Felsiges, Historisches, und leider auch Esoterisches westlich von Dieffenthal
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In den Vogesen waren wir schon länger nimmer. Die Hochlagen dort hätten evtl. noch zuviel Altschnee, also mal auf mittlerer Höhe geplant. Inspiriert von einem
Bericht
Nikbrueckners und der Topo-Karte habe ich dann eine Runde zusammengebastelt, die uns in der gerngehabten Mischung aus Wandern und kleinen Kraxeleien westlich des Örtchens Dieffenthal durch Wälder, über Felsen und zu einer stattlichen Ruine führen sollte.
Als Soundtrack zum Tourenbericht läuft diesmal Vandaveers How Many Takes It Takes.
Am westlichen Ortsrand von Dieffenthal findet sich ein Wanderparkplatz als guter Ausgangspunkt. Nur wenige Meter oberhalb wird es direkt schon etwas felsig: hier liegt der Rocher des Celtes, eine Art Granit-Plateau. In einem der Felsen sieht man eine schalenförmige Vertiefung. Ich habe direkt die Befürchtung, dass hier wieder mal von keltische Opferritualen gemutmasst wird, aber die hiesige Infotafel behauptet, dass dieser Muldenstein zur Keltenzeit zum Abschiessen glühender Holzscheiben im Dunkeln diente (das Scheibenschlagen, auf elsässisch "Schieweschläuje").
Das Scheibenschlagen, auf elsässisch "Schieweschläuje", ist ein jahrhundertealter Brauch. Zunächst wohl eine Art Flurkult, der die Felder fruchtbar machen sollte, steht es heute allgemein für das Austreiben des Winters. Der Ursprung des Brauchs wird gern mal in die Keltenzeit verschoben, Belege dafür gibt es jedoch nicht.
Aber es ist eine Tradition, die in vielen alemannisch geprägten Ecken schönerweise immer noch hochgehalten wird. Schön fanden wir auch die am Rocher des Celtes angelegten Kräuterbeete. Mit dem Segen Wotans werden die heilenden Pflanzen sicherlich fleissig gedeihen ... Wir wandern bergan ein Stück entlang eines Weinberg (nette Blicke in die Rheinebene) und dann in den Wald hinein. Bald erreichen wir das nächste "keltische" Mysterium: ein liegender Granitfels, der nun mal tatsächlich als "Opferstein" bezeichnet und auf einer Infotafel erklärt wird. Er hat gleichfalls eine muldenförmigen Vertiefung oben und sogar seitlich eine Ablaufrinne für das ganze Blut. Ordentliche Leut waren diese Kelten. Dass im Granit solche Vertiefungen aller-aller-meistens durch Vorgänge chemischer Verwitterung entstehen, wird natürlich mal wieder nicht erwähnt. Hauptsache, die vorbeikommenden Wanderer werden schön verschwurbelt ...
Dem Trendzur allgemeinen Esoterik-Schwurbelei zum Verklärend-Mystifizierenden und der Kelten-Bewunderung ist geschuldet, dass heutzutage Ecken, an denen zwei oder mehr größere Steine herumliegen, und wo vermutlich – eveeentuell – mal glühende Scheiben geschlagen wurden, vom örtlichen Tourismus-Marketing sofort als Kraftorte hochgejazzt werden. Schlimm. Weiterhin stellt die Infotafel die raunende Frage, ob der Name Wolfskirche (verwendet für ein felsiges Areal nahe oberhalb) nicht auf eine Kirche der Wölfe (?!?) hinweise. Die Krönung an Verklärung leistet sich der Text allerdings mit dem Hinweis, dass dort ja starker Magnetismus herrsche (:o) Solche Steilvorlagen lassen wir uns natürlich nicht zweimal unterschwurbeln und stiefeln direkt dorthin herauf, in die Tour hatte ich sie eh eingeplant. Die am höchsten aufragende Felsgruppe (rechtes, nördliche Ende) macht zunächst einen abweisenden Eindruck, aber von ihrer Nordseite lässt sie sich mit ein paar kräftigen Zügen (I-II) entlang eines schmalen Spalt rasch erkraxeln. Oben hat man einen schönen Überblick auf das weitläufige Areal mit vielerlei Granitfelsen. Vom starken Magnetismus spüren wir leider nix, aber unsensible Naturen wie wir checken sowas halt nicht. Lediglich beim Abstieg muss Amelie im schmalen Spalt etwas kämpfen. Hatten das Magnetfeld sie womöglich im Würgegriff? Immerhin lässt die Infotafel uns auch ganz sachlich wissen, dass hier im Mittelalter mal ein Steinbruch war. Wir erkunden noch weitere Felsgruppen, urig bewachsen mit knorrigen Bäumen sind sie. Nun wieder herab zum Pfad und auf ihm südwestlich um den Rehag-Berg herum, anschliessend nordwestlich herauf zum Sattel Krieghurst.
