Spaziergang am Rand des Himmels - der Brienzergrat
Eine Grattour ist immer etwas ganz Besonderes. Noch besonderer wird sie aber, wenn der Grat 35 Kilometer lang ist, man zwei Tage lang, ja, am Rand des Himmels spaziert, und dabei die berühmten Bergriesen der Schweiz zu seiner Linken hat: Schreckhorn, Finsteraarhorn, Eiger, Mönch, Jungfrau. Bondfans zählen noch den Piz Gloria dazu, das Schilthorn…
Zwei Tage also. Üblicherweise beginnt man diese Tour am Brünigpass (zu dem man per Auto oder per Bahn anreist), übernachtet dann im Hotel Rothorn-Kulm, wandert am nächsten Tag bis zum Ende des Grats beim Harder Kulm, und steigt schließlich nach Interlaken ab, von wo aus man mit dem Zug in etwa einer Stunde zum Ausgangspunkt am Brünigpass zurückkehren kann. Ich habe es nicht anders gemacht. Tag eins: Anreise per Auto von Mannheim zum Brünigpass, im Auto lief, passenderweise, Steamboat Switzerlands neues Album "Zeitschrei", dann die Wanderung zum Hotel Rothorn-Kulm. Tag zwei: Wanderung zum Harder Kulm, Abstieg nach Interlaken, Zugfahrt zum Brünigpass, und Heimreise nach Mannheim. Abends um elf lag ich im Bett.
Am Brünigpass (1008m) kann man sein Auto am Parkplatz eines Schwingerclubs (nicht das, was Ihr denkt) und/oder eines Schießplatzes (so richtig kapiert habe ich das nicht, aber in jedem Fall wurde viel geknallt, hr, hr) etwas unterhalb der Passhöhe auf der Luzerner Seite umsonst parkieren.
1. Tag:
Ich folgte vom Pass weg der Schotterstraße Richtung Wiler Vorsäss. Diese führt Richtung Alp Schäri, und geht davor im Wald in einen Wanderweg über. Die Alp Schäri (1227m) lässt man rechts liegen, über Wiesen und kurz durch den Wald geht es weiter hinauf zu den obersten Hütten des Wiler Vorsäss (1384m).
Brünigpass - Wiler Vorsäss: 1 Stunde
Hier hält man sich rechts und wandert an der obersten Hütte vorbei, dort wieder nach rechts, bis in das Kar Oberberg, südlich des Wilerhorns. Der Weg zieht vom Kar aus rechts den Südhang des Wilerhorns hinauf, und erreicht auf etwa 1830 Metern Höhe den Südostgrat.
Und jetzt geht’s los….
Von hier an bis zum Herder Kulm ist man nun fast ununterbrochen am Grat unterwegs. Insgesamt sind das knapp 30 Kilometer – und das muss man in den Alpen erstmal finden.
Auf dem Grat geht es nun hinauf zum Gipfel des Wilerhorns (2005m), eigentlich eher eine zwei-, dreihundert Meter lange und flache Schneide.
Wiler Vorsäss - Wilerhorn: 1 Stunde
Am anderen Ende dieser Schneide, dem 2004m hohen Westgipfel, steht eine Aussichtsbank, von der aus man einen guten Blick auf die lange Überschreitung hat.
Der Wanderweg verlässt nun den Gipfelkamm des Wilerhorns, und wendet sich bald nach Norden. Das 1942 Meter hohe Hörnli umgeht er links, dann geht es den Tüfengrat hinunter zur Wegkreuzung bei Pt. 1857 (vom Wilerhorn etwa 150 Abstieg), und drüben etwa 350Hm die Scheidegg hinauf zum nächsten Gipfel: Der Höch Gumme.
Etwa 150 Meter unter dem Gipfel stößt man auf einen Weg, der auf etwa 2040 Meter Höhe um den Grat knickt. Hier kann der Gipfel weglos, auf Trittpuren von Süden auf dem schotterigen und brüchigen Südgrat erklommen werden. Erst kurz unter dem Gipfel ist man wieder auf Gras unterwegs, hier zeichnet sich dann auch eine gute Spur ab, und man steht bald auf dem Höch Gumme (2204m).
