Biberkopf-Runde


Publiziert von quacamozza , 25. September 2015 um 09:49. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:31 August 2015
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 8:30
Aufstieg: 1780 m
Strecke:Lechleiten-Hundskopf-Biberkopf-Hochrappenkopf-Rappenseekopf-Hochgundspitze-Große Steinscharte-Rappenseehütte-Mutzentobel-Mutzenkopf-Lechleitner Alpe-Lechleiten (20 km)
Unterkunftmöglichkeiten:Rappenseehütte DAV
Kartennummer:"die amtliche" Umgebungskarte UK 50-47 1:50 000 Allgäuer Alpen

Der Biberkopf ist einer der charakteristischen Hauptgipfel der Allgäuer Alpen und wird wegen seiner umfassenden Aussicht viel bestiegen.

Der Gipfel steht zwar im Allgäuer Hauptkamm, ist aber sehr weit nach Süden versetzt, so dass die Zustiege aus dem Lechtal wesentlich kürzer sind als von Norden. Das bedeutet für Allgäu-Bewohner entweder eine überaus lange Rad- und Wanderstrecke aus dem Stillachtal oder eine zweistündige Anfahrt mit dem Auto. Und das bei gerade einmal 35 Kilometer Luftlinie zur Allgäu-Metropole Kempten. Kein Wunder also, dass wir in Betracht dieser geografischen Gegebenheiten diesem besonderen Gipfel noch nie einen Besuch abgestattet haben.

Besonders intensiv sind die Eindrücke, wenn man den Biberkopf in eine größere Runde mit zusätzlichen Gipfeln einbaut. So lohnt sich dann auch der lange Anfahrtsweg. Man könnte auch eine Übernachtung auf der Rappenseehütte einplanen und die Runde damit erheblich stressfreier gestalten.

Ein großer Vorteil der Tour ist, dass man sämtliche anspruchsvollen Abschnitte umgehen bzw. abkürzen kann. Andererseits lassen sich je nach Zeit und Lust weitere Gipfel besteigen. In jedem Fall eine sehr abwechslungsreiche und empfehlenswerte Tour mit vielen Highlights.



Zur Schwierigkeit:

Hundskopf: T 3-4
Biberkopf-Südostgrat: Stellen II+, meist II und I, nur unten Gehgelände T 4, zeitweise sehr ausgesetzt
Biberkopf Normalweg: T 4 und I, stark abgespeckter Fels
Weiterweg bis zur Rappenseescharte: T 3+, meist T 3
Hochgundspitze-Westgrat: Eine Stelle III (Umgehung im bröseligen Fels möglich), Stellen II und Gehgelände bis T 6-, teilweise gefährlich, weil außerordentlich brüchig, also vorsichtig klettern
Hochgundspitze-Nordostgrat: Stellen II und Gehgelände bis T 5
Querung Mutzentobel: T 3+


Zum Zeitbedarf:

Lechleiten-Hundskopf: 45-50 min
Hundskopf-Einstieg Südostgrat: 45 min
Südostgrat Biberkopf bis Gipfel: 1 Std 10 min
Biberkopf-Hochrappenkopf: 1 Std 20 min
Hochrappenkopf-Rappenseekopf: 25 min
Rappenseekopf-Rappenseescharte: 20 min
Rappenseescharte-Hochgundspitze: 50 min
Hochgundspitze-Große Steinscharte-Rappenseehütte: 1 Std
Rappenseehütte-Mutzenkopf: 45-50 min
Mutzenkopf-Lechleiten: 1 Std



Vom Parkplatz in Lechleiten (Wegweiser an der linken Seite einer Hauswand) geht es sofort steil aufwärts, zuerst über eine Wiese und nachher durch Buschwerk. In der Südseite brennt einem schon morgens die Sonne ordentlich auf den Pelz.
Erst kurz unterhalb des Hundskopfs wird es vorübergehend flacher, weil eine Mulde durchschritten wird.
Wir verlassen den Weg und steigen in westlicher Richtung durch steiles Gras (angedeutete Wegspuren) auf den Gipfel des Hundskopfs (2050m), der uns mit schönen Tiefblicken belohnt.

