6 Tage Karwendel - über alle vier Karwendelketten


Publiziert von Bahnfahrer , 28. Januar 2025 um 22:43.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Karwendel
Tour Datum: 1 September 2023
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2 (WS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   D   A-T 
Zeitbedarf: 6 Tage
Aufstieg: 6900 m
Abstieg: 6675 m
Strecke:79,4 km

Nach unseren (mein Vater, mein Bruder und ich) mehrtägigen Hüttentouren im Allgäu, Wetterstein und den Berchtesgadener Alpen sollte es dieses Jahr ins Karwendel gehen. Ich hatte mir mehrere Tourenbeschreibungen von verschiedenen Online-Quellen angeschaut und mir aus Teilstücken davon diese Route zusammengebastelt, um für unsere Kondition und Übung möglichst den größten Erlebniswert rauszuholen. Als ich dann in einem Buch "meine" Tour fast genauso wiedergefunden habe, war die Sache klar - so wird's gemacht!

1. Etappe: Mittenwald (910 m) - Hochlandhütte (1630 m)
Strecke: 4,9 km
Zeit: 1:50 h
Höhenmeter: Auf 720 m
Schwierigkeit: T2


Zum Einstieg haben wir nach längerer Anreise mit der Bahn nur eine kurze, eher wenig spannende Etappe. Wir sind mit dem Bus von Kochel gekommen, daher ist unser Startpunkt die Bushaltestelle "Kaserne" direkt neben der Isar. Diese wird gleich überquert, dann einfach den Wegweisern in Richtung Hochlandhütte folgen. Auf größtenteils breiteren Wegen, teilweise einem Bach folgend, geht es immer weiter bergauf, gegen Ende in einigen Serpentinen. Bis auf die letzten Meter zur sehr urigen, kleinen Hütte sind wir ausschließlich im Wald unterwegs.

2. Etappe: Hochlandhütte (1630 m) - Wörnerkopf (1979 m) - Gjaidsteig - Karwendelhaus (1771 m)

Strecke: 12,2 km
Zeit: 5:20 h
Höhenmeter: Auf 850 m, Ab 680 m
Schwierigkeit: Meist T2-3, ein kurzer versicherter Abschnitt etwas ausgesetzt, T4-


Wir starten von der Hütte nahezu eben nach Nordosten auf einem Steig durch Latschen, bevor es nach dem Abzweig zur Rehbergalm erst leicht, dann steiler in Serpentinen bergauf geht. Oben auf dem Kamm geht es eigentlich nach rechts weiter, aber wir machen zunächst einen kleinen Abstecher nach links auf den Wörnerkopf (1979 m, auch Steinkarlkopf genannt). Dorthin sind es gerade einmal 400m Strecke ohne nennenswerten Höhenunterschied (T3).
Nach kurzer Pause bei schöner Aussicht geht es auf dem breiten Grat wieder zurück und ein Stück weiter bis zum höchsten Punkt der Etappe (1987 m). Laut Wegweiser befinden wir uns hier am Wörnersattel - etwas irreführender Name, normalerweise ist ein Sattel ja der tiefste Punkt eines Kammes zwischen zwei Gipfeln. Unmittelbar vor uns beginnen die Felsen des Wörners, dorthin soll eine schöne Kraxelroute führen.
Mit Blick auf die lange morgige Etappe und weil die Route wohl doch recht anspruchsvoll wirkt, verzichten wir und biegen links ab auf den sogenannten Gjaidsteig. Nach einem kurzen Abstieg folgt eine lange, ebene Querung des Wörnerkars. Sehr imposant dabei immer auf der rechten Seite die 500 Meter hohen Nordabbrüche des Wörners. Zwei von rechts kommende Grate werden überquert, generell geht es eher bergab bis zu einem Abzweig nach links. Gab es bis hierhin keinerlei Schwierigkeiten, so kommt nun der Abschnitt, aufgrund dessen der Weg vermutlich "schwarz" ausgeschildert ist: eine etwas ausgesetzte Bänderquerung, welche aber hervorragend mit Drahtseilen abgesichert ist. Im Frühsommer könnte die Stelle (oder auch schon vorherige Passagen) durchaus heikel sein, wenn noch Altschnee liegt.
Mit Überschreiten der Staatsgrenze nach Österreich ist aber auch schon wieder alles entspannt, und so spazieren wir bis zum Bäralplsattel (1820 m), wo die erste der vier Karwendelketten überquert wird. Von hier zieht sich der Weg noch ziemlich lange, aber unschwierig (T2-3) in leichtem Auf und Ab durch die Latschen bis zur Hochalm (1700 m), wo wir auf den Hauptanstiegsweg zum Karwendelhaus (1771 m) stoßen.