Der Gipfel wird westwärts auf dem Wanderweg verlassen. Dort, wo der Weg in die Südflanke hinunterzickzackt, kann man wieder auf dem Grat bleiben, für etwa 450 Meter, bis an Pt. 2084 der Wanderweg wieder zum Grat heraufkommt. Dieser schmale, weglose Gratabschnitt ist recht brüchig (T6), man sollte nicht auspsychen, wenn man diese 130 Höhenmeter hinuntersteigt.
Wieder auf dem Wanderweg geht es nun weitgehend eben weiter, bis in den Sattel Pt. 2063m. Danach schwenkt der Weg in die Südostflanke des Arnihaagens, wo er zu dessen Südwestgipfel hinaufzickzackt. Wer die 120 Höhenmeter konsequent am Grat gehen möchte (T5), hat drei nur kurze Graspassagen vor sich, ansonsten geht’s im Fels hinauf zum Arnihaaggen-Südwestgipfel (2207m). Danach steigt man etwa 180 Höhenmeter hinunter in den Eiseesattel (2025m).
Wilerhorn - Eiseesattel: 2 Stunden
Am Eiseesattel hat man nun den letzten Gipfel des ersten Tages vor sich: Das Brienzer Rothorn. Zum Gipfel wären es jetzt etwa 300 Höhenmeter, ich nahm an Bergstation der Seilbahn Eisee neugierigerweise jedoch den Skitunnel, und querte so auf die andere Seite des Gipfels. Dann checkte ich im Hotel Rothorn Kulm ein, und bestieg das Rothorn (2348m) erst zum Sonnenuntergang…
Eiseesattel - Hotel: 1 Stunde
Mein Blick fiel zuerst nach Norden, Richtung Heimat. In den Vogesen sind Grand und Petit Ballon zu sehen, im Schwarzwald Belchen und Feldberg. Im Nordosten erhebt sich dagegen nur der Pilatus über den Horizont. Etwas näher erheben sich Schafnase und Rossflue. Den Osten dominiert der Titlis, weiter Richtung Südosten folgen Gwächtenhorn und Dammastock. Den Südosten selbst regiert das Ritzlihore.
Im Süden folgt die ganz große Prominenz: Lauteraarhorn, Schreckhorn, Finsteraarhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau. Dann Breithorn, Tschingelhorn, Gspaltenhorn und Blüemlisalphorn. Im Südwesten sind die Diablerets zu sehen, näher das Morgenberghorn mit dem schönen Leissiggrat und der Niesengrat. Dahinter der Vanil Noir, die Dents de Folliéran und de Brenleire, der Schafberg, das Stockhorn, die Schibe, der Gantrisch, schließlich der Furggegütsch und die einzigartige Schrattenfluh.
Zusammenfassung 1. Tag:
Strecke: 14km
Anstiegshöhenmeter: 1800m
Abstiegshöhenmeter: 550m
Gesamtgehzeit: 5 Stunden
Anmerkung:
Der Weg ist durch die Erosion in Gratnähe ziemlich abbruchgefährdet. An vielen Stellen teilen Erosionsrisse den Weg auf viele Meter in Längsrichtung. Bei Nässe solle man hier Vorsicht walten lassen. Da dürfte auf die Wegebauer bald einige Arbeit zukommen.
2. Tag:
Der zweite Tag wartet mit den Höhepunkten der Tour auf: Schier endlose, schmale Gratschneiden, dazu fantastische Aussichten in nahezu alle Richtungen - insbesondere über den tief unten gelegenen Brienzersee hinüber zu Eiger, Mönch und Jungfrau, deren Anblick den Wanderer den ganzen Tag über begleiten. Es gibt kaum etwas Vergleichbares.
Am frühen Morgen ging’s zuallererst knapp 70 Höhenmeter hinauf auf den Schöngütsch (2319m). Das Weglein, das zum Gipfel führt, nimmt nicht jeden Zacken mit, das muss man aber auch nicht. Es wäre vermutlich T4, T5, sowas.
