Täschhorn


Publiziert von WoPo1961 , 1. Juni 2010 um 08:51.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:10 August 2002
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   4000er 
Zeitbedarf: 2 Tage 17:00
Aufstieg: 2240 m
Abstieg: 2240 m
Strecke:Täsch - Ottavan - Mischabelbiwak - Täschhorn
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Rhonetal bis Visp; Vispertal bis Stalder; Mattertal bis Täsch; mit Taxi oder zu Fuß zur Täschalpe (Ottavan)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:siehe oben
Unterkunftmöglichkeiten:diverse Hotels, etc in Täsch; Unterkünfte auf der Täschalpe;Täschhütte
Kartennummer:1328 Landeskarte der Schweiz

Das Jahr 2002 war (m)ein gutes Bergsteigerjahr, es gab keine Dispute mit unser aller Wetterchef und immer, wenn ein Gipfeltag anstand, schien die Sonne, als ob sie einiges gut zu machen hätte bei mir :-) und bei allen anderen hikr-steigern natürlich auch :-))
Aber vor dem Glücksmoment,  seine Bergsteigerfüße oben am Gipfelkreuz hinstellen zu können, muß so manches Tröpfchen Bergsteigerschweiß fliessen. Allein die 1600 Höhenmeter von Ottavan hinauf zum Mischabeljochbiwak mit kompletten Touren- und Biwakgepäck (wollte gerade schon Biwakgebäck schreiben, weil ich beim schreiben dieser Zeilen herzhaft in Kekse beiße..., aber ich komme wohl jetzt vom Thema ab, merk ich:-), machen nicht wirklich Spass. Zumindest mir nicht, denn spätestens nach 1-2 Stunden, je nach Tagesform, stört mich entweder das Rucksackgewicht im allgemeinen oder meine schlechte Form im Besonderen, das langsam aus dem Rucksack rutschende Seil nevt oder meine dummerweise ganz nach unten gepackte Getränkeflasche gluckert viel zu laut und will unbedingt leer getrunken werden, es ist zu warm oder zu kalt, auf jeden Fall ist man/bin ich immer falsch angezogen, und so weiter..... kennt warscheinlich fast jeder hikr-Leser, diese Phasen des nicht enden wollenden Hüttenanstiegs. (hoff ich zumindest, sonst würd ich mich ab sofort ziemlich alleine fühlen :)
In der ersten Stunde gingen wir einen breiten Wanderweg, in der zweiten Stunde war es die laaange, südliche Geröllmoräne des Weingartengletschers hinauf Richtung Weingartensee, mit den unumgänglichen Pausen waren wir ruckzuck schon in der dritten Stunde, Mitte der vierte Stunde sahen wir uns in den Felsen wegsuchend zum Weingartengletscher, in der fünften Stunde stiefelten wir mit allem, was der gletscherbenutzende Bergsteiger an Equipment so braucht über den Weingartengletscher und zum Ende der sechsten Stunde machten wir dann irgendwann die Tür zum Mischabeljochbiwak auf.
Ich könnt euch natürlich jetzt groß und breit erzählen, wie locker und auch flockig dieser Geschichtenerzähler diese Stunden genossen hat, die Landschaft bewundernd und ein Liedchen auf den Lippen pfeifend. Die Realität sah aber so aus, das Stunden und Minuten gezählt wurden, bis ich endlich nicht mehr Höhenmeter steigen mußte, keinen ätzend schweren Rucksack hinauf schleppen brauchte und endlich die, wie mein Augapfel behütete Dose Bier trinken konnte.............  :-)))
Das Mischabeljochbiwak ist eines meiner absoluten Lieblingsunterkünfte. Eine fantastische Sicht zu beiden Seiten -  ins Mattertal oder ins Saasertal - und gaanz weit weg von der Zivilisation. Ich habe insgesamt 3 mal dort oben übernachtet, niemals wurde die halbe Nacht mit Tüten geraschelt oder der Kaffee morgens mit Steigeisen an den Schuhen getrunken. Hier kommen keine Riesengruppen von 10, 15 oder noch mehr Teilnehmern hinauf, um abends Rambazamba zu machen und morgens überall im Weg zu stehen.
So, genug rumgeknurrt, wir wollen ja auf`s Täschhorn und durch meine Laberei ist die Nacht auch schon zum frühen Morgen geworden, WoPo hat einigermaßen schlafen können und möchte jetzt nur noch eines: hinauf aufs Hörnchen. Selten so motiviert gewesen, denn dieser Berg stand hoch oben auf meiner persönlichen Tourenwunschliste.
Unmittelbar neben dem Biwak befindet sich der Einstieg in die Felsen des SSE - grat. Wir sind erst im Hellen, quasi mit Sonnenaufgang, eingestiegen, denn unnötiges Suchen mit Stirnfunzel wollten wir verhindern. (und ich lach mich jedesmal aufs Neue schlapp, wenn ich hinterher meine Fotos betrachte und wir stehenam Grat im gleißenden Sonnenlicht mit Stirnlampe auf der Stirn gepappt ::-)
