Schön, schmal und schön schmal: Gratrunde über Giswilerstock, Schafnase und Rossflue


Publiziert von Nik Brückner , 26. Juni 2023 um 15:51.

Region: Welt » Schweiz » Obwalden
Tour Datum:24 Juni 2023
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-OW   Hagleren und Giswilerstöcke 
Zeitbedarf: 4:15
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 800 m
Strecke:7 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von der Panorama ca. 4 Kilometer auf gutem Sträßchen zur Fluonalp (beschildert)
Unterkunftmöglichkeiten:Fluonalp

Am 16. Juni war ich noch auf der Schafnase gewesen, über den Nordwestgrat, jetzt war ich schon wieder in der Gegend. Damals hatte ich vom Gipfel auf den Grat des Giswiler Stocks geschaut, und ihn auf die Tourenliste gesetzt.

Gut, da war er schon vorher gewesen, aber so ist die Geschichte besser.

Ich wollte also da weitermachen, wo ich aufgehört hatte, und fuhr mit Corte dei Miracoli im Player nur acht Tage danach hinauf zur Fluonalp, um eine Tour über den Giswilerstock, die Schafnase bis zur Hinteren Rossflue zu gehen.



Los ging's also gegen 10 Uhr an der Fluonalp (Alpkäserei und Beizli, 1554 m), wo ein Wanderparkplatz noch Platz für mich hatte. Eine halbe Stunde später passierte ich ein kleines Hüttl (Telti, 1642 m) und nach noch nicht einmal einer Stunde erreichte ich das riesige Stockkreuz (1825 m).

Fluonalp - Stockkreuz: markierter Wanderweg, T2, 1h


Von hier aus ein paar Meter zurück, und dann rechts haltend nach Westen. Dieser Weg ist nicht ausgeschildert, und legt sofort eine Schippe drauf: Felsen, Wurzeln, Steilgelände, T3. Man wandert zunächst durch den Hang, dann geht es irgendwann auf den Grat hinauf (Markierung am Fels oberhalb des Weges). Von dort wandert man erst durch Latschengassen und schließlich über freies Gelände den hier noch gemütlichen Grat hinauf zum Stockkreuz - Westgipfel (1940 m).

Stockkreuz - Westgipfel: Wanderweg, T3, 30 Minuten


Hier endet der Weg, weiter geht's weglos über den teils ausgesetzten Verbindungsgrat zur Schafnase. Dazu wandert man zunächst auf dem nun schon etwas schmaleren Grasgrat weiter, der nur hier und da kurz von Fels durchsetzt ist. Es folgt ein noch mäßig steiler Abstieg durch Schrofengelände hinunter in eine Scharte.

Aus der Scharte könnte man im Notfall auf Pfadspuren links hinuntergelangen, wo man in einem Kar zunächst Geröll zu überwinden hätte, und unterhalb im Wald wieder auf den Aufstiegsweg gelangte.

Der Grat biegt sodann nach links, einen schon etwas ausgesetzten, aber nicht steilen Felsaufschwung hinauf. Oben angelangt, ist man überrascht, es ist nicht so schmal, wie es von fern den Anschein hatte. Sogar Trittspuren sind im Gras zu sehen. Dann folgt der anspruchsvollste Teil des Grats: über einige Stufen (II) muss abgeklettert werden, zuletzt durch eine Rinne, in der nicht alles fest ist, und wo zudem auch Schotter liegt. Das darauf folgende Gratstück ist wieder einfacher, auf einer guten Spur geht's ein paar Meter im Gras weiter. Man wandert auf ein schmales Horn zu, das spektakulär aussieht, sich dann aber als überraschend machbar erweist.

Oben angekommen, geht es auf der schmalen Schrofenkante weiter, und gleich hinunter zu einer markanten Kiefer, die sich mit eisernem Willen an den Grat klammert. Ihre Äste helfen dabei, sie (rechts) zu umgehen. Danach geht es auf dem nun wieder breiteren Latschengrat weiter. Die größten Schwierigkeiten auf dem Grat zur Schafnase sind jetzt überwunden.

