Schrattenflue Integral


Publiziert von Bergamotte , 15. Januar 2022 um 15:50.

Region: Welt » Schweiz » Luzern
Tour Datum:14 Januar 2022
Ski Schwierigkeit: ZS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: Schrattenflue-Gruppe   CH-LU 
Zeitbedarf: 6:15
Aufstieg: 2200 m
Abstieg: 2200 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Flühli LU, Torbach bzw. Parkplatz beim Skilift
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Sörenberg, Hirsegg
Kartennummer:245S

Die Überschreitung der gesamten Schrattenflue zählt im Sommer zu den Klassikern für ausdauernde Alpinwanderer. Mit gewissen Anpassungen lässt sich das langgezogene Karstmassiv auch im Winter mit Ski begehen. Diese Idee plagt mich seit Jahren. Einmal fehlte die Form, ein anderes Mal die Lust, aber meist lag's an den Verhältnissen. Denn Herzensprojekte möchte man nicht durch zweifelhafte Bedingungen versauen (Schnee, Wetter, Lawinen). Heute gab's diesbezüglich wenig Grund zu Klage.

Bewusst entschied ich mich für die Leichtvariante ohne alpinistische Einlagen, sprich Höhenmeter bolzen statt Grate begehen. An Zusatzmaterial hatte ich bloss den Leichtpickel dabei - und am Strick prompt gebraucht. Ist man Portagen und leichten Klettereinlagen nicht abgeneigt, empfiehlt sich vorab der direkte Übergang vom Strick zum Heftiboden. Das spart gegen 500Hm. Gratorientierte Begehungen findet man hier und da.


Der Start erfolgt im Halbdunkeln um 7:15 vom Parkplatz beim Skilift in Hinter Thorbach (918m). Eine Schneekanone dröhnt, sonst herrscht Einsamkeit. Über die rote Piste (Westseite) steige ich zur Bergstation auf. Wer Schlepphilfe wünscht, lege die Tour aufs Wochenende. Aber der Nordaufstieg zum Strick wird ohnehin nur selten gemacht und benötigt sichere Verhältnisse. Weiter geht's über die Alpstrasse ins Ämmetal, der alten Spur eines Solisten folgend. Bei Ankunft auf dem Nordrücken des Tälle erstmal leer schlucken: die Unterlage ist ein regelrechts Desaster, total abgeblasen hier, eingeblasen da, pickelhart dort. Auf der Ober Gummenegg (1750m) lacht das Herz wieder und die Sonne strahlt mir ins Gesicht. Kurzer Übergang zur Lücke im Felsriegel (45° auf 40Hm). Gemäss Führer ist die Begehung bei Trittschnee gutmütig. Heute finde ich ein heikles Gemisch aus Fels, Schnee und Eis vor und bin heilfroh um den Leichtpickel. Etwas später als geplant stehe ich nach gut zwei Stunden auf dem Strick (1946m) und blicke übers gesamte Riff der Schrattenflue. 

Der direkte Weiterweg über den Grat zum Heftiboden wäre in dieser Situation natürlich verlockend... Stattdessen Abfahrt über die Normalroute, sprich den Ostrücken. Oben etwas rau und eng weitet sich das Gelände rasch und zwei Hänge bieten Abfahrtsfreuden. Sie werden unterbrochen durch eine kurze, aber ruppige Steilwaldpassage. Eine gewisse Vorsicht in der Orientierung ist hier angebracht, wenn man (wie ich) nicht über diese Seite aufgestiegen ist. Vorbei an der Alphütte von Under Gumme (1448m) und es heisst wieder anfellen. Hier überkommt mich ein kleineres Motivationstief: streckenmässig bin ich noch nirgends, die Hitze drückt, die Tagesform mässig und bei den Getränken habe ich sportlich kalkuliert. Über die Alpstrasse quere ich zur Hächle-Normalroute und folge ihr bis zum Skigipfel, das sind weitere 600 Höhenmeter. Der Übergang zum Hauptgipfel des Hächle (2091m) lässt sich heute zu Fuss problemlos bewerkstelligen. 

Das Problem mit der Hitze hat sich - Bise sei Dank - mittlerweile gelöst und plötzlich erscheint das Restprogramm wie ein Klacks. Tatsächlich erweisen sich die Übergänge zu den restlichen zwei Gipfeln als effiziente Angelegenheit. Abfahrt über den Gipfelhang, um bei erstbester Gelegenheit südwärts zu halten. Fahrend und leicht stöckelnd traversiere ich unterhalb der Hächle-Wand entlang und schaffe es so fast bis ins Heideloch und damit zur offiziellen Hengst-Nordroute (zurzeit nicht angespurt). Von hier ist sowohl der Schlussaufschwung wie auch der Gipfel des Hengst (2092m) in Windeseile erreicht. Und windig ist es auch oben.

Die Felle lasse ich gleich dran und mache mich an die Fortsetzung nach Süden im Bereich des unteren Sommerwegs. Das ist landschaftlich äusserst reizvoll im typischen coupierten Schrattenflue-Gelände. Vorbei am Mattestall kann ich zuletzt durch einen Einschnitt harmlos in den Schibengütsch-Kessel abrutschen, wo ich wie zuvor am Hengst auf andere Tourengänger treffe. Eine steil angelegte Spur bringt mich in einer Viertelstunde zum Gipfel des Schibengütsch (2037m). Etwas sichere Verhältnisse sind bei einer anhaltenden Neigung von 35° auch hier vonnöten. Das Panorama darf ich alleine geniessen: sei's auf den Hohgant oder den Brienzergrat. Aber mein Blick gilt vorab der soeben überschrittenen Schrattenflue. Zufriedenheit macht sich breit; schön hat das endlich geklappt!

Im Gipfelhang findet sich noch Presspulver. Rund um die Chlushütte (1773m) wäre dringend eine Ladung Neuschnee nötig. Dies gilt auch für den stark abgeblasenen Böli; so lasse ich den angedachten Abstecher bleiben. Die Abfahrt über sanft geneigtes Gelände bis zur Ober Ruchweid hingegen erweist sich dank schattiger Muldenlage als überaus pulvrig. Anschliessend dem Waldweg entlang zur Alp Schlund, wo ich in einem Moment der Unaufmerksamkeit den Spuren südwärts Richtung Salwideli folge. Recht schnell bemerke ich den Irrtum, doch der stöckelnde Umweg via Ruchweid kostet schliesslich doch eine Viertelstunde. Zurück auf dem Rücken der Stächelegg folge ich der Normalroute runter ins Tal zur Hirsegg. Eine defensive Fahrweise ist zurzeit angebracht angesichts fehlender Unterlage. Doch das Weidegelände verzeiht einiges. Bei der Bushaltestelle mache ich's mir gemütlich und geniesse ein letztes Mal für heute die pralle Sonne. Ist denn schon Frühling!?


Zeiten (kum)
2:05  Strick
3:45  Hächle
4:35  Hengst
5:25  Schibengütsch
6:15  Hirsegg

Tourengänger: Bergamotte
Communities: Skitouren


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