Statt AUF den Berg, IN den Berg: Expedition ins Nidleloch


Publiziert von Schubi , 8. Januar 2024 um 11:01. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Solothurn
Tour Datum: 6 Januar 2024
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SO 
Zeitbedarf: 1 Tage

Was tun, wenn das Wetter einen Niederschlag nach dem Nächsten bringt? Genau: man steigt nicht AUF, sondern IN den Berg. Der Bergclub Bern macht eine Höhlenerkundung des Nidlelochs und Wimpy (Rüedu) fragt, ob ich dabei sein will. Aber logo will ich! Wimpy ist ein rechter Nidleloch-Experte und war schon einige Male drin, sogar mehrtätig. Davon erzählte er mir beim letzten *Hikr-Treffen am Dilitschchopf, denn in diesem Gipfel des Weissenstein-Massivs befindet sich die Höhle.

Für diesen Bericht aus der Unterwelt gibt es als Soundtrack Going Underground von The Jam.

Mit dabei sind auch Rüedus Liebste Faxe (Esther), ihr Bruder Thomas sowie die Bergclub-Mitglieder Renate und Dominik. Die letzteren Drei nehmen sich in der Höhle eine längere Strecke vor, während ich mit Rüedu und Esther bissel gemächlicher unterwegs sein werde. Da der Höhleneingang weit oben, nahe des Dilitschchopf-Gipfels liegt, leisten wir uns den komfortablen Transport in die Höhe per Luftseilbahn. Von der Bergstation Vorderweissenstein geht es dann zunächst auf dem Fahrweg (2,3 km, fast eben) durch verschneites und trüb-nebliges Ambiente rüber zur Beiz Hinter-Weissenstein, dort muss der Schlüssel zum Höhleneingang beantragt und ausgeliehen werden. Auch gibt es hier einen Umkleide-Raum für Höhlen-Erkundler. Helm, Stirnlampe, robuste Klamotten, Proviant, Klettergurt sowie Sicherungsmaterial sind unerlässliche Utensilien für unser Vorhaben. ich bekomme an Wegpunkten in der Höhle nimmer alles rekonstruiert, den  folgenden Routenbeschrieb hat deshalb Rüedu mir netterweise zur Verfügung gestellt:

Die Begehung im Hauptgang bis zur Forsterhalle ist teilweise eingerichtet, und für schwindelfreie Personen auch zu meistern. Hierbei sind Kletterpassagen bis zum II. Klettergrad im Ab-/Aufstieg zu meistern. Empfohlen wird ein Seil von 30 Meter mitzuführen um eventuelle Kraxelstellen abzusichern. Nicht zu unterschätzen ist das fehlende Licht und die Orientierung sowie das Zeitmanagement. Ebenfalls sollten sämtliche Schritte auf 100 prozentiger Sicherheit passieren. Ein verstauchter Knöchel hat fatale folgen, hier unten in diesen Gängen. Im Nidlenloch herrscht bei ganzjährig 5 Grad Celsius hohe Luftfeuchtigkeit. Entsprechend schlüpfrig sind auf dem kalkhaltigen Gestein viele Tritte, manchmal auch solche, die zunächst ideal ausschauen. Vorsicht und prüfendes Antreten ist allweil geboten.

