Drei Burgen und drei Felsen im Elsass


Publiziert von Nik Brückner , 10. November 2021 um 15:48. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Frankreich » Vogesen
Tour Datum:18 Oktober 2020
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Zeitbedarf: 4:00
Aufstieg: 500 m
Abstieg: 500 m
Strecke:15 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auf der A35 nach Scherwiller, und im Ort auf der Rue de l'Ortenbourg/D35 nach Westen hinaus. In einer Linkskurve geradeaus zur Huehnelmuehle.

Das Château de Ramstein und das Château de l’Ortenbourg hatten wir 2019 schon einmal besucht, und die Gegend hatte uns bei dem damaligen kurzen Töürl gut gefallen. Ein Jahr später wollten wir hierher zurückkehren, und uns die Hügel und die Berge, vor allem aber die Felsen und Burgruinen rund um den Dachfirst genauer anzusehen. Und so ging's auch 2020 wieder zum Parkplatz an der Huehnelmuehle. Mit dabei: "Dwellers of the Deep" von Wobbler.


Vom Parkplatz an der Huehnelmuehle (201m) aus wanderten wir nicht direkt zu den zwei Burgen hinauf, sondern hielten uns zunächst nordöstlich. In diese Richtung führt ein breiter Weg, zwischen den beiden Burgen links und den Schlossberg rechts. Kurz bevor man die Weinberge von Scherwiller erreicht, zwackt dann ein schmaler, zunächst recht unscheinbarer Pfad links in den Wald hinauf. Nach etwa 100 Metern trifft er an einer T-Kreuzung auf einen Querweg, dem wir nun nach links folgten. Sinn dieses etwas umständlichen Aufstiegs: ein schöner Aussichtspunkt auf halbem Weg zum Château de Ramstein. Von diesem Belvedere aus ist die Burgruine Ramstein (384m) dann nicht mehr zu verfehlen.

Das Château de Ramstein steht auf einem 384 Meter hohen Felsen 300 Meter, südwestlich der höher gelegenen Ortenbourg. Otto III. von Ochsenstein, Landvogt des Unterelsass, hat die Burg 1293 zum Zweck der Belagerung der Ortenbourg errichten lassen. Der Hintergrund war dieser: 1280 hatte König Rudolf von Habsburg die Vogtei über diese habsburgische Besitzung an die Ochsensteiner übertragen. Nach Rudolfs Tod 1291 fiel die Ortenbourg an Adolf von Nassau, 1293 erhielt Rudolfs Sohn, Graf Albrecht I von Habsburg, die Ortenbourg zurück. Wenig später belagerten die Ochsensteiner die Burg, und  ließen zu diesem Zweck Ramstein als befestigten Stützpunkt errichten. Warum, ist nicht ganz klar, möglicherweise hatte Otto III. von Ochsenstein im Thronstreit die Seiten gewechselt und verfolgte nun neue machtpolitische Interessen.

Im Zuge seiner Absetzung als König musste Adolf von Nassau Ramstein 1298 seinem Nachfolger Albrecht von Habsburg abtreten, der die Burg dann 1307 als Lehen an die Familie von Reichenberg gab. Spätere Lehnsnehmer waren die Zorn von Bulach (1361) und die Familie von Uttenheim (1422). Während des Dachsteiner Kriegs 1421 wurde Ramstein dann von Truppen der Stadt Straßburg belagert. Sie nahmen die Burg ein und zerstörten sie, die Anlage wurde aber gleich danach wieder aufgebaut.

Im Jahr 1470 wurde Ramstein noch einmal als Stützpunkt für eine Belagerung der Ortenbourg genutzt. Im Bauernkrieg wurde sie 1525 erneut beschädigt, im Dreißigjährigen Krieg dann von schwedischen Truppen endgültig zerstört.

Im 19. Jahrhundert gehörten beide Ruinen dann demselben Besitzer, dem Baron Mathieu de Favier. Heute gehören sie der Gemeinde Scherwiller. Ramstein wurde 1924 unter Denkmalschutz gestellt. Derzeit arbeitet ein lokaler Verein zusammen mit den Behörden an einem teilweisen Wiederaufbau. Das e
rinnerte uns ein wenig an den Verein Cun Ulmer Grün, der in den Nordvogesen das Château du Schœneck wiedererrichtet, der ist aber anders organisiert.


