Alpstein: Chamm uuf – Tierwis abe
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Jugenderinnerung: Als Stadt St.Galler musste ich das Knottergässchen (Holztreppe vom Kino „REX“ zum Kinderfestplatz) nur bis zur Redingstrasse hinaufsteigen, um den Berg zu sehen. Das sei der Säntis, hiess es. „Dort will ich hin, wenn ich einmal gross bin.“ Na ja. Gross bin ich (und wie!) und einige Male auf dem Säntis gestanden auch. Aber der Wunsch, von der Schwägalp durch die Nordwand auf den Säntis zu kommen, habe ich mir in Raten erfüllt: Windenpass, Tierwis (in Uniform im Urlaub vor 40 Jahren), die Zahme Gocht und die Nasenlöcher unlängst in Begleitung (Führung) meiner Frau.
Es fehlte mir nur noch die Chammroute: Und die habe ich heute gemacht. 50 Jahre später. Im Tessin Regen - in der Ostschweiz Föhn: Typische Staulage. Dazu dichter Nebel. Die Webcam vom Säntisgipfel zeigt strahlende Sonne über dem Wolkenmeer. Also nichts wie hin. Warme Kleider nicht vergessen. Lunch: Menü 1, Dessert heute Baslerleckerli und zwei Pfirsiche. Tee. Und los zur Schwägalp. Gebührenfreier Parkplatz bei der Talstation.
Wie ich mich bei Hikr-Kollegen informiert habe, scheint der Aufstieg eine happige Sache zu sein. Und vorwegzunehmen: Sie haben allesamt Recht. Von allen fünf mir bekannten Hauptrouten in der Nordwand des Säntis ist diese eindeutig die heikelste.
Vom Parkplatz der Talstation spaziere ich wie die Touris gegen Nordosten los. Dieselbigen staunen nicht schlecht, als ich den im Hang gut sichtbaren steilen Zick-Zack-Weg direkt zum Punkt 1577 der Chammhalden einschlage. Innert einer halben Stunde stehe ich beim Einstieg der Route. Obwohl ich hier die Kantonsgrenze von Ausserrhoden nach Innerrhoden passiere, muss ich ausnahmsweise den Pass nicht zeigen. Wahrscheinlich wegen dem Schengen-Abkommen.
Es beginnt recht harmlos mit Steinpassagen und Wiesenweglein. Das Spezielle daran ist nur der Geländewinkel, welcher bei geschätzten 45° liegt. Die Stöcke habe ich in den Rucksack gesteckt. Selbst zusammengelegte Teleskop-Stöcke wären zu lang. Bequem lässt sich das Terrain auf Schulterhöhe halten. Als zusätzlicher Vierrad-Antrieb oder ganz einfach zum Balancieren und Sicherheit erheischen. Das Weglein ist recht ausgeprägt und die Felsklettereien (II) sind blass-orange gekennzeichnet. Statt Steinmännchen sind die abgewetzten Steine sichere Wegzeichen. Kein offizieller Wanderweg! Sehr abwechslungsreich gewinne ich an Höhe - weg von der Chammhalde, welche weiter unten langsam verschwindet.
Plötzlich sehe ich horizontal gegen Südwesten, entlang der imposanten Felswand, die Tierwis-Hütte, 2085m, auf gleicher Höhe und freue mich, dass es gar nicht so übel gewesen sei. Zum Hüenerbergsattel, 2325m, hinauf sind ja nur noch etwas mehr wie 250 Meterchen. Aufatmen.
Zu früh! Denn jetzt beginnen die heiklen Passagen. Das mit den vertikalen Wiesenweglein bleibt die einzige Konstante. Dazwischen sind eine sehr ausgesetzte Traverse nach rechts (Neuer Sicherungshaken) auf einen Couloir-Boden und gleich anschliessend eine knifflige Kletterei, nicht schwierig aber glitschig. Weiter mit weniger technischen Schwierigkeiten. Der Neuschnee gibt mir jedoch zu schaffen. Welche Wohltat, als sich das Gelände etwas zurücklegt, die Sonne hinter dem Girenspitz hervorlugt und der Hüenerberg-Sattel, 2325m, zu einem Halt einlädt.
