Seltsam, im Nebel zu wandern: Auf's Sigriswiler Rothorn


Publiziert von Nik Brückner , 21. Oktober 2019 um 10:35.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Emmental
Tour Datum:23 September 2019
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 3:30
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Strecke:9km

Gestern noch auf dem Gemsgrat.... Tja, selbst im schönsten Sommerurlaub herrscht mal schlechtes Wetter. Was tun? Einen Pausentag hatte ich schon in der Beatushöhle und in Thun verbracht, einen weiteren wollte ich, trotz Regens, draußen verbringen. Ich hatte vom Sigriswiler Rothorn gelesen, dort soll es schöne Grate geben...

Nicht dass ich erwartet hätte, diese begehen zu können. Aber anschauen wollte ich sie mir. Und so fuhr ich eines nicht so schönen Tages hinauf zur Wilerallmi (1196m) - wo ich prompt der Einzige auf dem Wanderparkplatz war...

Und just in diesem Moment fing es an zu schütten. Juhu. Was blieb mir anderes übrig, als den Boliden zu wenden, und wieder wegzufahren. Bern so sehr schön sein. Doch kaum war ich in Sigriswil angekommen - Ihr ahnt es schon. Also zurück zur Wilerallmi, diesmal defi mein Point of no Return.



Jon Andersons "Olias of Sunhillow" im Ohr, und Hesses "Im Nebel" im Kopf, stieg ich ohne fixen Plan von der Wilerallmi (1196m) durch den Hohwald in die Wolken hinauf, Richtung Spitzi Flue und Underbärgli. Ich verließ diesen Weg dann aber spontan an der Abzweigung in der Chäle. Dieses wunderschöne Tälchen wirkte an diesem wolkenverhangenen Tag besonders romantisch: Links und rechts wuchsen die Felswände in den Nebel hinauf, in den Bäumen verfingen sich die Wolken, und der Weg schlängelte sich zwischen großen Felsbrocken hindurch, die vor langer Zeit hoch oben am Grat abgebrochen waren. Wie durch einen Fantasyfilm wanderte ich durch diese verzauberte Landschaft hinauf zu dem Hüttl, an dem man nochmal nach Underbärgli hinüberqueren kann. Hier hielt ich mich jedoch geradeaus, und wechselte erst auf etwa 1800 Metern über den Bergrücken rechts von mir. Auf der anderen Seite wirkte die nebelverhangene Landschaft sogar noch verzauberter. Ein weiteres Hüttl, die Alp Oberbärgli (1818m), schälte sich aus dem Nebel, just als ich dort ankam, riss es kurz auf.

Wilerallmi - Oberbärgli: markierter Wanderweg, T2, 1:30h


Ich nutzte die kurze sonnige Phase für eine kleine Pause, genoss die wenigen Sonnenstrahlen, die zu mir durchdrangen, und wanderte dann weiter in den Nebel hinauf, Richtung Rothorn. Der Weg nähert sich bald der Bärglischwand, einer senkrechten Felswand hoch über dem Tal zwischen Sigrswilgrat und Güggisgrat, und gerade als ich mich freute, nicht sehen zu müssen, wie weit es dort hinuntergeht, riss es erneut auf - und ich erntete einen schwindelerregenden Blick in die Tiefe, und hinüber zu den Gipfeln am Güggisgrat.

Wolken brachen sich an der Felswand, ein kleines Seeli spiegelte das wenige an Blau, was vom Himmel zu sehen war, und einige Gämsen sprangen einsam im Nebel am Grat der Merra herum. Weiter oben konnte ich kurz auf die Wolkenberge über dem Thunersee blicken, dann zog es sich wieder zu.

