Zum Stonehenge der Vogesen


Publiziert von Nik Brückner , 20. Dezember 2021 um 12:24. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Frankreich » Vogesen
Tour Datum:25 August 2021
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Zeitbedarf: 4:15
Aufstieg: 700 m
Abstieg: 700 m
Strecke:16 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Wasserbourg oder aus dem Münstertal hinauf zum Petit Ballon.

Im Auto lief das schöne Album "Beyond" der Band Fragile, als die Waldelfe und ich von Wasserbourg aus zum Petit Ballon hinauffuhren. Ein wildes, schmales Sträßchen, ein toller Auftakt zu diesem zweithöchsten Belchen in den Vogesen. Ich wollte immer schon mal in diese Gegend, die Waldelfe war auch noch nie hiergewesen, und damit war klar gewesen, wohin uns diese Tour uns führen sollte.


Eiskalt war es, als wir am Parkplatz (1002m) der Ferme Auberge Buchwald aus dem Auto stiegen. Knapp über Null Grad!

Es ist August! Das geht so nicht.

Vom Parkplatz aus wanderten wir - sehr schnell - kurz die Kahlerwasenstraße entlang, hinauf zur Ferme Auberge Kahler Wasen (1075m). Der Wanderweg geht hinter der Ferme weiter hinauf, eine Serpentine der Straße abkürzend, überquert auf dem Bergrücken die Kahlerwasenstraße und verläuft von dort aus quer durch den Nordosthang des Steinbergs. Ein wunderschöner Weg, über Felsen und Wurzeln, vorbei an knorrigen, vom Wind zerzausten Bäumen und durch moosbewachsenem Granit.
 

So querten wir weiter nordwestwärts, bis wir den Nordwestrücken des Steinbergs erreicht hatten. Hier wandten wir uns nach links, und liefen nun den steilen Rücken hinauf. Wunderschön die bizarren Granitfelsen rechts und links des Wegs. Besonders berühmt - als "Stonehenge der Vogesen" - ist eine Gruppe aufrechtstehender Granitblöcke, die in dieser urwüchsigen Landschaft nicht nur wirklich mystisch aussieht, sondern nur Neugierige auch noch relativ einfach zu besteigen ist. Das ließen wir uns natürlich nicht nehmen.

Schließlich verließen wir das Henge, und machten uns an die letzten Meter hinauf zum Gipfel des Steinbergs (1177m). Wir blieben am Rücken, überliefen den Kegelritz (1166m), und langten schließlich wieder an der Kahlerwasenstraße an.

Hier stiegen wir allerdings noch nicht zum Gipfel, sondern nahmen den breiten Weg, der halbrechts genau nach Süden führt. Er brachte uns zum Refuge Rothenbrunnen (1185m). Hier bogen wir rechts ab, und wanderten bald in herrlichen Hochwald hinein. Der wunderbare Weg quert nun die Nordflanke des Steinmauer genannten Bergrückens, und passiert dabei das Chalet Bockswasen (1190m). Dann wird er zunehmend felsiger, schließlich passiert man am Westhang der Steinmauer eine weitläufige Blockhalde. Augen auf: Hier hat ein Künstler einige seiner Werke hinterlassen. 

Hat man das Blockfeld hinter sich gelassen, geht es nun direkt auf dem leicht abfallenden Rücken hinunter in den Col du Hilsenfirst (1121m), den Sattel zwischen Steinmauer und Hilsenfirst. Der herrliche Weg führt nun wieder in den Wald hinein, und man steigt den Hilsenfirst (1274m) hinauf.

Kurz unterhalb des Gipfels zieht der Weg nach links. Wenn er den flachen Sattel zwischen Hilsenfirst und Langenfeldkopf berührt, führt links über die Wiese ein im oberen Teil kaum noch zu erkennendes, überwachsenes Weglein hinunter zum Waldrand. Dort ist es nun deutlicher zu sehen, und wendet sich nun nach rechts, stets dem Waldrand folgend, steil hinunter zu einem breiten Weg, der am Ende einer Kuhweide erreicht wird.

Wir wanderten auf dem breiten Weg ein Stück nach links, und stiegen gleich darauf auf einem wieder sehr hübschen schmalen Pfad hinauf zum Col du Hilsenfirst (1121m).

Von hier aus ging's zurück zu der Blockhalde an der Steinmauer. Auch dort folgten wir einem nur schwer zu findenden Weg: Mit Hilfe unserer App gelangten wir durch die Felsen und dichten Wacholder hinauf zum höchsten Punkte der Steinmauer (1232m). Hier blieben wir zunächst auf der Höhe, bis rechts unterhalb ein guter Weg zu sehen ist. Wir querten kurz hinüber, und verfolgten nun diesen Weg bis hinauf auf den Petit Ballon (1272m), den beherrschenden Gipfel in dieser Ecke der Vogesen.

