Piz Duan und noch ein paar Buckel mehr


Publiziert von Becks , 26. August 2023 um 23:07.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Bregaglia
Tour Datum:23 August 2023
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   I 
Zeitbedarf: 22:00
Aufstieg: 3700 m
Abstieg: 3700 m
Strecke:46 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Per ÖV nach Casaccia
Zufahrt zum Ankunftspunkt:per ÖV nach Innerferrera
Unterkunftmöglichkeiten:Biwak

Vorwort:

Nachdem mir Marmotta schon längerem vom Piz Duan vorgeschwärmt hat, und ich drei Tage frei nehmen konnte, kam mir die Idee mit einer Variante/Erweiterung. Grundlage dafür waren diverse Berichte, z.B. Deltas abgesoffene Avers-Grattour,die Ost-West-Tagestour über den Duan von panodirk und noch ein paar weitere. Alles in allem ergab sich so ein Flickenteppich und die Erkenntnis: sollte wohl machbar sein.


Tag 1:
Anreise per ÖV nach Casaccia. Da im Rheintal gebaut wird, ergibt sich für jede Bergtour, bei der ich da runter muss (gefühlt 98%) eine einstündige Verzögerung durch Umleitung über Wattwil. Um 11 Uhr erst spuckt mich daher der Bus vor Ort aus, und als einziger watschel ich mit Biwakgepäck und 2.5L Wasser im Rucksack in der sengend heissen Sonne bei 30°C hoch ins Val Maroz und weiter ins Val da Cams.

Piz Duan Ost-West (T4)
Auf 2400m weg vom Pfad, hin zur Ostflanke. Auf 2500m am eingezeichneten Bach letzte Tanke für Wasser (dringend notwendig), dann frei die Ostflanke hoch, was einen quasi automatisch zum Grateinstieg auf 2800m leitet (T4 bis hier). Den Grat bis 2900m aufwärts zu einem gut erkennbaren Steinmann (T4, Wegspuren, Steinmännchen), dann in leichter Kraxelei weiter hoch bis unter einen Steilaufschwung mit gelbem Felsen. Hier entlang der Kante des Aufschwungs weiter (Steinmännchen, Pfad) und nach etwa 50Hm nach rechts durch die Flanke hoch zurück auf den breiten Gipfelgrat (T4). Diesen bis zum Vorgipfel (T2-T3), hier Erkenntnis, dass es zum Hauptgipfel weitere 30 Minuten über ein Plateau und einen letzten Aufschwung hoch sind (T3, Pfad), dann ist der Duan erreicht.
Der Abstieg über den Westgrat ist technisch leichter als der Aufstieg, und dank grösserer Schuttbereiche auch für den Abstieg weitaus geeigneter als ein Aufstieg über die Westseite es wäre. Man folgt dazu vom Gipfel aus erst in westlich, dann nördliche Richtung abwärts (Pfad, T3, ev. T4), durchsteigt dann eine kurze Verschneidung abwärts (T4, 5m, harmlos, gute Tritte/Griffe) und erreicht dann wenig später auf dem Weg zurück zum Westgrat eine Rinne, welche die Westwand durchbricht. Hier erst im Schutt etwas abwärts, dann über kleinere Felszacken zum Geröllfeld dahinter (T4, gute Wegspuren). Anschliessend geht man in stetigem auf und ab der Gratkante und ab etwa 2750m über die Ebene entlang zum Duanapass.

Ich war gegen 17 Uhr, also nach 6 Stunden am Pass. Da das Ziel der Etappe am Folgetag das Bivacco Chiara e Walter war, konnte ich entweder hier am See biwakieren und hätte dann am Folgetag mindestens 12 Stunden als Etappe, und das bei angedrohtem Gewitter am späten Nachmittag, oder als Alternative weiter gehen. Da ich noch mindestens 3h Licht hatte, ging es weiter.