Hier wäre nochmal eine Abstiegsmöglichkeit: Auf guten Wegspuren links hinunter in das Kar.

Zum Gipfelaufbau steigt man nun über einen nicht allzu steilen Grashang hinauf. Der Gipfel selbst wäre in direkter Linie machbar (vermutlich nicht schwieriger als II, aber augenscheinlich brüchig), wird aber von den meisten rechts umgangen. Auf zwei Bändern habe ich deutliche Spuren gesehen, ich habe das obere genommen. Beide kommen am Nordwestgrat der Schafnase wieder zusammen. Die letzten Meter über Schrofen und einen kleinen Grashang sind dann kein Problem mehr, und schnell steht man auf der Schafnase (2013 m).

Giswilerstock - Schafnase: weglose Gratüberschreitung, teils Trittspuren, T5, Stellen II, 1h


Hier wollte ich erstmal auf die Uhr schauen. Zweieinhalb Stunden bis hierher, das ließ mir üppig Zeit, noch das eine oder andere dranzuhängen. Ich entschied mich für die Rossfluen, von denen es zwei gibt, die Vordere und die Hintere. Das würde bedeuten: nochmal wegloses Gehen, noch eine T5-Passage, bissl Piazen. Piazen, nicht Pizzen. Obwohl, wird beides gern genommen.

Auf einem gemütlichen Wanderweg ging es also nun durch die Ostflanke der Schafnase hinunter in die Furgge (1909 m).

Schafnase - Furgge: markierter Wanderweg, T2, 10 Minuten


Hier könnte man links zur Fluonalp hinunterwandern, ich verließ aber den Weg und hielt mich geradeaus, dem Grat folgend. Gute Trittspuren führen wahlweise nach links oder näher am Grat hinauf zu einer plattigen Passage, die einfacher ist, als es aussieht. Stets den hier naturgemäß dürftigeren Spuren folgend, steig ich entlang von Rissen hinauf zum Grat, kurz nach links, und fand mich bald in den Grashängen der Vorderen Rossflue wieder.

Hier wanderte ich zunächst nicht hinauf zum Gipfel, sondern querte den Grashang, um erst einmal einen Blick in die senkrechten Felsabstürze zu werfen, mit denen der Berg auf dieser Seite in das Geröllkar zwischen Vorderer und Hinterer Rossflue abfällt. Durch dieses Kar würde ich später absteigen, und ich konnte mir von hier aus einen guten Eindruck vom Gelände und möglichen Routen machen.

Dann aber ging es hinauf zur Vorderen Rossflue (2071 m).

Furgge - Vordere Rossflue: Wegloser Anstieg, teils Trittspuren, T3, 20 Minuten


Nach einer kleinen Pause packte ich die Stecken weg und machte ich mich an der Übergang zur Hinteren Rossflue. Dazu klettert man direkt am luftigen Grat mehrere Stufen hinunter in eine Scharte. Drüben geht es dann vergleichsweise einfach hinauf zum Nachbargipfel. Der Abstieg aber hat es in sich: Vom Gipfel weg folgt man dem Grat, der schnell sehr scharf wird. Piazen erlaubt. Rechts geht es ca. 250 Höhenmeter senkrecht hinunter, lieber nicht hinschauen, auspsychen verboten. Man konzentriert sich besser auf die schrägen Platten am Grat, die zum Glück sämtlich gut befestigt sind. Dann folgt die nächste Stufe, von der aus man, wenn man vorwärts abklettert, direkt in den gähnenden Abgrund schaut. Mit Vorteil kurz davor links, dann darf erneut ein bissl gepiazt werden.

Dem Drang, in den linken Hang auszuweichen, sollte man in diesen Passage widerstehen, der Grat ist zwar ausgesetzt, aber der Fels ist gut, und auch wenn es nicht so aussieht, weiter geht es immer.

Hat man diese Passagen hinter sich, wird es leichter. Es folgt kurzes Gehgelände, dann geht es auf schotterigen, aber großen Schrofen- und Erdstufen hinunter in die Scharte.