Zurück auf dem Weg wählen wir an der bald darauf folgenden Verzweigung die rechte Spur Richtung Mäuerleshütte. In der Regel wird man ab hier nicht mehr in Anwesenheit größerer Menschenmengen wandern. Es geht leicht, aber stetig aufwärts. Wir passieren den Südwestgrat des Biberkopfs und steigen dort, wo der Weg wieder hinunter führt (auf ca. 2180m), über Gras, Geröll und grobe Blöcke schräg links aufwärts an. 150 Höhenmeter Vorgeplänkel sind es noch bis zum Einstieg in den Südostgrat.

Biberkopf-Südostgrat

Über Schrofen und schuttbedecktes Gras geht es an den ersten Aufschwung, der sogleich rechts auf Bändern umgangen wird. Es ist eine von zwei Stellen, bei der man nicht direkt am Grat klettert. Gleich hinter der Geländekante kommt die Schlüsselstelle des Aufstiegs, eine kleingriffige Wandstufe (II+).

Die ortsansässige Bergschule bewertet übrigens den Grat mit III-, der AVF Allgäuer Alpen mit II.

Auf der Grathöhe erwarten uns herrliche Ausblicke und eine atemberaubend ausgesetzte Schneide. Die wartet mit vielen netten Kletterstellen auf (oft II), häufig in sehr brauchbarem Fels. Der Grat macht durchaus Spaß. Er ist bei weitem nicht so brüchig und unlohnend, wie er oft beschrieben wird. Einen Helm sollte man aber trotz allem vor Beginn der Kletterei aufsetzen.

Einen kleinen, schwierigen Turm umgehen wir knapp links unterhalb. Kurz unter dem Gipfel bestehen zwei Möglichkeiten. Entweder durch eine auffällige Rinne mit Klemmblock (I+, allerdings arg bröselig) oder (unsere Variante) durch die rechts der Rinne befindliche Wand (Stellen II+, guter Fels) hinauf auf den Gipfelgrat. Über diesen geht es schließlich unschwierig zum Gipfel des Biberkopfs (2599m). 

Ein wirklich toller Rundblick, den dieser Gipfel bietet. Besonders beeindruckend sind die nahen Lechtaler und Allgäuer Berge. Im Westen grüßen die Glarner und Bündner Hochgipfel, im Osten erkennen wir unter anderem die Wildspitze. Zur Bestimmung der vielen Gipfel könnte man locker den ganzen Tag hier oben verweilen.


Nach einer Stunde Gipfelrast machen wir uns wieder auf den Weg. Die meisten Besteiger kommen über den markierten Normalweg hoch. An einem schönen Sommertag ist man auf dem folgenden Streckenabschnitt nur selten allein. Die Felsen sind total abgespeckt und dürften bei weniger guten Bedingungen schnell unangenehm werden. Wir sind froh, dass wir uns einen schöneren und ruhigeren Weg als Aufstieg ausgesucht haben. Was uns auffällt: Außer uns setzt kein Mensch einen Helm auf. Dabei geht es durch Bröselgelände pur. Überall klettern oder stehen Bergsteiger rum.

Unten an der Weggabelung schlagen wir die Richtung "Hochrappenkopf, Rappenseehütte" ein. Der Weg verliert weiter an Höhe. Wir sind wieder allein. Der Weg erinnert ein bißchen an die Schuttpassagen auf dem Augsburger Höhenweg. Mit anderen Worten: Es ist schon sehr grieselig. Richtig abfahren im Geröll ist nicht möglich. Im Aufstieg ist das Ganze bestimmt ziemlich mühsam. Und sollte hier in der schattigen Nordseite des Biberkopfs noch oder schon Schnee liegen, dürfte die Route sehr anspruchsvoll werden. Originaltext des AVF: "stark von den Verhältnissen abhängig". So kann man's auch ausdrücken.

