Mit dem Kopf durch die Blaubeeren, oder: weitere Erkundungen im Bühlertal-Granit


Publiziert von Schubi , 11. Juli 2022 um 13:33.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum: 3 Juli 2022
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 523 m
Abstieg: 523 m
Strecke:9,8 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Wanderparkplatz Gertelbach-Wasserfälle
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.

In Fortsetzung *dieser und *jener Unternehmung sowie in Motto-Anlehnung an *dieses Töurle ging es mal wieder ins Bühlertal. Diesmal auf die Südseite des hinteren Tals, das von Wiedenbach und Gertelbach durchflossen wird.

Ganz so geschmeidig wie der Gertelbach sind wir zwar nicht über den Granit gehüpft – aber die Freude von Art van Dammes All The Things You Are trifft als Soundtrack die Tour ganz gut.


Mehrmals waren wir in dieser Ecke schon unterwegs. Jedoch, in den Südhängen oberhalb der romantisch-bekannt-beliebten Gertelbachfälle zeigt mir die Topo-Karte weiteres erkundbares Felsiges auf. Start beim Wanderparkplatz Gertelbach-Wasserfälle. Kurz auf dem Asphaltweg südöstlich, dann rechts einen nicht oft benutzten Forstweg herauf. Er führt uns nah an den Fuß eines ersten felsigen Terains im Gewann Sickenwald. Und tatsächlich schimmert dort angekommen Granit durchs Gehülz oberhalb. Also wacker herauf. Die erste Felskanzel ist leider zu senkrecht, wir steigen seitlich und von hinten hoch. Ähnlich beim zweiten Trumm, da durch die links angrenzende Rinne herauf. Bergseitig geht's dann bissel sportlicher herab. Oberhalb nahebei eine dritte Formation, geformt als eine Art Doppel-Rippe. Beide Rippen sind arg bemoost, aber wir finden einen abwechslungsreichen Durchstieg auf der rechten (alles I-II).

Bald danach ist der nächste, querlaufenden Forstweg erreicht. Er und der nächst-höhere westlich bringen uns heran an die Ostflanke des Sickenwalder Horns. Das ist ein Aussichtsfelsen am Ende eines schmalen Kamms, der in Reihe noch von weiteren Felsgruppen bestanden wird. Der talseitig letzte Fels ist als „Sickenwalder Horn“ auch per Pfad von der Westseite bequemer zugänglich. Wir jedoch machen uns das Leben gerne schwer und wollen das Horn durch seine Ostflanke erkraxeln. Also vom Forstweg links ab in die Botanik und durch so einige Felsen und Blöcke gestiegen, grob gesagt halt „sinnvoll nach oben“. Im Gegensatz zu den Partien von vorhin sind Kraxeleien und Alternativrouten nun zahlreicher, da die Verwitterung die Felsen hier mit Absätzen und Bändern stufiger gemacht hat. Die Vegetation tritt zurück und ich finde ein moosgepolstertes Veschper-Felsle mit Rheinebenen-Blick für uns. Wun-der-bar. Frisch gestärkt kraxeln wir zwei Absätze höher (paar kurze II-er-Stellen). Wie überall in dieser Ecke besteht der Fels aus rauhem Bühlertal-Granit, hier oben liegt er überwiegend in (zuletzt) stark gerundeter Wollsack-Verwitterung. Wie sich gleich herausstellen wird, sind wir schon kurz unterhalb des „Gipfels“. Reichlich reife Blaubeeren finden wir hier – sie sind als Desert herzlich willkommen! Jetzt noch entlang der nord-gerichteten, gut gestuften Nase die letzten Meter ganz aufs Sickenwalder Horn (750 m) herauf. Oben gibt es die übliche Aussichtsfelsen-Infrastruktur aus Geländer, Bänkle und Felsentreppe. Und natürlich eine schöne Aussicht.
 
