Felsiges, Historisches, und leider auch Esoterisches westlich von Dieffenthal


Publiziert von Schubi , 18. März 2022 um 21:05.

Region: Welt » Frankreich » Vogesen » Alsace » Vosges Alsace
Tour Datum: 6 März 2022
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Aufstieg: 777 m
Abstieg: 777 m
Strecke:15,6 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkplatz nahe des Rocher des Celtes in Dieffenthal
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.

In den Vogesen waren wir schon länger nimmer. Die Hochlagen dort hätten evtl. noch zuviel Altschnee, also mal auf mittlerer Höhe geplant. Inspiriert von einem *Bericht Nikbrueckners und der Topo-Karte habe ich dann eine Runde zusammengebastelt, die uns in der gerngehabten Mischung aus Wandern und kleinen Kraxeleien westlich des Örtchens Dieffenthal durch Wälder, über Felsen und zu einer stattlichen Ruine führen sollte.

Als Soundtrack zum Tourenbericht läuft diesmal Vandaveers How Many Takes It Takes.


Am westlichen Ortsrand von Dieffenthal findet sich ein Wanderparkplatz als guter Ausgangspunkt. Nur wenige Meter oberhalb wird es direkt schon etwas felsig: hier liegt der Rocher des Celtes, eine Art Granit-Plateau. In einem der Felsen sieht man eine schalenförmige Vertiefung. Ich habe direkt die Befürchtung, dass hier wieder mal von keltische Opferritualen gemutmasst wird, aber die hiesige Infotafel behauptet, dass dieser Muldenstein zur Keltenzeit zum Abschiessen glühender Holzscheiben im Dunkeln diente (das Scheibenschlagen, auf elsässisch "Schieweschläuje").

Das Scheibenschlagen, auf elsässisch "Schieweschläuje", ist ein jahrhundertealter Brauch. Zunächst wohl eine Art Flurkult, der die Felder fruchtbar machen sollte, steht es heute allgemein für das Austreiben des Winters. Der Ursprung des Brauchs wird gern mal in die Keltenzeit verschoben, Belege dafür gibt es jedoch nicht.

Aber es ist eine Tradition, die in vielen alemannisch geprägten Ecken schönerweise immer noch hochgehalten wird. Schön fanden wir auch die am Rocher des Celtes angelegten Kräuterbeete. Mit dem Segen Wotans werden die heilenden Pflanzen sicherlich fleissig gedeihen ... Wir wandern bergan ein Stück entlang eines Weinberg (nette Blicke in die Rheinebene) und dann in den Wald hinein. Bald erreichen wir das nächste "keltische" Mysterium: ein liegender Granitfels, der nun mal tatsächlich als "Opferstein" bezeichnet und auf einer Infotafel erklärt wird. Er hat gleichfalls eine muldenförmigen Vertiefung oben und sogar seitlich eine Ablaufrinne für das ganze Blut. Ordentliche Leut waren diese Kelten. Dass im Granit solche Vertiefungen aller-aller-meistens durch Vorgänge chemischer Verwitterung entstehen, wird natürlich mal wieder nicht erwähnt. Hauptsache, die vorbeikommenden Wanderer werden schön verschwurbelt ...

Dem Trend zur allgemeinen Esoterik-Schwurbelei zum Verklärend-Mystifizierenden und der Kelten-Bewunderung ist geschuldet, dass heutzutage Ecken, an denen zwei oder mehr größere Steine herumliegen, und wo vermutlich – eveeentuell – mal glühende Scheiben geschlagen wurden, vom örtlichen Tourismus-Marketing sofort als Kraftorte hochgejazzt werden. Schlimm. Weiterhin stellt die Infotafel die raunende Frage, ob der Name Wolfskirche (verwendet für ein felsiges Areal nahe oberhalb) nicht auf eine Kirche der Wölfe (?!?) hinweise. Die Krönung an Verklärung leistet sich der Text allerdings mit dem Hinweis, dass dort ja starker Magnetismus herrsche (:o) Solche Steilvorlagen lassen wir uns natürlich nicht zweimal unterschwurbeln und stiefeln direkt dorthin herauf, in die Tour hatte ich sie eh eingeplant. Die am höchsten aufragende Felsgruppe (rechtes, nördliche Ende) macht zunächst einen abweisenden Eindruck, aber von ihrer Nordseite lässt sie sich mit ein paar kräftigen Zügen (I-II) entlang eines schmalen Spalt rasch erkraxeln. Oben hat man einen schönen Überblick auf das weitläufige Areal mit vielerlei Granitfelsen. Vom starken Magnetismus spüren wir leider nix, aber unsensible Naturen wie wir checken sowas halt nicht. Lediglich beim Abstieg muss Amelie im schmalen Spalt etwas kämpfen. Hatten das Magnetfeld sie womöglich im Würgegriff? Immerhin lässt die Infotafel uns auch ganz sachlich wissen, dass hier im Mittelalter mal ein Steinbruch war. Wir erkunden noch weitere Felsgruppen, urig bewachsen mit knorrigen Bäumen sind sie. Nun wieder herab zum Pfad und auf ihm südwestlich um den Rehag-Berg herum, anschliessend nordwestlich herauf zum Sattel Krieghurst.