Ich war ganz allein hier oben im Nebel, abgesehen von den Gämsen, die von mir aber keine Notiz nahmen. Einsam ist jeder Busch und Stein, kein Baum sieht den andern, jeder ist allein... Erst als ich mich dem Sigriswiler Rothorn näherte, bemerkte ich andere Menschen über mir. Der Weg nähert sich ziemlich schnurgerade dem Gipfel, ich hatte im Nebel aber den Eindruck, davor weit nach links zu queren. Seltsam, im Nebel zu wandern... Zwischen dem Rothorn und seinem nordwestlichen Vorgipfel führen die Markierungen schließlich hinauf. Eine erste Felsstufe ist die schwierigste (I), dann wandert man über Gras und Karrenfelder weiter hinauf, bis der Gipfel des Sigriswiler Rothorns (2051m) erreicht ist.

Oberbärgli - Sigriswiler Rothorn: markierter Wanderweg, T3/I, 45 Minuten


Hier traf ich die einzigen anderen Wanderer an diesem Tag, zwei einheimische Burschen, die sich eben etwas kochten. Ich hatte Glück: Ab und zu riss es auf, und ich konnte Merra und Mittaghorn sehen, und die Grate, die sie mit dem Rothorn verbinden. Nass natürlich, also nichts für heute, aber ich konnte mir ein Bild machen.

Dann wurde es wieder grau und neblig. Nun, da der Nebel fällt, Ist keiner mehr sichtbar... Und ich machte mich an den Abstieg. Die düstere Stimmung nahm zu, bis ich wieder an der Alp Oberbärgli (1818m) angekommen war.

Sigriswiler Rothorn - Oberbärgli: markierter Wanderweg, T3/I, 20 Minuten


Hier entschied ich, zur Alp Underbärgli weiterzuwandern. Noch einmal konnte ich kurz hinüber zur Mauer des Güggisgrats schauen, dann verschluckte mich die nächste Wolke. Einsam wanderte ich weiter durch das Karstgelände und den verwunschenen Wald südlich unterhalb von Oberbärgli und erreichte schließlich die Wiesen nördlich von Underbärgli (1681m).

Oberbärgli - Underbärgli: markierter Wanderweg, T2, 30 Minuten


Die Spitzi Flue, die ich mir eigentlich noch ansehen wollte, verhüllte dichter Nebel, und so wanderte ich weiter zu der Abzweigung in der Chäle, an der ich zuvor abgebogen war. Erst als ich im Hohwald wieder zur Wilerallmi (1196m) hinunterstieg, brach sich die Sonne Bahn, die Wolken rissen auf, und gewährten mir einen herrlichen Blick auf den Thunersee.

Underbärgli - Wilerallmi: markierter Wanderweg, T2, 30 Minuten


Und so nutzte ich die wenigen Sonnenstunden dieses Tages, um mir die Gegend noch ein wenig anzusehen: Ich wanderte auf der Hängebrücke über die Gummischlucht, und genoss die Rückfahrt um den Thunersee. Ich würde ja am nächsten Tag wieder was Wildes machen können....

Tourengänger: Nik Brückner


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Kommentare (4)


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Schubi hat gesagt:
Gesendet am 22. Oktober 2019 um 09:08
Nik, alter Romantiker!
Eine schöne Wanderung.
Wetterphänomene mit Wolken-Kommen-und-Gehen finde ich in den Bergen aber auch immer sehr spannend.
Hattest du Caspar David Friedrich als Fotografen dabei?
Vernebelten Gruß, Frank

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 22. Oktober 2019 um 15:10
Hiho Frank!

Caspar David Friedrich - ja, das wäre gut gewesen, der hätte deutlich mehr aus den Bildern rausgeholt. Aber auch länger dafür gebraucht... ;o}

Gruß,

Nik

Schubi hat gesagt:
Gesendet am 22. Oktober 2019 um 09:09
Achso: der Link zu Jon Anderson funzt leider net.

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 22. Oktober 2019 um 15:11
Und hallo nochmal!

Danke für den Hinweis - jetzt geht's. Licht aus, Kerze an, dann hören - ist das schönste Album, das ich kenne.

Lieben Gruß,

Nik


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