Zingelfadstock - Südturm (6c)


Publiziert von mde , 7. Juni 2009 um 22:57.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:30 Mai 2009
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: 6c (Französische Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1100 m
Kartennummer:LK 1173 Linthal

Die Jegerstöck bilden mit einer eindrücklichen, bis zu 600m hohen über 5km breiten Mauer aus Kalkflühen den nördlichen Abschluss des Urnerbodens. An diesen Wänden wurden in den letzten 20 Jahren zahlreiche alpine Klettertouren erschlossen. In punkto Anspruch und Wildheit stehen sie dem grossen Vorbild, den Wendenstöcken, in nichts nach. Für die Felsqualität gilt dies hingegen leider nicht ganz zu: obwohl man vielerorts auf griffig-rauhen Superfels trifft, beinhaltet fast jede Route auch einige grasige und splittrig-brüchige Stellen.

Präludium

Gefordert ist an den Jegerstöck der komplette Kletterer, der nicht nur schwierige Wandstellen meistert, sondern auch im unzuverlässigen Fels sicher steigt und wo nötig selbst zusätzliche Sicherungsmittel anbringen kann. Überdies darf ihn auch der über 2-stündige Zustieg, mit je nach gewählter Route heiklen T6-Stellen, nicht abschrecken. Belohnt wird man dafür mit dolomitisch anmutenden Klettereien von höchstem Erlebniswert.

Als Zingelfadstock (ohne Namen und Kote in der LK) werden von den Kletterern die Wände zwischen Rot Nossen P.2502 und dem markanten Couloir des Schneetals bezeichnet. Beim Südturm handelt es sich um eine Felszinne, die durch eine tiefe Scharte vom Plateau abgetrennt ist. Ausser auf den beiden Kletterwegen durch die Südwand wurde der Turm wohl bisher nicht bestiegen.

Zustieg

Start um 8.00 Uhr auf dem Urnerboden beim Hotel Tell, P.1372. Von dort weglos 100m nach rechts über die Wiese und dem Zaun entlang aufwärts, erst gut 100hm weiter oben trifft man auf deutliche Wegspuren, denen man bis kurz vor die Alp Zingel P.1751 folgt. Hier nun gerade hoch über den Schuttfächer in die Alpelichäle hinein. Die Begehung dieser Geröllreisse sieht mühsamer aus, als sie in Tat und Wahrheit ist. Oberhalb der engsten Stelle hält man sich rechts aufs Gras und steigt hinauf, bis man auf einer Höhe von 2200m auf horizontal verlaufende Wegspuren trifft. Bis dahin ca. T4.

Auf diesen Wegspuren quert man nach rechts hinaus aufs Zingelfad. Dieses ist in aperem und trockenem Zustand bis vors Schneetal gut begehbar (T4). Allerdings verbleiben im Frühsommer in allen Runsen Schneeresten, die teilweise heikel gequert werden müssen. Wegen der Steilheit und Exponiertheit darf man sich hier keinen Ausrutscher erlauben! Der Einstieg in die Südturmroute befindet sich ca. 80m links des grossen Ausbruchs am Zingelfadstock und ist problemlos zu finden.

Kletterei

SL 1: Um etwa 10.45 Uhr starten wir in die erste Seillänge. Nach wenigen Metern folgt gleich die klettertechnische Schlüsselstelle: der Überhang fährt mächtig in die Arme und die abschüssigen Griffe sind nicht einfach zu halten. Bald wird's einfacher und auf einem Balkon quert man horizontal nach links. 6c, 30m.

SL 2: Über schönen, horizontal gebänderten Fels (ähnlich demjenigen des Chli Glatten) geht es in gerader Linie hoch. Zuletzt über grasiges Gelände zu Stand mit Muniring. 5c, 35m.

SL 3: Ähnlich wie die vorhergehende Seillänge, jedoch etwas einfacher. Zuerst etwas linkshaltend, dann gerade hoch, zuletzt wieder über Schrofen zu altem Stand vor dem nächsten Aufschwung. 5a, 35m.