Viel ist von der ohnehin nicht besonders großen Anlage nicht erhalten. Eindrucksvoll sind vor allem die noch aufrecht stehenden Teile eines mächtigen Wohnturms, auf dem höchsten Burgfelsen. Von dem ehemals dreigeschossigen Turmpalas stehen heute noch die Nord- und Ostwand - teilweise, und gerade mal so. Denn auch dieser Rest ist einsturzgefährdet. 2020 sollen diese Bauteile aber gesichert werden. An den erhaltenen Seiten des Turms sind noch die einzelnen Geschosse ablesbar, auch der Ansatz eines Kamins ist noch erkennbar.

Von der Unterburg sind noch einige spärliche Reste erhalten, die derzeit von Mitgliedern des Vereins teilweise wiederhergestellt werden. Teile der nördlichen Ringmauer sind zu sehen, eine Mauer, die das Gelände nach Süden abschloss, und einige Rundtürme sind zu erkennen. Sie stammen zum Teil aus dem 15. Jahrhundert, als die Burg noch einmal als Stützpunkt für eine Belagerung der Ortenbourg genutzt wurde. Damals entstand eine Zwingermauer aus Bruchsteinen mit mindestens vier halbrunden Schalentürmen, die zur Zeit vom Gestrüpp befreit und in Augenschein genommen wird.


Für das Mauerwerk hat man Bruchsteine und Quader aus dem Granit des Untergrunds verwendet, vermutlich Material aus dem Halsgraben. Wie die Burg einst ausgesehen hat, zeigt eine Zeichnung von keinem geringeren als Hans Baldung gen. Grien aus dem Jahr 1514.


Wir verließen die Burg. Der Weiterweg führt hinüber in einen breiten Sattel, von dem aus ein schöner felsiger Weg den Hang hinauf zur Ortenbourg führt. Nach wenigen Minuten steht man vor hohen Granitmauern, dann muss man die Burg noch umrunden, um sie zu betreten. Dabei wandert man durch den eindrucksvollen Halsgraben, eine tiefe, schluchtartige Felslandschaft. Schließlich steht man vor dem Eingang der Ortenbourg (439m).

Das Château de l’Ortenbourg befindet sich etwa 300 Meter nordöstlich oberhalb der Burg Ramstein. Die weithin sichtbare Anlage thront in 440 Meter Höhe über dem Ausgang des Weiler- und des Lebertals.

Die Burg Ortenberg wurde 1166 erstmals urkundlich erwähnt, Rudolf von Habsburg hat sie aber später neu errichten lassen. 1265 muss die Burg bereits bewohnbar gewesen sein, jedenfalls hat Rudolf dort einen Brief geschrieben - und das hat er vermutlich nicht auf einer Baustelle getan. 1293 belagerte dann, wie wir gehört haben, Landvogt Otto III. von Ochsenstein die Ortenbourg von Ramstein aus.

1314 verkauften die Habsburger die Burg zusammen mit dem Ort Scherweiler an die Familie Müllenheim aus Straßburg. Im 15. Jahrhundert war die Ortenbourg dann Gegenstand vieler Streitigkeiten zwischen Ganerben, später war sie sogar als Raubritternest berüchtigt. Landvogt Peter von Hagenbach brachte die Ortenbourg dann 1470 in seinen Besitz, aber schon 1474 wurde sie von den Straßburgern zurückerobert. 1551 erwarb Nikolaus von Bollweiler die Burg, und besetzte sie mit einem Burgvogt. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie dann
von den Schweden zerstört.


Die vor 1265 errichtete Anlage gilt heute als Höhepunkt des gotischen Burgenbaus im Elsass. Auf einem Granitfelsen, der durch den tiefen Halsgraben vom Berghang abgetrennt ist, erhebt sich die beeindruckende Kernburg, von der heute vor allem die 18 Meter hohe Mauer und der unmittelbar dahinter 30 hoch aufragende, fünfeckige Bergfried ins Auge fallen.

Talseitig hinter diesen Schutzbauten befand sich ein zweigeschossiger Wohn- und Repräsentationsbau. Von diesem sind heute noch die Außenwände, teils mit frühgotischen Maßwerkfenstern zu sehen. Auch ein Kaminansatz ist erhalten.

Von der östlich und südlich vorgelagerten Vorburg sind nur die Umfassungsmauer und das äußere Burgtor erhalten. Aber eine schöne Aussicht hat man! Straßburg ist zu sehen, der Nordschwarzwald mit Battert und Hornisgrinde, das Bühlertal, und weiter im Süden der Kandel, der Feldberg und der Belchen.