Der grasige Grat zieht vom Gipfel ziemlich genau nach Westen, und nach knapp dreihundert weglosen Metern hat man den Wanderweg wieder erreicht. Dieser führt nun etwas unterhalb der Grathöhe weiter gen Westen, und wechselt am Lattgässli (2175m) auf die Nordseite, um einige felsige Gratzacken zu umgehen. Man passiert eine Abzweigung nach Norden bei Pt. 2973, und eine nach Süden am Chruterepass, wo man wieder zum Grat zurückkehrt – endgültig, das heißt, bis man kurz vorm Harder Kulm einigen bewaldeten Felsköpfen ausweichen muss. Aber bis dahin ist es noch weit…
Auf einer dünnen Pfadspur geht es nun weiter über den „Briefengrat“ genannten Abschnitt bis zum Briefenhörnli. Spätestens hier stellt sich das echte Gratfeeling ein: Die Wegspuren führen konsequent über den schmalen Grat und (immer nur kurz) durch steile Grasflanken, zuletzt ersteigt man in gut gestuftem Steilgras das Briefenhörnli (2164m)
Hotel - Briefenhörnli: 1 1/4 Stunde
Drüben geht es deutlich einfacher hinunter zum Wannenpass (2069m), wo nochmal Abstiegsmöglichkeiten nach Norden und Süden bestünden.
Briefenhorn - Wannepass: 30 Minuten
Weiter geht’s in sanftem Auf und Ab über den Balmi in den Sattel (Pt. 2094) vor dem Tannhorn. Vom Balmi kommend läuft man auf dem Grat geradewegs auf eine felsige Stufe zu, die auf der linken Seite erklettert wird. Hier geht es reichlich steil bergab, und der Fels ist ziemlich brüchig. Das Seil, das hier hängt, ist kein Seil, sondern ein Schnürl, das allenfalls eine psychologische Hilfe in dem ausgesetzten Gelände ist. Verlassen sollte man sich darauf keinesfalls, im Ernstfall reißt es vermutlich oder es bricht eine Halterung mitsamt dem Fels, in der sie befestigt ist, aus der Wand. Trotzdem nicht auspsychen: Das Wandl ist einfacher zu ersteigen, als es aussieht. Danach folgt ein 40, 50 cm breiter Grat, der zum Gipfel hin ansteigt und nach beiden Seiten senkrecht abfällt. Dieser wird zum Gipfel hin immer steiler. Am Ende geht es auf Tritten im Steilgras bergan, dann hat man die schwierigste Passage hinter sich, und steht auf dem Tannhorn (2221m).
Wer mag, kann sich die Schlüsselstelle am Tannhorn in diesem Youtube-Video mal ansehen. Es vermittelt einen guten Eindruck davon.
Wannepass - Tannhorn: 3/4 Stunde
Der Abstieg vom Tannhorn ist bedeutend einfacher, aber abschnittsweise sehr steil. Auch wenn man jetzt die größte Schwierigkeit des Brienzer Grates hinter sich hat, ist Vorsicht geboten. Über eine kleine Zwischenerhebung geht es hinunter in den Sattel vor dem Allgäuhorn (Ällgäuwhoren). Hier gibt’s am Gipfel nochmal eine kurze Steilgraspassage, aber es sind dafür nur knapp 70 Höhenmeter zum Gipfel des Allgäuhorns (2047m)
Drüben steigt man über steiles Gras ca. 130 Hm hinunter in die Allgäulücke (Allgäuwlicka, 1918m). Auch dort könnte man wieder nach Norden oder Süden absteigen.
Tannhorn - Allgäulücke: 1 Stunde
Auf dem Grat geht’s nun weiter zum Schnierenhörnli. Dort gibt’s wieder steiles Gras, auch muss man nochmal in felsigem Gelände ein bisschen kraxeln. Wer das Tannhorn gemeistert hat, der muss sich darüber aber keine Gedanken mehr machen. Außerdem sind’s nur 150 Hm aus der Allgäulücke zum Schnierenhörnli (2070m).
Weiter geht’s zum Gummhorn. Auch hier braucht man nochmal die volle Konze, denn es geht über ziemlich steiles Gras ca. 150 Hm hinauf auf den 2040 Meter hohen Gipfel.
