Pilatus "Integral": Grate, Kletterei und Schrofen. Ruessi, Esel, Galtigen, Widderfeld


Publiziert von bj147 , 6. Oktober 2023 um 13:17.

Region: Welt » Schweiz » Luzern
Tour Datum: 3 Oktober 2023
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Pilatusgebiet   CH-OW   CH-NW   CH-LU 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m
Strecke:Siehe Wegpunkte & GPX
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit Auto zu Lütholdsmatt
Kartennummer:SwissTopo, Strava Heatmap

Ein kleiner Tourenbericht von mir aus der wunderschönen Schweiz und einer alter bekannten: Die Ruessiflue! Ein toller Grat mit brotmesserschneiden-breitem, massivem Gestein. Absolut kompakt und fest. Auch als Mehrseillänge machbar. Für den geneigten T6 Gänger, der nicht vor Kraxeleien zurückscheut, eine absolute Plaisirtour. Hatte ich die Tour bereits zwei mal gemacht (Sommer & Winter), wollte ich sie dieses Mal mit einigen anderen Klettereien rundum den Pilatus kombinieren und die Rüssiflue bereits zu Sonnenaufgang erreichen, Daher nenne ich den Bericht, um bei dem Schweizer Wording zu bleiben, "Integral" - da es nicht alle Gipfel und Grate des Pilatus umfasst, in Anführungszeichen. 

Selbstverständlich schon vielfach beschrieben, wird hier nicht jedes kleine Detail fein säuberlich aufgedröselt - sondern soll mein Tourenbericht v.a. einige Informationen wie Topos, Ideen und Gedanken zusammentragen, die mir geholfen haben. On top die Wegpunkte und das GPX und hoffentlich den ein oder anderen inspirieren, diese Route so oder abgeändert als Rundweg zu gehen. 

Los gehts.
Geparkt wird kostenlos am P1189 nach dem Lütholdsmatt.

Auf normalen Wegen (GPX anbei) findet man recht zügig den Einstieg zur Ruessiflue; das Gras im Chlusband war außerordentlich gut gestuft - hatte ich so das letzte mal nicht vorgefunden. Der "normale" II-III Aufstieg startet "normalerweise", so wie meist begangen, etwas rechts des ersten großen markanten,  Felsaufschwungs vorbei linkerhand hinauf. Diesen kannte ich bereits; wählte also dieses mal die linksseitige Variante. Ich schätze, das ist eher ein IVer (Laut Tourenbericht Tricky: "Oder auch links, zuerst etwas querend, danach den neueren Bohrhaken hoch ebenfalls zum Grat mit 4a."). - aber mit sehr sehr viel Luft unterm Hintern. Achtung, hier gibt es sehr viele Möglichkeiten, eine genaue Beschreibung ist also nicht wirklich möglich. Ein Versteiger ist auch schnell geschehen - aber "glücklicherweise" hatte ich direkt eine machbare Linie erwischt und konnte so zügig auf den Grat emporsteigen. Nach ca 45min ab Parkplatz stand ich schon auf der Ruessi. 

Der Grat ist wirklich wunderschön, kompakter Fels, sehr logische Routenfindung. Leider nur viel zu kurz. Was wichtig zu sagen ist: An einer Stelle steht man plötzlich VOR einem markanten großen Felsturm, dort muss man linkerhand vorbei, auf einem Band traversieren und dann richtungsmäßig nach hinten oben rechts den Kamin hochklettern. Und so nähert sich immer weiter dem eigentlichen Herzstück, sozusagen dem Filet, des Grates. Dem Brotmesser. Dort geht's schnell und schmerzlos hinüber und schon ist der Spaß wieder vorbei :( 

Ich verweilte kurz am Matthorn und sprach mit zwei Damen, die dort die Nacht oberhalb des Sees in einem Zelt verbrachten. Wunderschöne Aussicht! Hinab ging ich den Normalweg, siehe GPX, bis zur Mattalp. Die Mattalpplatte bietet viele Möglichkeiten für schöne Kraxelei auf Platten. Da ich die Topos nicht wirklich gecheckt hatte (hier aber mWn auch Routen im Bereich von 3-4 vorzufinden wären) war ich froh, dass es hier einen diagonalen Riss gibt, der normal erwandert werden kann. Dieser verläuft von links unten nach rechts oben. Und so stand ich zügig am Einstieg der Galtigentürme, in der Reihenfolge von 1 bis 4.

Die Topo der Türme hänge ich an, aus dem Netz genommen. Ich hoffe immer, das ist in Ordnung so - andererseits kann ja hoffentlich niemand etwas dagegen haben, wenn Dinge unter Wanderern weiterverwendet werden, um für Sicherheit zu sorgen. Teile der Bilder hat mir ein Schweizer Kollege zugespielt - auch er hat diese sicher aus dem Netz. Daher kann ich auch nicht wirklich Quellen angeben.