Wir lassen Thomas, Renate und Dominik zuerst einsteigen und warten noch etwas, dann geht's herab in den Schlund. Das Abenteuer Nidleloch kann beginnen. Die ersten paar Meter gibt es kurz Ketten, dann steigen wir drei ruhig die glitschigen Felsen hinab. Im Einstiegsbereich liegt im Winter immer etwas Eis auf dem Fels. Weiter unten wechseln wir von der letzten Kette auf ein Kletterseil, dieses uns sicher bis zum Hauptgangboden bringt. Das Tageslicht vom Eingang ist hier unten bereits nicht mehr bemerkbar. Die Dunkelheit hat uns drei ergriffen. Unser Hinweg ist in Summe ein Abstieg, zurück geht es entsprechend bergan, und so muss man sich die Kräfte einteilen. Um enge Felskanten steigen wir hinab. Nun taucht der erste Abzweig rechts auf. Wenige Meter weg vom Hauptgang (22 Meter unter dem Eingang) stehen wir im Dom, ein kreisrunder Schacht, der sich zur Spitze hin verjüngt. Schön hier hinauf zu sehen um zu staunen. Einige Fotos später geht die Reise weiter den Hauptgang hinab. Nach dem Durchqueren auf allen Vieren vom Trockensee folgt jetzt die engste Stelle vom oberen Hauptgang, der Jungfernschlupf. Hierzu muss der Rucksack vor einem durch die Engstelle geschoben werden. Sehr langsam, flachliegend und kriechend bringen wir sie hinter uns. Umso schöner ist es danach, sich wieder aufrecht fortbewegen zu können. Nun mit diversen Abkletterstellen weiter in den Berg hinab, hierbei tut unser Seil gute Dienste. Mit gegenseitiger Hilfe, ob beim Licht spenden oder der Hilfe zum Fuss setzen, meistern wir auch diese Hindernisse. Die Zeit verrät uns das unser Umkehrpunkt schon bald erreicht ist. Wir befinden uns jetzt im Labyrinth, bei Abzweig zum Truggang der zum Märchengang hinunter führt. Mit aller Einverständnis starten wir noch dem Truggang einen kurzen Besuch ab. Dabei erleben wir noch eine kurze Rutschpartie im Auf- und Abstieg, so das unsere Kleider noch etwas vom Höhlendreck abbekommen. Nach Rückkehr zum Hauptgang kurze Brotzeit. Der Aufstieg mit den diversen Hindernissen wartet noch auf uns. Nach einer vierstündigen Höhlentour tauchen wir wieder durch die Pforte ins Tageslicht unter dem Dilitsch. Draussen empfängt uns Sturm und dichtes Schneetreiben. Was für ein Kontrast nach der windstillen Tour im Berginneren! Das stürmische Wetter ist lustigerweise ähnlich zu demjenigen vor ziemlich genau einem Jahr beim Hikr-Treffen grad hier am Dilitschchopf-Gipfel.

Durch die jagenden Schneeflocken nun also herab in die wärmende Beiz Hinter-Weissenstein. Dort stärken wir uns bei Speis und Trank. Das ausgeschenkte Weissenstein-Bier ist grad perfekt nach solch einer Tour. Die andere Truppe trudelt bald auch ein und gemeinsam geht es schliesslich durch die einsetzende Dämmerung zu Fuß runter nach Oberdorf (die Seilbahn hat bei dem Sturmwetter den Betrieb eingestellt).

*Hier  geht es zu Wimpys Bericht.

Wimpys & Faxes Fazit: Merci an alle Teilnehmer dieses gelungenen Tages in der Unterwelt vom Weissenstein. Äs isch extrem schön gsy.

Schubis Fazit: tolle Expedition mit vielen Staun-Momenten,
und das in bester Gesellschaft von erfahrenen Nidleloch-Gängern. Mich reut ein bissel, dass ich kurz vor der Forsterhalle eine Umkehr vorgeschlagen hatte, so im Rückblick hätte ich einfach nochmal kurz zur Regenerieung pausieren sollen. Kräftezehrend, aber durchwegs beeindruckend war es, Bergsteigen in einer anderen Dimension sozusagen. Märci vielmal Rüedu und Esther!

Tourengänger: Schubi, Wimpy, Faxe


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T5- II

Kommentare (13)


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Nik Brückner hat gesagt:
Gesendet am 8. Januar 2024 um 11:23
Frank, Rüedu, super Tour!

Schubi hat gesagt: RE:
Gesendet am 8. Januar 2024 um 17:30
Dankschön Nik!

Wimpy hat gesagt:
Gesendet am 8. Januar 2024 um 19:51
Danke Nik, war wunderbar.
Liebi Grüess vom Rüedu

Felix hat gesagt:
Gesendet am 9. Januar 2024 um 15:55
schon ganz speziell - dieser Höhlengang!!

Schubi hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. Januar 2024 um 18:26
Ja, hab deinen Bericht auch gelesen. Toller Ort!