Wer hier, wie ich, doch ein wenig links der Kante absteigt (in dieser Passage wieder gut machbar), muss an einer Stelle einen großen Schritt zum Grat zurück machen, aber auch der ist im Vergleich zu der weiter oben überwundenen Passage gut machbar.

Vordere Rossflue - Scharte: T5//II, 10 Minuten


Ist die Scharte erreicht, hat man es hinter sich. Der Aufstieg zur Hinteren Rossflue wartet nicht mit weiteren Überraschungen auf. Trittspuren führen im mäßig steilen Gras zum Gipfel, Gratstufen werden dabei meist links umgangen. Schnell steht man auf der Hinteren Rossflue (2081 m).

Scharte -  Hintere Rossflue: Grashänge, Trittspuren, T2, 15 Minuten


Höchster Punkt! Aussicht genießen. Mein Blick fiel zunächst nach Norden auf den Grat, den ich eben überschritten hatte, darüber thront der Pilatus. Im Nordosten dann der Sarnersee, darüber das Stanserhorn. Und irgendwo ganz hinten ist vielleicht der Säntis zu sehen? Es folgen Glärnisch, Uri Rotstock, und Wissigstock, im Osten Huetstock, Titlis und Gross Wendestock. Im Südosten fällt das Ritzlihoren ins Auge. Im Süden dominieren dann Rosenhorn, Mittelhorn und Wetterhorn, dann folgen mit Eiger und Jungfrau richtige Promis. Im Südwesten sind Arnihaaggen, Brienzer Rothorn und Schöngütsch am Brienzer Grat zu sehen, im Westen schließlich Furggegütsch und Schrattenfluh.

Vom Gipfel weg folgte ich Spuren, die im Gras nach Norden hinunterführen. In einem Schotterhang weiter unten führen die dann aber nach rechts, wo sie sich verlieren bzw vermutlich irgendwann auf den zur Chringe weiterführenden Pfad treffen. Ich wollte dagegen weiter links hinunter, in das Geröllkar zwischen Vorderer und Hinterer Rossflue. Dazu hielt ich nun auf eine kleine, markante Graspyramide zu, und querte noch vor dieser nach links, überraschend einfach und wieder auf einer Spur durch Grashänge hinunter in das Geröllkar. Dort sind schon von oberhalb des Gerölls Wegspuren zu sehen, auf die ich nun zuhielt.

Hintere Rossflue - Weg: weglos über Gras und Geröll, Trittspuren, T3, 20 Minuten


Wie sich herausstellte, war das nicht der markierte Wanderweg, sondern ein unmarkierter Weg, der mich sogar noch schneller zur Fluonalp bringen würde. Ich wandte mich also nicht nach links, zum Wanderweg, sondern folgte dem unmarkierten, hübschen Pfad nach rechts. Nach einigen Querungen ging es dann eine Rippe hinunter, über einen Bach und zuletzt einen kleinen Geröllhang abwärts, bis ich zuletzt doch noch auf den Wanderweg traf. Auf diesem ging es nun in wenigen Minuten zurück zum Parkplatz an der Fluonalp (1554 m).

Auf dem Weg zurück zur Fluonalp: T2, 20 Minuten



Fazit


Herrliche Tour in klassischem T5-Gelände. Der Grat vom Stockkreuz zur Schafnase ist, wie man so schön sagt, anregend, und wegen der Abstiegsmöglichkeiten vor und nach der schwierigsten Passage gut auch jenen anzuraten, die so etwas mal ausprobieren wollen. Die Rossfluen sind eine schöne Dreingabe. Hier ist man deutlich einsamer.

Ich würde die Tour nur in Zukunft andersherum gehen, dann hat man so ziemlich alle Kletterstellen im Aufstieg.



Ausrüstung:

C-Schuhe, Stecken, Helm


Ein aufschlussreiches Video, in dem der T5-Grat am Giswilerstock begangen wird (allerdings in Gegenrichtung) findet sich hier.


....und am nächsten Tag ging es dann über den langen (Nord)Ostgrat auf den Furggegütsch.



Tourengänger: Nik Brückner


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