Dort westlich weiter, wir erreichen den Engelfelsen. Der Fernblick von ihm ist recht zugewachsen. Das hält uns aber nicht davon ab, vorne etwas herabzusteigen um da gemütlich zu veschpern. An der folgenden Weggabelung nun käme man auf kürzerem Weg zum Hagelstein und Falkenstein. Wir jedoch wollen noch weitere Felsen erkunden, die westlich von ihnen liegen und zweigen deshalb hier erstmal auf Forstwege eine Etage tiefer ab, die uns in einem etwas länger-unspektakulären Hatscher um das Valée de Brischbach zum westlichen Wendepunkt der Tour bringen.

Ab da wieder pfadig, mittig auf einem Bergrücken herauf, in dessen Linie weiter oben auch die genannten Ziele besucht werden. Erst einmal kommen wir aber am Gallienstein vorbei, einer Felsgruppe mit einer ganzen Kolonie von schönen Strauchflechten an der Südostseite. Seit irgendwann ist der Pfad wieder markiert und wir stiefeln durch noch unbelaubten, aber abwechslungsreichen Buchen-Mischwald höher. Direkt links vom Pfad sehen wir nach einiger Zeit den nächsten Fels, den ich schon auf der Topo-Karte markiert hatte. Namenlos und recht bewachsen ist er. Aber auch einladend gestuft und so steigen wir neugierig hoch. Durch drei I-er Kraxelstellen gelangen wir herauf, dann wurschteln wir uns immer oben entlang. Begleitet werden wir dabei von einem wunderschönen Rundum-Blick. Teils müssen wir uns um die urig gewachsene und bunt gemischte Botanik etwas ausgesetzt herummogeln, aber nix Dramatisches. Wir wurschteln weiter bis etwas östlich des höchsten Punkts. Irgendwann versperrt der Bewuchs jegliches sinnvolle Weiterkommen, deshalb geht's so wieder herab, wie wir heraufgekommen sind. Weiter nun zum Falkenstein, nur wenige hundert Meter entfernt. Er ist ein ansehnliches Trumm und bei Sportkletterern beliebt, es ist einiges los. Wer kein Kletterzeug dabei hat, steigt wie wir durch seine Ostseite in I-er-Kraxelei herauf und freut sich oben über den prächtigen Vogesenblick (heute etwas dunstig). Wieder herab zum Pfad und weiter bergan zum ebenfalls nahen Hagelstein. Auf ihn gelangt man recht fix, einfach den Trittspuren folgen. Oben hat er kein Plateau, sondern sogar einen kleinen Grat. Wunderschön der Bewuchs mit knorrigen Kiefern an seinen Flanken. Im Wald auf markiertem Pfad nun noch weitere Etagen herauf bis zur höchsten Stelle unserer Tour, dem Rocher Bellevue (639 m). Auch der Blick von ihm ist heute dunstig, aber immer noch belle. Deswegen nochmals: Veschper! Amelie kraxelt erkundend noch etwas durch die Felsen, dann geht es weiter, und zwar auf die andere Seite des Dachfirst (681 m), über dessen Flanken und Ausläufer wir uns während der gesamten Tour bewegen. Auf seiner Ostseite jetzt herab zur Burgruine Bernstein (Château du Bernstein). Wechselreich war ihre Geschichte. Ich verweise an dieser Stelle auf Nikbrueckners *Tourenbericht, er hat ausführlich zur Burg recherchiert:

"Das Château du Bernstein ist die Ruine einer mittelalterlichen Höhenburg. Der Name stammt vermutlich nicht von fossilem Harz, sondern geht auf das Wort "Bärenstein" zurück. Bernstein wurde um 1009 erstmals schriftlich erwähnt, und zählt damit zu den ältesten Burganlagen des Elsass."

