Biberkopf Überschreitung bis zum Rappenseekopf


Publiziert von petro4213 , 3. Oktober 2023 um 23:23.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 2 Oktober 2023
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2- (WS-)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 1570 m
Abstieg: 1570 m
Strecke:16km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Auto bis Lechleiten
Unterkunftmöglichkeiten:Rappenseehütte

Obwohl hier schon mehrere Berichte über den Biberkopf zu finden sind, möchte ich gerne meine Version hinzufügen, weil die Tour doch relativ wild ist und es immer schwierig ist zu beurteilen, ob das, was jemand als machbar empfindet auch für mich machbar ist.

Ich fühle mich im ausgesetzten Gelände mit endlosem Tiefblick nicht besonders wohl - wenn ich senkrecht in die Tiefe schaue, zieht sich bei mir alles zusammen und ich bekomme weiche Knie.
Aufgrund der Beschreibungen hier habe ich mich trotzdem an den Biberkopf gewagt und es nicht bereut. Die Tour war zwar psychisch an einigen Stellen für mich schon herausfordernd und konditionell an der Grenze, aber sie war eine der schönsten und beeindruckendsten, die ich je gemacht habe.

Vom Parkplatz ganz oben in Lechleiten (Adresse 6767 Lechleiten 14), der erfreulicherweise gebührenfrei ist, ging's um kurz nach 6 Uhr noch mit Stirnlampe los - direkt am letzten Haus eine kurze Teerstraße hoch an deren Ende der Weg weiterführt (Wegweiser zum Biberkopf). Markierungen und Wegweiser sind an allen Stellen der Tour super und man ist nie im Zweifel.
Relativ steil steigt man über Wiesen und kurze Waldstücke zum Grat hinauf, den ich nach gut 2 Stunden erreicht hatte. Beim Blick zum Gipfel kommt dann das "Uiuiui", das man auch bis hinauf nicht mehr los wird.

Als erste "Prüfung" wartet ein kurzer Klettersteig (ich schätze mal A/B, denn man kann ihn gut ohne Gurt machen). Der Steig ist teilweise schon etwas ausgesetzt, aber die neuen, dicken Stahlseile beruhigen die Nerven. An einer Stelle geht es über einen kurzen Grat - links und rechts geht's steil abwärts. Da bin ich auf allen Vieren drüber gekrochen - bin ja kein Seiltänzer. Erst im Rückblick merkte ich, dass man auf Stiften hätte seitlich gehen können - naja, hat ja niemand zugeschaut ;-)

Am Ende des Klettersteigs geht der eigentliche Gipfelanstieg los - alles reines Kraxelgelände (UIAA I+). Teils geht es durch steile Rinnen empor, heiklere Stellen sind versichert. Immer wieder habe ich zurückgeschaut, um zu prüfen, ob ich da auch wieder runterkomme und es war für mich schon herausfordernd. Trotzdem habe ich es bis zum Gipfel durchgezogen - die letzten Meter sind nochmal kurz Gehgelände. Um 1/2 10 Uhr war ich oben und es entfuhr mir ein langgezogenes "Wow". Was für eine Aussicht!

Nachdem ich das Panorama sowie eine erste Brotzeit ausgiebig genossen hatte, machte ich mich an den Abstieg. Das ging tatsächlich mit viel weniger Zähneklappern, als ich befürchtet hatte. Die meisten Stellen konnte ich vorwärts absteigen; die Hosenbodentechnik brauchte ich kaum ;-) Man muss halt vorsichtig und konzentriert sein.

Vor Beginn des Klettersteigs zweigt der Weg Richtung Hochrappenkopf ab. Das Schild zeigt eine rot-weiße Markierung (österreichischer Standard), es war also weniger aufregend zu erwarten, als der blau-weiße Teil zum Gipfel und das stimmte auch durchaus, wenngleich an manchen Stellen erhöhte Vorsicht geboten war. Der Weg ist so toll angelegt, meist direkt unter der Felswand verlaufend, dass man nur staunen kann. Er war mit der schönste Teil der Tour, weil er durch richtig wildes Gelände führt, aber doch immer gut machbar ist (T3). Versicherungen sind fast keine vorhanden, weil auch nicht nötig. Gegen Ende verliert man einiges an Höhe, die man beim Aufstieg zum Joch westlich des Hochrappenkopfs recht zügig wieder gewinnt.

