Potschallkopf (2587 m) - über die Wildkarspitze


Publiziert von 83_Stefan , 1. November 2019 um 18:41.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum:29 September 2019
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1450 m
Abstieg: 1450 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Entweder über die L 266 von Elmen oder von Imst via L 246 über das Hahntennjoch nach Boden. Geräumiger, neuer Parkplatz (kostenfrei) am Eingang zum Angerletal.
Kartennummer:AV-Karte 3/3 - Lechtaler Alpen Parseierspitze und AV-Karte 3/4 - Lechtaler Alpen Heiterwand und Muttekopfgebiet.

Ein masochistische Ader braucht man schon, wenn man auf den Potschallkopf steigen möchte. Dieser verhältnismäßig garstige Berg in den Lechtaler Alpen hat dem Gipfelaspiranten einige Hindernisse in den Weg gestellt, die auf dem Weg zum Gipfel überwunden werden müssen - steile Schuttanstiege, zudringliche Latschen, bröselige Schrofen und den einen oder anderen Gegenanstieg am Grat. Aber der Lohn ist reichlich, schließlich steht man nach vollbrachtem Tagwerk auf einem der einsamsten Berge dieser Gebirgsgruppe und kann die beeindruckende Aussicht mit ziemlicher Sicherheit in aller Ruhe für sich alleine konsumieren. Und die benachbarte Wildkarspitze gibt es im Doppelpack noch gratis dazu.

Vom idyllisch gelegenen Boden geht es zunächst am breiten Fahrweg ins Angerletal hinein. Bald schon kann man hinauf zur Hanauer Hütte schauen, hinter der die elegante Dremelspitze und die Schneekarlespitze eine eindrucksvolle Kulisse bilden. An der Talstation der Materialseilbahn geht der Fahrweg in einen Wanderweg über, den man nur wenige Meter später verlässt. Nun beginnt der weglose Teil der Tour.

An günstiger Stelle steigt man hinunter zum Bach und überquert diesen. Vorsicht ist hier geboten, sonst darf man sich wie der 83_Stefan an einer herrlich erfrischenden Schwimmeinlage erfreuen. Jenseits zieht ein steiler Schuttstrom durch die Latschenzone herunter - er vermittelt den weiteren Anstieg, Trittspuren sind meist vorhanden. Der Schuttstrom endet an einer Felswand, wo man sich rechts hält. Die deutliche Spur führt ein kurzes Stück in einer Rinne aufwärts, verlässt sie nach rechts und leitet durch die Latschenzone empor ins begrünte Bockkar. An einigen neuralgischen Stellen ist die Spur freigeschnitten, trotzdem kann ab und zu liebevoller Körperkontakt mit zudringlichen Latschen gepflegt werden.

Im Kar (Quelle) verlaufen sich die Spuren. Man hält zunächst auf die abweisende Bockkarspitze zu und schwenkt später nach rechts in Richtung der Nördlichen Bockkarscharte ab. Deutlich bevor die Scharte erreicht wird, steigt man rechts davon über Graspleisen höher und hält sich anschließend etwas links unter den Felsen in Richtung des Grats. Man erreicht schließlich eine begrünte Rampe, der man nach rechts steil bergauf folgt (Steinmänner). Hier prägt sich bald wieder eine Trittspur aus.

Nach der Rampe leitet die Spur etwa in gleicher Richtung weiter durch die Flanke (vereinzelte Steinmänner). Wo sie endet, hält man sich links und steigt über steile, brüchige Schrofen schräg hinauf zum Grat; dieser Abschnitt stellt sowohl von der Orientierung als auch von den technischen Anforderungen den schwierigsten Part der Tour dar.

Am Grat angekommen wird sodann ein Hindernis rechts direkt unterhalb umgangen, anschließend zeigen sich erstmals die beiden Gipfel des heutigen Tages. Auf der anderen Seite des Grats steigt man durch Schutt bergab, bis die folgende Zwischenerhebung günstig gequert werden kann (kurze Stelle II, nicht ausgesetzt; Steinmänner in der Querung). Dann geht es wieder steil hinauf zum Grat und zur Wildkarspitze. Sie ist eigentlich nur ein Nebengipfel des Potschallkopfs, aber zumindest die Aussicht ist klasse. Von hier hat man einen instruktiven Einblick auf den nun folgenden Übergang.