Dort westlich weiter, wir erreichen den Engelfelsen. Der Fernblick von ihm ist recht zugewachsen. Das hält uns aber nicht davon ab, vorne etwas herabzusteigen um da gemütlich zu veschpern. An der folgenden Weggabelung nun käme man auf kürzerem Weg zum Hagelstein und Falkenstein. Wir jedoch wollen noch weitere Felsen erkunden, die westlich von ihnen liegen und zweigen deshalb hier erstmal auf Forstwege eine Etage tiefer ab, die uns in einem etwas länger-unspektakulären Hatscher um das Valée de Brischbach zum westlichen Wendepunkt der Tour bringen.
Ab da wieder pfadig, mittig auf einem Bergrücken herauf, in dessen Linie weiter oben auch die genannten Ziele besucht werden. Erst einmal kommen wir aber am Gallienstein vorbei, einer Felsgruppe mit einer ganzen Kolonie von schönen Strauchflechten an der Südostseite. Seit irgendwann ist der Pfad wieder markiert und wir stiefeln durch noch unbelaubten, aber abwechslungsreichen Buchen-Mischwald höher. Direkt links vom Pfad sehen wir nach einiger Zeit den nächsten Fels, den ich schon auf der Topo-Karte markiert hatte. Namenlos und recht bewachsen ist er. Aber auch einladend gestuft und so steigen wir neugierig hoch. Durch drei I-er Kraxelstellen gelangen wir herauf, dann wurschteln wir uns immer oben entlang. Begleitet werden wir dabei von einem wunderschönen Rundum-Blick. Teils müssen wir uns um die urig gewachsene und bunt gemischte Botanik etwas ausgesetzt herummogeln, aber nix Dramatisches. Wir wurschteln weiter bis etwas östlich des höchsten Punkts. Irgendwann versperrt der Bewuchs jegliches sinnvolle Weiterkommen, deshalb geht's so wieder herab, wie wir heraufgekommen sind. Weiter nun zum Falkenstein, nur wenige hundert Meter entfernt. Er ist ein ansehnliches Trumm und bei Sportkletterern beliebt, es ist einiges los. Wer kein Kletterzeug dabei hat, steigt wie wir durch seine Ostseite in I-er-Kraxelei herauf und freut sich oben über den prächtigen Vogesenblick (heute etwas dunstig). Wieder herab zum Pfad und weiter bergan zum ebenfalls nahen Hagelstein. Auf ihn gelangt man recht fix, einfach den Trittspuren folgen. Oben hat er kein Plateau, sondern sogar einen kleinen Grat. Wunderschön der Bewuchs mit knorrigen Kiefern an seinen Flanken. Im Wald auf markiertem Pfad nun noch weitere Etagen herauf bis zur höchsten Stelle unserer Tour, dem Rocher Bellevue (639 m). Auch der Blick von ihm ist heute dunstig, aber immer noch belle. Deswegen nochmals: Veschper! Amelie kraxelt erkundend noch etwas durch die Felsen, dann geht es weiter, und zwar auf die andere Seite des Dachfirst (681 m), über dessen Flanken und Ausläufer wir uns während der gesamten Tour bewegen. Auf seiner Ostseite jetzt herab zur Burgruine Bernstein (Château du Bernstein). Wechselreich war ihre Geschichte. Ich verweise an dieser Stelle auf
Nikbrueckners
Tourenbericht, er hat ausführlich zur Burg recherchiert:
"Das Château du Bernstein ist die Ruine einer mittelalterlichen Höhenburg. Der Name stammt vermutlich nicht von fossilem Harz, sondern geht auf das Wort "Bärenstein" zurück. Bernstein wurde um 1009 erstmals schriftlich erwähnt, und zählt damit zu den ältesten Burganlagen des Elsass."
An einigen Ecken sind Bauarbeiten zugange, ein örtlicher Verein kümmert sich um die Instandhaltung. Wir wundern uns, dass diese Aufgabe nicht Departement oder Kommune übernehmen. Jedenfalls schaut alles frisch restauriert aus, das Mauerwerk leuchtet regelrecht. Über Unter- und Oberburg gelangt man zum Eingang des Bergfrieds und darf nach fleissigem Treppensteigen von seiner Spitze einen herrlichen Blick übers Umland geniessen. Großer Dank an dieser Stelle an die ehrenamtlichen Helfer des Vereins.