Wir steigen bis auf eine Höhe von ca. 2170m hinunter, bevor es unter dem Hochrappenkopf wieder steil aufwärts geht. In einer Lücke können wir verschnaufen. Danach folgt ein relativ flacher Abschnitt. Nach 10 Minuten verlassen wir den bequemen Weg, um über Schratten und Geröll das GK des Hochrappenkopfs (2425m) zu erreichen. Genau genommen besteht der Hochrappenkopf aus zwei Erhebungen, von denen in der Regel aber nur der minimal höhere Nordgipfel bestiegen wird.

Über den rot markierten Weg verläuft der kurze Abstieg in die weitläufige Hochrappenscharte (2320m), von der aus man leicht zur Rappenseehütte absteigen könnte.

Auch der nächste Gipfel, der Rappenseekopf (2469m), wird auf einem guten Wanderweg bestiegen. Im Rückblick erkennen wir den markanten Biberkopf und stellen fest, dass wir schon eine recht weite Strecke zurückgelegt haben.

Es folgt ein steiler, aber unschwieriger Abstieg in die tiefe Rappenseescharte (2272m). Auch aus dieser Lücke kann man schnell zur Rappenseehütte gelangen. Das sollten weniger erfahrene Bergsteiger auch tun, denn als nächstes steht uns der schwierigste Abschnitt der Tour bevor. Das gemütliche Wandergelände ist ab sofort passé.

Die

Überschreitung der Hochgundspitze

ist eine anspruchsvolle Bergtour, für die es Kletterfertigkeit im Bruchgelände, absolute Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und volle Konzentration braucht. Der Grat besteht im oberen Teil aus drei Türmen. Zum Routenverlauf am ersten Turm gibt es keine Alternative, die anderen beiden können direkt überklettert oder auch umgangen werden.

Zunächst geht's den anfangs zahmen Schrofenhang hoch. Die ersten 100 Höhenmeter gestalten sich einfach. Das Gelände wird aber bald giftiger. Der erste Turm stellt sich in den Weg. Oben an der linken Seite erkennen wir einen großen Steinmann, zu dem wir nun schräg hinaufsteigen (T 5). Der Turm wird schließlich von links her erklettert. Eine kleine Stufe wird dabei überwunden (II; auffallend gelbbraune Erdtritte).

Auf der horizontalen Gratschneide wandern wir über den Scheitel des Turmes. Der Grat schnürt sich ab hier zusehends zusammen. Recht ausgesetzt geht es hinunter und an den Fuß des zweiten Turmes. Dieser kann direkt erklettert (III) oder links umgangen werden. Eine Rechtsumgehung ist wohl auch möglich, haben wir aber von Beginn an nicht in Betracht gezogen. Wir entscheiden uns für die Linksumgehung, da das abschüssige Geröllband recht breit und gut gangbar erscheint. 
Das täuscht allerdings etwas, denn die Felswand über dem Band ist überhängend und schränkt so den Bewegungsspielraum arg ein. Außerdem sind die Griffe an der Felswand mit äußerster Vorsicht zu genießen.
Die Stelle ist mit T 6- zu bewerten. Die Querung ist deutlich heikler, als sie auf den ersten Blick aussieht, und das macht sie zumindest bei der ersten Begehung so gefährlich. Wir nehmen bewusst einen Gang raus und traversieren vorsichtig hinüber. 
Danach geht es wieder recht einfach (I-II; gut gestuft und ganz passable Felsqualität) zurück auf die Grathöhe und bald an den Ansatz des dritten Turmes.
Wieder haben wir die Wahl: direkt drüber oder links umgehen.

