Wege zur Kultur - Kaffeekultur und Technik-Kultur
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Wenn man nun nicht mehr so viel kann; wenn einem nun mal nichts mehr einfällt; wenn man aber doch mal an einem spannenden Ort Cappuccino trinken möchte... Was muss einer da anstellen?
In Brig habe ich in der Furka-Strasse den Latte Macchiato von Caffè Sempione serviert bekommen. Der schmeckte gut. Caffè vom Simplon? Wächst denn da auf dem Kalten Pass solch köstlich Getränk? Oder kommt er aus Italien, der Caffè? Man liest den Unterleger und was steht darauf: der Simplon Kaffee kommt aus Termen.
Ich will immer Thermen schreiben, wohl wegen meiner Liebe zum Thermalwasser. Thermen hat Termen nicht, aber eine Kaffeerösterei hat es seit zwei Jahren schon...
Aus Brig herausgewandert ist leicht, kennt man doch jeden Stein. Das denkt man, aber ganz wahr ist es nicht. Man kommt am grossen Primarschulhaus vorbei, ein stattlicher Bau, und dahinter steigt eine Treppe immer weiter an. Ein paar Windungen macht die Strasse, aber im grossen ganzen ist die Richtung immer die nämliche: OstNordOst, direkt auf Termen zu. Bald ist man auf der Terrasse ob Brig und kann Brig/Naters gut überblicken. Eine Bank steht da, um alles gut anschauen zu können, gerade gut für die etwas angealterten Herrschaften. Die Strasse wird zum Strässchen, dann zum Pfad, zur landwirtschaftlichen Strasse; schliesslich kommt der Asphalt wieder, und wir sind in Termen. Die Kirche weist den Weg zum Zentrum, da steht auch die Schule, ein kleiner Laden; und auch ein Restaurant hat es einmal gegeben. Leider Geschäftsaufgabe vor einiger Zeit.
Was ist ein Dorf ohne Kaffeehaus? - Das darf es doch nicht geben, irgendwo muss der müde Wanderer einkehren können. Das sagten sich auch die braven Leute, die in der Mitte des Dorfes mit der Kaffeerösterei angefangen haben. Aber wie machen wir das mit dem Walliser Sparschwein?
Ein wunderschöner Neubau ist das Domizil. Er fügt sich prächtig in die Dorfmitte ein. Caffè Sempione hat gar Postautoanschluss - für Leute, die noch etwas älter sind als wir zwei Berghelden. An der Fassade steht von weitem zu lesen: Caffè Sempione. Doch leider, leider, das Kaffeehaus ist zu. Zur heftigen Enttäuschung von rojosuiza ist Mittagspause zwischen 11:30 und 13:30 Uhr. Warten also? - Bitte sehr: Warten! Die Gelegenheit, in diesem schönen Bau oder hinten auf der prächtigen Terrasse Kaffee zu trinken, will sich rojosuiza nicht entgehen lassen. Und natürlich wird schon einmal durchs Fenster gespäht: die Gross-Kaffeemaschine verspricht ebenfalls grosse Genüsse...
Ja, was hat es denn nun auf sich, dieses Walliser Sparschwein? - Man ist Kaffeeröster. Die Gemeinde verliert die Gaststätte. Man will gern einspringen, aber wer Kaffee servieren will, ist eine Gaststätte. Wer eine Gaststätte ist, braucht das Wirtepatent - das geht gepaart mit einer umfangreichen Ausbildung in allen Facetten des Wirtens - und viellecht braucht es sogar extra Personal. Also was schlägt die kluge Gemeinde Termen vor: Schenkt den Kaffee gratis aus. Stellt ein Sparschwein hin. Dann seid ihr keine Gaststätte, braucht es kein Patent, und die Leute bekommen zu trinken.
Hervorragende Idee, hervorragender Kaffee, hervorragende Lokalität. Sobald die Schulkinder schreiend und lärmend auftauchen, ist das Warten zu Ende und der Kaffeegenuss beginnt. Am Schluss wird brav das Sparschwein gefüttert - es ist wohlverdient.
Lebt der Mensch aber vom Kaffee allein? - Nein, denn nach diesem Kaffeegenuss geht es weiter, mehr oder weniger immer in die selbe Richtung, NordOst, den Wegweisern nach Bitsch und Mörel folgend. Bei Raft wird abgezweigt und es geht auf staubigem Weg den Wald hinuter nach Obers Matt. Der Bauer dort hat ein schönes Anwesen und schöne Tiere, aber er will es ganz für sich behalten und liebt Besucher gar nicht. Er kommt gerade daher, und weist uns weg. Er hat den alten, eigentlichen Weg mitten durch den Hof aufgehoben und aussen herum gelegt: Nennen wir es Un-Kultur! Freundlich ist das nicht, ein Eigenbrötler wohl, aber es soll die Freude am heiteren Tag nicht trüben.
Denn was wartet auf der anderen Seite, im Anschluss an die neue Verbauung um die Traukirche von rojosuizas Eltern, die Hohflue-Kapelle? - Es folgt das langsame Rückwandern nach Bitsch, wozu man sich am besten auf ein verborgenes Monument hinauf begeben kann, nein, muss! Das Monument ist begehbar und führt bis ganz nach Bitsch hinein. Es ist die uralte, betonierte Leitung, die das Wasser der Rhone früher zum Kraftwerk Massa brachte. Der Hennebique-Kanal stammt aus dem Jahr 1899, der Zeit des Simplon-Tunnel-Baus. Hier wandert man regelrecht auf der Historie.
So kommen Kaffeekultur und Technik-Kultur in dieser wunderbaren Wanderung zusammen und machen rojosuiza und seinen Lebensgefährten zu (noch) kulturvolleren Menschen...
Tourengänger:
rojosuiza

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