Bar Offen 150m & Glück und Gefahr


Publiziert von rojosuiza , 5. Oktober 2022 um 14:00.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:22 September 2022
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 

D i e   B a r   i s t   o f f e n !
 
Das braucht man rojosuiza nicht zwei Mal zu sagen. Vor allem hier nicht. Er ist am Südrampenplänkeln wie schon so oft, auf dem Rückmarsch vom Bad im Brigerbad nach Naters.  Da steht das Schild vor ihm.
 
Hier oben gibt es ein einsames Gehöft. Es ist in wunderbarer Lage – bis auf die Tatsache natürlich, dass es keinen Zugang weit und breit gibt für die Heilige Kuh. Es gibt nur Wege, Fusswege, und wer hier heimisch werden will, muss gehen können.
 
Vor Jahr und Tag haben die Steinmauern, die den Garten stützen, beschlossen, langsam brockenweise auf den Weg darunter hinabzugleiten. Es muss einer eingreifen, bevor die ganze Pracht hinabgekullert ist. - Es greift jetzt einer ein, das Gut hat neue Besitzer.
 
150m! – Die Bar ist offen! – rojosuiza kann’s kaum glauben. Wo soll hier eine Bar sein? – Er sieht die Hühner in ihrem Gatter, daneben ein Kunststoff-Behälter, eine Tasse hängt am Stock. Ist sie das, die Bar? Schon will er hinzutreten und den Behälter öffnen, aber er besinnt sich. Doch weitergehen. Schaut nur! Was steht denn da? – Ein Häuschen, roh gezimmert. Was ist es? – Ist es denn doch wahr, es gibt tatsächlich eine Bar?
 
Es gibt Bar und Barmaid, wahr und wahrhaftig! – Sie preist ihre Waren an und rojosuiza entscheidet sich für einen Natursaft, von einem Hof in der Nähe. Die eigenen Bäume, warum liefern sie den Saft nicht? – Man hat in den letzten Jahren die Bewässerung vernachlässigt. Auf der südexponierten Flanke vertrocknet alles, auch ein Obstbaum. Dieser Saft, er ist entweder eingeflogen mit einem der seltenen Versorgungsflüge des Helikopters – oder er ist hochgetragen auf dem eigenen Rücken. 
 
Was eingekauft werden soll, muss nachher auf dem eigenen Rücken heraufgetragen werden auf den Berg – um schliesslich rojosuiza und andere Gäste zu erfreuen. Wie kommt man aus der Üsserschwiz hierher? – Was erwartet man in den nächsten Jahren? – Wieviel Volk kommt vorbei, und besucht die freundliche Bar? – Wann geht der Bahnhof Lalden denn wieder einmal auf? Etc., etc., etc., die Themenliste ist unerschöpflich.
 
Schon hat der Durstige seinen halben Liter Saft verschwinden lassen. Er ist an Leib und Seele gesättigt und hoppelt von dannen. In einem Jahr kommt er wieder, und schaut, was aus seiner neuen Bar geworden ist.
 
G l ü c k   u n d   G e f a h r
 
Nach Dutzenden von Gängen kennt der Tor den Weg immer noch nicht. Denn er weicht ab, folgt den Wegweisern nicht: schon klettert er gezwungenermassen über Stock und über Stein, übersteigt Zäune, bespricht die Weltlage mit der Schafherde, die in heisser Liebe zu ihm entbrennen will, findet schliesslich doch glücklich den richtigen Abstieg ins Untergeschoss. Er kommt am Bauern vorbei, mit dem einladenden Hof; derselbe, der vor Jahren den Wanderer missmutig von seinem Gehöft geschickt hat: Er lässt ihn hundert Meter umlaufen, im Widerspruch zu Brauch und Gebot. – Es ist immer schon so gewesen, sagt die neue Generation. Die alte aber weiss es besser…
 
rojosuiza steht vor der Kapelle, wo seine Eltern vor Jahr und Tag geheiratet haben. Es ist die Gnadenkapelle. Ohne diesen Ort der Gnade existierte der Bergheld nicht, das belegt wohl die Macht der Religion zur Genüge. –



Die Kapelle ist jahrelang abgeschlossen gewesen, aber jetzt ist sie offen: renoviert und ganz prachtvoll im Innern. Karg von aussen, prächtig von innen: richtig ein Beispiel für den eitlen Menschen. Ihre Umgebung ist weiter versteinert, verasfaltiert und verbetoniert. Aber im Innern herrscht selige Ruhe. Zwei Kerzlein werden angezündet, der Zeitenlauf wird überdacht: zwischen Trauung und dem Ende der Lebensgeschichte heute stehen siebzig Jahre.
 
Auf dem Hennebique-Kanal wird’s dann gefährlich, lässt die Gemeindeverwaltung von Bitsch wissen: nur noch auf eigene Verantwortung! – rojosuiza muss immer lächeln, wenn er so etwas liest. Wann, wann, liebe Gemeindeverwaltungen, geschähe etwas denn nicht auf eigene Verantwortung? –
 
Jäh erstirbt das Lachen. – Denn da ist plötzlich die Gefahr. Es ist ‚Darth Vader‘. Gleich dreifach nahen ‚Darth Vaders‘, hoch zu Mountain-bikes fliegen sie heran. Sie sind gekleidet ganz in Schwarz: schwarze Helme verhüllen die Köpfe, schwarze Rennbrillen verstecken die Augen – es ist eine furchtbare Drei-Einheit.
 
Gerade noch gelingt es rojosuiza wegzuspringen! – Keuchend kommt er im Graben wieder zu sich, nach einem heftigen Aufprall unten. Noch einmal gut gegangen, welches Glück! – Ja, Darth-Vader, drei Mann hoch, die Gemeindeverwaltung von Bitsch hat ganz recht: Benützung des Hennebique-Kanalpfades ist wirklich auf eigene Gefahr!

Tourengänger: rojosuiza


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