Und weiter geht's. Wir verhauen uns etwas bei der Richtung und landen auf einem netten Pfad, der dann aber gar nicht so viel Umweg bedeutet und uns sogar nochmals an einer beeindruckenden Felskanzel vorbeiführt. Aufmerksame Leser können es sich schon denken: auch hier wird dann also nochmals geveschpert :o) Anschliessend wendet sich unsere Route in Richtung Kaltenberg, auf dessen Rücken es herab geht, erste Durchblicke zur Rheinebene tun sich auf. Später biegen wir an einer Gabelung zu früh ab und müssen deswegen über einen Hang zum nächsten Weg queren. Etwas tiefer leuchtet dann die sonnenbeschienene Rheinebene durch die Bäume hindurch. Mehr von ihr sehen wir, als es danach zwischen Waldrand und Weinberg entlang geht. Fast zurück am Ausgangspunkt kommen wir schliesslich nochmal am Rocher des Celtes vorbei.
Mit auf Tour: Amelie
Fazit: schöne Runde mit vielen neuen Eindrücke aus den Vogesen. Auf dieser Höhe ist man aber halt leider meist im Wald drin. Highlights waren die Wolfskirche und der namenlose Fels. T3+/I nur für die Kraxeleien, der Rest T2.
Zu den Infotafeln in der Ecke: Kelten-Hype und Esoterisches finde ich eher befremdlich. Aber das Touristen-Marketing macht halt auch nur, was ihm Trends der Zeit und Marktforschung so einflüstern. Oder hat es etwa einen Bildungsauftrag? *zwinkersmiley*


Als Soundtrack zum Tourenbericht läuft diesmal Vandaveers How Many Takes It Takes.
Am westlichen Ortsrand von Dieffenthal findet sich ein Wanderparkplatz als guter Ausgangspunkt. Nur wenige Meter oberhalb wird es direkt schon etwas felsig: hier liegt der Rocher des Celtes, eine Art Granit-Plateau. In einem der Felsen sieht man eine schalenförmige Vertiefung. Ich habe direkt die Befürchtung, dass hier wieder mal von keltische Opferritualen gemutmasst wird, aber die hiesige Infotafel behauptet, dass dieser Muldenstein zur Keltenzeit zum Abschiessen glühender Holzscheiben im Dunkeln diente (das Scheibenschlagen, auf elsässisch "Schieweschläuje").
Das Scheibenschlagen, auf elsässisch "Schieweschläuje", ist ein jahrhundertealter Brauch. Zunächst wohl eine Art Flurkult, der die Felder fruchtbar machen sollte, steht es heute allgemein für das Austreiben des Winters. Der Ursprung des Brauchs wird gern mal in die Keltenzeit verschoben, Belege dafür gibt es jedoch nicht.
Aber es ist eine Tradition, die in vielen alemannisch geprägten Ecken schönerweise immer noch hochgehalten wird. Schön fanden wir auch die am Rocher des Celtes angelegten Kräuterbeete. Mit dem Segen Wotans werden die heilenden Pflanzen sicherlich fleissig gedeihen ... Wir wandern bergan ein Stück entlang eines Weinberg (nette Blicke in die Rheinebene) und dann in den Wald hinein. Bald erreichen wir das nächste "keltische" Mysterium: ein liegender Granitfels, der nun mal tatsächlich als "Opferstein" bezeichnet und auf einer Infotafel erklärt wird. Er hat gleichfalls eine muldenförmigen Vertiefung oben und sogar seitlich eine Ablaufrinne für das ganze Blut. Ordentliche Leut waren diese Kelten. Dass im Granit solche Vertiefungen aller-aller-meistens durch Vorgänge chemischer Verwitterung entstehen, wird natürlich mal wieder nicht erwähnt. Hauptsache, die vorbeikommenden Wanderer werden schön verschwurbelt ...
Dem Trend
Dort westlich weiter, wir erreichen den Engelfelsen. Der Fernblick von ihm ist recht zugewachsen. Das hält uns aber nicht davon ab, vorne etwas herabzusteigen um da gemütlich zu veschpern. An der folgenden Weggabelung nun käme man auf kürzerem Weg zum Hagelstein und Falkenstein. Wir jedoch wollen noch weitere Felsen erkunden, die westlich von ihnen liegen und zweigen deshalb hier erstmal auf Forstwege eine Etage tiefer ab, die uns in einem etwas länger-unspektakulären Hatscher um das Valée de Brischbach zum westlichen Wendepunkt der Tour bringen.