Piz dal Märc Ost-West (T4)
Vom Duanpass ist sichtbar, dass der einfachste Aufstieg zwischen dem südlichen Hauptgipfel (2947m) und einem nördlichen Vorgipfel/Ausläufer (2946m) erfolgt. Ich folge daher knapp links von P2946 einer Schuttrinne aufwärts (T3), quere dann ab etwa 2800m etwas nach links, hoch in Richtung Nord-Südkante und erreiche so unschwierig nach 1 Stunde den Hauptgipfel. Ab hier zeigt dann der Märc die Zähne bzw. Löcher. Vom Gipfelsteinmann durch eine Rinne nach Westen/Südwesten hinunter und dann über den breiten, aber sehr zerrissenen Westgrat weiter. Die Kraxelei ist zwar nicht schwierig, aber alle 5-10m müssen bis zu 1m breite und 5m tiefe Risse im Fels um- oder übergangen werden, von denen jeder gross genug ist, um einen spurlos verschwinden lassen zu können. Oben drauf kommen zum Teil 30-50cm Dreck und Geröll, und Steine bis zur Grösse eines Kühlschranks können durch Handauflegen in Bewegung versetzt werden. Als Zückerli hat es dann noch zwei Erhebungen unterwegs (P2910 und P2904), welche beide durch etwa 30m tiefe Einschnitte erklommen werden dürfen. Entsprechend zeitaufwendig ist der Abschnitt, und erst gegen 19:30 Uhr erreiche ich den Passo dal Märc, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 1 km/h im Abstieg entspricht.
Hier biege ich dann wohl etwas zu früh in Richtung der einzig sichtbaren Wasserquelle (See auf 2580m) ab, erhalte die Quittung in Form einiger abgeschliffener Felsabschwünge, die ich in Rinnen umgehen darf, und lande letztendlich am See. Netterweise muss ich das stehende Wasser nicht mit der dort ansässigen Schafsherde teilen, sondern entdecke etwa 20Hm über dem See am westlichen Rand eine Wasserquelle und gleich daneben einen schönen Biwakplatz (solange es nicht regnet, sonst könnte es von unten nass werden wie Delta).

Zusammenfassung Tag 1: 16km, 2200Hm rauf, 1000Hm runter, 9 Stunden Gehzeit.



Tag 2:
Ein zu früher Aufbruch lohnt sich nicht, da auch die folgende Etappe weglos ist und ich für eine Wegfindung möglichst weit sehen können muss. Also Frühstück um 6 Uhr, Aufbruch im Dämmerlicht um 6:40 Uhr.


Piz da Cävi / Pizzun Ost-West (T4)
Vom Passo dal Märc geht  einfach der Kante entlang aufwärts, etwaige steilere Bereiche links und rechts umgehend (T3+). Nach 15 Minuten ab Pass ist der Gipfel erreicht. Von hier aus dem Höhenrücken/Grat weiter entlang zu P2894 und weiter zum Pizzun. Ich habe mich hier etwas in gröbren Blöcken (etwa zweistöckig gross) verhakelt, bin dann unterhalb eines solchen Bereichs durch und anschliessend zu P2984 hoch. Ab hier unschwierig über gutmütiges Gestein zum Gipfel, den ich um 7:50 Uhr erreiche. Vom Gipfel aus durch eine Rinne einige Meter abwärts (T4), dann kurz nach rechts und im Schutt den breiten Grat/Höhenrücken westwärts abwärts zum Prasgnolapass, wobei P2796 überschritten wird (T3).


Pizz Gallagiun Ost-West (T5)
Wie ich letztendlich anhand der drei(!) Gipfelbücher am Gallagiun feststellen darf, ist dieser Berg im Vergleich zum Rest sehr gut besucht. Entsprechend wenig verwunderlich ist es daher, dass ab der Wegmarkierung am Pass (etwa in der Mitte zwischen der Landesgrenze und dem Rand des Gletschers) ein gut mit Steinmännchen markierter und ausgetretener Pfad über ein Schuttrinnensystem aufwärts führt, dann zu einem gut erkennbaren Steinmann an der rechten, nördlichen Kante leitet und weiter bis zum Gipfel führt (angekratzt T3, eher T2). Am Gipfel dann musste ich feststellen, dass die Liebe zu diesem Gipfel nur für die Ostseite gilt, und nach Westen hinunter keinerlei Markierungen oder Spuren existieren, und der Abstieg durchaus als anspruchsvoll eingestuft werden muss.
Vom neuen Gipfelkreuz aus nach Süden abwärts bis kurz vor einem kleinen Vorgipfel. Bis hier Steinmännchen. Dann nach Westen in die steile Schuttflanke, und peinlichst darauf achten, nicht wie ich die weitaus angenehmer aussehende südliche Rippe anzupeilen, denn die endet weiter unten im Nirgendwo. Nach etwa 10Hm fiel mir der Fehler auf, und nach einer Querung nach rechts ging es die richtige Rippe hinunter. Nach etwa 20Hm stellt sich ein etwa 10m hoher Abbruch in den Weg. Hier an der Abbruchkante über ein Felsband bzw. Sims an den rechten Rand (T5, exponiert), dann schräg nach rechts erst über Schutt und eine kurze, unangenehme Platte zu einer Verschneidung, und diese 3m abwärts auf in den Bereich darunter. Eventuell kann dieser unangenehme Teil links der Rippe im Steilschutt umgangen werden. Ab hier dann deutlich angenehmer über Blockfels, Schutt und durch einzelne Rinnen hinunter und weiter dem Grat entlang bis auf 2750m, oder wie ich ab 2800m in einem nach unten breiter werdenden Schutthang nach Norden hinunter zur Ebene bei P2847. Von hier aus in beiden Fällen entlang der grasbewachsenen Kante zur Bocchetta da Lägh.