Weshalb die Aussicht auch außergewöhnlich ist: Der Blick fällt natürlich zuerst nach Süden, zum Grand Ballon. Es folgen im Südwesten Klintzkopf und Hilsenfirst, im Westen am Vogesenhauptkamm Schweisel, Batteriekopf, Rothenbachkopf, Rainkopf und Kastelberg. Schön ist auch der Blick hinüber zum Granitgrat der Spitzkoepfe. Im Nordwesten dominiert das Hohneck mit dem Petit Hohneck und dem Gaschneykopf davor. Jenseits des Col de la Schlucht folgen dann Wurzelstein, Tanet und die Gazons de Faite und du Faing. Im Norden prominent die Tête des Faux, der Grand Brézouard, der Champ du Feu und die Bloss. Auch die Haut-Koenigsbourg ist zu sehen.
 
Jenseits des Rheintals erheben sich dann die Hornisgrinde im Nordosten, und im Osten der Kandel, der Schauinsland, der Feldberg, der Belchen und der Blauen. Wer Glück hat, kann schließlich im Süden einen Teil des Alpenbogens sehen, vom Säntis im Osten bis zu den Diablerets im Westen. Wir hatten keins.

Der Petit Ballon trägt übrigens auch die deutschen Namen "Kahler Wasen" und "Kleiner Belchen". "Wasen" ist ein auf's Althochdeutsche zurückgehendes Wort, das recht allgemein eine Wiese bezeichnet (vgl. Stübenwasen, Cannstatter Wasen). "Belchen" bezeichnet im Alemannischen (unter anderem) einen flach gewölbten Berg (vgl. z. B. den Belchen im Schwarzwald).

"Klein" heißt der Kleine Belchen, weil es noch zwei weitere Belchen in den Vogesen gibt: den Großen Belchen (Grand Ballon) in Sichtweite, und den Elsässer Belchen (Ballon d'Alsace, Welscher Belchen). Zusammen mit dem Belchen im Schwarzwald und dem Schweizer Belchen bilden diese Berge das so genannte "Belchen-System", nach dem diese Gipfel den Kelten als Sonnenkalender gedient haben sollen. Das ist allerdings reine Spekulation. Aber gut klingen tut es schon:

Das Zentrum des Belchen-Systems befindet sich dieser These zufolge auf dem Ballon d'Alsace, dem Elsässer Belchen. Von hier aus liegt der 73 Kilometer entfernte Schwarzwälder Belchen genau im Osten. Damit geht die Sonne an den Tagen der Tagundnachtgleiche, also am Frühlingsanfang und am Herbstanfang, direkt über dem Schwarzwälder Belchen auf. Umgekehrt, also vom Schwarzwälder Belchen aus gesehen, geht die Sonne an diesen beiden Tagen über dem Elsässer Belchen unter.   
 
Zur Sommersonnenwende dann geht die Sonne vom Elsässer Belchen aus gesehen über dem 27 Kilometer nordöstlich gelegenen Kleinen Belchen, und zur Wintersonnenwende über dem 88 Kilometer entfernten südöstlich gelegenen Schweizer Belchen auf. Womit die Anfänge aller vier astronomischen Jahreszeiten vom Elsässer Belchen aus bestimmt werden können. 
 
Und schließlich geht die Sonne am 1. Mai, dem Feiertag Beltane des keltischen Lichtgottes Belenus, über dem 21 Kilometer nordöstlich gelegenen Großen Belchen auf, was zeitlich mit dem Tag übereinstimmt, an dem die Plejaden für vierzig Tage im Sonnenlicht verschwinden.

Einen Kreuzungspunkt solcher Verbindungslinien gibt es auch bei Basel, wo sich einst eine keltische Siedlung befand.

Alles Spekulatius, wie gesagt, der Name "Belchen" hat wegen der Gipfelformen dieser Berge wohl mehr mit Bällchen als mit dem keltischen Gott Belenus zu tun, man muss aber zugestehen, dass es den Kelten vor über 2000 Jahren zumindest möglich gewesen wäre, dieses System zu entdecken und zur kalendarischen Bestimmung der Tagundnachtgleichen und der Sonnenwenden zu nutzen. Theoretisch. 
 
Wir wollten nicht bis zur Tagundnachtgleiche ausharren und wanderten nun auf der Westseite des Petit Ballon hinunter. Hier ging es, nochmal durch Felsen, nach Norden. Weiter unten im Wald stießen wir auf einen breiten Weg, dem wir rechts hinunter zur Ferme Auberge Marcairie du Strohberg (1083m) folgten. Von hier aus ist es nur noch ein kurzes Stück auf einem hübschen Weg nordwärts zur Ferme Auberge Buchwald (1016m), an deren Parkplatz unsere Tour endete.


Fazit:

Wunderschöne Tour durch die herrliche Landschaft der Vogesen, mit ordentlich Felsen und einem Würz Mystik. 

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


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Kommentare (2)


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Schubi hat gesagt:
Gesendet am 21. Dezember 2021 um 18:45
Terrain sympathique, tät ich als alter Franzose sagen. Kommt auf meine Ziele-Liste.

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 21. Dezember 2021 um 21:59
Terrain trés sexique, monsier! Sehr empfohlen!


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