Ab da wieder pfadig, mittig auf einem Bergrücken herauf, in dessen Linie weiter oben auch die genannten Ziele besucht werden. Erst einmal kommen wir aber am Gallienstein vorbei, einer Felsgruppe mit einer ganzen Kolonie von schönen Strauchflechten an der Südostseite. Seit irgendwann ist der Pfad wieder markiert und wir stiefeln durch noch unbelaubten, aber abwechslungsreichen Buchen-Mischwald höher. Direkt links vom Pfad sehen wir nach einiger Zeit den nächsten Fels, den ich schon auf der Topo-Karte markiert hatte. Namenlos und recht bewachsen ist er. Aber auch einladend gestuft und so steigen wir neugierig hoch. Durch drei I-er Kraxelstellen gelangen wir herauf, dann wurschteln wir uns immer oben entlang. Begleitet werden wir dabei von einem wunderschönen Rundum-Blick. Teils müssen wir uns um die urig gewachsene und bunt gemischte Botanik etwas ausgesetzt herummogeln, aber nix Dramatisches. Wir wurschteln weiter bis etwas östlich des höchsten Punkts. Irgendwann versperrt der Bewuchs jegliches sinnvolle Weiterkommen, deshalb geht's so wieder herab, wie wir heraufgekommen sind. Weiter nun zum Falkenstein, nur wenige hundert Meter entfernt. Er ist ein ansehnliches Trumm und bei Sportkletterern beliebt, es ist einiges los. Wer kein Kletterzeug dabei hat, steigt wie wir durch seine Ostseite in I-er-Kraxelei herauf und freut sich oben über den prächtigen Vogesenblick (heute etwas dunstig). Wieder herab zum Pfad und weiter bergan zum ebenfalls nahen Hagelstein. Auf ihn gelangt man recht fix, einfach den Trittspuren folgen. Oben hat er kein Plateau, sondern sogar einen kleinen Grat. Wunderschön der Bewuchs mit knorrigen Kiefern an seinen Flanken. Im Wald auf markiertem Pfad nun noch weitere Etagen herauf bis zur höchsten Stelle unserer Tour, dem Rocher Bellevue (639 m). Auch der Blick von ihm ist heute dunstig, aber immer noch belle. Deswegen nochmals: Veschper! Amelie kraxelt erkundend noch etwas durch die Felsen, dann geht es weiter, und zwar auf die andere Seite des Dachfirst (681 m), über dessen Flanken und Ausläufer wir uns während der gesamten Tour bewegen. Auf seiner Ostseite jetzt herab zur Burgruine Bernstein (Château du Bernstein). Wechselreich war ihre Geschichte. Ich verweise an dieser Stelle auf


"Das Château du Bernstein ist die Ruine einer mittelalterlichen Höhenburg. Der Name stammt vermutlich nicht von fossilem Harz, sondern geht auf das Wort "Bärenstein" zurück. Bernstein wurde um 1009 erstmals schriftlich erwähnt, und zählt damit zu den ältesten Burganlagen des Elsass."
An einigen Ecken sind Bauarbeiten zugange, ein örtlicher Verein kümmert sich um die Instandhaltung. Wir wundern uns, dass diese Aufgabe nicht Departement oder Kommune übernehmen. Jedenfalls schaut alles frisch restauriert aus, das Mauerwerk leuchtet regelrecht. Über Unter- und Oberburg gelangt man zum Eingang des Bergfrieds und darf nach fleissigem Treppensteigen von seiner Spitze einen herrlichen Blick übers Umland geniessen. Großer Dank an dieser Stelle an die ehrenamtlichen Helfer des Vereins.
Und weiter geht's. Wir verhauen uns etwas bei der Richtung und landen auf einem netten Pfad, der dann aber gar nicht so viel Umweg bedeutet und uns sogar nochmals an einer beeindruckenden Felskanzel vorbeiführt. Aufmerksame Leser können es sich schon denken: auch hier wird dann also nochmals geveschpert :o) Anschliessend wendet sich unsere Route in Richtung Kaltenberg, auf dessen Rücken es herab geht, erste Durchblicke zur Rheinebene tun sich auf. Später biegen wir an einer Gabelung zu früh ab und müssen deswegen über einen Hang zum nächsten Weg queren. Etwas tiefer leuchtet dann die sonnenbeschienene Rheinebene durch die Bäume hindurch. Mehr von ihr sehen wir, als es danach zwischen Waldrand und Weinberg entlang geht. Fast zurück am Ausgangspunkt kommen wir schliesslich nochmal am Rocher des Celtes vorbei.
Mit auf Tour: Amelie
Fazit: schöne Runde mit vielen neuen Eindrücke aus den Vogesen. Auf dieser Höhe ist man aber halt leider meist im Wald drin. Highlights waren die Wolfskirche und der namenlose Fels. T3+/I nur für die Kraxeleien, der Rest T2.
Zu den Infotafeln in der Ecke: Kelten-Hype und Esoterisches finde ich eher befremdlich. Aber das Touristen-Marketing macht halt auch nur, was ihm Trends der Zeit und Marktforschung so einflüstern. Oder hat es etwa einen Bildungsauftrag? *zwinkersmiley*
Tourengänger:
Schubi

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