Allgäulücke - Gummhorn: 1 Stunde
Der nun anstehende Abschnitt zum niedrigen Blasenhubel (1965m) ist einfach, zudem geht’s meist bergab, hier kann man sich also ein wenig erholen.
Gummhorn - Blasenhubel: 30 Minuten
Auch nach dem Blasenhubel steigt man zunächst noch weiter ab, bis auf etwa 1865 Meter, dann folgt nochmal ein Anstieg von knapp 300 Metern, über das Wytlouwihorn (2106m) zum Augstmatthorn (2136m). Der Anstieg ist nicht schwierig (T4), aber er kostet Kraft, und mancher wird froh um die Seile sein, die über eine kurze Passage helfen.
Blasenhubel - Augstmatthorn - 1 Stunde
Am Augstmatthorn wird man vermutlich von einer großen Menschenmenge empfangen, und nicht jede(r) dürfte Lust haben, hier das eigentlich notwendige Päuschen einzulegen. Man muss aber auch nicht: Selbst wer stracks drüberläuft, hat nun kaum noch Anstregendes zu gewärtigen: Auf dem nun folgenden gut acht Kilometer langen Schlussabschnitt bis zum Harder Kulm sind insgesamt nicht mal mehr 100 Anstiegshöhenmeter zu bewältigen, alles andere ist ein langer – sehr langer – Abstieg.
Erste Station: Der Suggiturm (Suggiture, 2084m), eine Schulter im Südwestgrat des Augstmatthorns.
Augstmatthorn - Suggiture: 1/4 Stunde
Der markierte Wanderweg führt nun konsequent weiter bergab. Am Tritt (1860m) könnte man nochmal nach Süden absteigen.
Suggiture - Tritt: 1/4 Stunde
Zunächst wandert man noch auf der Gratschneide, dann, am Schönbüel zunächst rechts, später im Wald links des Grats, wenn Roteflue und Wannichnubel umgangen werden. Das Ganze zieht sich noch ordentlich, und man braucht eine Portion Geduld, bis man endlich am Harder Kulm (1322m) ankommt.
Tritt - Harder Kulm: 2 Stunden
Gesamtgehzeit bis hierher: 8,5 Stunden
Am Gasthaus Harder Kulm ist der Abstieg zum Bahnhof Interlaken-Ost mit 1:35 angegeben, ich bin das, mit ein bissl Gewalt, in einer 3/4-Stunde gegangen.
Das soll keine Angeberei sein, sondern eine Hilfe für diejenigen, die es eilig haben und dringend ihren Zug erwischen müssen. Man kann sicher noch schneller sein, dann müsste man aber rennen.
Zusammenfassung 2. Tag:
Strecke: 24km
Anstiegshöhenmeter: 1200m
Abstiegshöhenmeter: 2850m
Gesamtgehzeit: 9:15
Noch ein paar Anmerkungen:
Das Gehen am Grat ist oft einfacher als das Gehen in den Flanken. Eine der heikleren Stellen kommt gleich zu Beginn am Chruterepass. Da es morgens noch feucht ist (auch bei Sonne ist der Grat erst gegen 10 Uhr wirklich trocken), ist es hier ziemlich haarig. Wer an dieser Stelle schon auspsycht, sollte von der Tour lieber Abstand nehmen.
Insgesamt lässt sich sagen: Man hat ganz häufig den Effekt, dass man zunächst denkt 'wo soll es denn da hinaufgehen?', es sich dann aber als leichter herausstellt, als es aussah. Der Effekt nutzt sich zudem über die Zeit etwas ab. Den derzeit (2019) verfügbaren Youtube-Videos kann man auch nicht in jedem Fall trauen: Die einen waren überfordert, der andere hat sein Video so zusammengeschnippelt, dass die Chronologie durcheinandergeriet, und wieder andere filmen mit diesen unsäglichen Fischaugenlinsen, mit denen sogar die Mannheimer FuGäZo aussieht wie ein messerscharfer Grat. Nur dieses hier vermittelt einen guten Eindruck, finde ich. Deshalb: Traut Euch, auch über's Tannhorn. Das geht schon. Und das Erlebnis am Grat ist, wie gesagt, mit kaum etwas anderem zu vergleichen. Eine einzigartige Tour!