Man hält sich auf schwachen Spuren etwas links des Grats, bis man bald wieder deutlich auf der Westseite absteigt, um eine Zwischenerhebung zu umgehen (Steinmänner). Anschließend geht es wieder hinauf zur Grathöhe, kurz darauf wird letztmals ein Hindernis links umgangen (Steinmänner). Durch Schrofen erreicht man schließlich den Potschallkopf, dessen Haupt mit einem Steinmann und zwei alten Holzstangen markiert ist. Seit 2018 findet sich dort auch ein Gipfelbuch, das in einer edlen Box deponiert ist - danke an den Spender! Vom Gipfel hat man herrliche Ausblicke auf die umliegenden Berge der Lechtaler Alpen, die Hornbachkette zeigt sich prominent und im Nordosten grüßt die Zugspitze. Außerdem sieht man hinunter auf Boden und Gramais.

Der Rückweg erfolgt auf der Aufstiegsroute. Vor allem beim schrofigen Abstieg vom Grat bis zur begrünten Rampe muss man nochmals gut aufpassen, der lose Schutt auf festem Untergrund mahnt zur Vorsicht.

Schwierigkeiten:
Von Boden zur Wildkarspitze: T5, II (kraxeln im Schrofengelände bis I+, eine Stelle II; vor allem beim Anstieg zum Grat muss man gut aufpassen).
Übergang zum Potschallkopf: T5-, I+ (Schrofenkraxelei, schuttig und brüchig).

Fazit:
Eine für Freunde des rustikalen Bergsteigens lohnende 4*-Tour, die im oberen Bereich stets volle Konzentration fordert. Vor allem der lose Schutt auf hartem Untergrund sowie die Brüchigkeit der Felsen sind tückisch. Die Route ist relativ gut mit Steinmännern markiert, häufig finden sich auch schwache Trittspuren. Orientierungsprobleme gibt es am ehesten beim schrofigen Anstieg zum Grat. Ein Helm ist auf dieser Route durchaus nicht verkehrt.

Mit auf Tour: Uwe.

Kategorien: Lechtaler Alpen, 4*-Tour, 2500er, T5.

Tourengänger: 83_Stefan


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Kommentare (12)


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Nic hat gesagt:
Gesendet am 1. November 2019 um 18:51
Schöne Tour! Gratulation! Die Steinmänner müssen neu sein. Die hatte es letztes Jahr noch nicht. Schade eigentlich.

Viele Grüße Nico

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 2. November 2019 um 10:10
Hi Nic, vielen Dank! Steinmänner haben wir genügend gesehehen, nur am Zustieg zum Grat waren keine. Vermutlich werden sie dort im Winter durch den Schnee abgeräumt. Beste Grüße!

Nic hat gesagt: RE:
Gesendet am 2. November 2019 um 10:28
Steinmänner gab es letzten Herbst definitiv keine. Sonst hätte ich das in meinem Bericht nicht explizit erwähnt. Nach unserer Tour muss wohl irgendjemand welche an der Rampe aufgestellt haben, wie ich aus zuverlässiger Quelle weiß. Die am Grat sind noch neueren Datums. Wahrscheinlich aus diesem Jahr. Da hat sich wohl jemand richtig ausgetobt diese Route zu markieren. Der Sinn dieser Aktion erschließt sich mir nicht.

sven86 hat gesagt: RE:
Gesendet am 2. November 2019 um 12:24
Naja darf man jetzt nichtmal mehr Steinmänner aufbauen? Ich mache das ja selber auch manchmal im unübersichtlichen Gelände um den Abstieg wieder zu finden. Soll ich die dann wieder abbauen? Und am besten noch meine Spuren verwischen damit sich auch ja keine Trittspur herausbilden kann? Würde da die Kirche mal im Dorf lassen, ein bisschen Suchen und Schauen muss man ja normalerweise trotzdem.