Der hier endende Wanderpfad bringt uns planmässig auf der Westseite des Felsens weiter, wieder in den Wald hinein. Auf der Topo-Karte habe ich mir Stellen markiert, die kurz hinter dem Horn ggf. auch noch lohnende Kraxeleien böten. Und tatsächlich winken durch die Bäume noch zwei, drei Felsgruppen, die wohl früher mal einen durchgehenden Grat gebildet haben dürften. Soweit ich mich erinnere, steigen wir die Zweite hoch (Ab- wie Aufstieg, II).

Den Pfad wieder gefunden und auf ihm bis zur nächsten Wegkreuzung, hier geradeaus rüber. Nicht lange danach links herein zur nächsten Felserkundung. Laut Karte liegen hier die westlichen Felsgruppen der Rossfelsen. Erneut schimmern die Felsen schon durch die Bäume hindurch, sehr gut. Wir folgen soweit möglich wieder einer logischen Linie nach oben auf sie rauf. Rechts unter uns tut sich nun ein großes Halbrund auf. Das dürfte nicht natürlich entstanden sein und ich vermute, hier war mal ein Steinbruch. Einmal geht es bis an die Abbruchkante heran, mit gut Luft unterm Hintern überkraxeln wir eine kleine Nase. Die höchste Stelle ist kurz danach erreicht (I-II) und wir machen uns südwärts auf die Suche nach weiteren Abenteuern. An einer nahen Felsformation leuchtet der Hohlraum im Schnittpunkt dreier runder Blöcke ... hmmm, da wird doch nicht ein Schatz versteckt sein?!? Aber nein ... beim näherem Blick entpuppt sich der Schatz als schnöder Klemmblock :-/ An der östliche Seite dieser Gruppe dann erneut eine schöne, Kraxelpartie (I-II), diesmal mit Fichtennadel-Massage. Oben auf die andere Seite rüber und dort im Abstieg nach der ersten Stufe etwas ratlos: auf Reibung absteigen klappt nicht, Hosenboden-Rutschen oder Springen aber schon. Südlich weiter, nach einer Senke im Waldgelände kündigt sich schon die nächste, nicht allzu hohe Granitformation an. Sie umgehen wir rechts, um gleich dahinter etwas höher getürmte Felsen zu entdecken: Waldgras, Erdrinnen, Blöcke, Blaubeeren, schon sind wir droben. Westlich tut sich ein schöner Blick durch die Bäume zur Rheinebene auf. Und rechterhand entdecken wir, dass mit etwas Abstand sogar noch ein zweiter „einfacher“ Granitturm folgt. Aber schöne Blicke laden immer zur Veschper, also setzten wir uns auf ein moosgepolstertes Granit-Ei und verschnaufen. Eine weitere schöne Entdeckung hier ist eine kleine Fichte, die einen nur wenige Millimeter tiefen Riss auf der Oberseite eines Blocks als ihren Place to Be erkoren hat. Erstaunlich, dass ihr offenbar die wenigen dort hereingespülten Nährstoffe für ein (wenn auch kümmerliches) Wachstum ausreichen! Nun also noch auf den nächsten Turm, auch auf ihm ist man fix droben.
 