Wir verließen die Ortenbourg, und stiegen wieder hinunter in den Halsgraben. An dessen Ende stiegen wir rechts hinauf auf den Bergrücken. Das Weglein bietet noch einmal eine herrliche Sicht auf die Ortenbourg. Weiter nördlich stößt es dann auf eine Route Forestière, die hier eine große Kurve um den Bergrücken macht. Wir folgten ihr auf der Westseite, verließen sie aber nach ca. 200 Metern, um auf einem Pfad nach rechts hinauf zu Pt. 475m zu steigen. Hier kann man eine kleine Schleife direkt auf dem Bergrücken drehen - und man sollte die auch nicht auslassen, denn es geht an einem sehr ungewöhnlichen Felsgebilde vorbei...

Direkt an dem ungewöhnlichen Fels geht es nun wieder hinunter zu einer Gabelung der Route Forestière. Wir nahmen hier den oberen Weg. Auch diesen verließen wir bald wieder, nach etwa 350 Metern, um rechts hinauf auf den Rittersberg (519m) zu steigen. Drüben ging's wieder hinunter zu einem breiten Waldweg, und auf diesem nach links zu einem breiten Sattel zwischen Rittersberg und Schild. Hier kommt von links der breite Weg, den wir kurz zuvor verlassen hatten. Auf ihm wandten wir uns nun nach halbrechts, nur um ihr sofort wieder zu verlassen, für einen weiteren breiten Weg, der nach rechts auf die Ostseite des Berges führt. Auch hier versprach uns unsere Wanderkarte noch einmal einen schönen Aussichtspunkt. Von hier aus biegt der breite Weg wieder nach links, und man landet am Kriegshurst, einer weiteren Wegkreuzung. Dort ist das Château du Bernstein angeschrieben, und wir wanderten auf weiterhin einigermaßen gleichbleibender Höhe hinüber zur Ruine Bernstein (562 m)

Das Château du Bernstein ist die Ruine einer mittelalterlichen Höhenburg. Der Name stammt vermutlich nicht von fossilem Harz, sondern geht auf das Wort "Bärenstein" zurück. Bernstein wurde um 1009 erstmals schriftlich erwähnt, und zählt damit zu den ältesten Burganlagen des Elsass.

Ursprünglich gehörte die Burg den Grafen von Egisheim-Dagsburg, Landgrafen im Unterelsass. Die erste urkundliche Erwähnung geht auf Hugo IV. von Egisheim zurück. Der muss ein ziemlicher Fuchs gewesen sein: Er unterstützte den römisch-deutschen Kaiser Heinrich II. gegen den Bischof von Metz. Seine Frau Heilwig von Dagsburg (was für ein wunderbarer Name!) aber war die Mutter von Papst Leo IX. (geboren als Bruno von Egisheim-Dagsburg). Also ließ er seine Frau auf Burg wohnen, um diese vor Angriffen des Bischofs zu bewahren. Kein schlechter Move!

Die ursprüngliche Anlage wurde vermutlich Ende des 12. Jahrhunderts von Philipp von Schwaben zerstört. als Graf Adalbert II. sich mit anderen gegen Philipp verbündet hatte. Dann wurde Burg Bernstein von den Grafen von Egisheim wieder aufgebaut. Die heute sichtbaren Mauern stammen also aus dem frühen 13. Jahrhundert.

1211 kam die Burg zunächst in den Besitz der Herzöge von Lothringen. Mit dem Tod Gertrude von Dagsburgs im Jahr 1225 entstanden aber Konflikte um den Besitz. Unterstützt vom Straßburger Bischof besetzte der hinterbliebene Ehemann Gertrudes, Graf Sigismund von Leiningen, die Burg. Aber der Bischof wechselte die Seiten und eroberte den Bernstein 1227. 1236 gelangte die Burg dann endgültlig in den Besitz des Bistums. Damals wurde sie Sitz einer bischöflichen Vogtei. 1374 residierte Lamprecht von Brunn, Bischof von Brixen, Speyer, Straßburg und Bamberg, auf der Burg.

1580 wurde die Vogtei vom Bernstein nach Benfeld verlegt. Danach war die Burg unbewohnt. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Anlage geplündert, während der französischen Revolution erneut zerstört. Heute steht Burg Bernstein unter Denkmalschutz.


