Zigerstogg (Oberurnen)


Publiziert von justus , 18. März 2021 um 08:35. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum: 2 November 2020
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: V (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Oberseegruppe 
Zeitbedarf: 0:15
Aufstieg: 700 m
Abstieg: 700 m

Der Zigerstogg ist eine steile Felsnadel oberhalb von Niederurnen. Auf seinem Gipfel befindet sich eine Blechfahne, die jedoch in den letzten Jahren stark gelitten hat. Ich meine mich erinnern zu können das man vor einigen Jahren noch das Quietschen hören konnte, wenn sie sich im Wind drehte.

Schon lange hatte ich diesen "Gipfel" im Blick. Dank einer Frage auf Hikr bekam ich von Greigler die Informationen zur letzten Fahnensanierung im Jahr 1987. Doch Information zu Begehungen in den letzten Jahren lassen sich nicht finden. Dann im Sommer 2019 wanderte ich ein erstes Mal zum Fuss des Zigerstogg auf dessen Nordseite. Doch alleine war das nicht zu machen. Letztes Jahr konnte ich nun mit DonMiguel einen Mitstreiter gewinnen, der auch ein Faible für die urchigen Touren des Glarnerlands hat, und ausserdem noch versiert im Umgang mit mobilen Sicherungsgeräten ist.

Der Zigerstogg vom Plattenberg/Marientwand her gesehen



DonMiguel ist ein paar Tage zuvor vom Plattenberg her abgestiegen, um einen näheren Blick auf den Zigerstogg zu werfen und hat zumindest einen alten Schlaghaken weiter oben in der Wand entdeckt. Nun kurz vor unserem Versuch hat DonMiguel auch noch einen der Bergsteiger, der in den 60er Jahren dort unterwegs war, ausfindig machen koennen, so das wir guten Mutes losziehen.

Vom Parkplatz in Näfels laufen wir auf dem Wanderweg durch den Niderbergwald hinauf. Dann auf dem Forstweg, bevor wir auf einen schmalen Pfad abbiegen (siehe Photolocation oder GPS-Track), der uns schliesslich bis an das untere Ende des Schluchenzug führt.

Zuerst rechts dieser Geröllhalde hinauf und dann links haltend hinaufqueren. Auf dem losen Laub und Geröll muss bald einmal der Pickel zur Hand (wobei mir kurz meine Jacke herunterfällt, dazu später mehr...).

Unter dem Zigerstogg zieht eine Rinne hinauf die in einer steilen Rasenrampe endend in die Scharte südlich des Gipfels führt (Bild hier). (Auf die Nordseite gelangt man einfach am Anfang der Rinne oder an ihrem Ende auf Gemsspuren). Wir klettern an Wurzeln und etwas losem Gestein rechts der Rinne hinauf. Die Grassrampe ist dann recht steil, und man ist froh um den Pickel. Im Abstieg werden wir sie abseilen.

In der Scharte machen wir uns für die Kletterei parat. DonMiguel übernimmt dankenswerterweise den Vorstieg und das Absichern. Es geht der Kante nach hinauf und am oberen Ende etwas rechts davon auf den Gipfel. Im unteren Teil mit Schlingen, Keilen und Friends  gut abzusichern. Hingegen oben, wo es schwieriger ist (5b) hat es unzuverlässige Schlaghaken, die man mit dem Finger im Moos bewegen kann. Auch ist der Fels nicht gut zum selber setzen. Also etwas unangenehm. Ich bin froh, dass ich das im Nachstieg machen kann und reisse auch gleich einen Griff in der Schlüsselstelle heraus...

Die Kletterrei. DonMiguel schon am Ausstieg.


Wir denken, dass wir über die im Gipfelbuch erwähnte Südostkante aufgestiegen sind.


Die Aussicht hinunter nach Oberunen und über den Walensee ist sehr schön.

Aussicht auf Oberurnen und Walensee

Auf dem Gipfel hat es neben der Fahne nicht viel Platz. Aber das Highlight ist die kleine Box mit Gipfelbuch, die noch erhalten ist. Der letzte Eintrag ist vom 1987. Der Bleistifft ist zerfallen, aber mit der Mine können wir uns noch eintragen. Hier die erste Seite des alten Buchs.

Erste Einträge im alten Gipfelbuch


Es hätte auch noch eine kleine Dose mit Fett um das Scharnier der Fahne zu fetten. Doch die ist in denkbar schlechtem Zustand.

Wir machen eine Weile Pause und geniessen den Gipfel, bevor wir an einer der Föhren (der im Gipfelbuch erwähnte gute Absteilstand aus zwei Schlaghaken sieht eher wenig vertrauenerweckend aus) zurück in die Scharte abseilen.