Zwei Tage also. Üblicherweise beginnt man diese Tour am Brünigpass (zu dem man per Auto oder per Bahn anreist), übernachtet dann im Hotel Rothorn-Kulm, wandert am nächsten Tag bis zum Ende des Grats beim Harder Kulm, und steigt schließlich nach Interlaken ab, von wo aus man mit dem Zug in etwa einer Stunde zum Ausgangspunkt am Brünigpass zurückkehren kann. Ich habe es nicht anders gemacht. Tag eins: Anreise per Auto von Mannheim zum Brünigpass, im Auto lief, passenderweise, Steamboat Switzerlands neues Album "Zeitschrei", dann die Wanderung zum Hotel Rothorn-Kulm. Tag zwei: Wanderung zum Harder Kulm, Abstieg nach Interlaken, Zugfahrt zum Brünigpass, und Heimreise nach Mannheim. Abends um elf lag ich im Bett.
Am Brünigpass (1008m) kann man sein Auto am Parkplatz eines Schwingerclubs (nicht das, was Ihr denkt) und/oder eines Schießplatzes (so richtig kapiert habe ich das nicht, aber in jedem Fall wurde viel geknallt, hr, hr) etwas unterhalb der Passhöhe auf der Luzerner Seite umsonst parkieren.
1. Tag:
Ich folgte vom Pass weg der Schotterstraße Richtung Wiler Vorsäss. Diese führt Richtung Alp Schäri, und geht davor im Wald in einen Wanderweg über. Die Alp Schäri (1227m) lässt man rechts liegen, über Wiesen und kurz durch den Wald geht es weiter hinauf zu den obersten Hütten des Wiler Vorsäss (1384m).
Brünigpass - Wiler Vorsäss: 1 Stunde
Hier hält man sich rechts und wandert an der obersten Hütte vorbei, dort wieder nach rechts, bis in das Kar Oberberg, südlich des Wilerhorns. Der Weg zieht vom Kar aus rechts den Südhang des Wilerhorns hinauf, und erreicht auf etwa 1830 Metern Höhe den Südostgrat.
Und jetzt geht’s los….
Von hier an bis zum Herder Kulm ist man nun fast ununterbrochen am Grat unterwegs. Insgesamt sind das knapp 30 Kilometer – und das muss man in den Alpen erstmal finden.
Auf dem Grat geht es nun hinauf zum Gipfel des Wilerhorns (2005m), eigentlich eher eine zwei-, dreihundert Meter lange und flache Schneide.
Wiler Vorsäss - Wilerhorn: 1 Stunde
Am anderen Ende dieser Schneide, dem 2004m hohen Westgipfel, steht eine Aussichtsbank, von der aus man einen guten Blick auf die lange Überschreitung hat.
Der Wanderweg verlässt nun den Gipfelkamm des Wilerhorns, und wendet sich bald nach Norden. Das 1942 Meter hohe Hörnli umgeht er links, dann geht es den Tüfengrat hinunter zur Wegkreuzung bei Pt. 1857 (vom Wilerhorn etwa 150 Abstieg), und drüben etwa 350Hm die Scheidegg hinauf zum nächsten Gipfel: Der Höch Gumme.
Etwa 150 Meter unter dem Gipfel stößt man auf einen Weg, der auf etwa 2040 Meter Höhe um den Grat knickt. Hier kann der Gipfel weglos, auf Trittpuren von Süden auf dem schotterigen und brüchigen Südgrat erklommen werden. Erst kurz unter dem Gipfel ist man wieder auf Gras unterwegs, hier zeichnet sich dann auch eine gute Spur ab, und man steht bald auf dem Höch Gumme (2204m).