Obwohl ich letztendlich für den Abstieg vom Gipfel nur 1 Stunde benötigt habe, und es erst 11:15 Uhr ist, entscheide ich mich gegen den Abstecher auf die Cima da Lägh. Ab hier zum Biwak sind es immer noch 3-4 Stunden, und mit etwa 2-3h extra für den Gipfel wäre ich gefährlich nahe an dem vorhergesagten Gewitter. Auf einen Sprint zu einem Metallhäuschen, während rings herum die Blitze einschlagen, habe ich wenig Lust.


Bocchetta da Lägh - Bivacco Chiara e Walter (T4)
Auch hier existiert keine echte Wegbeschreibung, und Markierungen oder Steinmännchen sucht man vergebens, der Abstieg jedoch ist denkbar einfach. Von der tiefesten Stelle des Passes, westlich von P2650 nach Süden abwärts, und dabei tendenziell alle Felsabbrüche nach rechts umgehend. Man landet so beim kleinen See auf 2590m und kann unschwierig über Gras, weitere Felsköpfe umgehend, nach Westen in Richtung der eingezeichneten Wegspuren abwärts steigen. Eine Suche nach den Spuren ist sinnlos, da diese im Gras verborgen und mit Tierspuren überdeckt sind. Ich bin daher letztendlich direkt in Richtung Alpe weglos abgestiegen, wobei ich einen letzten felsigen Bereich knapp darüber westlich umgangen habe. bei geschickter Routenwahl dürfte es insgesamt T3 sein, aufgrund möglicher Verhauer und kurzer Kraxeleipassagen entlang von Wasserrinnen sollte man real mit T4 rechnen. Ab dem See dann auf markiertem Weg zur Biwakschachtel.

Das Bivacco Chiara e Walter ist eine kleine, gelbe Metallschachtel mit etwa 10 Quadratmeter Grundfläche, 9 Betten, einem Gaskocher und einer Espressokanne (plus etwas Kleinkram drum herum). Der kürzeste Zustieg erfolgt von Campscut aus, was etwa 18km Strecke und 1200Hm hoch bedeutet. Entsprechend "am A* der Welt gelegen" trifft die Lage daher ziemlich genau. Entsprechend erstaunt war ich, als zeitgleich mit mir eine siebenköpfige Tourengruppe eintraf, und sich später eine weitere Gruppe mit zwei Leuten dazu gesellte. Zum Glück hatte die Grossgruppe ein Zelt dabei, so dass zwei Leute ausgelagert werden konnten. Trotzdem war die Raumsituation durchaus kuschelig. Glücklicherweise waren alle Anwesenden Frischluftfreunde, und dank ausbleibendem Gewitter blieb die Tür die ganze Nacht offen und alle Schuhe vor der Hütte (was eventuell an meinen gut durchgezogenen Bergtretern gelegen haben dürfte).

Tag 2 in Zahlen: 1400Hm rauf, 1400Hm runter, 10km Strecke T5 (ev. auch T6), 8 Stunden Gehzeit.



Tag 3:
Bereits am Vorabend habe ich kurz den Einstieg in den SSE-Grat zum Pizzo Stella erkundet, und mir Ideen für den Weiterweg ab dort bereit gelegt. Allerdings lässt der Wind im Gegensatz zur Vornacht nicht nach, und ein einziger Blick aus der Biwakschachtel heraus bestätigt meine Vermutung - das schlechte Wetter kommt langsam heran. Ab 2800m geschlossene Wolkendecke, das Bergell ist weg. Also direkt runter.


Innerferrera (T2)
Ab Biwakschachtel dem markierten und ausgetretenen Pfad hinunter zum Lago di Lei und diesen in voller Länge geniessend (wo ist das Fahrrad, wenn ich eines brauche?) zur Staumauer. Da ich den Bus um 11:09 Uhr in Campscut nicht erreiche, und der nächste Bus erst kurz vor 13 Uhr fährt, geht es weiter in nördliche Richtung und hinunter nach Innerferrera. Das sind zwar 200Hm und etwas Strecke zusätzlich, aber in dem Dorf hat es ein Restaurant und somit Bier. Touchdown um 12 Uhr, und ein Bier und eine Portion Pommes später geht es um 12:53 Uhr per Bus heim.

Tag 3 in Zahlen: 100Hm rauf, 1300Hm runter, 20km Strecke T2, 5 Stunden Gehzeit.



Tourengänger: Becks


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