Dieses Mal bleiben wir am Grat. Höllisch ausgesetzt, aber noch recht leicht (I-II) klettern wir an die Schlüsselstelle. Der plattige Steilabbruch erfordert schon etwas Suche nach Griffen und Tritten. Und die Ausgesetztheit ist psychisch fordernd. Der Bewertung von festivaltour (II+) können wir hier nicht folgen. Die Passage ist eine glatte III, auch wenn es nur zwei Züge sind. Schwerer als der Biberkopf Südostgrat in jedem Fall.
Man kann den Turm allerdings recht einfach links umgehen. Dann bleibt die Schwierigkeit bei T 5 und I-II.

Bei Umgehung beider Türme verringert sich die Schwierigkeit des Grates demnach auf T 6- und II. (entsprechende Bewertung von Bene *hier).

Auf dem Gipfel der Hochgundspitze (2460m) befindet sich ein leider komplett nasses GB. Sehr schade, dass die Plastikbox undicht ist und Einträge ins GB nicht mehr möglich sind.


Vom Gipfel geht es nun auf dem Nordostgrat 200 Höhenmeter hinunter. Dabei halten wir uns gleich nach dem Gipfel bei der Mündung eines Seitenastes auf dem Hauptgrat links. Danach bleiben wir ohne Ausweichen auf dem Grat. Varianten rechts davon sind möglich, aber brüchiger und keinesfalls leichter. Gelegentlich müssen wir eine IIer-Passage abklettern, meist ist die Kletterei allerdings einfach.

Unten an der Großen Steinscharte (2262m) treffen wir auf den Heilbronner Weg, dem wir zur nahen Rappenseehütte (2091m) folgen. 

Die Zeit ist schon weit vorgerückt, und wir haben noch den Rückweg nach Lechleiten vor uns. Deswegen beeilen wir uns mit dem Abendessen. Wir sind uns nicht sicher, wie lange wir bis zum Ausgangspunkt brauchen werden. Also legen wir beim Tempo einen Zahn zu. Die Wegweiser drohen mit teilweise über 4 Stunden. Realistisch sind bei normalem Gang 2 Stunden.


Nächstes Etappenziel ist der bedrohlich wirkende Mutzentobel, in dem sich auch spät im Jahr noch Schneereste halten. Eine sehr schattige, düstere Ecke. Der Weg ist teilweise mit Seilen versichert. Bei der Querung des Tobels kann es je nach Wasserstand und Verhältnissen heikel werden. Heute bereitet der Weg keine nennenswerten Probleme. Ungefähr 70 Höhenmeter geht es im Verlauf der Tobeldurchschreitung bergauf. Oben machen wir noch einen kleinen Abstecher zum Mutzenkopf (1892m), auf dem man allerdings auch nicht mehr sieht als vom Wanderweg. Über uns erhebt sich das Rappenköpfle, ein typischer Allgäuer Steilgrasberg.

Über die Obere Biberalpe (1855m) geht es weiter zur Geländekante der Schloßwand, die den Eintritt ins Lechtal und gleichzeitig die Landesgrenze markiert. Der Weg senkt sich hinunter zu einer weiten Ebene, auf der die Lechleitner Alpen liegen. Nachdem die Hänge des Hundskopfs gequert sind führt das letzte Stück der Tour wieder über die steilen Wiesen zurück nach Lechleiten.
   







Tourengänger: quacamozza, yuki


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Kommentare (3)


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Bikehike hat gesagt:
Gesendet am 25. September 2015 um 10:00
... zumindest auf den Biberkopf wollte ich heuer eigentlich auch noch... Mal schauen, ob das noch was wird :)

Schöne Tour!

Grüße
Philipp

Nic hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. September 2015 um 10:13
Ich eigentlich auch ;-)

quacamozza hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. September 2015 um 23:57
Hallo Philipp,

habe heute einen Blick in die Nordseite des Biberkopfs geworfen.
Auf dem Normalweg liegt Schnee. Könnte also zurzeit ohne Ausrüstung ungemütlich sein. Südseite ist frei.

Sportliche Grüße
Ulf






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