Und es sind noch beachtliche Reste erhalten. Die Burg steht auf einem Granitfelsen am Osthang des Dachfirsts - so heißt der Berggipfel in der Nähe. Die Anlage besitzt zwei Teile: Eine Oberburg und eine Unterburg. In der Oberburg steht der noch etwa 16 Meter hohe, fünfeckige Bergfried. Die fünfeckige Form garantierte, dass an dieser schmalen Stirnseite der Anlage keine Schwachstelle entstand. Ein Verlies und ein Abort sind Teile dieses Turms. Unmittelbar daneben ist noch eine Zisterne zu erkennen. Auf dem Felsen gab es keinen Brunnen, es konnte nur Regenwasser aufgefangen werden, was im Falle einer Belagerung ein Problem darstellen konnte.

Daneben erhebt sich der zweigeschossige Palas. In der Südmauer sind neun Fenster und zwei Schießscharten erhalten, die nördliche Mauer dagegen ist weniger gut erhalten. Östlich schließt sich der
romanische Kapellenturm an, in dessen Obergeschoss sich die Burgkapelle befand. In der Nähe erhebt sich ein im 15. Jahrhundert errichteter Torturm. Auch hier sind mehrere Schießscharten erhalten, die einen guten Überblick über die Unterburg erlauben.

Den Übergang zur Unterburg bildet eine Barbakane. Die Unterburg selbst wurde auf dem östlichen Teil des Felsens errichtet und ist deutlich breiter als die Oberburg. Entlang ihrer Mauern standen früher weitere Gebäude, davon ist aber kaum noch etwas zu sehen. In der nordöstlichen Ecke der Unterburg stehen aber noch Reste eines Jagdhauses aus dem 19. Jahrhundert.

Auch außerhalb der eigentlichen Burganlage, unterhalb des Felsens, standen früher Gebäude. Dazu gehörte ein äußeres Burgtor und weitere Verteidigungsanlagen westlich davon.


Wir machten eine gemütliche Pause in der Burg, und uns dann wieder auf den Weg. Dieser führt im Zickzack den Dachfirst hinauf, umrundet den Gipfel aber südseitig (links). Auf der Westseite des Dachfirsts kann man dann einen kleinen Abstecher zum Rocher Bellevue (639 m) machen, von dem aus man - wie der Name schon sagt - eine schöne Aussicht hat.

Vor allem der Blick nach Süden und Südouesten ist schön: Zu sehen sind die Hohlandsbourg, der Hartmannswillerkopf, die Haut-Koenigsbourg, dahinter der Grand Ballon und der Petit Ballon. Im Westen erhebt sich der markante Climont, im Nordouesten schließlich die Hochebene des Champ du Feu.

Wieder zurück am Weg geht es nun kurz nach Norden, dann gleich am nächsten Abzweig links. Ein wunderbarer Weg führt nun den westlichsten von drei Bergrücken hinunter, die der Dachfirstgipfel nach Südwesten entsendet. Der Weg verläuft dabei fast immer konsequent über die Kante, und passiert dabei mehrere schöne Felsen, manche klein und unscheinbar, manche romantisch überwuchert, manche himmelhoch und spektakulär. Besonders eindrucksvoll ist der Hagelstein (591m), der eine tolle Aussicht ins Tal und hinunter zum Falkenstein bietet - der mit seiner hohen Südwand selbst den eindrucksvollsten Anblick bietet, und damit auch ein Dorado für Kletterer ist. Steil geht's hinunter, und wenige Minuten später steht man auch auf dem Falkenstein (550m, kurze Kraxelei am Gipfel), wo man von oben in eine schwindelerregende Tiefe blicken kann. Oder in den Magnesiabeutel eines Kletterers.

Von hier aus blieben wir konsequent am Bergrücken, und wanderten weiter nach Südwesten hinunter. Dabei passierten wir noch manchen schönen Felsen, so spektakulär wie am Hagelstein und am Falkenstein wurde es aber nicht mehr. Am Ende ging's kurz durch ein schönes Tal, dann standen wir aus der Route des Romains, einer alten Römerstraße. Auf dieser und auf der Route du Sel ging's dann zurück zur Huehnelmuehle (201m).


Fazit:

Wundervolle Tour in einer sehr schönen, von Wanderern (zu Unrecht) nicht so stark frequentierten Ecke des Elsass, die mit wilden Felsen, herrlichen Ausblicken und romantischen Burgruinen aufwartet. Unsere wärmste Empfehlung!

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


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