Zwergerlrutschbahn & Roßsteinnadel


Publiziert von ZvB , 14. Juni 2020 um 10:18.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Bayrische Voralpen
Tour Datum:12 Juni 2020
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 940 m
Abstieg: 940 m
Kartennummer:https://www.bergsteigen.com/fileadmin/userdaten/import/topos/rossstein_westgrat_roststeinnadel_topo.pdf

In der Zeit des Corona-Lockdowns haben der Wolfgang und ich auf unsere regelmäßigen Kletterhallen-besuche nach der Arbeit leider verzichten müssen. Aber draußen geht es ja. Als ich vor drei Wochen in der Gegend war hab ich da etwas gesehen. Das wäre doch etwas für uns!

Wir sind schnell an der Sonnbergalm und auch ein bisschen zu früh. Wir warten unter der Zwergerlrutschbahn in der Sonne bis die Sonne in die noch feuchte Zwergerlrutschbahn scheint. Die Route befindet sich auf der Westseite des Roßsteins am rechten Rand der sog. Sonnenplatten.

Endlich geht es los und wir zum Einstieg. Drei Burschen folgen uns und verpassen den Abzweig zum "Klettersteig". Sie sind dankbar, als wir sie auf ihren Patzer aufmerksam machen. Eine Tanne in der Flanke könnte als Rucksackdepot dienen. Wir ziehen uns dort nur um bzw. an und gehen über feuchte Schrofen zum Einstieg.

Die erste Seillänge führt von dort schräg rechts hinauf zu einem markanten Bäumchen. Die Zwischensicherung erfolgt an insgesamt drei etwas in die Jahre gekommenen Sanduhrschlingen. Was mich jedoch viel nervöser macht, sind die häufigen Grastritte in diesem Abschnitt. Dort werden die Sohlen dann immer gleich nass und rutschig. Als Hintergriff taugt so ein Grasbüschel dann auch nicht recht...

Der Stand beim Baum. Zwei tiefe Wasserrillen, von denen die rechte auch tatsächlich Wasser führt, stellen sich vor uns auf. Ich probiere es, ich meine vier Mal, vergeblich. Mir gelingt es nicht aus dem ersten Abbruch in die Rinnen zu kommen. Der linke Fuß tritt entweder auf etwas Nasses oder auf etwas ohne Gripp.
Zum meinem Glück fast der Wolfgang sich ein Herz und macht es denn auch ganz anders. Rechts von den erstgenannten Wasserrinnen, hinter dem Bäumchen schließen sich insgesamt drei weitere Rinnen an. Nach einem kurzen Kampf mit den Ästen kommt er so höher und kann dann wieder nach links zur ersten Zwischensicherung (IV-). Im Nachhinein und im Nachstieg stellt sich heraus, dass die rechten Rinnen sehr günstig sind. Die Rinnen sind a) trocken und b) genau so eng, dass man sich mit den Schuhen darin verklemmen kann und so sehr gut Hubkraft mit den Beinen erzeugt. Vernünftige Griffe gibt es ja kaum. Sehr ärgerlich, dass ich darauf nicht selber gekommen bin. Das Problem besteht eindeutig im Kopf...
Der Aufstieg durch die Rinnen ist zunächst sehr spannend, legt sich nach der ersten Zwischensicherung deutlich zurück (III) und endet am vorletzten Standplatz wieder einmal botanisch mit Grasnaben-hintergriffen...
Die letzte Seillänge ist unproblematisch und deshalb gehe ich wohl auch wieder vor. Rechts an einer Krüppelkiefer vorbei, die auch gleichzeitg als Griff dient, geht es schrofig mit einer einzigen Zwischensicherung noch etwa 20m aufwärts zum Grat. Nicht jeder Stein ist hier fest.

Auf dem Roßstein herrscht dichtes Gedränge. Deshalb verbringen wir unsere Mittagspause auf dem Buchstein, den wir völlig für uns haben.

Wir steigen dann wieder über den "Klettersteig" ab und peilen unser nächstes Ziel an. Bevor wir einsteigen, muss ich allerdings noch groß austreten. Das wäre an sich nicht erwähnenswert (Fotos und Konsistenzbeschreibung auf Anfrage), aber eine kleine Anekdote gibt es auch dazu. Als ich nämlich auf einem kleinen Steig in voller Klettermontur durch die Botanik brechhe und wieder auf den Hauptweg zum Roßstein gelange, werde ich sofort von mehereren Person angesprochen. "Sie haben bestimmt die Südwand gemacht!" Nun ja, ich habe in die Südwand gemacht, aber darüber möchte ich nicht sprechen...

Kommen wir lieber zum Westgrat der Roßsteinnadel. Wie die Leute von bergsteigen.com auf eine 3+ in der ersten SL kommen, bleibt uns schleierhaft. Wir halten uns lieber an Goedecke und Höfler, die hier beide eine II vergeben. Vom ersten Standplatz aus geht man auch sogleich die Schlüsselstelle an. Mit beiden Händen oben in einen Griff über der Zwischensicherung, den rechten Fuß in einen polierten Tritt auf Hüfthöhe und den linken Fuß, von Wolfgang dankenswerterweise dirigiert, in einen unter einem Wulst (im Fels, nicht mein Bauch) verborgenen Tritt. Schwupps ist man drüber.
Es geht noch lüftig und immer im III. Schwierigkeitsgrad weiter. Ich freue mich über jede Zwischensicherung. Die zweite ist ein versteckter Schlaghaken in einer Nische, den ich fast übersehen hätte...

Bevor sich der Grat zurücklegt und es leichter wird (II), mache ich noch einmal Stand. Das ist zwar nicht zwingend erforderlich, aber das Seil lässt sich so besser nachholen. Und dann stehen wir auch schon am Gipfel. Plötzlich, als ich über den Gipfelbuchbehälter zum Kreuz schaue, überkommt mich das starke Gefühl, schon einmal hier gewesen zu sein. Ob das hier wohl eine der Touren in den von Wasser verblichenen Tourenbuchseiten von 1991 war?

Wir steigen zum komfortablen Abseilstand ab. Unten wird dann auch klar, warum man hier unbedingt ein 60m-Seil benötigt. Selbst mit 55m würde die Abseilfahrt bereits im Endknoten enden.

Entgegen bergsteigen.com genügen für beiden Routen 4 Exen, außer man möchte dem Berg etwas spenden. Das 60m Seil braucht es für den Abseiler von der Roßsteinnadel. Friends und Klemmkeile dürfen zu Hause bleiben.
Die angegebene Wanderschwierigkeit bezieht sich auf den Normalweg zur Tegernseer Hütte. Die max. Kletterschwierigkeit ist IV- in der Zwergerlrutschbahn.

n.b.: Mit meinem SOFT COUNTRY-Rezept und nur zwei Festbrennweiten fotografiert. Die zugrundeliegende ASTIA-Filmsimulation wurde mit C-1 etwas farbentsättigt. Mir gefällt das mittlerweile besser als die CLASSIC CHROME-Filmsimulation, zumindest bei Schönwetter.


Tourengänger: ZvB


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Kommentare (4)


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Gelöschter Kommentar

ZvB hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. April 2021 um 21:57
Gell, scho! 1. & 3. Der Zwergerlrutschbahn sind halt a weng botanisch.
Abklettern von der Nadel? Womöglich ohne Seil? Naa, dafür haben wir schon zu viel in die Rentenkasse eingezahlt...

Gelöschter Kommentar

ZvB hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. April 2021 um 22:02
Es freut Dich sicher zu lesen, dass Du super bist!


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