Säntis 2502 m - Über den Ostgrat; die Schlüsselstelle war heute unter der Wagenlücke...


Publiziert von Ivo66 , 21. Mai 2018 um 20:58.

Region: Welt » Schweiz » Appenzell
Tour Datum:21 Mai 2018
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alpstein   CH-AI   CH-AR   CH-SG 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1650 m
Strecke:Wasserauen - Seealpsee - Mesmer - Wagenlücke - Ostgrat (direkt) - Säntis
Kartennummer:1:25‘000 Säntis

Der Säntis ist als höchster Alpsteingipfel und dazu noch mit Seilbahnerschliessung ein magischer Anziehungspunkt für Bergwanderer und Touristen aus aller Welt. Die entsprechenden Anlagen auf dem Berg stören die Bergidylle auf eine Weise, dass hier mehr denn überall auf der Welt gilt: Der Weg ist das Ziel.

Die für uns klar schönste Route auf den Säntis ist jene über den Ostgrat, der zudem in der Regel schon früh im Jahr angegangen werden kann, wenn in den Hängen rund um den Gipfel noch viel Schnee liegt. Die Schwierigkeiten fanden sich deshalb heute auch nicht auf dem überall praktisch schneefreien Grat, sondern weit unterhalb der Wagenlücke im Bereich des Mesmerkamins, wo sehr stark unterhöhlte, steile Schneefelder für echte alpinistische Herausforderungen sorgten.

Der Gipfelerfolg hing heute an einem seidenen Faden; eigentlich hatten wir die Segel bereits gestrichen, als wir doch noch einen - wenn auch ziemlich grenzwertigen - Durchschlupf fanden, aber nicht ohne einige Passagen auf dem besagten, stellenweise etwas tückischen Schnee. Daneben bewegten wir uns hier im unteren T6-Bereich, bis wir wieder den rettenden Weg erreichten.

Nicht gewohnt sind wir jedoch die Menschenmassen, die im Alpstein von Jahr zu Jahr grösser zu werden scheinen. Nur mit Mühe fanden wir auf dem riesigen Parkplatz in Wasserauen kurz nach 09:00 Uhr noch eine Abstellmöglichkeit für unser Vehikel. Selbst im Aufstieg zum Mesmer kamen uns noch zahlreiche Wanderer entgegen; danach aber waren wir fast alleine unterwegs; den Ostgrat hatten wir dann ganz für uns.

Es war unsere 25. Säntisbesteigung. Noch nie mussten wir uns diesen Gipfel so erkämpfen wie heute. Nebst dem abenteuerlichen Intermezzo am Mesmerkamin, welches Zeit kostete und auch psychisch und physisch an die Substanz ging, waren wir auch auf dem Ostgrat noch nicht auf sicherem Weg zum Ziel: Nachdem früher als erwartet Quellwolken aufkamen und den Gipfel einzunebeln begannen, durchfuhr uns ein lautes Donnergrollen bis aufs Knochenmark. Ausgerechnet auf einem Grat ist man nicht gerne mit einem aufkommenden Gewitter konfrontiert. Glücklicherweise kam diese Front dann nicht ganz zu uns und wir erreichten trockenen Fusses und ohne Blitze in der Nähe sicheres Gelände auf dem Säntis.

Wie immer fiel der Gipfelaufenthalt dort oben für uns kurz aus: Mit der nächsten Bahn erreichten wir die Schwägalp, von wo wir mit Postauto und Zug gemütlich zum Ausgangspunkt nach Wasserauen zurückfuhren. Seilbahnen haben eben durchaus auch ihre gute Seiten.

Routenbeschreibung:
Wie immer beziehen sich bei mir die Schwierigkeitsbewertungen auf trockene, in der Regel schneefreie, Verhältnisse. Den Bereich Mesmer - Wagenlücke beurteile ich zur Zeit (21.05.2018) als heikel. Die Schneefelder, unter denen sich zum Teil sehr viel Luft befindet, werden in den nächsten Tagen wohl immer dünner und können irgendwann einbrechen. Es ist im Bereich des Mesmerkamins entsprechend grosse Vorsicht am Platz. 


Wasserauen - Seealpsee - Mesmer (T2)

Auf dem geteerten Fahrsträsschen erreicht man den idyllischen Seealpsee. Man wandert weiter geradeaus über die Seealp. In der Folge wird der Bergweg etwas ruppiger und erreicht in einigen Kehren das Gasthaus Mesmer (gut markiert und ausgeschildert).

Mesmer - Wagenlücke (T3)

Am Gasthaus vorbei führt ein Bergweg (ebenfalls markiert und ausgeschildert) zunächst durch das Tälchen der Fälalp, später durch eine Art Kamin (einige drahtseilgesicherte Stellen und Eisentritte) und zuletzt auf guten Spuren über Geröll zur Wagenlücke hinauf.

Wagenlücke - Ostgrat - Säntis (Böseggroute) T5

Von der Wagenlücke steigt man in Richtung der Felsen des Grats über Schrofengelände etwas auf und quert bald zum gut sichtbaren Rasenband, welches nach rechts hinauf leitet und an einer Stelle ziemlich ausgesetzt ist. Über eine wenig ausgeprägte felsige Rinne stiegen wir anschliessend in der Falllinie aufwärts, stets in einem System von rasendurchsetztem Kalkfels. Man erblickt dann bald das Fixseil aus Stahl. Mehrere eingeschlagene Eisentrittchen ermöglichen den Aufstieg über die senkrechten Felsen beim Fixseil. Man betritt danach eine Gratstelle, der man weiter aufwärts folgt und mit Hilfe eines zweiten Fixseils den nächsten felsigen Steilaufschwung überwindet. Kurz darauf betritt man eine breite Rasenfläche auf dem Grat.

Die beiden Fixseile machen immer noch einen stabilen und gut verankerten Eindruck. Von den Eisentritten ist einer etwas drehbar, scheint aber dennoch gut verankert zu sein. Es ist wichtig, gut auf den kleinen Tritten zu stehen. Auch einige gute Griffe im Fels helfen weiter. 

In der Folge ist die Route vorgegeben und führt stets dem Grat entlang Richtung Gipfel. In einzelnen Abschnitten ist das Gelände ziemlich luftig, der Fels aber meist tadellos. Eine Steilstufe im oberen Teil ist mit Eisentritten und Drahtseilen entschärft. Man erreicht schliesslich links einer kleinen Hütte durch ein mit Drahtseil gesichertes Wändchen die Terrasse des Säntishotels.

Tourengänger: Ivo66, Lena


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Kommentare (2)


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Peter23 hat gesagt: Ostgrat
Gesendet am 22. Mai 2018 um 09:48
Hoppla, das sieht aber grimmig aus unterhalb der Wagenlücke. Hat aber Mut und Können gebraucht. Dann versuche ich es demnächst über die Meglisalp/Wagenlücke oder halt zuerst über den Hüenerberg.

Wünsche Euch eine schöne Saison.
Peter

Ivo66 hat gesagt: RE:Ostgrat
Gesendet am 22. Mai 2018 um 18:29
Vielen Dank Peter - auch Dir eine gute Bergsaison!

Ja, der Weg über die Meglisalp ist zur Zeit vorzuziehen. Der Aufstieg vom Mesmer zur Wagenlücke dürfte gar noch heikler werden, wenn die Schneefeldbrücken dünner werden.

Herzliche Grüsse
Ivo und Lena


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