Von den Vanils zu den Dents Vertes


Publiziert von Bergamotte , 1. Juni 2021 um 14:53.

Region: Welt » Schweiz » Freiburg
Tour Datum:31 Mai 2021
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-FR   Les Dents Vertes 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Charmey (Gruyère), village
Unterkunftmöglichkeiten:Restaurant Dents-Vertes / Auberge de Tissiniva (chez Dudu)
Kartennummer:1225 Gruyères

Letzten November hatte ich die Dents Vertes hinter Charmey überschritten - ein wilder und anspruchsvoller Saisonhöhepunkt. Bereits während der Tour trieb mich die Frage einer Fortsetzung nach Westen um. Lassen sich die Dents Vertes mit den Vanils kombinieren? Der Routenvorschlag im SAC-Führer mit mehreren Abseilmanövern vermochte mich nie zu überzeugen. Das muss auch einfacher gehen! Ausgehend von einigen Fotos und der 10'000er Landeskarte war ich zuversichtlich, gangbare Wege über die beiden Schlüsselstellen zwischen dem Col du Ganet und der Pointe sur le Roc zu finden.

Nach halb neun breche ich auf vom grossen Parkplatz der Gondelbahn in Charmey (877m). Kurz der Strasse entlang und dann über den Wanderweg ostwärts, hier verläuft auch der "Sentier Ludique". In der Spitzkehre bei ca. 1045m greife ich zum SAC-Führer, er wird mir durchs (weglose) Dickicht helfen. Kurz nach der Kurve entdecke ich linkerhand das erwähnte Felsentor und steige dort rechterhand weglos in Falllinie hoch. Das geht ganz ordentlich. Oben minim rechtshaltend treffe ich auf eine Lichtung (umzäunt), verpasse dann aber den empfohlenen Anschluss über eine Wegspur. Also der Nase und dem GPS nach durch dichten Wald, eher mühsam. Weiter oben kreuze ich dann doch den schwachen Weg, regelmässig markiert mit Plastikbändeln. Ich folge ihm vorübergehend nach SW, verlasse ihn zuletzt, um zum Mont Chupiaô (1238m) aufzusteigen. Verwachsen, kein Panorama, wenig lohnend.

Der Weiterweg zum Brenloz bleibt vorerst botanisch. Man sucht sich halt eine mögliche Linie durchs Waldband. Wobei, man sollte unbedingt die Südwand der Dent Bêche (ohne Name und Kote auf LK, bei Interesse s. Archivroute im SAC-Tourenportal) anpeilen, denn dort verläuft ein Wildwechsel, welcher die Steiltraverse entscheidend vereinfacht. Ich erreiche den Verbindungskamm zwischen Brenloz (1463m) und Pointe des Chambres und gewinne ersteren nicht direkt über seinen SE-Grat, sondern die Südflanke (T6-). Vor Ort ist das offensichtlich. Oben nette Aussicht, vor allem auf Charmey. Wieder unten begehe ich den Verbindungskamm zur Pointe des Chambres (ohne Name auf LK), einigen Hindernissen ausweichend. Das ist alles detailliert beschrieben im Führer. Und hey, die Gegend wird doch ab und zu begangen, was ich anhand von Drahtseilen in einem kleinen Sattel folgere. Wer nur die Vanils begeht, kann über diese Scharte zurück nach Charmey absteigen (s. Führer, bis hier sehr gut dokumentiert). Zuletzt immer steiler die Flanke hoch, um zuletzt den Grat zu gewinnen (T6-) und in luftigen, aber wenigen Metern die "Pointe des Chambres" (ca. 1490m). Kurze Pause bei toller Rundumsicht und gutem Einblick in den Weiterweg Richtung Dents Vertes.

Nachdem ich beim Blick auf den mächtigen Felsgürtel zuerst mal leer geschluckt habe, erkenne ich aus der Ferne ganz schwach die erhoffte Schwachstelle auf der Südseite, auf der LK (10 Raster) gut zu sehen. Zunächst heisst es aber den Kamm zu begehen. Dieser Übergang erweist sich als durchaus lohnend, denn der Bewuchs lichtet sich, wird gar mediterran und gibt immer wieder Blicke nach Süden frei. Am besten verbleibt man direkt auf dem Kamm, welcher vielerorts durch Wild freigehalten wird. Am Fuss des Felsgürtels stehend öffnet sich der Blick aufs Band in der Südwand. Gutmütig und viel ansehnlicher als die Führerempfehlung auf der grimmigen Nordseite. Übers kurze Band bis zu dessen Ende an einem Sporn (T5-) und dort der unsichere Blick hoch: Aber hurra, es geht weiter! Ein zunehmend steile Grasrinne ermöglicht den Aufstieg eine Ebene höher, erstes Problem gelöst. Wobei, unterwegs erweist sich ein schmaler Riss als heikel, wohl bereits T6+/II, aber nur kurz und somit kein Vergleich zu meinem letztjährigen Südaufstieg zur Pointe sur le Roc.

