Gotischer Bourgenspaziergang im Elsass


Publiziert von Waldelfe , 28. August 2019 um 20:07. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Frankreich » Vogesen
Tour Datum:17 August 2019
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Zeitbedarf: 2:15
Aufstieg: 250 m
Abstieg: 250 m
Strecke:4,5km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zum Gasthaus Hühnelmühl über einen Abzweig von der D 35 zwischen Châtenois/Kestenholz und Schwerwiller.

Wieder einmal waren Nik und ich ein paar Tage im schönen Elsass. Bissl besichtigen, bissl Romantik, bissl wandern. Bissl romantisch wandern. Nein: Bissl romanisch wandern! Im Elsass geht nämlich beides in einem: So hatten wir schon vor zwei Jahren Romanik und Romantik zu einem roman(t)ischen Burgenspaziergang bei Ribeauvillé vereint, nun interessierten uns zwei gotische Burgen: Ramstein und die Ortenbourg bei Scherwiller.

Erreichbar sind die beiden Ruinen auf schönen, wurzelig-felsigen Wanderwegen vom Gasthaus Hühnelmühl aus. Dieses erreicht man über einen Abzweig von der D 35 zwischen Châtenois/Kestenholz und Schwerwiller


Noch am Anreisetag machten wir uns auf zu den Bourgen, "Foreign Land" von The Far Meadow im Player. Am Gasthaus Hühnelmühl (201m) parkierten wir, und wanderten zunächst noch ein wenig westwärts auf dem Waldsträßchen weiter, bis an einem riesigen Schild der markierte Wanderweg zu den beiden Burgen rechts abzweigt.  Es geht hinauf in die herrlichen Krüppel-Eichenwälder rund um Ramstein und die Ortenbourg. Diese stehen zu Recht unter Naturschutz, hier wachsen zahlreiche seltene Pflanzen. Unterwegs passiert man ein gotisierendes Chapellechen (269m), das aber wohl aus dem 19. Jahrhundert stammt. Dann geht es weiter hinauf zu einer schönen Felsengruppe, wo der Weg rechts in ein Tälchen hineinzweigt. Hier ist es besonders schön, läuft man doch über zahllose Wurzeln und Felsen hinauf.

Hinten im Tal angekommen, wendet sich der Steig nach rechts, hinauf in einen Sattel. Schon davor hat man die Möglichkeit, rechts zur Ruine Ramstein abzuzweigen. Dabei passiert man dann eine schöne Felsenkanzel, von der aus man einen herrlichen Blick ins Weiler- und ins Lebertal hat. Ein paar Schritte weiter links erhebt sich die Burg Ramstein (384m).

Das Château de Ramstein steht auf einem 384 Meter hohen Felsen 300 Meter, südwestlich der höher gelegenen Ortenbourg. Otto III. von Ochsenstein, Landvogt des Unterelsass, hat die Burg 1293 zum Zweck der Belagerung der Ortenbourg errichten lassen. Der Hintergrund war dieser: 1280 hatte König Rudolf von Habsburg die Vogtei über diese habsburgische Besitzung an die Ochsensteiner übertragen. Nach Rudolfs Tod 1291 fiel die Ortenbourg an Adolf von Nassau, 1293 erhielt Rudolfs Sohn, Graf Albrecht I von Habsburg, die Ortenbourg zurück. Wenig später belagerten die Ochsensteiner die Burg, und  ließen zu diesem Zweck Ramstein als befestigten Stützpunkt errichten. Warum, ist nicht ganz klar, möglicherweise hatte Otto III. von Ochsenstein im Thronstreit die Seiten gewechselt und verfolgte nun neue machtpolitische Interessen.

Im Zuge seiner Absetzung als König musste Adolf von Nassau Ramstein 1298 seinem Nachfolger Albrecht von Habsburg abtreten, der die Burg dann 1307 als Lehen an die Familie von Reichenberg gab. Spätere Lehnsnehmer waren die Zorn von Bulach (1361) und die Familie von Uttenheim (1422). Während des Dachsteiner Kriegs 1421 wurde Ramstein dann von Truppen der Stadt Straßburg belagert. Sie nahmen die Burg ein und zerstörten sie, die Anlage wurde aber gleich danach wieder aufgebaut.

