Biberkopf via SO-Grat


Publiziert von Eumaex , 2. Juli 2021 um 18:41.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:15 Juni 2021
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 3:30
Aufstieg: 1054 m
Abstieg: 1054 m
Strecke:8,2 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Im Lechtal nach Lechleiten und bis zum Parkplatz die Ortsdurchfahrt entlangfahren. Die Parkplätze sind kostenlos, können aber an einem schönen Sommertag sehr schnell belegt sein.

Der Biberkopf gehört für mich zu den schönsten allgäuer Gipfeln. In den letzten Jahrzehnten bin ich wohl 15-20 mal auf dem Gipfel gestanden. Eigentlich inzwischen zu jeder Jahreszeit.
Warum ausgerechnet der Biberkopf? Weil er wunderschön liegt und man von oben eine traumhafte Aussicht hat. Außerdem ist der Aufstieg abwechslungsreich und es gibt mit dem SSO-Grat auch eine anspruchsvolle Route nach oben. Ich habe den Berg die letzten Jahre immer dazu genutzt um einen Überblick über die Schneelage im Allgäu zu bekommen und den Kopf zu Saisonbeginn wieder an moderate ausgesetzte Kraxelei zu gewöhnen. Im Sommer ist mir da oben inzwischen ehrlich gesagt zu viel los, die Gefahr von Steinschlag kurz unterhalb des Gipfels ist mir dann auch einfach zu hoch. Viele unterschätzen das Endstück auch und kommen kaum voran oder tun sich beim Abstieg unendlich schwer. Dabei ist der Anstieg für "Geübte" (und so steht es auch auf den Schildern) nicht so schwer. Wenn allerdings der erste oder letzte Schnee im Kamin unterhalb des Gipfels liegt, macht es das Ganze durchaus anspruchsvoller und dem Geübten auch gleich noch mehr Spaß.

Es ist ein traumhafter Tag heute, das Ziel steht seit dem Vortag. Die Nordseiten der Allgäuer Alpen tragen noch ordentlich Schnee, also schadet es nicht einen südseitigen Anstieg zu nehmen um von oben zu Schauen wie es denn insgesamt in den Allgäuer Alpen so ausschaut. Die Wahl viel nicht schwer und es geht zum ersten Mal nach einer gefühlten Ewigkeit wieder nach Österreich. Kurze Grenzkontrolle und dann ab ins Lechtal. Die vorderen Berge sind schon erstaunlich frei, aber immer wieder sieht man das in den hinteren Tälern noch ordentlich Schnee liegt. Von Lechleiten aus sieht der Biberkopf allerdings schon recht frei aus.


Lechtleiten - Einstieg SSO-Grat (1h 15 min)

Los geht es über blühende Blumenwiesen, den Biberkopf immer vor Augen. Dieses Postkartenmotiv ist leider viel zu schnell vorbei und es geht hinein in die Latschen. Hier wird es gleich ordentlich warm. Bis zum Plateau ist kein Schnee mehr vorhanden, dort allerdings halten sich die (harmlosen) Schneefelder hartnäckig. Der Schnee ist noch relativ fest und ich sinke gottseidank nicht ein sondern komme schnell voran. An der Abzweigung zur Mäuerleshütte verlasse ich den Normalweg und gehe nach rechts. Der kleine Weg ist an mancher Stelle schon fast verfallen, man quert nun die komplette Südseite des Biberkopfes. Dort wo man den Weg braucht, nämlich durch die Schuttfelder unterhalb des SSW-Grates ist er jedoch mit bester Spur vorhanden. Auch hier muss ich noch 2 jungfräuliche und steile Schneefelder queren. Wenn der Weg schließlich nach rechts abbiegt kann man ihn verlassen und hält sich am Besten in Richtung des vor einem auftauchenden Grashügels. Erst hier kann man die Route überhaupt sehen. Bis zum Einstieg kann es je nach Wahl des Weges sehr mühsam sein. Heute erleichtert mir ein großes Schneefeld den Aufstieg und ich kann relativ direkt gen Einstieg. Im Hochsommer gibt es hier viel loses Geröll und man hält sich besser etwas weiter rechts.
Ich komme heute sehr gut voran und der Einstieg ist nach ca. einer Stunde und 15 Minuten vom Parkplatz aus erreicht. Also nochmal kurz was trinken und los geht es.