Das Kreuz am Gipfel des Hochrappenkopfs sieht man dann bald und ich stieg weglos den relativ übersichtlichen Rücken hinauf. Auch hier gab's natürlich eine tolle Aussicht. Ich war schon recht müde und überlegte mir, ob ich den nahen Rappenseekopf überhaupt noch machen sollte, zumal der Abstieg auf der gegenüberliegenden Seite wohl etwas heikel werden würde, da der Routenplaner von outdooractive dazu gezwungen werden musste, den Weg dort hinzulegen...

Schließlich entschied ich mich doch dafür, diesen Gipfel auch noch "mitzunehmen"; wenn nicht heute, wann dann? Die zusätzlichen Höhenmeter waren schließlich überschaubar. Also ging ich den kurzen Abstieg zur Hochrappenscharte - diesmal auf dem Weg und nach einer halben Stunde war auch der Gipfel des Rappenseekopfs mit seinem kleinen Kreuz erreicht.

Nach kurzer Pause wagte ich den nordseitigen Abstieg zur Rappenseescharte. Zuerst noch relativ einfach, wurde es im mittleren Teil nochmal spannend. Das Highlight war eine Art Kamin, etwa 10-15 Meter (I+). Da aber nirgends endlos in die Tiefe zu schauen war, schaffte ich das dann noch mit Vorsicht und Konzentration relativ problemlos. Insgesamt war dieser Teil bis zur Scharte wohl T4.

Nun ging es relativ gemütlich hinunter zur Rappenseehütte nahe des wunderbar blau-grünen Sees. 4.90 Euro fürs (alkfreie) Bier sind wohl inzwischen Standard und es schmeckte herrlich. Dazu ein feines Süppchen.

Inzwischen war es 3 Uhr Nachmittags geworden und der Rückweg nach Lechleiten stand bevor. Auf den zahlreichen Wegweisern an der Hütte ist der Ort zwar nicht angegeben, aber man geht halt mal steil hinunter Richtung Rappental und hält sich nach Westen - und irgendwann ist Lechleiten dann auch angeschrieben. Der Weg führt nun leicht, meist eben dahin, bis man am Mutzentobel angelangt. Auch dort entfuhr mir nochmal ein "Wow", denn diese tiefe Schlucht ist schon ein beeindruckender Anblick. Man muss dort durch, aber der Weg ist gut angelegt und an heiklen Stellen auch versichert, wobei man das wohl nur bei Schnee und Eis braucht. 

Der Rest des Weges ist zwar lang und man sieht nicht so gut, weil einem immer die Sonne ins Gesicht scheint ;-) aber es geht wunderbar durch ein weites Hochtal, vorbei an der verfallenen Lechleiten-Alpe und dann noch einmal etwas steiler hinunter zum Ort.

Nach 12 Stunden war ich wieder am Auto und blickte nochmal hinauf zum Biberkopf, dessen Felsaufbau fast weiß in der Sonne strahlte. Müde, aber glücklich diese wirklich grandiose Tour gewagt zu haben, fuhr ich gemütlich nach Hause.

Zusammenfassung bezüglich der Schwierigkeiten: Man braucht absolute Trittsicherheit, muss im ersten Grad sicher klettern können und muss auch mit Blicken in die Tiefe umgehen können. Viel Kondition ist zudem nötig.




Tourengänger: petro4213


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Kommentare (8)


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sven86 hat gesagt:
Gesendet am 4. Oktober 2023 um 08:50
Schöne Tour und tolle Eindrücke hast da mitgebracht.
Eine kleine semantische Feinheit nur: Es handelt sich beim Biberkopf nicht um einen Klettersteig sondern einen versicherten Steig - wie etwa auch beim Heilbronner Weg oder dem ehemaligen Bäumenheimer Weg am Hochvogel

petro4213 hat gesagt: RE:
Gesendet am 4. Oktober 2023 um 11:51
Hallo Sven,
danke für Deinen Kommentar.
Bezüglich des "Klettersteigs": Natürlich ist nicht der ganze "Kraxelanstieg" ein Klettersteig, ich hoffe, das kommt bei meiner Beschreibung raus, aber der untere Teil bis zum Abzweig Richtung Hochrappenkopf/Rappenseehütte ist zumindest wie ein richtiger Klettersteig ausgebaut, also nahtlos dicke, sehr stramm gespannte Drahtseile an sehr massiven Verankerungen. In der Weise hab ich das z.B. an den Klettersteigen im Rofan-Gebiet oder z.B. am Hochjoch gesehen. Bin selber kein Klettersteig-Geher, aber ich hab mich ein paar Meter daran entlang gewagt, bis mir der Mut ausging so ohne Gurt...
Drahtseile und Verankerungen in diesem unteren Bereich am Biberkopf sehen nagelneu aus; an einer Stelle ist steht auch "Neuer Weg" am Fels. Wann warst Du das letzte Mal dort oben? Vielleicht hat sich das geändert seitdem.
Im oberen Bereich sind die Versicherungen nur an wenigen Stellen angebracht, taugen nicht zum Einhängen mit dem Gurt und sind auch etwas älter, also dort ist es definitv kein Klettersteig.

