Renchtalsteig - Trekking im Schwarzwald


Publiziert von Günter Joos (gringo) , 10. Juni 2020 um 22:25.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum:21 Mai 2020
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 4 Tage
Strecke:98
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Der Bahnhof von Oberkirch ist mit der Regionalbahn ab Offenburg erreichbar. Der Ausgangsort Bottenau befindet sich eine Gehstunde von Oberkirch Bahnhof entfernt
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Oberkirch, Bahnhof. Siehe Ausgangspunkt.

21.05.2020: 10 Uhr Ankunft in Oberkirch. Da ich ins nahe Bottenau keinen ÖV-Anschluß finde, gehe ich zu Fuß dorthin, Gehzeit 1 Stunde über einen Weinberg hinweg.  Die auch von innen sehenswürdige Wallfahrtskapelle St. Wendelin öffnet einen vorübergehenden Eintritt in den schattigen Wald. Die Staufenburg thront wiederum weit sichtbar zwischen Rebbergen. Edle Tropfen werden dort zum Verkauf geboten. Eine Rast am Ofenloch gewährt mir einen Ausblick zu Hornisgrinde und Schliffkopf. Am Brunnen werden die Wasserflaschen wieder aufgefüllt. Im Unterschied zum Zweitälersteig wird man auf dem Renchtalsteig bezüglich Wasser weitaus fündiger, zumindest jetzt im Mai sprudeln zahlreiche Brunnen entlang des Weges. Zahlreich sind heute auch Wanderer, Radler und Spaziergänger. Was Wunder, an diesem fast schon sommerwarmen Samstag. Der Mooskopf mit seinem aussichtsreichen Sandsteinturm (872 m) wird der erste Gipfel meiner Tour. Mit seiner Position so nahe am Rheintal vermittelt er auch eine beeindruckende Abgehobenheit. Auf der gegenüberliegenden Seite des Rheingrabens ist die parallel verlaufende Kette der Vogesen zu erkennen. 
Eine abwechslungsreiche Wegführung, viele Aussichten und wechselnde Landschaftsbilder zeichnen den Renchtalsteig von Beginn an aus. Fortwegpassagen und hin und wieder ein Asphaltstück, wie das beim Höhenhotel Kalikutt, nehme ich insofern mit wohlwollender Gelassenheit hin. Ein kleiner Tobel wird gequert, abermals Abstieg über eine aussichtsreiche Bergwiese, der Blick gen Oppenau. Der Ort wird aber nur an dessen Rand berührt, an den Hugenhöfen ist die erste Etappe offiziell beendet.  Dort werde ich etwas belächelt, als ich meine Absicht kundtue, heute noch den ibacher Holzplatz erreichen zu wollen. Und tatsächlich, lang und steil zieht es sich von etwa 300 m auf knapp 800 m hinauf.  Um 19.45 h habe ich es geschafft und mir geht gleich bei Ankunft das Herz auf, der Lohn meiner Mühen! Eine den Gleitschirmfliegern zum Absprung dienende Steilgraswiese bietet ein fantastisches Panorama über Oppenau hinweg zur Hornisgrinde.  Ich bin allein, baue mein Zelt am oberen Wiesenrand auf und genieße während des Kochens und Essens die traumhaft sonnige Abendstimmung. Die Knochen merke ich allerdings schon,  nach diesem langen, aber prachtvollen Wandertag, der mich und meinen schweren Trekkingrucksack nahezu aus der Tiefe der Rheinebene über  sonnige Weinberge hinweg bis  hinauf in dunkle, fichtenbestandene Schwarzwaldhöhen trug. Und das nicht etwa direkt, sondern in lustigem Auf und Ab ;-)