An einigen Ecken sind Bauarbeiten zugange, ein örtlicher Verein kümmert sich um die Instandhaltung. Wir wundern uns, dass diese Aufgabe nicht Departement oder Kommune übernehmen. Jedenfalls schaut alles frisch restauriert aus, das Mauerwerk leuchtet regelrecht. Über Unter- und Oberburg gelangt man zum Eingang des Bergfrieds und darf nach fleissigem Treppensteigen von seiner Spitze einen herrlichen Blick übers Umland geniessen. Großer Dank an dieser Stelle an die ehrenamtlichen Helfer des Vereins.

  Und weiter geht's. Wir verhauen uns etwas bei der Richtung und landen auf einem netten Pfad, der dann aber gar nicht so viel Umweg bedeutet und uns sogar nochmals an einer beeindruckenden Felskanzel vorbeiführt. Aufmerksame Leser können es sich schon denken: auch hier wird dann also nochmals geveschpert :o) Anschliessend wendet sich unsere Route in Richtung Kaltenberg, auf dessen Rücken es herab geht, erste Durchblicke zur Rheinebene tun sich auf. Später biegen wir an einer Gabelung zu früh ab und müssen deswegen über einen Hang zum nächsten Weg queren. Etwas tiefer leuchtet dann die sonnenbeschienene Rheinebene durch die Bäume hindurch. Mehr von ihr sehen wir, als es danach zwischen Waldrand und Weinberg entlang geht. Fast zurück am Ausgangspunkt kommen wir schliesslich nochmal am Rocher des Celtes vorbei.

Mit auf Tour: Amelie

Fazit: schöne Runde mit vielen neuen Eindrücke aus den Vogesen. Auf dieser Höhe ist man aber halt leider meist im Wald drin. Highlights waren die Wolfskirche und der namenlose Fels. T3+/I nur für die Kraxeleien, der Rest T2.
Zu den Infotafeln in der Ecke: Kelten-Hype und Esoterisches finde ich eher befremdlich. Aber das Touristen-Marketing macht halt auch nur, was ihm Trends der Zeit und Marktforschung so einflüstern. Oder hat es etwa einen Bildungsauftrag? *zwinkersmiley*



Tourengänger: Schubi
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Kommentare (7)


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Nik Brückner hat gesagt:
Gesendet am 18. März 2022 um 22:36
Pfadig-pfundige Tour!

Nyn hat gesagt: Esoterisches
Gesendet am 19. März 2022 um 10:46
Das mit der "Esoterik" ist so eine Sache für sich :D

Die Einen schwören darauf, Diverses zu erspüren, die Anderen halten es für erfundenen Firlefanz, um gutgläubigen Menschen die eigene Überlegenheit zu demonstrieren oder das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Dass Orte ohne herausragende Anziehungspunkte solche "erfinden", ist schlichtweg auch Marketing. Da wir über die sicher lange Geschichte der jeweiligen Gegend aber nur anhand vglweise kurzer Infotafeln punktuell informiert werden, wer will dann wissen, was wirklich dran ist?

Was das Scheibenschlagen angeht, kenne ich diese Tradition und was gewisse Kraftorte angeht, so haben die Menschen früherer Zeiten sicher ebenso erhabene Orte für ihre kultischen Zwecke benutzt, wie wir "Bergsteiger" dem Besteigen von Gipfeln und Felsen erhöhte Erkenntnis über uns und "die Welt" zusprechen - n'est-ce-pas?

Egal, wie man dazu steht, lesenswert ist die Definition und Beschreibung auf Wikipedia allemal.

btw tolle Tour!
Nyn


Schubi hat gesagt: RE:Esoterisches
Gesendet am 19. März 2022 um 11:48
Danke für deinen Kommentar, Markus!

Klar, es soll jeder nach seiner Façon glücklich werden.
Vielleicht geht es einfach nur um das (zutiefst menschliche) Bedürfnis, Bedeutung zu finden, in greifbaren Dingen, in abstrakten. Aber manchmal ist das aber eben auch vermeintlich, müßig, überflüssig, oder sprichwörtlich irreführend ... Und der Übergang von "Bedeutung finden" zu "Bedeutung erzeugen" ist halt ein fliessender. Letzteres nutzen Eso-Scharlatane und inzwischen auch das Touri-Marketing. Das hat eine gewisse Penetranz angenommen, und wird von mir kritisiert.

Versteh mich nicht falsch: ich bezweifle ja auch gar nicht, das die Kelten damals Rituale entwickelt haben, um mit der "Welt klarzukommen". Da, wo das belegt ist, sollte eine Infotafel auf jeden Fall drauf hinweisen! Aber eben nur da. Dass das Besteigen von Gipfeln und Felsen Freude und Erkenntnis, oft auch tiefsinnige Gedanken auslösen: gekauft, thumbs up! :-)

Und wie beim Scheibenschlagen-Thema erwähnt, finde ich solche Bräuche und Traditionen ja schön bis spannend. Ich bin halt nur dafür, dass man Fakten von Spekulation klar trennt und nicht krampfhaft versucht, auf Trend-Züge aufzuspringen.