Der Gipfel wird westwärts auf dem Wanderweg verlassen. Dort, wo der Weg in die Südflanke hinunterzickzackt, kann man wieder auf dem Grat bleiben, für etwa 450 Meter, bis an Pt. 2084 der Wanderweg wieder zum Grat heraufkommt. Dieser schmale, weglose Gratabschnitt ist recht brüchig (T6), man sollte nicht auspsychen, wenn man diese 130 Höhenmeter hinuntersteigt.
Wieder auf dem Wanderweg geht es nun weitgehend eben weiter, bis in den Sattel Pt. 2063m. Danach schwenkt der Weg in die Südostflanke des Arnihaagens, wo er zu dessen Südwestgipfel hinaufzickzackt. Wer die 120 Höhenmeter konsequent am Grat gehen möchte (T5), hat drei nur kurze Graspassagen vor sich, ansonsten geht’s im Fels hinauf zum Arnihaaggen-Südwestgipfel (2207m). Danach steigt man etwa 180 Höhenmeter hinunter in den Eiseesattel (2025m).
Wilerhorn - Eiseesattel: 2 Stunden
Am Eiseesattel hat man nun den letzten Gipfel des ersten Tages vor sich: Das Brienzer Rothorn. Zum Gipfel wären es jetzt etwa 300 Höhenmeter, ich nahm an Bergstation der Seilbahn Eisee neugierigerweise jedoch den Skitunnel, und querte so auf die andere Seite des Gipfels. Dann checkte ich im Hotel Rothorn Kulm ein, und bestieg das Rothorn (2348m) erst zum Sonnenuntergang…
Eiseesattel - Hotel: 1 Stunde
Mein Blick fiel zuerst nach Norden, Richtung Heimat. In den Vogesen sind Grand und Petit Ballon zu sehen, im Schwarzwald Belchen und Feldberg. Im Nordosten erhebt sich dagegen nur der Pilatus über den Horizont. Etwas näher erheben sich Schafnase und Rossflue. Den Osten dominiert der Titlis, weiter Richtung Südosten folgen Gwächtenhorn und Dammastock. Den Südosten selbst regiert das Ritzlihore.
Im Süden folgt die ganz große Prominenz: Lauteraarhorn, Schreckhorn, Finsteraarhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau. Dann Breithorn, Tschingelhorn, Gspaltenhorn und Blüemlisalphorn. Im Südwesten sind die Diablerets zu sehen, näher das Morgenberghorn mit dem schönen Leissiggrat und der Niesengrat. Dahinter der Vanil Noir, die Dents de Folliéran und de Brenleire, der Schafberg, das Stockhorn, die Schibe, der Gantrisch, schließlich der Furggegütsch und die einzigartige Schrattenfluh.
Zusammenfassung 1. Tag:
Strecke: 14km
Anstiegshöhenmeter: 1800m
Abstiegshöhenmeter: 550m
Gesamtgehzeit: 5 Stunden
Anmerkung:
Der Weg ist durch die Erosion in Gratnähe ziemlich abbruchgefährdet. An vielen Stellen teilen Erosionsrisse den Weg auf viele Meter in Längsrichtung. Bei Nässe solle man hier Vorsicht walten lassen. Da dürfte auf die Wegebauer bald einige Arbeit zukommen.
2. Tag:
Der zweite Tag wartet mit den Höhepunkten der Tour auf: Schier endlose, schmale Gratschneiden, dazu fantastische Aussichten in nahezu alle Richtungen - insbesondere über den tief unten gelegenen Brienzersee hinüber zu Eiger, Mönch und Jungfrau, deren Anblick den Wanderer den ganzen Tag über begleiten. Es gibt kaum etwas Vergleichbares.
Am frühen Morgen ging’s zuallererst knapp 70 Höhenmeter hinauf auf den Schöngütsch (2319m). Das Weglein, das zum Gipfel führt, nimmt nicht jeden Zacken mit, das muss man aber auch nicht. Es wäre vermutlich T4, T5, sowas.