22.05.2020: Um 7 Uhr verlasse ich meinen liebgewonnen Nächtigungsort. Nach20 Gehminuten komme ich erneut an eine Wiese mit ähnlich phänomenaler Sicht, diesmal gen Bad Griesbach. Sogar eine Unterstandshütte gibt es dort. Da ich im Biwak kein Wasser hatte, nehme ich am Lochenwasenbrunnen eine Putz- und Waschaktion vor. Kurz danach schweift der Blick zu den Tälern jenseits des Renchtales, gen Oberharmersbach und ins Kinzigtal. Der kurze Abstecher zum Urselstein lohnt meiner Meinung nach nicht wirklich. Es folgen mehrere schöne Ausgucke ins Renchtal. Die Hermersbacher Hütte ist einer davon und als potentieller Nächtigungsplatz von mir vorgemerkt ;-). Das Schwarzwälder Mineralwasermekka  Bad Peterstal wird beim Kurpark betreten und vom Renchtalsteig eigentlich nur gestreift. Ich genehmige mir einen Abstecher in den Ort, und profitiere von den jüngsten Coronalockerungen mit einer Einkehr zu Kaffee und Kuchen. 
Am Holchenwasserfall vorbei geht es nun wieder recht straff aufwärts bis zur Seebene. Mit einem fantastischen Tiefblick zum geheimnsivollen Glaswaldsee genehmige ich mir dort eine Brotzeit.Er gehört zu den vielen kleineren Karseen des Nordschwarzwaldes, der hält, was der Mummelsee verspricht. Über die Felsformation Rappenschliff gehe ich weiter zur Sexauer Hütte. Geräumig und mit plätscherndem Brunnen wäre diese ebenfalls eine gute Übernachtungsoption, doch ich ziehe weiter, steige den sich wild zwischen Sandsteinblöcken emporschlängelnden Bergpfad durch die Teufelskanzel empor und beende meinen Wandertag um 18 Uhr an der hübsch gelegenen Hildahütte. Statt des erwarteten Zwischentiefs treffen später mit Flori und Heike zwei Westwegwanderer ein. Allerdings ziehen jetzt doch vermehrt und häufiger graue Wolken über unsere Köpfe hinweg.

23.05.2020. Ab 5 Uhr morgens ergießen sich mehrere Schauer hintereinander über unseren Biwakplatz. Danach ist es vorerst neiderschlagsfrei, aber neblig. Um 8.50 Uhr leiste ich mir einen eher späten Aufbruch. Ab der Renchquelle wird es dann wirklich unwirtlich. Um 12 Uhr flüchte ich bei Regen und stürmischen Böen ins Innere des Buchkopfturms. Leider zieht es überall im Turm, aber ich bin für eine Weile vor dem Regen geschützt und kann mich mit einer Brotzeit stärken. Weiter dann zum Hotel Zuflucht (der Name klingt in Zeiten des Lockdown wie eine Verhöhnung!) und  über eine unter anderen Bedingungen immerhin aussichtsreiche Forstautobahn gen Schliffkopf. Das Wetter bleibt beharrlich,  Regen, Nebel und starke Windböen. Die subalpine Grindenvegetation am Schliffkopf macht allerdings selbst bei miserablem Wetter was her. In der Jakobshütte, einem Unterstand nur wenige Minuten unterhalb des Schliffkopfgipfels, bereite ich mir einen wärmenden Kaffee, bevor ich mich bei nun merklich nachlassendem Regen an den wunderschönen Abstieg zu den Allerheiligenfällen mache.  Dort ragt zum Empfang die geheimnisvoll scheinende  Ruine eines alten Klosters empor. Das folgende Anwesen mit Gaststätte, Wohnbereich, Ställen, Klosterladen und Springbrunnen ist überaus idyllisch. Straße und Parkplatz sind auch nah, und so sind hier und am gleich folgenden Reigen der Wasserfallkaskaden nicht wenige Besucher unterwegs. Die Kakaden gehören für mich zu den beeindruckendsten im Schwarzwald. 
Um 19 Uhr treffe ich an der Knappeneckhütte ein. Das Wasser aus der nahen Eselsquelle kann zumindest im abgekochten Zustand konsumiert werden. Die Hütte hat ihren Standort nahe einer Lichtung mit einem Bauernhof, wo Pferde auf der Wiese weiden.  Das Haupthaus der Hütte ist verschlossen, doch finde ich genug Platz im überdachten und mit Bänken versehenen Unterstand. Ab 20.20 bricht dann die Sonne durch. Der Spuk des Zwischentiefs ist überstanden.