>Da wir über die sicher lange Geschichte der jeweiligen Gegend aber nur anhand vglweise kurzer Infotafeln punktuell informiert werden, wer will dann wissen, was wirklich dran ist?

Verstehe ich nicht. Gerade die kompakte Vermittlung von Geschichte und Natur ist doch die eigentliche Aufgabe von Infotafeln? Um deine Frage zu beantworten: ich will das wissen! ;-) (und jede Menge anderer Wanderer sicher auch)

Eine von der Öffentlichkeit finanzierte Infotafel sollte Zusammenhänge naturwissenschaftlich/historisch belegt beschreiben. Und nicht herum-spekulieren, nur weil Esoterik in der Gesellschaft gerade trendet.

Just my five cents :-)

Nyn hat gesagt: Fakten und Spekulation
Gesendet am 19. März 2022 um 13:54
Schon alles richtig, was du ausführst.
In der Tat die Frage ist mehr als berechtigt: Wer stellt die Infotafeln wo überhaupt auf und zu welchen Zwecken?
(Selbiges liesse sich für ebenfalss trendy "Wanderrundtouren unter Mottos" fragen
Es sind ja meiner Einschätzung nach nicht Wissenschaftler, die das tun, sondern die Gemeinde, wohl in Zusammenarbeit mit örtlichen Naturschutzvereinen, aber auch Fremdenverkehrsverbänden o.ä.
Die greifen dabei sicher hauptsächlich auf belegte, öffentlich zugängliche Quellen zurück - andererseits soll das Ganze ja auch "interessant" sein. Dass dann auch manch spekulative Inhalte ohne streng wissenschaftliche Haltbarkeit einfliessen können, stört mich persönlich nicht. Eine breite Auseinandersetzung mit womöglich verbundenen esoterischen Hintergründen kann auf einer solchen Tafel eh nicht wirklich stattfinden - soll man dann ganz darauf verzichten, sofern Bezüge vorhanden sind?...keine Ahnung^^
Breit gefächerte Kulturforschung von Bräuchen dem interessierten Laien näher zu bringen, dürfte den Rahmen einer solchen Infotafel ebenfalls sprengen. Sie darf aber ein Aufhänger sein für eigene weitere Recherchen.


ABoehlen hat gesagt: Esoterik vs. Wissenschaft
Gesendet am 23. März 2022 um 16:58
Grundsätzlich sei jedem seine Meinung zugestanden, jedoch stört mich an diesem Bericht, dass Esoterik einfach mal mit «Schwurblertum» gleichgesetzt wird, also mit so Zeugs, das man eh nicht ernst nehmen kann und soll. Aus meiner Sicht ist das zu stark vereinfacht. Letztendlich entspricht das, was als wissenschaftlich belegt gilt, immer dem aktuellen Stand dessen, was sich mit wissenschaftlichen Mitteln feststellen lässt. Und hierbei gibt es durchaus unterschiedliche Herangehensweisen. Gerade in Asien, z.B. in Indien verträgt sich «esoterisches» problemlos mit Wissenschaft…

Ich empfehle dazu den heutigen Beitrag im Ö1-Magazin «Praxis», der eben über den Sender ging. Nachzuhören noch eine Woche online unter https://oe1.orf.at/player/20220323/672474

LG, Adrian

Schubi hat gesagt: RE:Esoterik vs. Wissenschaft
Gesendet am 23. März 2022 um 19:10
Hallo Adrian.

Danke für deinen Kommentar und den informativen Link. Du hast vermutlich Recht: Esoterik mit Schwurblerei gleichzusetzen, ist zu weit ausgeholt und falsch. Ich korrigiere das an dieser Stelle gerne.

Nochmal zu Klärung (und jep, ich als Anhänger klarer Kommunikation sollte mich tatsächlich klar ausdrücken :-/): Fakten und Vermutetes einer interessieren Allgemeinheit (den vorbeikommenden Wanderern) bunt, bedeutungsschwanger durcheinanderzuwürfeln, ist für mich klar Schwurblerei.

