikel erscheint. Ich gebe mich also mit dem Vorgipfel des Rieffenkopf (1743m) zufrieden und wende mich nun dem Abstieg und dem Hahnenköpfele zu. Ich kann nicht beurteilen, wie ausgesetzt der Gipfelgrat zum Hauptgipfel gewesen wäre, allerdings empfehle ich den Rieffenkopf nur Erfahrenen. Der Pfad wird nicht gewartet und ist stark zugewachsen und stellenweise exponiert und ausgesetzt. Unsichere sollten sich mit dem Hahnenköpfele zufrieden geben, der sich als deutlich einfacher herausstellte.


Ich war dann auch recht froh vom Rieffenkopf heruntergekommen zu sein - bei der Überquerung des Grates unterhalb der Gipfelflanke war es stellenweise recht brüchig - kraxelte dann wieder unter dem Elektrozaun hindurch und ging nun über der markanten Senke an weiterem Vieh vorbei - welches nun auf dem Weg herumstand und keine Anstalten machte, zur Seite zu gehen. Ich musste also kreativ werden und wieder einmal herumklettern. Der Gipfel des schlechten Weges war dann ein scheinbar aktiver Elektrozaun, der direkt über den markierten Weg gespannt war - ohne das eine Steighilfe angebracht war, bzw ein schmales Holzgestell zum Passieren - da es schräg auf circa ein Meter Höhe gespannt war und ich nicht der Größte bin hieß es wieder unten durch robben - was unangenehmer war als vorher - vorher war der Untergrund Gras - nun war es Schotter. Das nächste Mal Augenrollen war vorprogrammiert als ich zur offensichtlichen Abzweigung zum Hahnenköpfele kam und diese mit nicht angeschlossenem Elektrozaunmaterial abgesperrt war. Da ich mir den Gipfelerfolg, der scheinbar einfach machbar war nicht nehmen lassen wollte - und keinerlei Warnhinweise angebracht waren, schaute ich mir den Aufstieg zum Hahnenköpfele an. Ich kann im Nachhinein sagen, dass das Absperrband sinnlos war. Weder Gefahr durch Steinschlag, noch waren sonstige Gefahren ausmachbar. Gut, schwindelfrei und trittsicher sollte man dann doch sein :) Immerhin wars doch ein T4 und ein UIAA I  kurz vorm Gipfelkreuz.

Nachdem ich ein paar Gemse aus einiger Entfernung beobachten konnte, kam ich also am Gipfelkreuz des Hahnenköpfele (1735m) an und genoss die wetterbedingte recht spärliche Aussicht. Zumindest war der gegenüberliegende Gipfelgrat vom Vor- zum Hauptgipfel des Rieffenkopf einzusehen.

Mittlerweile wurde es recht spät und ich hatte die Länge des Abstiegs ins Oytal unterschätzt. Man steigt nun auf der anderen Seite des Hahnenköpfle in Richtung der Oberen Lugenalpe (1566m) ab - erst steiler in Serpentinen, später fast eben zur Alpe querend. Nach der Alpe wirds bei den Verhältnissen nochmal anspruchsvoller. Ein sehr ausgesetzter, schrofiger und wurzeliger Waldpfad - der auch ziemlich steil ist wartet auf Begehung. Allerdings verliert man so auch recht zügig an Höhenmetern und gelangt an die Untere Lugenalpe (1416m). Von dort aus geht es über eine schlechte Fahrstraße ins Oytal und zum Oytalhaus. Im Nachhinein merkte ich, das der eigentliche Weg nicht die ganze Zeit die Fahrstraße benutzt, da sie einen Umweg darstellt - die Abzweigung zum wohl spannenderen Waldpfad habe ich leider nicht entdeckt. So geht es mühsam auf sehr steiler Fahrstraße (die armen Knie) ins ebene Oytal mit toller Sicht zum sehr schwierigen Rädlergrat unter dem Himmelhorn. In der Talsenke angekommen sind es nur noch wenige Minuten bis zum Oytalhaus (1006m). Der letzte Wegabschnitt ist die lange, quälende Hatsch zurück vom Oytalhaus nach Oberstdorf auf ebener, asphaltierter Fahrstraße - unangenehm nach einer langen Wanderung - aber lässt sich nicht ändern. Die eigentlich ausleihbaren Bergroller waren bei dem Wetter nicht zu bekommen - zu spät wars wohl auch schon - zumindest sah das Oytalhaus erstaunlich verlassen aus - das Wetter macht's.

Es gibt zwei Möglichkeiten zurück nach Oberstdorf - die geteerte Variante oder eine Fahrstraße durch den Wald - aufgrund der fortgeschrittenen Zeit entschied ich mich für erstere, da wohl schnellere. Und so kam ich gegen 20 Uhr auf dem Oibele-Parkplatz in Oberstdorf an.

Stellenweise landschaftlich sehr ansprechende Tour, allerdings sollte der Begeher aufgrund vieler "Rückschläge" leidensfähig sein - bei besseren Verhältnissen wäre das sicherlich anders.

Die Tour nur bis zum Hahnenköpfle ist auch für Unerfahrene noch recht gut geeignet, der Rieffenkopf sollte hingegegen eher den Erfahreneren vorbelassen werden.


  • KONDITION 4/5
  • ORIENTIERUNG 3,5/5
  • TECHNIK 2/5
  • EXPONIERTHEIT 2/5

[Tour im Alleingang]

Tourengänger: Kris


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