Kirchbergköpfl (1943 m) - Rundtour über Kranebitter Klamm und Hechenberg


Publiziert von 83_Stefan , 12. Oktober 2024 um 06:49.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:21 September 2024
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 8:15
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Über die B171 nach Kranebitten. Im Ort abbiegen und hinauf in Richtung Bahnhof fahren. Nach einer Buswendeschleife ist an der Bahnunterführung die Weiterfahrt mit dem PKW verboten; dort wenige, kostenfreie Parkmöglichkeiten. Alternativ: Anreise nach Kranebitten mit der Bahn.
Kartennummer:AV-Karte 5/1 - Karwendelgebirge Westliches Blatt.

Der Hechenberg ist ein auf den ersten Blick völlig unspektakulär wirkendes Anhängsel der Inntalkette im westlichen Karwendelgebirge, das am Sattel mit der Neuen Magdeburger Hütte an den Großen Solstein anschließt. Der nicht einmal 2000 Meter hohe Gipfel ist der Hausberg der Hütte, von der es nur 300 Höhenmetern nach oben sind. Wie so oft gilt aber auch hier: Wer einen Berg richtig kennenlernen möchte, der startet ganz unten und das heißt in diesem Fall in Innsbruck-Kranebitten. Wer den spektakulären Anstieg durch die Kranebitter Klamm, den wilden Steig entlang der Nassen Wand und den rustikalen Abstieg über das Hechenbergl erlebt hat, der wird beeindruckt sein vom unscheinbaren Hechenberg.

Die Tour beginnt am Buswendeplatz am Bahnhof Innsbruck-Kranebitten vor der Bahnunterführung, hier ist bereits die Neue Magdeburger Hütte ausgeschildert. Am Rande der Klammstraße finden sich einige Parkplätze, alternativ ist die Anreise mit dem Zug zweckmäßig. Die Bahnstrecke wird unterquert und man folgt der Klammstraße aus dem Ort hinaus, bis sie in einer Rechtskehre auf einem Steig verlassen wird (beschildert).

Der Steig führt sodann an den Sulzenbach heran und überquert ihn (Wanderschild). Man verlässt hier die markierte Route und steigt weglos im Bachbett weiter an, hin und wieder finden sich schwache Trittspuren. Bald wird es steiler und erste Versicherungen eines längst aufgelassenen Steigs geben die Richtung vor. Hier zeigt sich eindrucksvoll die Kraft des Wassers, denn vor allem im unteren Bereich ist der ehemalige Steig teilweise schwer beschädigt. Hart am Wasser geht es aufwärts zu einer Felsstufe, die vormals mithilfe einer Leiter entschärft war. Diese hängt nur noch provisorisch an zwei Ketten, am unteren Ende ist ein kurzes Seil festgebunden. Die Leiter sollte nicht benutzt werden, stattdessen umgeht man die Stelle rechter Hand in rutschigem Fels (I+). Oberhalb der Leiter ist der aufgelassene Steig in besserem Zustand, Krampen und Seile helfen oberhalb des Wassers durch die enge Schlucht. Bald ist der anspruchsvollste Abschnitt überwunden und durch das Bachbett gelangt man hinauf zu einem ehemaligen Unterstand, an dem Gedenktafeln für früh verstorbene Bergarbeiter angebracht sind, die in der Schlucht tätig waren.

Am Grund der Schlucht geht es nun ohne technische Schwierigkeiten weiter. Bald wendet sich die Klamm nach rechts und man strebt dem engsten Abschnitt zu - hier schafft man es fast, mit ausgestreckten Armen beide Seiten zu berühren. Danach weitet sich die Klamm deutlich und wo sich die Felsen endgültig zurücklegen, heißt es aufpassen: An dem von rechts in den Graben herabziehenden Schuttstrom "Langer Lehner" führen Trittspuren nach oben, hier wird die Klamm verlassen. Steil folgt man der deutlichen Spur knapp 200 Höhenmeter durch wilde Landschaft hinauf zum offiziellen Steig, der unter einer Felswand erreicht wird. Während des steilen Aufstiegs lohnt sich ein Blick zurück über die soeben begangene Klamm bis zur Serles jenseits des Inntals.

