Brünig-Haupt – altes Versprechen eingelöst


Publiziert von Tobi , 4. August 2009 um 22:24.

Region: Welt » Schweiz » Obwalden
Tour Datum:27 Juli 2009
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Westliche Melchtaler Alpen   CH-OW 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 700 m
Abstieg: 700 m
Strecke:Älggi - Bachegg - Rutichrüz - Schnidengrätli - Brünig-Haupt - Murmelchopf - Abgschütz - Chringengrätli - Seefeldstock - Seefeld - Älggi
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Auto von Sachseln oder von Flüeli via Panoramastrasse nach Älggi

Vor fast 20 Jahren war ich mit meinen Eltern auf dem Hochstollen. Dort zeigte mein Vater auf das Brünig-Haupt und schilderte lebhaft dessen Besteigung: abenteuerliche Kletterei durch ein schmales Kamin, über ein rutschige Platte und einen ausgesetzten Grat. Da wollte ich natürlich sofort hin, dies war aber aus zeitlichen Gründen nicht sofort möglich und so gab mir mein Vater das Versprechen, mit mir später mal das Haupt zu erklimmen.

Endlich hat nun mein Vater das Versprechen eingelöst und mit mir das Brünig-Haupt bestiegen. Von hikrs.org her kannte ich die Route für die Überschreitung unterdessen auch, so übernahm ich gleich die Wanderleitung. Ich dachte, ich könne meinem Vater etwas Neues zeigen, da ich aus seinen Schilderungen annahm, dass er bisher nur vom Abgschütz her auf den Gipfel kam und den gleichen Weg zurück wählte.


Nach der abenteuerlichen Anfahrt von Sachseln her auf die Älggi-Alp (die zeitlich beschränkte Zufahrt gilt nur an Wochenenden und Feiertagen) wanderten wir kurz vor 8 Uhr gemütlich los. Die mächtige und unbezwingbar scheinende Felsburg des Brünig-Haupt war schon jetzt sichtbar. Trotzdem marschierten wir furchtlos über Alp "Angst" zur Bachegg (1862). Von dort immer steiler werdend direkt auf dem Grat hinauf zum Rutichrüz (T4). Anfangs noch grasig, wurde der Schlussaufstieg immer rutschiger (Schiefer-Geröll). Bei Nässe wird es wahrscheinlich ziemlich seifig.

Oben genossen wir das schöne Panorama und stärkten uns für den folgenden Grat. Mein Vater wurde beim Betrachten des weiteren Weges über den brüchigen Grat unruhig. Immer wieder schaute er nervös rüber und suchte wohl nach einer Umgehungsroute. Ich hatte ihm vorgängig den Tourenbericht von eldo zum Lesen gegeben und so fragte er mich nun erstmals schüchtern, was mit dieser Bewertung T5 denn gemeint sei, ob dies schwierig sei. Um ihn zu beruhigen, hätte ich wohl sagen können, dass es sich um eine nach oben offene Skala handelt, aber ich blieb ehrlich und gestand ihm, dass es nur bis T6 geht.

Doch allzu sehr lies er sich nun davon nicht beirren und so nahmen wir doch das Schnidengrätli in Angriff. Dieses war einfacher als es zu Beginn aussah. Der Einstieg ist etwas brüchig und rutschig (T5), aber anschliessend folgt ein wunderschöner Grat, der zwar luftige Tiefblicke in die perfekt geschichtete Westflanke bietet, aber überall genügend breit ist (T4).

Nach dem Grat stiegen wir zunächst weglos hoch unter die Westwand des Brünig-Haupt und stiessen dort schon bald auf einen Pfad, der mit verblassten blau-weissen Markierungen und Steinmännchen versehen ist. Dieser führte direkt zum Einstieg in die Westwand. Bis hierhin konnte ich meinem wanderbegeistertem Vater, der schon so überall in der Schweiz unterwegs war, tatsächlich noch ihm unbekanntes Terrain zeigen. Doch den folgenden Aufstieg aufs Haupt kannte er bereits. Dieser führt über eine gegen oben immer breiter werdende Rampe zum Gipfelkreuz. Der Weg ist gut markiert und mit Seilen ausreichend gesichert (T5). Diese könnten insbesondere bei Nässe auf den glatten Felsen sehr nützlich sein. Auf dem Weg zum Gipfel kamen meinem Vater wieder die Erinnerungen hoch und musste lachend den Kopf schütteln. Er fragte sich heute, wie sie anno dazumal diesen kurz nach Pfingsten noch schneebedeckten Abstieg geschafft haben. Damals waren sie mit etwas besseren Halbschuhen unterwegs und all die Sicherungsseile waren auch noch nicht vorhanden. Er konnte sich noch erinnern, dass sie das letzte Stück runter zum Seefeld auf ihren Windjacken über ein Schneefeld rutschend hinter sich brachten.

Die Aussicht auf dem Gipfel war überwältigend. Wir hatten einen prächtigen Tag erwischt, fast keine Wolken waren am Himmel zu sehen. Unter dem Gipfelkreuz genossen wir unser Znüni und die Sicht ins Mittelland und die Alpen. Leider haben wir kein Gipfelbuch gefunden, so konnten wir uns nicht verewigen.