@Stefan Natürlich auch tolle Tour, grandioses Lechtaler Felskino!

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 2. November 2019 um 16:43
Ich finde es völlig okay, Steinmänner zu bauen. Das hat schon Hermann von Barth höchstpersönlich so gemacht. Neuerschließungen wie Markierung von Anstiegen mittels Farbe oder Neubau von Klettersteigen oder Sicherungen lehne ich aber strikt ab. Aber was nützt es, wenn selbst Alpenvereinssektionen Neuerschließungen durchführen, um die sowieso schon übervollen Hütten noch voller zu bekommen...
Die Steinmänner am Potschallkopf bekommt jedenfalls eh kaum eine Menschenseele zu Gesicht, daher stören sie mich überhaupt nicht.

Kommunist hat gesagt: RE:
Gesendet am 2. November 2019 um 23:50
Finde ich auch einen ziemlichen Unsinn, an solchen Bergen Steinmänner aufzubauen. Die Orientierung ist leicht und wer damit überfordert ist, sollte besser an Aggenstein und Co. bleiben, damit solche Berge etwas für abenteuerlustige Bergsteiger bleiben.

rele hat gesagt: Contra Steinnänner?
Gesendet am 3. November 2019 um 12:01
Keine Steinmänner, damit die Tour schwierig zu finden bleibt? Verdirbt es Euch den Spaß, wenn Ihr den Weg nicht mehr so sehr suchen müsst? Dann solltet Ihr wohl Euer Langzeitgedächtnis ausradieren, wenn Ihr die Tour zum zweiten Mal geht! Oder damit noch weniger Leute die Tour machen? Ist es wirklich so schlimm, wenn Ihr tatsächlich mal einen gleichgesinnten Wanderer dort treffen solltet? Der Logik zu Folge müsste man die Berichte darüber unterlassen und am besten noch alles vorhandene Kartenmaterial einstampfen, dann haben wirklich nur noch die Locals Zugang! Ehrlich gesagt, ohne Euch Steinmännergegnern zu nahe treten zu wollen, vermute ich da eher einen elitären Egoismus am Werk: Ich grenze mich ab vom gemeinen Wandervolk und bin was Besonderes, weil ich auf geheimen und nur einem elitären Zirkel bekannten Wegen unterwegs bin. Bitte sagt mir, wenn ich da falsch liege!
Ich selbst liebe ebenfalls die Einsamkeit am Berg und die Möglichkeit, dort meine Ruhe zu finden. Aber ich möchte jedem Anderen das Gleiche zugestehen. Und ich freue mich über jeden, der auch so denkt und die Natur in Respekt und Stille genießt. Von der Sorte Menschen könnte ich sogar 50 am Tag treffen, ohne mich gestört zu fühlen! So lange kein Wegebau einen einsamen Berg zum leicht gangbaren Touristenparadies macht, werden Berichte und Steinmänner meiner bescheidenen Meinung nach auch nur das richtige Klientel anziehen.

Nic hat gesagt: RE:Contra Steinnänner?
Gesendet am 3. November 2019 um 12:08
Ich habe zu diesem Thema extra einen eigenen "Thread" im Forum eröffnet. Man sollte diesen Bericht nicht mit dieser (durchaus berechtigten) Diskussion zumüllen.

ADI hat gesagt:
Gesendet am 4. November 2019 um 10:12
Spitzen Tour...Top Buidl....Klasse!
Ich gratuliere Dir.....

VLG!


ADI

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 4. November 2019 um 20:24
Hey ADI, danke dir! Die Tour hätte dir sicherlich auch sehr gut gefallen. Viele Grüße!

Kauk0r hat gesagt:
Gesendet am 9. November 2019 um 12:06
Hallo Stefan,

danke für den Bericht und die schönen Bilder! :)

Beste Grüße!
Kauk

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. November 2019 um 15:07
Hallo Kauk, vielen Dank! Beste Grüße zurück!


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