Am Steig wendet man sich links (Beschilderung "Magdeburger Hütte") und steigt im Langen Lehner noch ein Stück bergan zu einer weiteren Verzweigung. Hier lässt man den Steig zum Rauschbrunnen rechts liegen und verlässt den Schuttstrom nach links. Im Wald leitet der Steig hinauf zum Mitteregg, nach dem sich der erste Gegenanstieg ankündigt. Der Weg führt wieder hinunter in ein Geröllfeld unterhalb einer geschlossenen Felswand unter der der Steig nach Westen leitet. Bald wird an der Nassen Wand ein fotogener Wasserfall passiert, der sich prima als Dusche eignen würde, wäre da nicht die latente Steinschlaggefahr. Der Steig quert lange im Auf und Ab unter der Wand, kurzzeitig helfen Versicherungen an ausgesetzten Stellen. Leider ist der Steig teilweise durch Lawinen und Muren in Mitleidenschaft gezogen, was angesichts des wilden Ambientes aber wohl kaum zu verhindern ist. 

Nach der langen Querung leitet der Steig in schönen Bergmischwald hinein und trifft schließlich mit dem Schleifwandsteig zusammen. Der Beschilderung zur neuen Magdeburger Hütte folgend, geht es nun in zahlreichen Kehren steil bergan, am Begehungstag wurde der Steig durch zahlreiche frisch umgestürzte Bäume blockiert. An einer Jagdhütte erreicht man schließlich eine Fahrspur, der man in westlicher Richtung durch lichter werdenden Wald zum breiten Sattel zwischen Hechenberg und Großem Solstein folgt. Einige Almgebäude passierend, führt die Fahrspur auf der anderen Seite des Sattels wenige Meter hinunter zur Neuen Magdeburger Hütte, wo man sich für die restliche Tour stärken kann. Hier hat man einen schönen Blick zur Erlspitzgruppe mit ihren zahlreichen Gipfelzacken. Im Gegensatz zum bislang einsamen Anstieg ist an der Hütte recht viel Betrieb, was bis zum Gipfel auch so bleiben wird.

Knapp oberhalb der Hütte beginnt der Anstieg zum Kirchbergköpfl, dem höchsten Punkt des Hechenbergs (Beschilderung "Kirchberger Köpfl"). Der Steig führt in den Wald hinein, bald lässt man den Abzweig zum Hechenbergl links liegen. Eine Trinkwassergewinnung wird passiert, ehe sich der Wald zurücklegt. Durch dichtes Latschenbuschwerk gewinnt man schließlich das Kirchbergköpfl, auf dem sich ein Gipfelkreuz und eine Sitzbank finden. Vom Gipfel hat man einen instruktiven Blick hinunter ins Inntal mit der Landeshauptstadt Innsbruck, jenseits erheben sich die Tuxer, Zillertaler und Stubaier Alpen. Im Norden schaut man fast 700 Höhenmeter hinauf zu den Hauptgipfeln der Inntalkette, die mit steilen Felswänden abbrechen und ein beeindruckendes Ambiente liefern. So einen interessanten Gipfelblick hätte man dem überschaubaren Kirchbergköpfl nicht zugetraut.

Auch der Abstiegsweg ist durchaus spannend: Nach Südosten geht es auf deutlicher, aber nicht bezeichneter Spur hinüber zum fast gleich hohen Rauhenkopf, auf dem sich eine Wetterstation befindet. Hier ist der Tiefblick ins Inntal noch etwas besser als vom eben besuchten Kirchbergköpfl. In östlicher Richtung führt die Spur nun teils rustikal durch dichte Latschen über die unscheinbaren Nebelköpf hinunter zum markierten Steig von der Neuen Magdeburger Hütte zum Hechenberg (AV-Karte: Punkt 1757 m). Man hält sich rechts, weicht zunächst auf die Südseite aus und umgeht das Hütteneggele (September 2024: Abschnitt teilweise durch umgestürzte Bäume blockiert), danach geht es am Kamm durch Latschen zum unscheinbaren Gipfel P. 1757 m mit schlankem Metallkreuz und einem traumhaften Blick hinunter auf Innsbruck. Hier bietet sich nochmals eine Pause an.