24.05.2020: Kurz vor 7 Aufbruch in der buchstäblichen Morgenfrische. Heiter bis wolkig heute das Wetter, und zum Finale wiederum einige schöne Aussichten, wie etwa die am Rappenschrofen. Auf der Burgruine Schauenburg endet offiziell der Renchtalsteig.  Nach einem letzten, dankbaren Blick über Oberkirch hinweg hinüber zu den Hügeln, wo vor  drei Tagen alles begann, nehme ich das verbliebene Wegstück gen Oberkirch Bahnhof unter die Sohlen. In meinem Fall nicht der direkteste Weg, denn ich gerate im Abstieg eher versehentlich auf einen hübschen Weinlehrpfad, ehe ich im schmucken Fachwerkstädtchen Oberkirch eintreffe.

Nachwort: Nachdem ich kürzlich erst den Zweitälersteig hochgelobt habe, bleibt zu sagen, daß der Renchtalsteig diesem ebenbürtig ist. Die "neuen" Fernwanderwege des Schwarzwaldvereins scheinen eine neue Richtung zu gehen. Statt der Direttissimas der Klassiker werden jetzt  gezielt Routen geschaffen, bei denen Aussichten, Sehenswürdigkeiten, Abwechslung in den Vordergrund rücken. Dabei wird auch die Wegqualität im hohen Maße berücksichtigt. Asphalt und breite Forstautobahnen sind denkbar unpopulär geworden, deshalb wird der Wanderer mehr und mehr auf sehr ansprechende Wald- und Bergpfade geführt.  Während die Klassiker eher direkte Linie machen, schlängeln und zickzacken sich diese Strecken oft richtiggehend durch die Landkarte. So kann es natürlich passieren, daß nach einer Gehstunde möglichwerweise immer noch der selbe Kirchturm zu sehen ist, nur meinetwegen von einer anderen Seite. Nicht weiter schlimm, meine ich, der Weg ist schließlich das Ziel :-).

Zu weiteren Informationen, inclusive näherer Routenbeschreibungen existiert diese Seite:

http://www.renchtalsteig.de/

Tourengänger: Günter Joos (gringo)


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Kommentare (4)


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Schubi hat gesagt:
Gesendet am 10. Juni 2020 um 23:37
Hallo Günter.
Schöner Tourenbericht – Danke! Hast ja, trotz unstetem Wetters, so einiges erlebt. Deinem Nachwort ist nichts hinzuzufügen.
Viele Grüße, Frank

Günter Joos (gringo) hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. Juni 2020 um 18:30
Hallo Frank,
vielen Dank für dein Feedback! Ich denke und hoffe, daß ich auch in Zukunft zu weiteren Fernwanderwegen im Schwarzwald kommen werde. Gerne auch mal wieder mit leichterem Gepäck , zünftigen Gasthaus- oder Hüttennächtigungen und einem genussreichen Abendmenü :-)

alpstein hat gesagt:
Gesendet am 11. Juni 2020 um 06:04
Hallo Günter,
Dein Bericht zeigt mal wieder, dass der Nordschwarzwald auch einen Besuch wert wäre. Jetzt warst Du ja dieses Jahr schon einige Wochen auf Steigen unterwegs.
Grüße aus der Nachbarschaft
Hanspeter

Günter Joos (gringo) hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. Juni 2020 um 18:34
Hallo Hanspeter,
fürwahr, fürwahr, der Nordschwarzwald hält viele Schätze zum Entdecken bereit, sowohl in der Natur, als auch kulturell! Ich wünsche dir viel Glück und viel Spaß in den Chiemgauern und bin gespannt auf deine Berichte von dort :-)!



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