Außerdem stand nur die Gipfelbesteigung auf dem Programm mit anschließender nochmaliger Übernachtung im Biwak. Den Riesenabstiegshatscher zurück in die Zivilisation wollten wir in Etappen zurücklegen.
Zunächst ist der Grat felsig und zackig und wir umgehen den ersten Teil brav und wie es im Clubführer steht, horizontal Richtung Osten und zickzacken an Steinmännern vorbei und auf Wegspuren hoch bis  sich diese Spuren verlieren und wir zum Gratkamm gelangen. Dieser erste Teil bereitete uns überraschenderweise keine Schwierigkeiten (bin da ganz andere Dinge gewohnt: von falschen Einstiegen  und bei Erkennen schlappe 200-300 Höhenmeter wieder absteigen bis  zu fehlenden Gerätschaften, die trocken in irgendwelchen Hütten lagen, dafür aber gerade in diesem Augenblick auch nicht benutzt werden konnten :-) was  mich schon etwas hätte stutzig werden lassen können, aber die Konzentration galt dem nun wellenförmigen und meist verfirnten Grat. An einer etwas ausgesetzten Stelle kam es dann zu diesem kleinen, aber feinen Mißgeschick, daß Bergfreund Frank sich in einer etwas "unrunden" Bewegung das Knie verdrehte.
Ist eigentlich gar kein großes Problem so ein klein wenig verdrehtes Knie.... wenn man es denn gerade nicht belastet sondern ruhig hält, was wiederum etwas schwierig ist, am Täschhorn Südostgrat.
Kurze Pause, neuerlicher Versuch, aber das Ergebnis blieb gleich, das Knie tat verdammt weh. Wir beratschlagten, bis Frank den Vorschlag machte, so lange zu warten bis Reinhard und ich vom Gipfel wieder zurück kämen. Bis dahin wäre sein Knie vielleicht wieder funktionstüchtig und wir könnten dann gemeinsam absteigen. Da außerdem das Wetter stabil aussah, nahmen wir sein Angebot dankend an und nachdem wir einen bequemen Sitzplatz für ihn gefunden hatten, zogen wir weiter den Grat hinauf. Kurz nach Verlassen, erreichten wir den Vereinigungspunkt mit der Seitenrippe bei 4175m (diese wird benutzt, wenn man ohne Übernachtung im Mischabeljoch Biwak, direkt vom Weingartengletscher aus das Täschhorn besteigen will).
Oberhalb ist der Grat nun felsig, breit und unschwierig zu begehen, ab ca 4230 m dann wieder steiler und schmal. Obacht!, in diesem Bereich befinden sich teilweise Wechten!
Der felsige Gipfelaufbau beginnt bei ca 4360m und wird leicht rechtshaltend über Stufen erklettert bis zu einem Kamm (dieser trennt diese Wand und die Ostwand). Auf diesem gehts dann hinauf zum Gipfel.
Den gigantischen Ausblick in Worte zu fassen, erscheint mir fast unmöglich. Trotz Sonnenscheins hatte ich Gänsehaut und ein Gefühl größter Freude übermannte mich. Mit meinem Freund Reinhard diese Traumtour geschafft zu haben, bedeutete mir sehr viel. Mein Herz hüpfte vor Freude und in diesem bewußten Augenblick oben am Gipfelkreuz war es ein ganz Großes.
Den Gipfel besteigen ist die eine Sache, vom Gipfel wieder heile zurückkommen die Andere - und beim Blick hinab Richtung Mischabeljoch war klar, dieser "Drops" ist noch lange nicht gelutscht. Außerdem wollten wir unseren Spezie Frank nicht länger als nötig warten lassen, also ging es alsbald wieder hinab, den mühsam erkämpften Weg retour. Durch die ständige Konzentration beim Abstieg, ja keinen Fehler zu begehen, war uns gar nicht bewußt, wieviel Zeit mittlerweile vergangen war, bzw wie lange unser Freund auf unsere Rückkehr warten mußte. Hatten wir vorher ca 3,5 Stunden veranschlagt, waren es zum Schluß fast 75 Min zusätzlich geworden. Zeit, die für jemanden, der auf dem Mischabelgrat wartet,  nicht gerade zügig vorrübergeht. Außerdem hatte sich das Knie nicht vielversprechend verbessert. Demzufolge fanden wir einen etwas frustrierten und nicht gerade glücklich dreinblickenden Frank. 
Es nutzte nichts, ein Hubschrauber zum Transport mußte herbeigerufen werden.
Einige Zeit später schwebte unser Freund dann an der Longline befestigt in Richtung Täschhütte und war schon kurz danach aus unseren Augen entschwunden. Wir aber durften den Rest des Grates per pedes fortsetzen und waren froh, als  endlich das Mischabelbiwak in unmittelbarer Nähe war.