Gipfeltour vom Karwendelhaus auf das Hochalmkreuz (2192 m)

Strecke: 3,5 km
Zeit: 1:30 h (50min Aufstieg, 40min Abstieg)
Höhenmeter: Auf und Ab je 395 m
Schwierigkeit: T3+


Nach längerer Pause am Karwendelhaus entschließen wir uns noch zu einer kleinen Nachmittagstour zum Hochalmkreuz. Direkt oberhalb der Hütte schlängelt sich der Steig recht steil und versichert durch die Lawinenschutz-Verbauungen, das ist auch gleich schon der anspruchsvollste Teil des Anstiegs (T3+). Weiter geht es auf einem normalen Bergweg immer leicht bergauf, bis auf etwa 1920 m unser Weg links abzweigt. In vielen Serpentinen geht es bis auf den Grat mit dem Kreuz (2192 m). Ein wirklicher Gipfel ist es nicht, eher eine kleine Erhebung auf dem Grat zur Birkkarspitze. Aber das macht die Aussicht nicht weniger lohnend.

3. Etappe: Karwendelhaus (1771 m) - Birkkarspitze (2749 m) - Kastenalm (1220 m) - Hallerangerhaus (1768 m)

Strecke: 14,6 km
Zeit: 7:35 h
Höhenmeter: Auf und Ab je 1530 m
Schwierigkeit: T4 vor und nach der Birkkarspitze, sonst meist T3, ab der Kastenalm T1


Los geht's auf die dritte Etappe zunächst auf bekanntem Weg, denn anfangs ist die Route identisch mit dem Anstieg zum Hochalmkreuz. Der Weg zieht sich immer weiter durch das Schlauchkar nach oben, gegen Ende wird es eher steiler. Anstiege durch Kare sind immer anstrengend, aber wir befinden uns auf der Nordseite und haben daher keine direkte Sonneneinstrahlung, noch dazu ist es ja noch früh am Tag - also alles halb so wild. Auf den letzten etwa 100 Höhenmetern hatten wir ein paar kleine Schwierigkeiten mit der Orientierung, hier sind die Markierungen etwas spärlich. Hier gibt es aber auch viele verschiedene Möglichkeiten, Händeunterstützung wird man in jedem Fall brauchen (T4-).
Vom Schlauchkarsattel (2620 m) mit der Unterstandshütte sind es schließlich noch gut 120 Höhenmeter auf die Birkkarspitze (2749 m), die wir auf jeden Fall mitnehmen wollen.
Die Schlüsselstelle liegt direkt am Beginn des Anstieges in Form einer kleinen drahtseilgesicherten Steilstufe (B). Weiter oben kommen aber auch noch einige abschüssige Stellen mit loser Schuttauflage, an denen man gut aufpassen muss (T4).

Relativ kurz vor der Tour habe ich zum ersten Mal von der Prominenz bzw. Schartenhöhe von Bergen etwas gehört und habe das Konzept seitdem für mich entdeckt. Somit ist es auch auf dieser Ebene für mich etwas besonderes, mit diesem Gipfel meinen ersten "Ultra" bestiegen zu haben. Und was besonders prominente Berge eben auch ausmacht, ist in der Regel eine grandiose Aussicht - und die haben wir heute auf jeden Fall, die Bilder sprechen wohl für sich.

Zurück an der Hütte beginnen wir den langen Abstieg durch das Birkkar. Insgesamt sind es vom Gipfel über 1500 Höhenmeter Abstieg bis ins Isartal. Im oberen Teil kommen dabei noch einige Kraxelpassagen (T4 und I), häufig auch versichert. Dazu - wie eigentlich überall im Karwendel - relativ viel loser Schutt auf dem Weg. Der Abstieg ist zwar lang, aber landschaftlich schön und abwechslungsreich.
An der Kastenalm (1220 m) angekommen, machen wir eine späte Mittagspause und nehmen frisch gestärkt die letzten 500 Höhenmeter Anstieg in Angriff, die Route zieht sich unspektakulär auf einer breiten Schotterstraße den Lafatscher Bach entlang nach oben (T1).