Von der Scharte seilen wir ein weiteres mal über die Grasrampe ab und dann noch einmal um uns die Wurzelkletterei zu ersparen.

Statt auf dem gleichen Weg zurückzukehren folgen wir Drahtseilen der Jäger und steigen über den Vorbau und dann auf der Ostseite wieder zum Weg hinunter.

Geschwind geht es nun auf dem selben Weg zurück nach Näfels. Dort kann ich dann das Auto nicht öffnen?? Ich muss im Aufstieg den Autoschlüssel aus der Jacke verloren haben ;( ;(. Nun ja, dank DonMiguel kann ich den Zweitschlüssel von daheim holen und das Auto doch noch wegbewegen...

Diese Tour dürfte nicht gerade viele Nachahmer finden, ist der Zustieg im Verhältnis zu der einen Seillänge Kletterrei doch recht lang. Für die Liebhaber solcher Glarner Spezialitäten lohnt es sich jedoch.
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Kleiner Epilog: Nachdem ein Ersatzautoschlüssel beschafft und neu programmiert ist, steige ich zwei Wochen später doch nochmal in den Schluchenzug hinauf und finde tatsächlich nach kurzer Suche meinen Auto- und Hausschlüssel gerade an der Stelle wo mir die Jacke kurz heruntergefallen war. DonMiguel hatte noch gemeint er hätte dort evtl etwas gehört. Damit sich der Ausflug gelohnt hat steige ich nochmals auf die Nordseite, wo der Fels besser scheint, die Kletterei aber sicher schwieriger wäre. Dann alles unter der Plattenwand hindurch via Gross-Winkel an den Geschützen der Festungsanlage vorbei zurück nach Näfels.
 


Tourengänger: justus, DonMiguel


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Geodaten
 52195.gpx naefels-zigerstogg

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Kommentare (11)


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ossi hat gesagt: Willkommen im Klub
Gesendet am 18. März 2021 um 12:42
Willkommen im "Looser-Klub". Ich habe kürzlich mein Portemonnaie in den Churfirsten auf Skitour verloren und am nächsten wieder gefunden!

Man sollte diesbezüglich eine neue Tourenskala erfinden, "Lost and found" von LF1 bis mindestens LF6+.

LG
ossi

justus hat gesagt: RE:Willkommen im Klub
Gesendet am 18. März 2021 um 14:12
:) Ja meine grosse Erfahrung im LF1 (im ÖV liegen lassen und gegen Gebühr bei der SBB abholen) hat mir hier nicht weitergeholfen. Das war mindestens LF3-4.
Ab LF5 ist dann sichere Geländebeurteilung sowie Vertrautheit im Umgang mit suchtechnischen Hilfsmitteln (Metaldetektor etc) gefordert.

LG
-justus

mde hat gesagt: Nachahmungspotenzial vorhanden
Gesendet am 18. März 2021 um 22:35
Cooler Bericht, vielen Dank!

justus hat gesagt: RE:Nachahmungspotenzial vorhanden
Gesendet am 23. März 2021 um 08:43
Waere cool von einer weiteren Begehung zu lesen. Platz fuer weitere Routen haette es...

Gruess,
/justus

maenzgi hat gesagt: Coole Tour
Gesendet am 19. März 2021 um 10:30
Die kommt definitiv auf meine Liste für diesen Sommer einmal vor der Arbeit.

Weiterhin schöne Touren

Gruss Manu

justus hat gesagt: RE:Coole Tour
Gesendet am 23. März 2021 um 08:45
So schnell mal vor der Arbeit tönt noch ambitiös ;-)

Viel Spass dort, Gruess
/justus

maenzgi hat gesagt: RE:Coole Tour
Gesendet am 23. März 2021 um 09:33
Nicht wenn man frühestens um 15:30 mit der Arbeit beginnt;)

Nic hat gesagt:
Gesendet am 20. März 2021 um 18:55
Toller Bericht über ne geile Tour (wenn mir auch viel zu schwer). Genau solche einsamsten Türme und Felsen reizen mich auch. Es muss nicht immer ein "Großer" sein. Gerne lese ich über solche Touren. Weiter so.

VG Nico


miCHi_79 hat gesagt: Cooler Bericht
Gesendet am 6. April 2021 um 16:51
Könnte ich es, würde ich die Tour gleich nachmachen aber sehr interessant zum lesen und was für ein wunderbares Zeitzeugnis.

justus hat gesagt: RE:Cooler Bericht
Gesendet am 13. April 2021 um 09:30
merci!

Ich sehe du bist ja auch viel in der Gegend unterwegs. Gute Touren weiterhin!

Gruess,
/justus

Nyn hat gesagt:
Gesendet am 13. April 2021 um 22:08
Derartige Türme, Nadeln und Zinnen heisst es mit Mut und Können zu erklimmen. Chapeau!


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