Der grasige Grat zieht vom Gipfel ziemlich genau nach Westen, und nach knapp dreihundert weglosen Metern hat man den Wanderweg wieder erreicht. Dieser führt nun etwas unterhalb der Grathöhe weiter gen Westen, und wechselt am Lattgässli (2175m) auf die Nordseite, um einige felsige Gratzacken zu umgehen. Man passiert eine Abzweigung nach Norden bei Pt. 2973, und eine nach Süden am Chruterepass, wo man wieder zum Grat zurückkehrt – endgültig, das heißt, bis man kurz vorm Harder Kulm einigen bewaldeten Felsköpfen ausweichen muss. Aber bis dahin ist es noch weit…
Auf einer dünnen Pfadspur geht es nun weiter über den „Briefengrat“ genannten Abschnitt bis zum Briefenhörnli. Spätestens hier stellt sich das echte Gratfeeling ein: Die Wegspuren führen konsequent über den schmalen Grat und (immer nur kurz) durch steile Grasflanken, zuletzt ersteigt man in gut gestuftem Steilgras das Briefenhörnli (2164m)
Hotel - Briefenhörnli: 1 1/4 Stunde
Drüben geht es deutlich einfacher hinunter zum Wannenpass (2069m), wo nochmal Abstiegsmöglichkeiten nach Norden und Süden bestünden.
Briefenhorn - Wannepass: 30 Minuten
Weiter geht’s in sanftem Auf und Ab über den Balmi in den Sattel (Pt. 2094) vor dem Tannhorn. Vom Balmi kommend läuft man auf dem Grat geradewegs auf eine felsige Stufe zu, die auf der linken Seite erklettert wird. Hier geht es reichlich steil bergab, und der Fels ist ziemlich brüchig. Das Seil, das hier hängt, ist kein Seil, sondern ein Schnürl, das allenfalls eine psychologische Hilfe in dem ausgesetzten Gelände ist. Verlassen sollte man sich darauf keinesfalls, im Ernstfall reißt es vermutlich oder es bricht eine Halterung mitsamt dem Fels, in der sie befestigt ist, aus der Wand. Trotzdem nicht auspsychen: Das Wandl ist einfacher zu ersteigen, als es aussieht. Danach folgt ein 40, 50 cm breiter Grat, der zum Gipfel hin ansteigt und nach beiden Seiten senkrecht abfällt. Dieser wird zum Gipfel hin immer steiler. Am Ende geht es auf Tritten im Steilgras bergan, dann hat man die schwierigste Passage hinter sich, und steht auf dem Tannhorn (2221m).
Wer mag, kann sich die Schlüsselstelle am Tannhorn in diesem Youtube-Video mal ansehen. Es vermittelt einen guten Eindruck davon.
Wannepass - Tannhorn: 3/4 Stunde
Der Abstieg vom Tannhorn ist bedeutend einfacher, aber abschnittsweise sehr steil. Auch wenn man jetzt die größte Schwierigkeit des Brienzer Grates hinter sich hat, ist Vorsicht geboten. Über eine kleine Zwischenerhebung geht es hinunter in den Sattel vor dem Allgäuhorn (Ällgäuwhoren). Hier gibt’s am Gipfel nochmal eine kurze Steilgraspassage, aber es sind dafür nur knapp 70 Höhenmeter zum Gipfel des Allgäuhorns (2047m)
Drüben steigt man über steiles Gras ca. 130 Hm hinunter in die Allgäulücke (Allgäuwlicka, 1918m). Auch dort könnte man wieder nach Norden oder Süden absteigen.
Tannhorn - Allgäulücke: 1 Stunde
Auf dem Grat geht’s nun weiter zum Schnierenhörnli. Dort gibt’s wieder steiles Gras, auch muss man nochmal in felsigem Gelände ein bisschen kraxeln. Wer das Tannhorn gemeistert hat, der muss sich darüber aber keine Gedanken mehr machen. Außerdem sind’s nur 150 Hm aus der Allgäulücke zum Schnierenhörnli (2070m).
Weiter geht’s zum Gummhorn. Auch hier braucht man nochmal die volle Konze, denn es geht über ziemlich steiles Gras ca. 150 Hm hinauf auf den 2040 Meter hohen Gipfel.
Allgäulücke - Gummhorn: 1 Stunde
Der nun anstehende Abschnitt zum niedrigen Blasenhubel (1965m) ist einfach, zudem geht’s meist bergab, hier kann man sich also ein wenig erholen.