SL 4: Zuerst steil, aber gut gestuft und grossgriffig, doch nach der Hälfte der Seillänge bleibt nur noch die erste Eigenschaft übrig: in leicht überhängendem Gelände gilt es sich hier an feinen Rissspuren fortzubewegen. Nebst 2 nicht einfach zu klinkenden Bohrhaken stecken hier auch noch 2-3 Normalhaken von eher fragwürdiger Qualität. 6b, 35m, Stand mit Muniring.

SL 5: Eine der schönsten Seillängen der ganzen Tour. Fantastisch rauher und griffiger, silbergrauer Fels, steil und luftige Exposition. Alles gerade hoch, 2 BH, 5c, 20m.

SL 6: Vom Stand leicht nach links haltend in eine schwach ausgeprägte Verschneidung. Zu Beginn ist der Fels nicht ganz zuverlässig, allerdings sieht es schlimmer aus als es ist. Dann in griffiger, gut abgesicherter Kletterei, bei sich ständig verbessernder Felsqualität aufwärts. 6a, 40m, Stand mit Muniring.

SL 7: In grasigem Gehgelände folgt man der Kante entlang aufwärts. Mit zuletzt einigen Kletterzügen gewinnt man den Pfeilerkopf. Keine Sicherungsmöglichkeit, T5-T6, 40m, Stand mit Muniring.

SL 8: Es folgt eine weitere, sehr schöne und steile Seillänge mit teilweise fantastischem Fels. Vom Stand gerade hoch, dann nach links in die Verschneidung, welche man bis zu deren Ende verfolgt. Dann leicht links haltend zu Stand mit Muniring. 5c+, 45m.

SL 9: Vom Stand leicht linkshaltend erreicht man eine steile Wandstufe. Diese überwindend in leichteres Gelände und über Schrofen zum nächsten Stand mit Muniring, 5c, 35m.

SL 10: Man steigt in der grasigen Rinne nach links hoch. Diese Seillänge kann an die vorhergehende angehängt werden, man hat jedoch reichlich Seilzug. T6, 15m.

SL 11: Durch einen schönen Kamin geht es gerade hoch. Die ersten beiden Bohrhaken befinden sich an der linken Seitenwand. Zuletzt erreicht man leicht rechts haltend den Ausstiegsstand mit Wandbuch. 5b, 40m.

Vom letzten Stand mit 3m leichter Kletterei auf die Gipfelschrofen, über welche man in weiteren 30m den Gipfel des Südturm erreicht (nicht eingerichtet). 14.30 Uhr, das ging also ziemlich flott.

Abstieg

Die einzige Abstiegsmöglichkeit ist durch Abseilen: man benützt dazu jeweils die mit Muniringen ausgerüsteten Stände. Da auf den Bändern doch einiges loses Gestein vorhanden ist, Vorsicht beim Seilabziehen.

Danach retour übers Zingelfad, die Schneeresten erneut mit der nötigen Vorsicht gequert. Vor und in der Alpelichäle kann man teilweise übers feine Geröll abfahren, danach retour auf den Urnerboden, 18.00 Uhr.

Fazit und Materialempfehlung

Die 1988 eingerichtete, und nach der Jahrtausenwende sanft sanierte Südturmroute bietet einen Mix aus moderner und klassischer Kletterei. Gemäss den Einträgen im Wandbuch wird sie nur etwa 2-3 Mal pro Jahr begangen. Die Schwierigkeiten sind nicht besonders anhaltend, die Schlüsselstellen zudem auch gut abgesichert. Es handelt sich um eine der einfachsten Touren in den Jegerstöcken. Gefordert wird aber dennoch das ganze Repertoire der Kletterkunst.

Nachdem ich ein volles Rack bestehend aus Keilen und Camalots von 0.3-3 durch die Tour getragen und nie eingesetzt habe, gebe ich folgende Empfehlung ab: zusätzliche Sicherungsmittel sind nicht notwendig und es ist auch kaum möglich, diese einzusetzen. Somit genügen 12 Expressschlingen und 2x50m Seil.

  


Tourengänger: mde


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