Der kurze Kamm vor und nach der "Dent Motte" (ca. 1726m) ist recht bewachsen und teils muss wenig nach Norden ausgewichen werden. Der Zahn selber lässt sich mit einigen Kletterzügen von Westen ersteigen, nach Osten bricht er fast senkrecht ab. Achtung, noch zuvor passiert man ein erstes, nach Süden vorgelagertes Zähnchen, nennen wir es Denticule Motte. Hier würde ich von Begehungsversuchen absehen...

Das zweite Fragezeichen in der Tourenplanung war der Westgrat an der Pointe sur le Roc. Diese Variante liess ich mir offen und wollte vor Ort entscheiden. Der Führer - welcher die Tour in umgekehrter Richtung begeht, was mir unsinnig erscheint - seilt hier streckenweise ab. Mit einer ausgesetzten III sollte man durchkommen, aber das muss nicht sein, sofern es sich vermeiden lässt. Und das tut es. Erst im allerletzten Moment, direkt am Gratfuss, zeigt sich ein Band, welches nordseitig geschickt der Felswand entlangführt (T5). Ich folge ihm anregend, um bei guter Gelegenheit rechts zum Grat hochzusteigen (T6). Zur Info: Das Band würde weiterführen, die Pointe sur le Roc (1764) könnte somit komplett umgangen werden. Auf dem Grat angekommen verbleiben wenige Meter bis zum Gipfel. Hier betrete ich bis auf weiteres bekanntes Terrain und verweise auf den letztjährigen [tour159347Bericht] sowie die Vorlage von lorenzo. Ein kleiner Nachtrag zum nachfolgenden Vanil du Gros Ladrey (1790m): der Direktaufstieg über den Westsporn wäre möglich, es muss nicht zwingend zuerst das nordseitige Band begangen werden. Die Dent de Vounetse (1813m) liegt zwar nicht an meiner geplanten Route, aber was wäre eine Tour an den Dents Vertes ohne sie!? Hier mache ich es mir für eine lange Mittagsrast gemütlich und erfreue mich am erlebten Abenteuer auf unbeschriebenen Routen.

Als Fortsetzung drängt sich der Weiterweg über alle Dents Vertes auf, allenfalls mit Verlängerung über Vanil d'Arpille und Vanil d'Orseire bis zum Laubspitz. Wie hier gezeigt lässt sich das ganze "Vallon des Fornis" im gehobenen Alpinwanderstil umrunden (s. auch *hier). Aber weil bereits bekannt zog ich den Abstieg nach Norden über den "Sentier Panoramique" ins Skigebiet vor. Weil die Bahn bis Donnerstag noch ruht, war Ruhe garantiert. Man muss wohl Zen-Meister sein, um die unzähligen, beinahe flachen Serpentinen ohne Abkürzungen abzulaufen... Unten dann wackeres Hügelsammeln, teils auf markierten Wegen, teils frei über Weidegelände: Vounetse (1627m) - "Tissinèva" (1562m) - "Chaux du Vent" (1498m) - L'Arsajoux (1404m). Zuletzt etwas weitläufig ins Liderrey-Tal runter, um mit vernachlässigbarem Gegenanstieg am Le Mont vorbei den Ausgangspunkt zu erreichen. Im Pâtissier de l'Hôtel Cailler, meines Erachtens die beste Dessertadresse im Greyerzerland, gönne ich mir zum Abschluss eine "Kleinigkeit" zur Feier der erfolgreichen Tour.


Zeiten (kum)
1:00  Mont Chupiaô
1:30  Brenloz
1:45  Pointe des Chambres
2:45  La Pointe sur le Roc
3:10  Le Vanil du Gros Ladrey
3:30  Dent de Vounetse
4:15  Tissinèva
4:40  L'Arsajoux
5:25  Charmey

Tourengänger: Bergamotte
Communities: Freiburg, T6


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