VAL LODRINO: Bergnauri und Carugo – ein weiteres Puzzle-Teilchen zur „Unvollendeten“


Publiziert von Seeger , 8. September 2010 um 23:04.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:26 August 2010
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Poncione Rosso 
Zeitbedarf: 1 Tage
Aufstieg: 1580 m
Abstieg: 1580 m
Strecke:Val Lodrino: Legri Pt. 580 – Brücke auf ca. 500m – Pönn 634m – Bergnauri 1103m – Dureda 892m - Carugo 1083m –Piancora 1396m – Grei 1180m – Lagua 894m – Legri Pt. 580
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Ö.V.: Bellinzona – Lodrino mit Postauto, auf Wanderweg nach Legri 582m Auto: Bellinzona – Lodrino – 1,9 km Richtung Iragna – links abzweigen (Merkpunkt: Kirche rechterhand) – 5 km bis Parkplatz beim Heli Landeplatz beim Pt 580, Legri
Zufahrt zum Ankunftspunkt:item
Kartennummer:1:25'000 Osogna 1293 + Alte Ausgaben

Frank Seeger ( www.alpi-ticinesi.ch ) hat mich zu einer gemeinsamen Tour eingeladen. Das verpflichtet mich zu einer Trainingstour. Was liegt näher, als die offenen Rechnungen mit Carugo im Val Lodrino zu begleichen. Angeglichen an die Touren mit Zaza http://www.hikr.org/tour/post17648.html und den Plänen von Frank http://www.hikr.org/tour/post27624.html  im gleichen Tal besuche ich etwas auf beiden Seiten. Mal ganz sicher Carugo und wollen wir sehen….
In Herrgottsfrühe stehe ich auf dem Parkplatz von Legri Pt. 580, eine halbe Stunde von Biasca entfernt, am Eingang des Val di Lodrino. Unsicher, ob wirklich keine Brücke mehr existiere, steche ich zum beliebten Canon 80 hm hinunter. Und siehe da! Eine Metall-Hängebrücke neueren Datums überspannt in 20 m Höhe den Fluss. Die verlorenen Höhenmeter hole ich zügig auf und stehe alsbald in Pönn 634m (T2), einem sehr schön ausgebauten Weiler mit Privathäusern.
Ein gut unterhaltener Wanderweg (T2) führt südwestlich wenig steil weiter Richtung Dureda. Nach 500m, noch zwei Gräben vor dem grossen Einschnitt ersperbere ich einen markanten Stein = Weganfang für Jägerpfade. Magnetisch angezogen suche ich weiter oben nach weiteren Spuren und finde tatsächlich Schnittspuren und ein weiterer Stein, dann eine Möglichkeit, auf dem rechtsliegenden Rücken aufzusteigen. Jetzt hat‘s mich endgültig gepackt – Carugo hin oder her! In diffizilem Gelände schaffe ich mich von Absatz zu Absatz und sehe ein ungewöhnliches Zeichen: Ein um einen Baum gebundenen Keramik-Isolator (T4). Der Pfad quert hier obligat ins nächste Tälchen hinein. Ich fühle mich als echter Pfadfinder, umso mehr, als dass sich das Gelände richtig aufbäumt und laut Karte oben mit einer 80m hohen Wand abschliesst. Doch im dichten Wald ist davon (noch)nichts zu sehen. Ich lege eine Studierpause ein und entdecke beim genauen Betrachten der LK 1:25‘000 einen einzigen, etwa 20 m breiten Durchschlupf auf 1040m nach Bergnauri. Und wieder folge ich den vagen Spuren steil hinauf. Wenn das nur gut geht! Umkehren kann ich ja alleweil. Dreihundert Meter bin ich durch die Wildnis gerotzt, bis ich den ersten Fixpunkt erreiche: Einen Felsgrat als seitlicher, südwestlicher Abschluss des ersten Grabens – wo ich eingestiegen bin. Erst jetzt werde ich mir der Dimensionen dieses Tales bewusst. Beinahe in 700m Tiefe liegt die Riviera, durchzogen von der A2 Biasca-Bellinzona. Wie kleine Spielzeuge fahren Autos, Lkw’s und Bahn auf und ab. Hektik des Alltags. Konzentriert folge ich den mageren Wegspuren, welche sich in einem alten Laubwald festigen, bis ich plötzlich den Durchschlupf finde (T5). Doch auch dieser ist seitlich von einem 5m tiefen Graben gesäumt.
Von Norden her erreiche ich Bergnauri 1103m (T5 über diese Route) über liebliche Kuppen, einst Weidegebiet, heute mit Birken überwachsen. Wunderschöner Weiler mit vielen gut erhaltenen und restaurierten Häusern. Mittagsrast. Menü 1 mit Zitronenherzli zum Dessert. Wasser auffüllen. Es soll die letzte Gelegenheit sein bis in den späten Abend hinein…
Der „offizielle“ Weg nach Dureda (T3) ist links der nördlich gelegenen Kuppe zu suchen.(siehe LK). Verpasst man das Knie, kommt man zu einem alten Brunnen, welcher immer Wasser führt. Nach einem Augenschein kehre ich zum Weg zurück und steige das Tälchen hinab. Welch Unterschied zu meinem wilden Aufstieg. Nach dem ich den Weg Pönn-Dureda erreiche, folge ich diesem nach links.(T2)
Ob Dureda 892m (T2)  hindurch bis in den grossen Bachgraben auf 940m. Ein grosser Baumstamm könnte bei Hochwasser behilflich sein. 60m weiter verlasse ich den bequemen Talweg nach rechts und steige weglos - jedoch mit einzelnen Steinen markiert - die auf der LK gut sichtbare, bewaldete Kuppe bis auf 860m ab (T3). Dann quasi horizontal bis zur ersten Möglichkeit, zum Fluss hinunter zu steigen.(Steinmänner). Der Felssporn von Carugo ragt vor mir bedrohlich in die Höhe. Ich überquere den Fluss auf schmierigen Steinen und finde auf der andern Seite einen Weg RECHTS um den Carugo-Sporn herum zwischen Fels und Geröllhalde. Klare Spuren führen auf etwa  960m über ein Grasband nach links um den Sporn herum und nach etwa 80m über einen Einschnitt auf die Abdachung – die ehemalige Weide gleicht einer Wüste (T4). Jedoch mit jungem Eichenwald. Steil und unproblematisch steige ich zu den Ruinen von Carugo 1083m (T4)  hinauf. Schon etwas mitgenommen. In den letzten Sonnen-Strahlen erreiche ich die Ruine auf 1170m und nach Aufbietung meiner letzten Reserven die „Auffangslinie“ : Der Verbindungsweg von Piancora nach Bercögn auf 1400m. Hurra. Geschafft.
Der Abstieg kann sich der geneigte Leser selber kombinieren (T3). Ich habe ihn ja auch schon beschrieben.  http://www.hikr.org/tour/post17608.html . Nach einem netten Empfang in Piancora 1396m mit Coca Cola und Kaffee/Grappa (Grazie Mille!)schwebe ich beschwingt  zu Tal im Schein der Stirnlampe.
Auf der A2 rasen Polizei-Autos mit Sirene und Blaulicht zu einer Unfallstelle. Welch krasser Kontrast zu meiner Welt.
Der Mond gleitet durch die Wolken.
 