Ich kritisiere die Formulierung auf den besagten Info-Tafeln, die SUGGERIERT, dass am Opferstein tatsächlich geopfert wurde, dass Scheibenschlagen tatsächlich an einer Stelle des Rocher des Celtes stattfand, dass Scheibenschlagen tatsächlich auf die Kelten zurückgeht (es gibt keine Belege dafür) und dass Magnetlinien/-Felder eine Rolle (welche genau wurde nicht verraten) für einen Ort spielen, von der "Kirche der Wölfe" ganz zu schwiegen. Denn das wird auf den Tafeln textlich leider recht salopp in andere, wiederum klar verifizierte Fakten (Steinbruch in der Wolfskirche, Keltensiedlung bei Dieffenthal) eingeflochten ...

und genau da (!) fängt für mich Schwurblertum halt an: nämlich wenn Verifizierbares mit nicht Verfizierbarem einfach vermischt wird, um Bedeutung zu erzeugen (wo oft gar keine ist). Bei Dieffenthal wird dem Wanderer suggeriert, dass die Kelten ganz schön blutrünstig gewesen sein müssen und sie (oder die Wölfe) einen Sinn für Magnetfelder gehabt hätten. Das ist für mich keine aufrichtige Kommunikation. Die Vermischung von Tatsächlichem mit Spekulativem sehe ich als Kommunikations-Strategie in anderen zeitgenössischen Diskursen leider zunehmen, daraus resultiert wohl mein genervter Berichts-Ton. Aber nochmal: jeder soll gern nach seiner Façon glücklich werden! Schön hingegen wäre es, wenn Infotafeln sich trotz allem auf ihre Aufgabe konzentrieren würden, nämlich über Tatsachen zu informieren.

Wenn die verantwortliche Stelle gesagt hätte: der eine Teil der Tafel wird den naturwissenschaftlich-historischen Tatsachen gewidmet, der andere Teil dem "Möglichen": also den Sagen, dem mündlich Überlieferten, meinetwegen auch den diffuseren Aspekten, der Bedeutung von Magnetfeldern, den Naturreligionen, Esoterischem, zu Themen zu denen die Wissenschaften nicht sagen können: supergut, gerne! Dann wäre ich schon zufrieden gewesen.

Nur so waren die Info-Tafeln textlich einfach eine suggestive Melange aus Tatsachen und Spekulativem, für mich: bevormundend. Das finde ich kritisierenswert und habe es im Bericht thematisiert, v.a. im letzten Satz des Fazits.

Schönen Gruß und nix für Ungut,
Frank

ABoehlen hat gesagt: RE:Esoterik vs. Wissenschaft
Gesendet am 24. März 2022 um 06:39
Hallo Frank

Vielen Dank für deine sehr ausführliche Stellungnahme, die ich vollkommen nachvollziehen kann. Du hast recht, deine Kritik bezieht sich primär auf diese Infotafeln, deren Inhalt ich nicht kenne und welche Aspekte der Geschichte beschreiben, mit denen ich ebenfalls nicht oder zuwenig vertraut bin. Von daher nichts für Ungut auch von meiner Seite :-)

Mit dem Spannungsfeld Wissenschaft vs. Esoterik bin ich schon seit gut 30 Jahren vertraut; seit jener Zeit, als ich angefangen habe, mich mit Physik, Astronomie, Kosmologie etc. zu beschäftigen. Ich fand es immer interessant, dass z.B. sehr bedeutende Physiker wie Einstein, Penrose oder Hawking Modelle mit bis zu 8 oder noch mehr Dimensionen und sogar Paralleluniversen entwickelten, die Wissenschaft aber bis heute keinerlei Aussagen darüber machen kann, was sich in diesen uns verborgenen Welten abspielt, und welche Auswirkungen dies auf die uns vertrauten Dimensionen hat. Hier können Religionen, Überlieferungen, esoterische Praktiken durchaus Antworten geben.

Es ist mir klar, dass dies alles zu dem «Möglichen» gehört, den «diffusen Aspekten» wie du es nennst. Jedoch muss man sich bewusst sein, dass auch die Wissenschaft immer nur den aktuellen Stand der Forschung wiedergibt und neue Entdeckungen zu anderen Ergebnissen führen können. Trotzdem finde ich es bedenklich, wie viele auch bei uns (und auch in meinem Umfeld!) wissenschafts-kritisch eingestellt sind, vor allem in Bezug auf den menschengemachten Klimawandel oder bezüglich Erkenntnisse in Zusammenhang mit Covid19. Begrüssenswert wäre aber auch, wenn Phänomene wie Prophezeiungen, Gedankenübertragung etc. oder Fragestellungen wie bezüglich dem Leben nach dem Tod, auch bei uns vermehrt wissenschaftlich ernst genommen würden.

Liebe Grüsse und schöne Unterholz-Touren
Adrian


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