Die Schwierigkeiten der Türme nehmen der Reihe nach zu, der schwierigste ist Turm 4 mit einer fast senkrechten Verschneidung, die sehr viel Luft unterm Hintern bietet, aber mit auch kompaktem und griffigen Fels aufwartet. Turm 1 kann fast schon "normal" erwandert werden, die Hände kommen hier nicht ständig zum Einsatz. Turm 2 und 3 hätte ich als 3- gewertet. Bohrhaken gibt es ausreichend, daher sollten Einstiege und Orientierung auch nicht all zu schwierig sein. Bei Turm 3 erfolgt der Einstieg links des Überhangs. Man quert im unteren Bereich etwas in den Überhangbereich hinein und von dort geht's hinauf. Was ich nicht ganz verstehe: Laut SAC Topo und diversen Websites soll der 4. Turm wohl im Einstieg eine 4c sein, was laut SAC einer UIAA V entspricht!? Auf anderen Websites liest man eher von einem Vierer. Keine Ahnung was stimmt, aber ich würde auch eher eine 4 als eine 5 vergeben - so richtig knackig kam mir der Turm nicht vor. Und er lies sich auch noch gut mit normalen Wanderschuhen erklettern. Zum Glück hatte ich das zuvor nicht gelesen, sonst wäre ich vermutlich zu verunsichert gewesen und hätte den Turm ausgelassen.

Oben angekommen ging es auf Normalweg weiter bis zum Einstieg in die Esel Ostwand. Eine typische Schrofenkraxelei im 2. Schwierigkeitsgrat. Teilweise muss man kurz ausgesetzt queren, wobei man TIefblicke in die Nordwand hinab genießen kann. Die Routenführung auch hier ist sehr logisch. Ein Bild anbei. 

Zeiten bis hierhin:
6:45h Lütholdsmatt
sehr zügig in Richtung Rüssi, ca. 7:35 am Grat, den Sonnenaufgang ganz knapp verpasst.
9:15h Einstieg Mattalpplatte
9:40h am Galtigenturm 2
10:00h Galtigenturm 4
10:35h am Esel

Da ich noch auf meine Freundin wartete, die per Bahn hochkam - lief ich nochmal den Normalweg runter und kam noch mal den Esel Südgrat rauf. 

Anschließend gingen wir es pärchenmäßig sehr gemütlich an; genossen das Kaiserwetter am Pilatus, liefen schließlich zum Tomlishorn. Hier gibt es ein tolles Projekt in der Nordwand, krass exponiert und auch als "dritter Weg" bezeichnet, kann man hier direkt auf das Tomlishorn steigen. Siehe dieses Bild & Bericht.

Für uns ging es noch weiter zum Widderfeld. Unterhalb des Widderfels sprach mich der Kamin an der Nordostkante an, über den ich schon einiges gelesen hatte. Tolle Kraxelei, leicht brüchig, wohl im oberen Bereich eine Schlüsselstelle im 4. Schwierigkeitsgrat. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit und nachlassendem Fokus wollte ich mal "antesten" und bin die ersten 10-15min hinaufgeklettert - aber es kamen dann vermehrt normale Wanderer vom Tomlishorn rüber und blieben alle stehen. Auch wenn mich manch einer hier Selbstdarsteller nennen möchte - ehrlich gesagt lenken mich solche Blicke ab; möchte ich mich hier nicht als Held präsentieren. So kletterte ich hinab und wir nahmen den nordseitigen Normalweg auf den Widderfeld. Wie gut, dass es auf der Südseite des Widderfelds einen Abstieg gibt, so konnten wir uns einiges an Weg ersparen und nahmen den Weg zurück zum Auto :)

Eine sehr sehr tolle, empfehlenswerte Rundtour, bei der man die Gelegenheit bekommt, viel zu Kraxeln, aber das meiste davon auch auslassen kann sofern gewünscht. 

Wie immer:
Bitte beachtet, dass alle Angaben zu meinen Routen und Schwierigkeiten unverbindlich sind und keine Ersatz für eigene Recherche und eigenverantwortliches Handeln vor Ort darstellen. 
 
Meine Zeitangaben beinhalten Pausen, sind ungeschönt und ehrlich. Schwierigkeitsangaben, sowie Vergleiche zu anderen Touren sind rein subjektiv und meine persönliche Meinung. Und all den super Alpinisten, die hier beim falschen + oder - meiner Schwierigkeitsangaben das Haar in der Suppe suchen sei gesagt: Ich maße mir erst gar nicht an, den Unterschied zwischen 3 und 4- erkennen zu können. Wer hier widerspricht, dem sei gesagt: Einfach mal in die Kletterhalle gehen und schauen, wie stark die Schwierigkeitsbewertungen selbst professioneller Schrauber voneinander abweichen. Dort liegen Schwierigkeitsbewertungen teilweise eine ganze Zahl daneben, was logischerweise auch an persönlichen Präferenzen liegt.

Tourengänger: bj147


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Geodaten
 61511.gpx GPX

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Kommentare (1)


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Nik Brückner hat gesagt:
Gesendet am 9. Oktober 2023 um 09:45
Super Tour! Gratulation!


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