SSO-Grat - Gipfel Biberkopf (1 h)

Ich würde jetzt gerne den perfekten Weg nach oben beschreiben, kann dies aber aus einem einfachen Grund nicht tun: ES GIBT IHN NICHT. Wer den SSO-Grat in Angriff nimmt sollte etwas Pfadfindergeist und ein gewisses Maß an Gefühl für wegloses Gelände haben. Der Grat ist im unteren Teil sehr breit und man steigt zunächst über schuttbedeckte Schrofen und leichte Kraxelei nach oben. Ich halte mich anfangs in Laufrichtung eher rechts und sobald das Gelände dort zu schwer und abschüssig wird quere ich in der Regel schräg nach links. Vermutlich habe ich dabei bei inzwischen 7 Besteigungen dieser Route noch nie den selben Weg genommen. Es gibt die Möglichkeit über diverse Rinnen an Höhe zu gewinne, auch hier habe ich mich eher rechts gehalten. Nach den ersten Kraxeleinlagen (bis II) kommt erneut (dieses mal gut gestuftes) Schrofengelände, dass deutlich angenehmer zu Laufen ist, als der untere Teil. Hier tut man sich leichtesten wenn man sich links im Bereich der jetzt schmaler werdenen Gratkante hält.
Am Ende der Schrofen beginnt der richtige Kletterteil. Zunächst noch bröselig gewinnt man weiter an Höhenmetern und der Grat schrumpft langsam zusammen und wird ausgesetzter. Hier geht es entweder direkt am Grat oder je nach Griffen und Tritten kurz nach links und rechts ausweichend in I-II er Gelände. Man sollte zwar auch hier jeden Griff und Tritt prüfen, der Fels ist jeoch meistens erstaunlich zuverlässig und die Kletterei macht wirklich Spaß. Ein markanter Gendarm im oberen Teil des Grates kann links problemlos umgangen werden. Teilweise kommt auch Gehgelände dazu. Wenn der SSW-Grat auf den SSO-Grat trifft ist man schon fast oben. Es folgt die Rinne mit dem charakteristischen Klemmbock. Im AVF steht, dass man diesen direkt überklettern solle. Schöner und auch angenehmer ist es allerdings diesen rechts in gutem Gestein zu umklettern (II). Heute habe ich auch keine andere Wahl, denn über dem Klemmbock thront noch die Gipfelwechte. Ich kann sie rechts an einer Schwachstelle problemlos übersteigen und stehe am Gipfel. Die Aussicht hier ist in jede Richtung immer wieder beeindruckend.

Das Gipfelbuch zeigt, dass in den letzten 2 Wochen bereits ca. 10-15 Leute oben waren. Der SSO-Grat wurde in diesem Jahr vorher wohl noch nicht begangen. Beeindruckend ist allerdings, dass insgesamt 3 Gruppen in diesem Winter mit Ski hier oben gestanden sind. Da ich traditionsgemäß immer sehr früh im Jahr hier oben stehe, hatte ich über das Gipfelbuch immer eine gute Übersicht über Winterbesteigungen. Bis vor 3 Jahren gab es im Hochwinter eigentlich nur ganz selten einen Eintrag. Seither wird die Skitour hier hoch wohl wieder beliebter. Ein Lechtleitener hat mir vor Jahren mal erzählt, dass der Berg früher im Winter durchaus häufiger befahren wurde. Aufgrund der Steilheit muss dabei wirklich alles passen. Den Moment von guter Lawinensituation und genügend Schneeauflage abzupassen ist sicherlich nicht ganz einfach.  Mein Abfahrtstalent reicht für diesen Berg jedenfalls nicht aus, von daher Respekt an die, die hier abgefahren sind.

Biberkopf - Lechleiten (ca. 1h 15 min)

Nach ausgiebiger Gipfelrast mit traumhaftem Panorama geht es an den Abstieg. Der Kamin zum Gipfel ist noch mit Schnee gefüllt, man kann aber problemlos seitlich davon absteigen. Ist zwar etwas schwieriger als der Normalweg, allerdings geht es heute auch nicht über den I. Grad hinaus und macht umso mehr Spaß. Unten treffe ich auf Arbeiter der DAV-Sektion Obergünzburg, die den Weg in Schuss bringen und die Sicherungen erneuern. Nach kurzem Gespräch geht es weiter, später sehe ich unten an einem Schild, dass der Normalweg heute eigentlich gesperrt ist.
Durch die Schneefelder des südlichen Grasrückens geht es zügig nach unten und nach etwas mehr als einer Stunde bin ich wieder am Parkplatz in Lechleiten.


Fazit:
Tolle Tour!


Anforderungen:
Für den SSO-Grat sollte der II-te Grat beherrscht werden. Ebenso braucht man Erfahrung im Schrofengehen und brüchigem Fels. Auch Routenspürsinn sollte nicht fehlen, dann macht das Ganze richtig Spaß. Der Normalweg ist, sobald der Schnee im Kamin unter dem Gipfel weggeschmolzen ist, für den "geübten" Wanderer machbar. Aber auch hier sollte, wie heißt es immer so schön, Schwindelfreiheit und Trittsicherheit vorhanden sein. I-er Kletterstellen müssen auch hier gemeistert werden.

Tourengänger: Eumaex


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