Erholt machten wir uns auf den weiteren Weg Richtung Abgschütz. Der Weg bis zum Chli Haupt ist etwas abenteuerlich und zum Teil ziemlich ausgesetzt (T5).  Aber das Weglein schlängelt sich auch durch blumenreiche Matten, auf denen es noch Edelweisse zu entdecken gibt. Beim ersten Abbruch liessen wir uns zuerst durch die geradeaus weiterführenden Wegspuren fehlleiten und suchten dort nach einem Abstieg. Doch der richtige Weg führt rechts in der Westflanke runter in den Einschnitt. Es folgten nun endlich auch die von meinem Vater vor fast 20 Jahren beschriebenen Stellen, die ich auch von den damals geschossenen Fotos kannte: Der luftige Grat, die ausgesetzte Plattenquerung (nun dank Fixseil kein Problem mehr) und der enge Kamin (es empfiehlt sich, den Rucksack auszuziehen). Anschliessend hat man das Gröbste geschafft. Nach diesem Abschnitt in der Ostflanke folgt nun der Wiederaufstieg zum Grat. Von hier könnte noch das Chli Haupt bestiegen werden, schenkten wir uns und sind direkt weiter über den Murmelchopf Richtung Abgschütz gewandert. Dieser Teil ist eine schöne Gratwanderung mit wunderbarer Aussicht und vielen Blumen (T3). Von Punkt 2168 könnte über die Europaleiter die Tour schon jetzt abgebrochen werden und direkt wieder ins Seefeld abgestiegen werden. Für schnelle Berggänger wäre so wohl das Haupt an einem schönen Sommerabend als Feierabendtour möglich (ohne Umweg über das Schnidengrätli). Weil wir noch genügend Zeit hatten und das Wetter noch hielt, sind wir weiter zum Abgschütz marschiert. Von dort erfolgte der Abstieg zum Chringengrätli. Auf diesem hatte es noch nasse und daher rutschige Stellen, es ist aber alles bestens mit Stahlseilen gesichert (T3). Auf dem Übergang angekommen, legten wir eine ausgiebige Mittagsrast ein.


Schon während der Gratwanderung liebäugelte ich mit einer Besteigung des Seefeldstocks. Immer wieder schaute ich mir dessen Flanken an und suchte nach der optimalen Route für die Besteigung. So nutzte ich die Mittagspause und machte noch einen Abstecher auf diesen Stock. Vom Chringengrätli führen Wegspuren direkt zum Beginn des Nordost-Grates. Von dort links ein kurzes grasiges Couloir hoch, welches in die Südwestflanke führt. Diese Grasflanke ist gut gestuft und die vereinzelten Felsstufen lassen sich leicht erklimmen (T5, II). Es bieten sich viele mögliche Routen auf den Gipfel an. Ich war zuerst auf dem für mein Empfinden höchsten mittleren Punkt, entdeckte dann aber auf dem nordöstlichen Gipfel ein paar Steinmännchen. So stattete ich dieser Erhebung auch noch einen Besuch ab (einfach über den Grat zu erreichen). Auf dem Abstieg (ungefähr gleicher Weg) kletterte ich auch noch kurz auf einen Felsturm des Nordost-Grates (T5, II), so dass ich alle drei Erhebungen des Seefeldstocks in der Tasche hatte.


Zurück in der Lücke stiegen wir auf dem normalen Wanderweg runter zum Sachsler-Seefeld. Der Bergsee dort lud fast zu einem Bad ein. Doch wir hatten nur die Militärbadehosen dabei, und für diese hatte es zu viele Leute unterwegs. Ich weiss auch nicht, ob dies mit dem Gesetz vereinbar gewesen wäre, zumindest im Appenzell dürft diese Art des Badens wohl verboten sein ;-)

Das bei den "Hinteren Hüttli" zum Kühlen in den Brunnen gelegte Bier liess uns noch mehr durstig machen, und so wählten wir den kürzesten Weg runter zur Älggialp (Geisspfad durch den Mattwald). In der Wirtschaft konnten wir endlich unseren Durst mit feinem Appenzellerbier löschen. Natürlich durfte der obligate Abstecher zum Touristenmagnet mit dem Namen „Mittelpunkt der Schweiz“ nicht fehlen. Beim nächsten Besuch auf der Ällgialp werde ich dann aber eine Expedition zum exakten Mittelpunkt (rund 500m  nordöstlicher) unternehmen.


Tourengänger: Tobi


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Kommentare (2)


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Gelöschter Kommentar

Tobi hat gesagt: RE:Chli Haupt geschenkt
Gesendet am 30. Oktober 2009 um 13:59
Hallo Mark

Ich dachte eigentlich, dass der Murmelchopf die südlich vom Chli Haupt gelegene Erhebung ist. Aber offensichtlich handelt es sich um den gleichen Gipfel, da macht meine Beschreibung wirklich keinen Sinn ;-)
Danke für's aufmerksame Durchlesen und den Hinweis,

Gruss Tobi


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