Niesengrat: Niesen 2362m bis Mäggisserehore 2347m


Publiziert von Ororretto , 8. Oktober 2023 um 10:31. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Bern » Frutigland
Tour Datum: 1 Oktober 2023
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Niesenkette   CH-BE 
Aufstieg: 980 m
Abstieg: 2530 m
Strecke:16.9 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Niesen Kulm
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Frutigen

Die Bahn auf den Niesen ist am heutigen Sonntagmorgen gut gefüllt. Unsere Befürchtung, dass wir mangels Reservation längere Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, hat sich aber glücklicherweise nicht bestätigt. Dennoch wäre es wohl schlicht für den "Peace of Mind" keine schlechte Idee gewesen, das Ticket schon am Vortag zu lösen und uns zwei Plätze zu sichern.

An der Bergstation angekommen schlagen wir sogleich, von staunenden Blicken begleitet, die Direttissima zur Gipfelterrasse des Niesens ein (T3). Alle anderen Fahrgäste peilen offenbar dagegen den Weg zur Beiz an, denn wir haben die ganze Terrasse für uns alleine. Die Aussicht ist heute ganz besonders: Auf ca. 2000m Höhe füllt eine Dunstschicht die Täler und das Unterland gleicht einem Meer. Gemäss News vom Abend ist das Phänomen durch die Waldbrände in Kanada bedingt; schon eindrücklich wie so eine Katastrophe auf derartige Weise den Rest der Welt beeinflusst.

Bald darauf sind wir abmarschbereit und beginnen unsere lange Wanderung mit einem Abstieg von rund 400 Hm. Wer stattdessen lieber etwas mehr auf- statt absteigt, kann auch von der Mittelstation Schwandegg aus starten. Aber mal ehrlich: Man kann doch nicht den Niesengrat begehen ohne den Niesen zu besuchen, oder? Auf den markierten Wegen geht's zügig runter zum Einstieg des sehr eindrücklichen Fromberghore-NW-Grates. Ab hier werden wir für die nächsten 5.5 Stunden fast ohne Ausnahme direkt der Gratkante folgen.

Wenige Minuten nach Verlassen des markierten Wanderwegs stehen wir am ersten der Wysse Zend, einer mehreren Meter hohen Wand aus geschichtetem Fels. Fixseile und Bügel helfen hier bei der Erklimmung. Gegangen wäre es wohl auch ohne, aber da das Gelände doch nicht ganz solide ist, nehmen wir die Hilfe gerne an. Mit Seil nicht höher als T5 / II, ohne eher gegen T6 aufgrund der Felsqualität. Auf diesen ersten Zahn folgt sogleich der zweite. Etwas weniger steil, dafür ohne Hilfe, T5 / I.  Vom zweiten muss man dann über ein wunderbar schmales Felsmäuerchen balancieren, und gelangt so wieder in einfacheres Gelände. Bis zum Mäggisserehore wird es technisch nicht mehr anspruchsvoller als diese Einstiegssequenz werden. Unserer Meinung nach reicht ein T5 / II bei den heutigen Bedingungen für den ganzen Aufstieg zum Fromberghore und damit auch für die ganze Tour.

Nach den Wysse Zend geht's meist sehr steil aber weder besonders ausgesetzt noch besonders schwierig auf guten Spuren auf dem Grat weiter aufwärts (T4-5). Mehrmals darf aber auch mal kurz gekraxelt werden. Erwähnenswert ist noch ein quer stehendes Felsmäuerchen auf etwa halber Höhe: Raufklettern ist einfach, aber auf der anderen Seite runter ist etwas knifflig, da das Mäuerchen auf der Hinterseite leicht überhängend ist und kaum Tritte hat. Wer also nicht so gerne abklettert, umgeht diese Challenge mit Vorteil; in Aufstiegsrichtung rechts haben wir Spuren gesehen, die drum herum führen. Der Grat ist sehr abwechslungsreich, aber für uns nie ausserordentlich fordernd, womit wir diesen längsten zusammenhängenden Aufstieg (450 Hm) vollends geniessen können - genau unsere Wohlfühlzone bezüglich der Schwierigkeiten. Ein paar konkretere Eindrücke bietet die Bildstrecke.

So erreichen wir nach ca. 1 h  45 min seit Einstieg in den Grat den Gipfel des Fromberghore wo wir ein erstes mal kurz pausieren. Auf schmaler aber gut gangbarer Gratschneide geht's dann rüber zum Westgipfel und zum Abstieg in den nächsten Sattel. Die Abstiege und Wiederanstiege zwischen den Gipfeln umfassen nach dem Fromberghorn nie viel mehr als 100 Hm, man bleibt stets auf einer Höhe zwischen 2200m und 2400m. Zu unserem Wohlgefallen ist der Abstieg vom Fromberghore etwas einfacher als der Aufstieg und beinhaltet keine nennenswerten Kletterstellen, die abgeklettert werden müssten (T4).

Die felsige Steilstufe am Drunengalm-Nordgipfel sieht wie viele andere zuvor von Weitem sehr steil und schwierig aus. Anders aber als andere solche Stellen wirkt sie beim Näherkommen nicht einfacher. Hier folgt also eine der wenigen Ausnahmen, wo die "Normalroute" kurz von der Gratkante abweicht (Spuren vorhanden) und stattdessen ein paar Meter in der Flanke erstiegen werden. Bei P. 2356 gewinnt man wieder die Grathöhe und es geht meist unschwierig (T3 / I) über flachen Grasgrat zum Vorgipfel (mit Wanderweg erschlossen) und ebenfalls einfach (T2) rüber zum Hauptgipfel des Drunengalm, welcher mit 2406m auch den höchsten Punkt der heutigen Tour darstellt.