Nachsatz:
Unseren Bergspezie Frank trafen wir am näxten Tag auf der Täschalp wieder, sein Knie war fachmännisch getapet, nicht ernsthaft verletzt und nur für die folgenden Tage außer Gefecht gesetzt. Da aber das Täschhorn unsere Abschlußtour 2002 war, konnten wir leichten Herzens nach einer kleinen Abschlußfeier die Heimreise antreten.

Tourengänger: WoPo1961


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

S III
10 Aug 08
Täschhorn - Dom Überschreitung · 3614adrian
ZS III
ZS III
18 Jul 16
Täschhorn 4491m · Sherpa
ZS III
23 Aug 18
Täschhorn, 4491m · Linard03
ZS III
5 Sep 22
Täschhorn · ᴅinu
ZS II
20 Aug 13
Täschhorn Überschreitung · Leander
ZS III

Kommentare (9)


Kommentar hinzufügen

Sputnik Pro hat gesagt: Gratuliere zum Traumberg!
Gesendet am 1. Juni 2010 um 09:36
Eine Hammertour welche ich diesen Sommer auch machen möchte (werde). Die Tour ist sehr schön beschrieben wir ich es ja von Deinen Berichten gewohnt bin.

Viele Grüsse,

Sputnik

WoPo1961 hat gesagt: RE:Gratuliere zum Traumberg!
Gesendet am 1. Juni 2010 um 09:43
Hi Sputnik, danke schön fürs kommentieren. Liegt natürlich schon einige Jahre zurück, aber ich verspreche dir: es ist ein besonderer Moment, dort oben zu stehen, du wirst es erleben. eine Superaussicht, eine anspruchsvolle Tour und handverlesenes Publikum... was will das Bergsteigerherz mehr? Also, Sputnik, viel spaß, gutes Tourenwetter und komm gesund zurück!
Grüße vom Flachlandexperten
WoPo

kleopatra hat gesagt: Super Bericht
Gesendet am 1. Juni 2010 um 19:25
... und danke für die ehrlichen Worte, den Aufstieg nicht zu unterschätzen. Hab' ich richtig gelesen, dass ihr ca. 4h von der Stelle, wo Frank sitzen geblieben ist auf den Gipfel und wieder retour gebraucht habt? Möchte nur etwas Gefühl dafür bekommen, mit welchen Zeitspannen wir für die Besteigung - die auch für heuer am Plan steht - rechnen müssen.

lg kleo

WoPo1961 hat gesagt: RE:Super Bericht
Gesendet am 1. Juni 2010 um 19:54
Hi Kleo, ehrlich gesagt, gaanz genau weiß ich es nicht mehr, aber ich schätze, es waren eher 4,5 Std... aber mit Pause oben am gipfel und zwischendurch Fotos machen. Wir waren noch nie die Allerschnellsten :)Laut Führer werden 4-4,5 Std für den Aufstieg veranschlagt und ca genau soviel Zeit braucht man auch für den Abstieg..... je nach Verhältnissen. Hoffe, ich konnte dir mit diesen Angaben helfen. Wünsche dir jedenfalls viel Spass (siehe Antwort für Sputnik) und heile zurück kommen...... uuuund hikr Bericht verfassen nicht vergessen!!
münsterländer Grüße vom
WoPo