Unglaublich hier die Aussicht auf die zwei weiteren Hauptketten des Alpsteins und dahinter der ganze Alpenkranz weit ins Österreichische hinein. Was? Schon drei Stunden vergangen! Hol‘s der Teufel, dass der Magen knurrt. Die Dohlen sind überfüttert von den Touris. Sie mögen mein Faustbrot nicht. Also esse ich es ohne sie. Teilen hätte mir mehr Spass gemacht…
Etwa fünfzig Meter steige ich hinunter zum „offiziellen“ Weg, der von Messmer und Schäfler her zum Säntis führen. Statt dem „Blauen Schnee“, welcher quasi verschwunden ist, überquere ich durchfurchte Karrenfelder und steige über die gesicherte Aufstiegsroute zum Einstieg der „Himmelsleiter“ hinauf (letztes Stück zum Hauptgipfel). Prinzipiell besteige ich nie einen Berg, welcher ich mit einer Bahn erreichen könnte. Snob lasse ich somit den Touris-Tempel links liegen und starte direkt durch zum Abstieg zur Tierwis.
Imposante Kalk-Karren-Formationen, eine total entrückte Welt öffnet sich. Geschickt schlängelt sich der Weg durch surrealistische Gebilde. Zuerst zur Mittelstation der Säntisbahn: Über Treppen erreichbares Wartehäuschen in luftiger Höhe mit Möglichkeit, die Bahn zum Zwischenhalt zu bewegen. Ein Berggänger mit einem riesigen Stativ auf dem Rücken zielt auf diese Einsteigmöglichkeit zu. Wir kreuzen uns. „Bist Du nicht Andreas?“ – „Du bist doch Jost!“ Wir haben uns seit 30 Jahren nicht mehr gesehen. Aus den Augen verloren. Wer weiss…
Nun ist es nicht mehr weit zum Berggasthaus Tierwis. Entlang immensen Kalksteinwänden, Gräben, Kluften, Rissen führt der Weg einen Längsriss entlang, kurzer Anstieg, um die Ecke herum und da steht es in der Tiefe, mit dem Tal mittels Waren-Transportbahn verbunden. Neu renoviert mit fröhlichen Mustern an den Läden. Vorhängli in der Dependance. Ab diesem Jahr wirtet die Familie Schoop. (www.tierwis.ch). Neuer Wind in alten Wänden.
Welch herzlichen Empfang. Welch heimelige Atmosphäre! Kaffee, Cola und Nuss-Stengeli. Das nächste Mal plane ich hier das Mittagessen. Wegen dem tollen, neuen Speiseangebot! Die Familie war letzthin im Fernsehen zu sehen. Das soll für die Kinder ein Gaudi gewesen sein. Ihr Schulweg wurde aufgezeichnet und ausgestrahlt. Und sie als Hauptdarsteller. Mit Papi: Bergführer – Wirt – Berufsmann.
Ungern verlasse ich den mir liebgewonnen Ort. Achtung: Die Türe ist ziemlich niedrig. Letzthin soll die Wirtin recht erschrocken sein, einen Mann ohne Kopf in der Türe stehen zu sehen. Nur optische Täuschung. Er hatte ein Übermass! Die Türe ging ihm nur bis zum Hals.
Der Abstieg ist nicht schwierig (T3), aber man muss ihn vorsichtig angehen. Es gibt zwei Sorten Steine: Die einen sind rau und halten ausgezeichnet, die andern sollte man ausschliesslich auf Druck belasten. Einige Ketten und Kunstbauten helfen auch über die heikelste Passage: Die Musfalle (Mäusefalle) und der berüchtigte Musfalle-Chopf.
„Möchten Sie Schokolade?“ Plauderstunde. Drei sympathische Studis aus Konstanz geniessen den abendlichen Ausblick auf die Schwägalp und den furchterregenden auf die Musfalle. Psychologische Angewöhnung nennt man dies. „Ich wäre ja so gerne noch geblieben, aber der Wagen der rollt…“. .es sind Silberdisteln und dies Skabiosen…die Vögel haben hier viel Futter – sehen sie….schwerer Abschied.
„Möchten Sie Schokolade?“ Plauderstunde. Drei sympathische Studis aus Konstanz geniessen den abendlichen Ausblick auf die Schwägalp und den furchterregenden auf die Musfalle. Psychologische Angewöhnung nennt man dies. „Ich wäre ja so gerne noch geblieben, aber der Wagen der rollt…“. .es sind Silberdisteln und dies Skabiosen…die Vögel haben hier viel Futter – sehen sie….schwerer Abschied.
Unterhalb folge ich dem Talweg über den begrasten Schuttkegel, welcher mich direkt zum Parkplatz bringt.
Ein letzter Blick zurück zur Aufstiegsroute über den Chamm. Unglaublich: Welch elegante Wegführung!
Helm zu empfehlen: Steinschlaggefahr durch andere Berggänger erheblich
Helm zu empfehlen: Steinschlaggefahr durch andere Berggänger erheblich
Tourengänger:
Seeger

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