Gummhorn - Blasenhubel: 30 Minuten
Auch nach dem Blasenhubel steigt man zunächst noch weiter ab, bis auf etwa 1865 Meter, dann folgt nochmal ein Anstieg von knapp 300 Metern, über das Wytlouwihorn (2106m) zum Augstmatthorn (2136m). Der Anstieg ist nicht schwierig (T4), aber er kostet Kraft, und mancher wird froh um die Seile sein, die über eine kurze Passage helfen.
Blasenhubel - Augstmatthorn - 1 Stunde
Am Augstmatthorn wird man vermutlich von einer großen Menschenmenge empfangen, und nicht jede(r) dürfte Lust haben, hier das eigentlich notwendige Päuschen einzulegen. Man muss aber auch nicht: Selbst wer stracks drüberläuft, hat nun kaum noch Anstregendes zu gewärtigen: Auf dem nun folgenden gut acht Kilometer langen Schlussabschnitt bis zum Harder Kulm sind insgesamt nicht mal mehr 100 Anstiegshöhenmeter zu bewältigen, alles andere ist ein langer – sehr langer – Abstieg.
Erste Station: Der Suggiturm (Suggiture, 2084m), eine Schulter im Südwestgrat des Augstmatthorns.
Augstmatthorn - Suggiture: 1/4 Stunde
Der markierte Wanderweg führt nun konsequent weiter bergab. Am Tritt (1860m) könnte man nochmal nach Süden absteigen.
Suggiture - Tritt: 1/4 Stunde
Zunächst wandert man noch auf der Gratschneide, dann, am Schönbüel zunächst rechts, später im Wald links des Grats, wenn Roteflue und Wannichnubel umgangen werden. Das Ganze zieht sich noch ordentlich, und man braucht eine Portion Geduld, bis man endlich am Harder Kulm (1322m) ankommt.
Tritt - Harder Kulm: 2 Stunden
Gesamtgehzeit bis hierher: 8,5 Stunden
Am Gasthaus Harder Kulm ist der Abstieg zum Bahnhof Interlaken-Ost mit 1:35 angegeben, ich bin das, mit ein bissl Gewalt, in einer 3/4-Stunde gegangen.
Das soll keine Angeberei sein, sondern eine Hilfe für diejenigen, die es eilig haben und dringend ihren Zug erwischen müssen. Man kann sicher noch schneller sein, dann müsste man aber rennen.
Zusammenfassung 2. Tag:
Strecke: 24km
Anstiegshöhenmeter: 1200m
Abstiegshöhenmeter: 2850m
Gesamtgehzeit: 9:15
Noch ein paar Anmerkungen:
Das Gehen am Grat ist oft einfacher als das Gehen in den Flanken. Eine der heikleren Stellen kommt gleich zu Beginn am Chruterepass. Da es morgens noch feucht ist (auch bei Sonne ist der Grat erst gegen 10 Uhr wirklich trocken), ist es hier ziemlich haarig. Wer an dieser Stelle schon auspsycht, sollte von der Tour lieber Abstand nehmen.
Insgesamt lässt sich sagen: Man hat ganz häufig den Effekt, dass man zunächst denkt 'wo soll es denn da hinaufgehen?', es sich dann aber als leichter herausstellt, als es aussah. Der Effekt nutzt sich zudem über die Zeit etwas ab. Den derzeit (2019) verfügbaren Youtube-Videos kann man auch nicht in jedem Fall trauen: Die einen waren überfordert, der andere hat sein Video so zusammengeschnippelt, dass die Chronologie durcheinandergeriet, und wieder andere filmen mit diesen unsäglichen Fischaugenlinsen, mit denen sogar die Mannheimer FuGäZo aussieht wie ein messerscharfer Grat. Nur dieses hier vermittelt einen guten Eindruck, finde ich. Deshalb: Traut Euch, auch über's Tannhorn. Das geht schon. Und das Erlebnis am Grat ist, wie gesagt, mit kaum etwas anderem zu vergleichen. Eine einzigartige Tour!
Hike partners:
Nik Brückner
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