4. Etappe: Hallerangerhaus (1768 m) - Lafatscher Joch (2081 m) - Wilde-Bande-Steig - Pfeiser Spitze (2347 m) - Pfeishütte (1920 m)

Strecke: 8,7 km
Zeit: 3:45 h
Höhenmeter: Auf 695 m, Ab 530 m
Schwierigkeit: Meist T2-3+, auf die Pfeiser Spitze T4+ bzw. B


Wir hatten überlegt, in den kurzen Übergang noch die Überschreitung der Speckkarspitze (2620 m) einzubauen - uns dann aber dagegen entschieden, ein halber Tag Pause würde uns auch ganz gut tun.
Vorbei an bizarren Felswänden zieht sich der Weg erst steil, später sanfter nach oben bis zum Lafatscher Joch (2085 m), wo der "Wilde-Bande-Steig" beginnt. Es sind ein paar Stellen dabei, wo man die Hände braucht, wirklich anspruchsvoll ist es aber nicht (T3+). An einer Stelle muss man etwa zwei Meter nahezu senkrecht in eine Rinne ab- und auf der anderen Seite wieder hochklettern, aber auch das ist aufgrund der vorhandenen Sicherungen kein Problem.
Ohne große Höhenunterschiede geht es bis unterhalb des Stempeljochs (2215 m), welches nach einem sehr steilen Anstieg erreicht wird. Viele Holzkonstruktionen machen das ganze etwas weniger mühsam. Am Stempeljoch lassen wir vorerst unsere Rucksäcke und machen uns auf den Weg zur Pfeiser Spitze (2345 m). Wir haben vorher keine Tourenberichte oder -beschreibungen gelesen, das ganze war eher ein spontaner Entschluss. Dementsprechend wussten wir auch nicht wirklich, was uns erwarten würde.
Zunächst traversiert der Steig die Flanken im Geröll, dann biegen wir aber nach links ab und der klettersteigartige Teil beginnt. Einiges an Kletterei, teilweise ausgesetzt, man muss sehr aufpassen, da viel loses Zeug herumliegt - wir haben ja keine Helme dabei. Ich würde den Anstieg mit T4+ und B bewerten. Wunderbare Aussicht ins Inntal, "leider" haben wir einige Wolken (ich will mich ja nicht beschweren, wir hatten während der gesamte sechs Tage fast durchgehend Sonnenschein). Besonders der Abstieg zurück zum Stempeljoch erfordert allerdings nochmal volle Aufmerksamkeit, bevor es dann ganz entspannt zur Pfeishütte (1920 m) hinab geht (T2).

Gipfeltour zum Kreuzjöchl (2158 m)
Am Nachmittag machen wir dann doch noch einen kurzen Spaziergang mit 240 Höhenmetern zum Kreuzjöchl. Auf den kleinen Gipfel führt kein Weg, allerdings ist das Gelände flach und man kann entspannt über die Wiese zum höchsten Punkt spazieren.


5. Etappe: Pfeishütte (1920 m) - Goetheweg - Hafelekarspitze (2334 m) - Seegrube (1905 m) - Frau Hitt Sattel (2224 m) - Kristenbachtal (1450 m) - Solsteinhaus (1806 m)

Strecke: 18,4 km
Zeit: 7:40 h
Höhenmeter: Auf 1510 m, Ab 1625 m
Schwierigkeit: T2-3+


Streckenmäßig steht heute die längste Etappe an und auch Höhenmeter sind es nicht weniger als auf Etappe 3 - allerdings verteilt auf viele kürzere An- und Abstiege, mehr als 400 Meter Aufstieg am Stück gibt es heute nicht.
Los geht's auf dem "Goetheweg" hinauf zur Mandlscharte (2280 m). Von dort erst leicht bergab und dann bis zum Gleirschsattel eben. Als der Weg östlich der Gleirschspitze erstmals auf die Südseite des Kamms wechselt, beginnt eine phänomenale Panorama-Wanderung mit Tiefblicken ins Inntal, über 1500m tiefer gelegen. Genusswandern pur!
Der Hauptweg passiert die Hafelekarspitze (2334 m) südlich, wir wollen sie allerdings direkt von unserer Seite besteigen und zweigen dafür auf einen inoffiziellen Weg ab, der nördlich um den Gipfel herum und hinauf führt. Erwartungsgemäß ist einiges los hier oben, der Weg von der Seilbahnstation hier rauf ist turnschuhtauglich ausgebaut.
Wir überlegen kurz, mit der Seilbahn zur Seegrube (1905 m) hinunterzufahren, entscheiden uns aber schnell für den Abstieg zu Fuß (bis hierhin alles T2 mit einzelnen T3-Passagen). Dort gibt's erst mal Mittagessen.