Im Jahr 1470 wurde Ramstein noch einmal als Stützpunkt für eine Belagerung der Ortenbourg genutzt. Im Bauernkrieg wurde sie 1525 erneut beschädigt, im Dreißigjährigen Krieg dann von schwedischen Truppen endgültig zerstört.

Im 19. Jahrhundert gehörten beide Ruinen dann demselben Besitzer, dem Baron Mathieu de Favier. Heute gehören sie der Gemeinde Scherwiller. Ramstein wurde 1924 unter Denkmalschutz gestellt. Derzeit arbeitet ein lokaler Verein zusammen mit den Behörden an einem teilweisen Wiederaufbau. Das e
rinnerte uns ein wenig an den Verein Cun Ulmer Grün, der in den Nordvogesen das Château du Schœneck wiedererrichtet, der ist aber anders organisiert.

Und dieser Verein war auch zugange, als wir kamen. Gleich kam ein freundlicher Herr auf uns zu, und hieß uns auf der Burg Ramstein willkommen. Stellte sich heraus, dass es sich um den Nachtwächter von Châtenois handelte, der sich auch beim Wiederaufbau der Burg Ramstein engagiert. Und so hatten wir nun für fast eine Stunde einen persönlichen Guide! Er führte uns nicht nur in der Ruine herum, er erzählte uns auch aus ihrer Geschichte, und erklärte uns, welche Arbeiten zur Zeit durchgeführt werden.

Viel ist von der ohnehin nicht besonders großen Anlage nicht erhalten. Eindrucksvoll sind vor allem die noch aufrecht stehenden Teile eines mächtigen Wohnturms, auf dem höchsten Burgfelsen. Von dem ehemals dreigeschossigen Turmpalas stehen heute noch die Nord- und Ostwand - teilweise, und gerade mal so. Denn auch dieser Rest ist einsturzgefährdet. 2020 sollen diese Bauteile aber gesichert werden. An den erhaltenen Seiten des Turms sind noch die einzelnen Geschosse ablesbar, auch der Ansatz eines Kamins ist noch erkennbar.

Von der Unterburg sind noch einige spärliche Reste erhalten, die derzeit von Mitgliedern des Vereins teilweise wiederhergestellt werden. Teile der nördlichen Ringmauer sind zu sehen, eine Mauer, die das Gelände nach Süden abschloss, und einige Rundtürme sind zu erkennen. Sie stammen zum Teil aus dem 15. Jahrhundert, als die Burg noch einmal als Stützpunkt für eine Belagerung der Ortenbourg genutzt wurde. Damals entstand eine Zwingermauer aus Bruchsteinen mit mindestens vier halbrunden Schalentürmen, die zur Zeit vom Gestrüpp befreit und in Augenschein genommen wird.


Für das Mauerwerk hat man Bruchsteine und Quader aus dem Granit des Untergrunds verwendet, vermutlich Material aus dem Halsgraben. Wie die Burg einst ausgesehen hat, zeigt eine Zeichnung von keinem geringeren als Hans Baldung gen. Grien aus dem Jahr 1514.

Wir bedankten uns bei unserem persönlichen Guide, verabschiedeten uns, und verließen die Burg. Der Weiterweg führt hinüber in einen breiten Sattel, von dem aus ein schöner felsiger Weg den Hang hinauf zur Ortenbourg führt. Nach wenigen Minuten steht man vor hohen Granitmauern, dann muss man die Burg noch umrunden, um sie zu betreten. Dabei wandert man durch den eindrucksvollen Halsgraben, eine tiefe, schluchtartige Felslandschaft. Schließlich steht man vor dem Eingang der Ortenbourg (439m)

Das Château de l’Ortenbourg befindet sich etwa 300 Meter nordöstlich oberhalb der Burg Ramstein. Die weithin sichtbare Anlage thront in 440 Meter Höhe über dem Ausgang des Weiler- und des Lebertals.