Bombo hat gesagt:
Gesendet am 1. Juni 2010 um 23:40
hola,

gratuliere - auch wenn's schon länger zurückliegt - zu diesem super schönen berg! ich erinnere mich noch gut an unsere tour im letzten jahr, wo wir dieses ziel erreichen durften - ich erinnere mich aber auch gut daran, wie schuttig dieser berg ist, dafür dann aber wieder dieser unglaublich scharfe schneegrat, die anschliessende steile kletterei und dann natürlich die phänomenale gipfelaussicht - ein traum für jeden bergsteiger (einzig die gipfel-pisser konnten es mal wieder nicht lassen und es hat fürchterlich danach gestunken - hoffe, dass irgendwann mal ein solcher dünnluft-pinkler beim auspacken sein gleichgewicht verliert...)

gruss und weiterhin tolle touren!

WoPo1961 hat gesagt: RE:
Gesendet am 2. Juni 2010 um 09:36
Hi Bombo,
ich glaub ich hab mir schon mindestens 5 mal eure tollen Fotos vom Täschhorn angeguckt! und dachte mir, R E S P E K T!!, am gleichen Tag noch bis ins Tal abzusteigen, da braucht man schon ordentlich "Schmackes" in den Beinen! (wie wir Münsterländer zu sagen pflegen). Die Gipfelstruller Problematik hatten wir, Gottseidank, nicht gehabt. Überhaupt waren an diesem Tage nur 3 oder 4 Seilschaften unterwegs (und 2 Seilschaften kamen von der Kinhütte). Es ist echt ein geiles Gefühl, bis dort oben es geschafft zu haben. Selten so viel Gänsehaut gehabt, obwohl es wirklich nicht kalt war. Wünsch dir einen tollen Bergsommer und bin auf deine Hikr-Berichte gespannt!
Es grüßt aus dem fernen Münsterland
WoPo

eugen hat gesagt: Täschhorn
Gesendet am 29. Juli 2010 um 14:04
Mit etwas Verzug möchte ich Dir auch noch zum Täschhorn gratulieren. Heiss und spannend Dein Bericht - ich musste mir selbst zweimal Eis am Holzstab servieren, um nicht total überzukochen. Tatsächlich ist mein Puls beim nachträglichen Miterleben eurer Tour spürbar nach oben gegangen. Vielleicht auch, weil ich mir vorstellte, ich würde diesen Grat begehen. Habe wohl schon irgendwann irgendwo geschrieben, dass ich in der Vergangenheit zwei Täschhornversuche gemacht habe. Beide Male verhinderte der Wettergott unser Gipfelglück. Vielleicht ein anderes Mal.

Herzliche Grüsse aus dem Wallis (windig und regnerisch und gar nicht so warm heute).
Eugen

WoPo1961 hat gesagt: RE:Täschhorn
Gesendet am 29. Juli 2010 um 17:10
Der Verzug ist vollkommen ok! Mein Bericht kam ja auch mit einem "kleinen" Verzug von schlappen 8 Jahren ins hikr Portal, da sind deine 7 Wochen wie ein Wimpernschlag.
Und falls es dich intressiert, hier im berg- und hügellosen Münsterland fegt ein Gewitter nach dem anderen über Flachhausen hinweg. Aber egal, bin gedanklich sowieso schon bei euch im Wallis.
liebe Grüße
WoPo

roger_h hat gesagt:
Gesendet am 1. Juli 2015 um 21:14
Mein lieber rotbemützter Freund, ich habe mit André ausgemacht, dass jeder von uns eine Projekt-Liste mit seinen 10 Traumtouren erstellt (die wir zu zweit ohne Bergführer gebacken kriegen) und bin mittlerweile beim Täschhorn angelangt und der Recherche dazu. Vor diesem Berg habe ich einen ziemlichen Respekt, weil ein Bekannter von mir am Mischabelgrat derart überfordert war, dass er eine Nacht auf dem Grat verbracht hat.
Aber ich denke, das Täschhorn kommt trotzdem auf meine Liste, es ist und bleibt einfach ein toller Berg!


Kommentar hinzufügen»