Frisch gestärkt geht es auf zur zweiten und längeren "Hälfte" der Etappe, zunächst ein ganzes Stück weiter mit grandioser Aussicht ohne großen Höhenunterschied nach Westen querend. Vor dem Frau-Hitt-Sattel (2214 m) wird es dann doch wieder ordentlich steil, bleibt aber im T3-Bereich. Genauso der Abstieg auf der anderen Seite - anfangs kommen noch einige drahtseilgesicherte, steile Stellen, anschließend folgt eine wunderbare Schuttabfahrt durch das Frau-Hitt-Kar. Zwar nicht gerade materialschonend was die Schuhe angeht, aber es macht Spaß und schont dafür die Knie und Oberschenkel.
Wir steigen noch bis auf 1700 m ab, dann beginnt der nächste, richtig steile Serpentinen-Anstieg - zwar nur 100 Höhenmeter, aber die haben es in sich. Das Arzler Kar wird im oberen Bereich ausgegangen, dann noch ein kleiner Anstieg zum Sandegg (ca. 1940 m) und anschließend wieder länger bergab. Alles auch landschaftlich wirklich super schön und abwechslungsreich, aber so langsam wird es dann halt doch anstrengend. Vor allem dann der Schlussanstieg auf breitem Weg (T1) bis zum Solsteinhaus (1806 m).

6. Etappe: Solsteinhaus (1806 m) - Eppzirler Scharte (2104 m) - Breiter Sattel (1794 m) - Ursprungsattel (2096 m) - Nördlinger Hütte (2238 m) - Reither Spitze (2374 m) - Reith Bahnstation (1116 m)

Strecke: 13,1 km
Zeit: 4:50 h
Höhenmeter: Auf 955 m, Ab 1640 m
Schwierigkeit: T2-3


Für den letzten Tag haben wir drei Möglichkeiten: Entweder direkt ins Tal absteigen, über den spektakulären Freiungen-Höhenweg zur Nördlinger Hütte oder über die leichtere nördliche Umgehung. Ersteres wäre höchstens bei Schlechtwetter eine Option gewesen, bleiben noch die anderen beiden. Der Hüttenwirt meint am Abend vorher, man müsste für beide Routen etwa 5 Stunden einplanen. Das können wir nicht so wirklich glauben, Outdooractive hat 3:35h bzw. 3:55h berechnet und die Zeiten haben für uns eigentlich immer ganz gut gepasst, meist waren wir etwas schneller.
Jedenfalls entscheiden wir uns für den tiefer gelegenen Weg, sicher ist sicher. Und auch dieser ist durchaus eindrucksvoll - vor allem die spannenden Felsformationen im Bereich der Eppzirler Scharte (2104 m), die wir so im Karwendel noch nicht gesehen haben. Nach der Scharte bergab, eine längere Querung und zum Ursprungsattel (2096 m) wieder hinauf, alles im T2-3-Bereich. Zur Nördlinger Hütte (2238 m) dann nochmal ein gutes Stück weiter bergauf - und wir kommen nach genau 2 Stunden und 45 Minuten dort an. Naja...
Das heißt aber auch, dass wir zu früh dran sind, um schon ein Mittagessen zu bekommen. Also beschließen wir kurzerhand, noch die nahe Reither Spitze (2374 m) zu besteigen, aufgrund seiner Prominenz ein hervorragender Aussichtsberg. Den Anstieg würde ich mit T3+ bewerten. Laut Wegweiser braucht man 30 Minuten zum Gipfel, in dieser Zeit sind wir schon wieder zurück. Gestärkt mit hervorragendem Kaiserschmarrn machen wir uns an den finalen Abstieg nach Reith (1116 m). Die Route hält sich zunächst am Kamm und schlängelt sich erst durch Latschen, dann durch Wald bergab. Ganz nett, aber nichts besonderes.

Insgesamt meiner Meinung nach eine grandiose Unternehmung für Bergwanderer, die schon etwas alpine Erfahrung und Können sowie eine solide Kondition mitbringen. Das Karwendel ist super abwechslungsreich und jeden Tag eröffnen sich komplett neue Ausblicke und/oder faszinierende Geländeformationen. Bei uns kam natürlich noch ein unglaubliches Glück mit dem Wetter dazu.

Tourengänger: Bahnfahrer
Communities: Ultras


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Kommentare (1)


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Toni83 hat gesagt:
Gesendet am 30. Januar 2025 um 19:53
Wow, das totale Karwendelkino. Tolle Unternehmung.
Gruß Toni


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