alpstein hat gesagt: RE: Alter und Neuer Weg
Gesendet am 4. Oktober 2023 um 17:39
Aus den Erzählungen meines Vaters weiß ich, dass man früher am jetzt "neuen Weg" vorbei nach hinten ging, wo eine Leiter über eine erste Felststufe hinwegführte. Diese wurde bei einem Felststurz zerstört. Daher hat man den "neuen Weg" geschaffen.

Der "Alte Weg" existierte 2009 schon nicht mehr, wenn auch alte Eisen noch etwas irritierten.

petro4213 hat gesagt: RE: Alter und Neuer Weg
Gesendet am 5. Oktober 2023 um 07:51
Hallo "alpstein",

danke für Deine Anmerkung. Inzwischen sind keine Reste der Versicherungen des alten Wegs mehr vorhanden. Man sieht noch Trittspuren, aber man wird dort nicht gehen wollen - viel zu abschüssig und der "Klettersteig" alias "Neuer Weg" ist ja super stabil und schön gemacht.

In Deinem verlinkten Bericht sieht man schön den kurzen Grat, über den ich gekrabbelt bin, allerdings noch mit alten Versicherungen. Das sieht jetzt anders aus. Das Drahtseil hängt nicht mehr, sondern ist wie in einem Klettersteig fest geführt und dort wo die Person zu sehen ist, sind jetzt einige Stifte gesetzt. Schaut hier gar nicht so wild aus, war subjektiv für mich viel ausgesetzter...

Simon_B hat gesagt:
Gesendet am 5. Oktober 2023 um 09:50
Schöner Bericht! Ich war ein paar Tage vorher ganz in der Nähe unterwegs - Heibronner Weg. Ich habe übrigens hinsichtlich der weichen Knie im ausgesetzten Gelände ganz ähnliche Probleme. Hinsichtlich der Definition, was ein Klettersteig ist und was nicht, bin ich da übrigens anderer Meinung als Sven86. Gerade der Heilbronner Weg gilt als einer der ersten klassischen Klettersteige der Alpen (Wikipedia). Ich denke eher, durch die Entstehung der modernen Sportklettersteige wurde deren Ursprung etwas vergessen. Diese klassischen Steiganlagen liegen heute meist in der einfacheren Kategorie A oder B, aber es handelt sich ja immer noch um die Klettersteig-Skala...

petro4213 hat gesagt: RE:
Gesendet am 5. Oktober 2023 um 12:46
Hallo Simon,
danke für das Lob! Vielleicht hat Sven86 ja nur gemeint, dass es kein durchgehender Klettersteig bis zum Gipfel ist, denn das meiste im oberen Bereich ist nicht versichert obwohl teils schon sehr wild, wenngleich Abstürzen praktisch nur in Gehrichtung - bzw. Kraxelrichtung - möglich wäre; man ist ja meistens in Rinnen unterwegs.
Jedenfalls ist das "Kabelwerk" im unteren Teil bis zum Abzweig Hochrappenkopf einem richtigen Klettersteig ebenbürtig - also durchgehend, fest und stets zum Einhängen mit dem Klettergurt geeignet. Für mich haben die Hände gereicht (bzw. alle Viere beim Krabbeln über den beschriebenen Grat).

Kommunist hat gesagt:
Gesendet am 10. Oktober 2023 um 13:42
Diese Tour befindet sich nicht in den Lechtaler Alpen.

petro4213 hat gesagt: RE:
Gesendet am 10. Oktober 2023 um 22:06
Ups - das stimmt. Es sind die Allgäuer Alpen. Man steigt zwar aus dem Lechtal auf, aber die Lechtaler Alpen befinden sich südlich des Lechs. Der Aufstieg geht aber erst einmal Richtung Norden und somit ist man in den Allgäuer Alpen. Danke für den Hinweis. Ich habe es jetzt berichtigt.


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