Am Gipfelkreuz endet der offizielle Steig, der weitere Abstiegsweg ist offiziell aufgelassen. Entlang alter Markierungen führt die deutlich erkennbare Spur durch dichte Latschen steil abwärts, teilweise geht es rustikal zur Sache, denn die Spur ist abschnittsweise recht eingewachsen. Der Rücken wird bald nach links verlassen und es beginnt der anspruchsvollste Teil der Tour. Über zahlreiche Kehren baut man im steilen Bergwald an Höhe ab, dann quert die rutschig-erdige Spur über einem Abbruch nach Osten. Die hier vorhandenen alten Sicherungsseile sind locker sind eher hinderlich als hilfreich. Durch sehr steiles Gelände gelangt man um das Hechenbergl herum und anschließend sehr direkt talwärts, es finden sich zahlreiche uralte Versicherungen mit nur noch begrenztem Nutzen. Hier ist höchste Konzentration gefordert. An einer mittels Metallstift versehenen Felsplatte muss man besonders aufpassen: Der Stift ist mittlerweile so locker, dass man ihn fast herausziehen kann. Finger weg, die etwa zwei Meter hohe Stelle lässt sich ohne Benutzung des Stifts recht gut abklettern (II-)! Dann hat man die größten Schwierigkeiten überstanden und man erreicht bald den markierten Schleifwandsteig, auf dem es weiter bergab geht.

Nun deutlich flacher, schlängelt sich der Weg in zahlreichen Kehren durch dichten Wald talwärts und erreicht endlich den Sulzenbach, wo sich die Runde schließt. Am bereits bekannten Weg geht es zurück zum Ausgangspunkt in Kranebitten.

Schwierigkeiten:
Durch die Kranebitter Klamm: T4, I+ (im unteren Bereich der Klamm steil und felsig, alte Versicherungen teils nicht mehr benutzbar, Vorsicht vor Steinschlag).
Via Nasse Wand zur Neuen Magdeburger Hütte: T3+ (markierter Steig durch wildes Ambiente, bei guten Bedingungen erstaunlich unschwierig zu begehen).
Gipfelanstieg zum Kirchbergköpfl: T2 (unschwierig).
Abstieg über Hechenbergl: T4, II- (bis zum Hechenberg (P. 1757 m) teils rustikale Spur durch dichte Latschen, anschließend über weite Strecken rutschiger Steig in sehr steilem Gelände, die alten Versicherungen sind kaum noch nutzbar; die kurze Kletterstelle ist gut zu meistern).

Fazit:
Eine wilde 4*-Rundtour mit phänomenaler Begehung der Kranebitter Klamm und kurzweiligem Hüttenaufstieg über die Nasse Wand. Der Abstiegsweg bietet weniger Abwechslung und fordert über weite Strecken konzentriertes Gehen im steilen Gelände. Der Ausblick vom Kirchbergköpfl kann sich wirklich sehen lassen, insbesondere der Tiefblick ins Inntal überzeugt. Wer mag, kann die Tour mit Übernachtung auf der Neuen Magdeburger Hütte auf zwei Tage aufteilen. Ein Helm sollte auf der Tour unbedingt dabei sein.

Mit auf Tour: Bäda.

Anmerkung:
Tef hat die Tour in umgekehrter Reihenfolge begangen. Danke für den Tipp mit der Kranebitter Klamm!

Kategorien: Karwendelgebirge, 4*-Tour, 1900er, T4.

Tourengänger: 83_Stefan


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