Das war’s soweit mit den „westlichen Rossfelsen“, nordöstlich herunter und einen Forstweg gefunden, auf diesem ein Stück östlich. In der ersten Rechtskurve wieder ab vom Weg und runter ins Unterholz, hier machen wir uns auf die Suche nach den „östlichen Rossfelsen“ (P. 822). Linkerhand sieht man durch die Bäume einen Zaun, er wird wohl ein nahes (aktives?) Steinbruch-Areal begrenzen. Rechterhand entdecken wir eine schöne, senkrecht verwitterte Felswand – sie ist leider nicht kraxelbar. Nah südlich eine größere Felsnase, die wir auf der Oberseite überschreiten und bald danach noch eine Felsformation entdecken, die sich weit talwärts herausschiebt. Wir gehen von oben drauf, meinen auch Trittspuren zu sehen und finden vorne eine schöne offene Stelle mit Talblick zur Gertelbachschlucht! Wieder zurück und bald auch nahebei südlich den Forstweg gefunden, der uns auf unsere Runde weiterbringen wird. Wir passieren das Haus Nickersberg (ein Gruppenunterkunfts-Haus) und gehen in zwei Bögen östlich. An der nächsten Wegkreuzung nun trennen wir uns bis zum Wiedenfelsen: dorthin stiefelt die Ameliebste direkt, während ich noch eine Erkundungs-Schleife zu einer weiteren (namenlosen) Felsgruppe, nah oberhalb östlich machen will. Sie entpuppt sich von links unten kommend als nicht so leicht eroberbar. Ich versuche eine Durchstieg auf Bändern und Absätzen unter dem linken/nördlichen Hauptfelsen, gerate aber in eine Sackgasse. Also die nächstmögliche Stelle zurück etwas abgestiegen, durchs Unterholz dem Felssockel östlich gefolgt und dort eine gute machbaren Aufstieg durch zwei Rinnen zum rechten, südöstlichen Hauptfelsen gefunden. Das letzte Stück Gipfelaufbau erreiche ich, in dem ich an seiner Nordwestseite entlang bis zu seiner moderateren Rückseite gelange und dort dann über Blöcke nach vorn auf die höchste Stelle kraxle (dort auch ein uralter Grenzstein). Bis auf den Motorrad-Lärm von der nahen Schwarzwald-Hochstraße eigentlich ein schönes Plätzchen ... Passenderweise ist auch hier wieder ein Forstweg bergseitig nahebei. Er bringt mich, vorbei an weiteren Felsgebilden, nördlich runter zum Etappenziel Wiedenfelsen, an dem Amelie schon auf mich wartet. Er ist ein beliebter Aussichtsfelsen und seine talseitige Nase mit Geländer Fels-Treppchen sicher und bequem zugänglich gemacht. Hier kamen wir auch bei unserer ersten *gemeinsamen Tour mit Nik und der Waldelfe vor drei Jahren vorbei und so wie damals komplettieren wir nun die Rundtour mit einem Abstieg durch die Gertalbachschlucht und ihren Wasserfällen, sie schließt sich nahe westlich unterhalb an.
 
Ein Wurzel-Pfad bringt uns zum Bachlauf und begleitet nun den mal wild, mal munter rauschenden Gertelbach in einer wirklich gelungen Pfadführung nah am Wasser: es geht herab über viele, viele Felstreppchen, Granitblöcke, und auch so einige Holzbrücken. Eine Märchenwald-Stimmung wie man sie sich nicht schöner ausdenken könnte, ein Genuss für Auge und Ohren und ein wirkliches Highlight im Schwarzwald. Klar ist man hier nicht alleine unterwegs, aber auch an einem sonnigen Sonntag drängelt es sich nirgends, denn die walddunkle Schlucht ist gut einen Kilometer lang. Im oberen Teil ist sie am steilsten, dort gibt es einige Wasserfällen zu bestaunen. Weiter abwärts springt der Bach dann über unzählige kleinere Granit-Stufen und mäandert auch mal breiter durch die Blöcke. Am Ausgang der Schlucht steht ein Pavillon und ein älteres Gebäude: wir gehen rechts dran vorbei, weiter dem Gertelbach folgend, der sich bald danach mit dem Wiedenbach vereint. Der Pfad schwenkt hier nach links/Westen und bringt uns im leichten Auf und Ab oberhalb des Bachs und weiterhin felsig-wurzelig-rustikal (schönerweise auch schattig) zurück zum Wanderparkplatz.

Mit auf Tour: Amelie

Fazit: das begangene Terrain ist zwar nicht ganz so felsreich wie die Nordflanke des Tals, aber bot von Granit unterschiedlicher Kraxeleignung über sonnengewärmte Blaubeeren und ebensolche Moospolster bis hin zur Wasserfall- und Bächle-Flair alles, was unser Romanzen-Herz so begehrt. Schön war's.

Eine Tour aus der Rubrik Unterholz-Preziosen

Tourengänger: Schubi


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