Sigriswiler Rothorn (2051 m): unten durch, von hinten angeschlichen, umrundet und bestiegen


Publiziert von Uli_CH , 27. Juni 2020 um 22:53.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Berner Voralpen
Tour Datum:27 Juni 2020
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 4:45
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1000 m
Strecke:11.0 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Am Ostufer des Thunersees von Thun Richtung Interlaken. In Gunten nach Sigriswil abzweigen und über Endorf (nicht die erste Abfahrt nehmen, Sackgasse!) und Wiler Richtung Justistal/Beatenberg. An der Zahlstelle für die Mautstrasse links abbiegend dem Wegweiser "Skilift Wilerallmi" folgen und dort parken.
Kartennummer:http://map.geo.admin.ch/, 1:20'000 zum Selberdrucken

Meine Frau war mal mit ihrem Vater auf dem Sigriswiler Rothorn und seitdem figuriert er auch auf meiner Projektliste. Der Besuch bei den Schwiegereltern in Solothurn bot eine gute Basis für diesen Tagesausflug.

Bei der Vorbereitung der Tour bin ich auf den *Bericht von chaeppi und hibiskus gestossen. Ich hatte gar nicht gewusst, dass es beim Sigriswiler Rothorn einen Tunnel gibt. Ich bin dann – bis auf den Abstieg ab Oberbärgli – den Spuren der beiden gefolgt und habe es nicht bereut.


Ich starte bei angenehmen 16° am Parkplatz des Skilifts Wilerallmi und folge dem asphaltierten Fahrweg Richtung Underbärgli / Rothorn. Schnell wird aus dem Fahrweg ein Wiesenweg, dann ein Pfad und schliesslich finde ich mich im Wald wieder und steige in Serpentinen den Weg steil empor, vorbei an Holzarbeitern. Ich steuere auf eine grosse Felswand zu. Der Weg umgeht sie rechts und ich gelange an den Abzweig zur Berglichäle. Ich folge dem Weg aber weiter aufwärts und erreiche kurz darauf die Wiesen des Underbärgli. Bis zur Almhütte habe ich genau eine Stunde gebraucht.

Der normale Bergwanderer visiert das Sigriswiler Rothorn vermutlich über das Oberbärgli an. Ich nehme aber den Abzweig Richtung Schafloch und folge dem sogenannten Unteren Rothornzug. Der Wegweiser gibt den Weg zum Schafloch mit 40 Minuten an. Der Pfad ist wunderschön, abwechslungsreich, aber trotz weiss-rot-weisser Markierung sicherlich nicht jedermanns Sache. Es gibt versicherte Stellen, kleine Brücken, die auch schon mal ein Loch in der Mitte haben, eine Leiter und schmale Bänder.

Nicht nur aufgrund der Fotopausen brauche ich daher eine ganze Stunde, bis ich am Eingang des Schaflochs stehe. Kühle empfängt mich und ich weihe meine LED-Stirnlampe ein. Der Weg führt zuerst schnurgeradeaus, ab und zu liegen ein paar Felsstücke auf dem Boden. Nach fünf Minuten sehe ich vor mir einen Lichtschein. Auch hinter mir sehe ich noch den Widerschein des Stollenausgangs. Ich wähne mich also in der Mitte des Tunnels. Je näher ich dem Lichtschein komme, desto unwirklicher wirkt er. Während ich anfangs noch dachte, es seien zwei kleine Löcher im Felsen am Ende des Tunnels, wirkt es später wie zwei beleuchtete Nischen der Schutzpatronin der Bergleute, der Heiligen Barbara. Als ich noch näher komme, scheinen es zwei Scheinwerfer zu sein, bis ich merke, dass es zwei orange Reflektoren sind. Diese haben nämlich einen Sinn. Unter ihnen befinden sich zwei Schilder mit Pfeilen und der Beschriftung "Kein Ausgang" bzw. "Ausgang". Ich biege nach rechts ab und steige jetzt ansteigend Richtung Tunnelausgang, den ich kurz danach erreiche. Für die Durchquerung des Berges habe ich etwas mehr als zehn Minuten benötigt.

Jetzt geht es auf der Nordseite des Sigriswiler Grats aufwärts zum vorderen Schafläger, wo ich wieder auf die Südseite wechsle. Über hundert Höhenmeter unter mir sehe ich den Pfad des Unteren Rothornzugs. Ich meine Pfadspuren zu erkennen, die zu meinem Weg hochkommen.

Nun gehe ich von Norden auf das Rothorn zu. Der Weg führt links des Gipfelaufbaus vorbei und steigt noch einmal ein kurzes Stück steil und versichert an, bis ich auf den Weg vom Oberbärgli treffe. Jetzt geht es zum Joch zwischen dem Rothorngipfel und P. 2034. Von dort führt der letzte Anstieg zum Gipfel, auf dem ich auch die Hände kurz zur Hilfe nehmen muss. Auf dem Gipfel ist schon einiges los, aber er ist geräumig und so findet jeder sein Plätzchen. Für den gesamten Aufstieg habe ich 3:20 Stunden benötigt.