Die Burg Ortenberg wurde 1166 erstmals urkundlich erwähnt, Rudolf von Habsburg hat sie aber später neu errichten lassen. 1265 muss die Burg bereits bewohnbar gewesen sein, jedenfalls hat Rudolf dort einen Brief geschrieben - und das hat er vermutlich nicht auf einer Baustelle getan. 1293 belagerte dann, wie wir gehört haben, Landvogt Otto III. von Ochsenstein die Ortenbourg von Ramstein aus.

1314 verkauften die Habsburger die Burg zusammen mit dem Ort Scherweiler an die Familie Müllenheim aus Straßburg. Im 15. Jahrhundert war die Ortenbourg dann Gegenstand vieler Streitigkeiten zwischen Ganerben, später war sie sogar als Raubritternest berüchtigt. Landvogt Peter von Hagenbach brachte die Ortenbourg dann 1470 in seinen Besitz, aber schon 1474 wurde sie von den Straßburgern zurückerobert. 1551 erwarb Nikolaus von Bollweiler die Burg, und besetzte sie mit einem Burgvogt. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie dann
von den Schweden zerstört.

Leider bekamen wir hier keine Führung - dafür wurde Nik von einem Hund gebissen. Ein Nachkomme der Ochsensteiner vielleicht... Aber es war nicht so schlimm, und als der Hund fort war, konnten wir mit der Erkundung der Burg fortfahren.

Die vor 1265 errichtete Anlage gilt heute als Höhepunkt des gotischen Burgenbaus im Elsass. Auf einem Granitfelsen, der durch den tiefen Halsgraben vom Berghang abgetrennt ist, erhebt sich die beeindruckende Kernburg, von der heute vor allem die 18 Meter hohe Mauer und der unmittelbar dahinter 30 hoch aufragende, fünfeckige Bergfried ins Auge fallen.

Talseitig hinter diesen Schutzbauten befand sich ein zweigeschossiger Wohn- und Repräsentationsbau. Von diesem sind heute noch die Außenwände, teils mit frühgotischen Maßwerkfenstern zu sehen. Auch ein Kaminansatz ist erhalten.

Von der östlich und südlich vorgelagerten Vorburg sind nur die Umfassungsmauer und das äußere Burgtor erhalten. Aber eine schöne Aussicht hat man! Straßburg ist zu sehen, der Nordschwarzwald mit Battert und Hornisgrinde, das Bühlertal, und weiter im Süden der Kandel, der Feldberg und der Belchen.


Eine interessante und lehrreiche kleine Tour! Wir stiegen schließlich auf dem gleichen Weg zum Gasthaus Hühnelmühl (201m) wieder hinunter - nicht ohne große Pläne für einen Dreitager im Elsass zu schmieden! Aber davon erzählen wir ein andermal...


Fazit:

Herrliche Kurztour zu zwei romantischen Burgruinen. Wer eine längere Tour in dieser Gegend machen möchte, dem sei zum Beispiel diese Tour ans Herz gelegt.

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


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Kommentare (2)


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Schubi hat gesagt:
Gesendet am 29. August 2019 um 16:19
Hey Alex.
Nice to meet you (and Nik) here again :-) Eine nette Runde habt ihr da gemacht, die kommt direkt mal auf meinen Merkzettel für die Vogesen.
Schönen Gruß, Frank

Waldelfe hat gesagt: RE:
Gesendet am 30. August 2019 um 10:47
Hallo Frank!

Ja, das war nett! Aber zwei Romantikern wie Euch könnte dieser roman(t)ische Burgenspaziergang bei Ribeauvillé fast noch besser gefallen: https://www.hikr.org/tour/post120986.html Geheimtipp: abends machen!

Lieben Gruß,

Alex & Nik


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