Die deutlichen Wegspuren in der Flanke zwischen Drunengalm und Standhore (T2) ignorieren wir und folgen immer exakt der Gratkante (T3 / I). zum tiefergelegenen Standhore, wo wir unsere Mittagspause einlegen.

Nach dem Standhore ist dann bald mal wieder fertig mit lieblichem Grasgrat: Es wird wieder schmaler, felsiger und coupierter - sehr zu unserem Gefallen. Es bleibt aber generell einfacher als am Fromberghore (T4 / I). Nachdem der namenlose P. 2296 überkraxelt ist, löst sich der Grat kurz in ebenem Wiesengelände auf, bevor es ohne grosse Schwierigkeiten zum Gipfel des Steinschlaghore's geht (T3+, optional I).

Auf das Steinschlaghore führt der erste markierte Wanderweg von Frutigen, ein einfacher Abstieg wäre hier also möglich. Der weitere Gratverlauf zu Tschipparällehore und Mäggisserehore ist zudem als Alpinwanderweg ausgeschildert und markiert. Der Abstieg vom Steinschlaghore ist dankbarerweise wieder eher eine der einfacheren Etappen. Im Gegenanstieg zum Tschipparällehore wird's dann wieder etwas spannender (T4 / I). Wo der markierte Weg nicht immer exakt der Gratkante folgt, kraxeln wir öfters auch mal etwas mehr als nötig wäre - macht viel Spass!

Während der Aufstieg zum Tschipparällehore durch ziemlich felsiges und zerfurchtes Gelände geführt hat, begegnet man im Abstieg einem einfachen, nicht sehr steilen Grasgrat (T3). Dieser Charakter setzt sich zum Mäggisserehore weiter fort, womit wir beim Besteigen dieses letzten Gipfels der heutigen Tour nur von den schweren Beinen aufgehalten werden.

Nun heisst es also, Abschied vom schönen Grat zu nehmen und die Pflichtaufgabe des 1600 Hm umfassenden Abstiegs nach Frutigen in Angriff zu nehmen. Dazu folgen wir dem markierten Bergweg in den nächsten Sattel, und traversieren von dort durch einen etwas abschüssigen Hang zurück auf den breiten Rücken, der vom Mäggisserehore herunterzieht. Ohne jegliche Serpentinen oder anderen Schnickschnack zieht der Weg in gerader Linie den doch recht steilen Rücken herunter. Etwas anstrengend für die Knie, aber dafür auch sehr effizient. Bei der Wegverzweigung Mäggisserenegg bei P. 1608 folgen wir nicht der Wegweiserangabe nach Frutigen, da diese Route eine längere flache bzw. sogar leicht ansteigende Flankentraverse beinhaltet. Sicherlich mit schöner Aussicht, aber wenn man schon den ganzen Grat oben dran hinter sich hat, hat man die Aussicht genug lange geniessen können. Stattdessen folgen wir dem Rücken weiter in gerader Linie abwärts nach Eggweid. Die Strasse führt uns auf die mittlerweile schattige Seite des Hangs. Nachdem der heutige Oktobertag sehr heiss und durstig war, ist die Kühle hier eine wahre Wohltat. Auf dem markierten Wanderweg geht's dann wieder steiler und an einer Stelle auch etwas feucht und rutschig weiter abwärts. Bei Ruedlus (1090m) kreuzt der Wanderweg die Strasse. Da wir keine Lust mehr auf steile Weglein haben, die Knie mittlerweile stark protestieren und wir zeitlich gut unterwegs sind, folgen wir ein Stück der Strasse statt dem markierten Weg. So erreichen wir bald Frutigen und nach einem kurzen Dorfrundgang mit Brunnenbesuch ist auch der Bahnhof bald erreicht. Zufrieden über die wieder einmal perfekt gelungene Tour geht's auf den Heimweg.

Zeiten und Schwierigkeiten
Hinweis: Die Wegzeiten und Schwierigkeiten beziehen sich auf die Strecke zwischen dem Checkpoint der vorhergehenden Zeile und dem Checkpoint der eingetragenen Zeile.

Zeit Checkpoint Höhe Angegebene Wegzeit Unsere Wegzeit Pause Schwierigkeit
09:10 Niesen 2362m        
11:00 Fromberghore 2394m   1 h  50 min 10 min T5 / II
12:00 Drunengalm 2406m   50 min 5 min T4 / I
12:25 Standhore 2338m   20 min 30 min T3 / I
13:35 Steischlaghore 2320m   40 min 10 min T4 / I
14:10 Tschipparällehore 2397m   25 min 10 min T4 / I
14:50 Mäggisserehore 2348m   30 min 10 min T3
17:30 Frutigen 779m 2 h  40 min 2 h  30 min   T2


Wegzeit Total: 7 h  5 min
Pausen Total: 1 h  15 min
Zeitaufwand Total: 8 h  20 min


Technische Ausrüstung
- Wanderschuhe
- Wanderstöcke (für den langen Abstieg)
- Stirnlampe (nicht gebraucht)

Fotos: AndyZ und Ororretto

Tourengänger: AndyZ, Ororretto
Communities: ÖV Touren


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Geodaten
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Kommentare (1)


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Felix hat gesagt: tolle Tour
Gesendet am 12. Oktober 2023 um 15:42
Gratulation!
(umso mehr, als ich sie kenne ...)
lg Felix


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