Tourengänger: Seeger
Communities: Ticino Selvaggio


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Kommentare (4)


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Henrik hat gesagt: ..und deine präzisen Beschreibungen
Gesendet am 9. September 2010 um 08:00
sind das Produkt dieser Eigenschaft..

> ich fühle mich als echter Pfadfinder

Und mit dem Namensvetter unterwegs wohl einzigartig.

Gratuliere.


silbervogel

Seeger hat gesagt: RE:..und deine präzisen Beschreibungen
Gesendet am 9. September 2010 um 08:10
Ciao Henrik
...und schon gelesen?
Es war wirklich einzigartig mit Frank. Ich habe viel lernen können von ihm. Eben genau dieses Pfadfinden!
Cari saluti
Andreas

lobojack hat gesagt: wo ist der T5?
Gesendet am 9. September 2010 um 19:54
Lieber Andreas,

mal wieder ein klasse Bericht! Das hört sich echt gut an. Aber wo ist der T5?

Best Grüße

Michael
www.mountainzones.com

Seeger hat gesagt: RE:wo ist der T5?
Gesendet am 9. September 2010 um 20:17
Ciao lobojack
Du bringst mich auf eine super Idee. Ich unterteile die Tour in verschiedene Schwierigkeitsgrade :-)
Der T5 ist zwischen Pönn und meiner Eskapade hinauf nach Begnauri. Grund: teils exponierte Stellen und schwierige Wegfindung wegen SEHR unübersichtlichen Verhältnissen. Klettereien im II Grad. Ein Versteigen kann man sich da nicht leisten und wegen dem dichten Wald ist die Orientierung heikel. Ich habe extra einen T5 angegeben, um T4-Gänger zu warnen. C'est tout!
Cari saluti
Andreas


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