F3ttmull hat gesagt: Höhlenbefahrung
Gesendet am 9. Januar 2024 um 16:47
Sehr schöne Bilder, erinnert mich an meine erste "Befahrung" durch die sehr engen Schlufe: https://www.grabenstetten.de/freizeit-tourismus/sehenswuerdigkeiten/gustav-jakob-hoehle
Zwar nur kurz, aber man muss schon bisschen den Ranzen einziehen, sonst bleibt man stecken.
Wo ich noch hinmöchte, ist in die Falkensteiner Höhle mit Guide: https://cojote-outdoor.de/tour-falkensteiner-hoehle/

Schubi hat gesagt: RE:Höhlenbefahrung
Gesendet am 9. Januar 2024 um 18:30
Danke dir.
Ranzeneinziehen und Syphontauchen hat bestimmt auch was!

F3ttmull hat gesagt: RE:Höhlenbefahrung
Gesendet am 10. Januar 2024 um 09:50
Ja, steckenbleiben ist nicht so angenehm, aber Syphontauchen in einer wasserlosen Höhle wird schwierig :D

Schubi hat gesagt: RE:Höhlenbefahrung
Gesendet am 10. Januar 2024 um 10:39
In deinem zweiten Link ist bei einer Tourenversion von Syphons die Rede?

F3ttmull hat gesagt: RE:Höhlenbefahrung
Gesendet am 11. Januar 2024 um 10:32
Ja genau, wie Bergmax geschrieben hat, kann man den 1. Siphon durchtauchen und noch weiter in die Höhle rein.

Bergmax hat gesagt: Falkensteiner Höhle
Gesendet am 9. Januar 2024 um 21:59
Hallo Mull,

so einen Trip in die Falkensteiner bis zur Reutlinger Halle habe ich im Frühjahr 2023 unternommen. Ist einzigartig. Jedenfalls bin ich halb erfroren (trotz Neopren) wieder rausgekommen, aber auch ein bisschen stolz über das Durchtauchen des 1. Siphons bei viel Wasser. Weiterhin bleiben die kleinen Abstecher wie die natürliche Rutschbahn in Erinnerung.

Der Anbieter, den Du erwähnt hast, ist jedenfalls sehr zu empfehlen. Einigermaßen fit solltest natürlich schon sein, aber das ist denke ich nicht das Thema, wenn Du sonst Bergtouren machst ;-).

Tipp - vorher nicht zu viele Bilder anschauen. Alle, denen ich welche gezeigt habe, haben mein Angebot, mal gemeinsam teilzunehmen, dankend, aber entschieden abgelehnt...

Viele Grüße

Max

Bergmax hat gesagt: Höhlenwurm
Gesendet am 9. Januar 2024 um 21:47
Moin Frank,

coole Unternehmung und gute Bilder, die Du aus der Unterwelt mitgebracht hast! Die Kraxelstellen sehen "einladend" aus. Ich persönlich finde klettern untertage oft einfacher als bei Lichte besehen, vielleicht weil die Abgründe mit der Stirnlampe nicht so sehr auffallen oder auch einfach weil ich Kaminkletterei mag.

Wünsche Dir viele erfolgreiche und sichere Touren in 2024!

Gruß aus Ostfriesland

Max

Schubi hat gesagt: RE:Höhlenwurm
Gesendet am 10. Januar 2024 um 09:38
Moin Max.

Danke Dir. Ja, jetzt wo du's sagst, hat der Zusammenhang Ausleuchtung - Wahrnehmung schon so einige Aspekte. Noch ein anderes Beispiel: vor Ort hab ich mich möglichst oft einfach mal in alle Richtungen gedreht (und damit geleuchtet), um von jedem Abschnitt der Tour Eindrücke mitzubekommen. Charakteristisches wie Gesteinsstruktur, Raumtiefe/-Höhe usw. usf. wechselt ja auf kurzer Distanz erstaunlich oft.
Danke, Dir gleichfalls viele schöne und sichere Touren im Neuen Jahr!

Beste Grüße
Frank


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