Die Aussicht ist leider beschränkt, da die Gipfel der Alpen in Wolken sind. Weil für den Nachmittag Gewitter angesagt sind, halte ich mich nicht allzu lange auf dem Gipfel auf. Als ich den Abstieg beginne, frischt der Wind merklich auf. Ich folge dem Weg bis zum Oberbärgli. Kurz hinter der Hütte nehme ich allerdings nicht dem Weg zum Underbärgli, sondern folge dem nach Bodmi ausgeschilderten Weg. Er steigt zuerst etwas an, bevor er die Grathöhe erreicht und sich auf der anderen Seite wieder herabsenkt.

In einem nach Südwesten verlaufenden Tal werde ich jetzt links von Felswänden begleitet. Ab und zu gibt es ein seltsames Geräusch, dass ich nicht genau orten kann und dessen Herkunft mir zuerst verborgen bleibt. Erst nach einer Weile merke ich, dass es sich um den Widerhall von Schüssen eines Schiessstandes im Tal handelt.

Nach einer Weile zweigt rechts der Weg Richtung Bodmi ab. Ich gehe weiter geradeaus und folge am Wegweiser Berglichäle der Ausschilderung Wilerallmi. Schliesslich erreiche ich den Aufstiegsweg von heute Morgen. Ich steige steil im Wald hinunter. Die Holzarbeiter sind immer noch am Werken und ich muss eine Weile warten, bis sie einen Baum gefällt und zu Boden gebracht haben. Ich bin froh, dass der Weg nicht generell gesperrt wurde. Schliesslich erreiche ich wieder zufrieden mein Auto. Für den gesamten Abstieg habe ich gute anderthalb Stunden benötigt.

Orientierung: Einfach, Wanderwege markiert und ausgeschildert.

Ausrüstung: Bergwanderausrüstung, inkl. fester Bergschuhe mit rutschfesten Sohlen, Teleskopstöcke, zuverlässige Taschenlampe.

Verhältnisse: Der Wanderweg Wilerallmi - Justistal ist aktuell (27.06.2020) ab "Falle" wegen Felssturzgefahr gesperrt (betrifft diese Tour nicht).

(Dies ist ein Tourenbericht. Es handelt sich daher um meine persönlichen Gehzeiten und meine subjektive Einschätzung der Schwierigkeit ohne Anspruch auf Objektivität. Jeder, der diesen Tourenbericht als Basis für eine eigene Unternehmung verwendet, ist persönlich für seine eigene Sicherheit verantwortlich.)

Tourengänger: Uli_CH
Communities: Alleingänge/Solo


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Kommentare (4)


Kommentar hinzufügen

mazeno hat gesagt: Interessant
Gesendet am 28. Juni 2020 um 09:13
Hallo Uli
sehr guter, informativer Bericht. Hätte Dir eine interessante Variante:
Vom Schafläger ca 200 m dem Rothornweg folgen, sobald man in der Fallinie der Scharte vor dem NGipfel Aufschwung ist, dem Hang nach zur Scharte hinauf. Hier findet man eine gute Spur die den steilen, grasigen Hang zum Gipfel hinaufführt (T3,bei Nässe gefährlich). Vom NGipfel zum Sattel hinunter und weiter zum Hauptgipfel hinauf. Gute,direkte Variante für Berggängige.
Im Gipfelbuch.ch findet man verschiedene Varianten einer Rothornbesteigung.
Gruss und schöne Touren
mazeno

Uli_CH hat gesagt: RE:Interessant
Gesendet am 28. Juni 2020 um 16:18
Hallo Luciano

Danke für dein liebes Feedback und den Tipp.
Es passiert mir oft, dass ich erst nach einer Tour merke, was man alles noch hätte machen können ;-).
Für mich hat es aber gestimmt. Die anspruchsvolleren Touren hatte ich schon die letzten Male gemacht. Dies war eher die Sonntagsvariante ;-).
Aber vielleicht inspiriert mein Bericht und dein Kommentar ja noch Nachahmer...
Felix scheint auch *so etwas gemacht zu haben, aber er hat die (gesamte) Tour mit T5 bewertet.

Liebe Grüsse, Uli

mazeno hat gesagt: RE:Interessant
Gesendet am 29. Juni 2020 um 08:40
Hallo Uli
Danke für deine Antwort. Du gibst mir Gelegenheit die Bewertung zu berichtigen.Ich habe, nach meiner T3 Bewertung,sofort an Nachahmer gedacht und wollte sie berichtigen, aber als Internet Banause wusste nicht wie. Hier, um mein Gewissen zu beruhigen und evtl. Nachahmer zu orientieren meine, wie immer subjektive, Beurteilung der Tour:
Zustieg zur Scharte vor dem NGipfel: 3+/4, NGipfel: 4/4+, bei Nässe gefährlich, eine Stelle Hauptgipfel: 3+, Rest der Tour: T2/T3. Mit diesen Angaben könnte und sollte jedermann etwas anfangen. Danke, dass Du mir den Anstoss für die Berichtigung gegeben hast. Wünsche Dir einen guten Sommer mit schönen Touren.
Herzliche Grüsse
Luciano/mazeno

Hibiskus hat gesagt:
Gesendet am 28. Juni 2020 um 10:51
Danke schön für die Info. Chäppi und ich haben diesen Aufschwung angeschaut, jedoch dann dem Wanderweg gefolgt.
Gruss Werner


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