Tiefentaler Köpfe / Nordgrat über das Gurneck. Rustikale Runde unter der Benediktenwand


Publiziert von Vielhygler , 13. September 2017 um 00:09.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Bayrische Voralpen
Tour Datum: 8 September 2017
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 850 m
Abstieg: 850 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:P. ohne Gebühr. erreichbar über Benediktbeuern Ortsteil Gschwendt
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Unterkunftmöglichkeiten:Tutzinger Hütte. Jetzt Neu: mit Fußbodenheizung!
Kartennummer:DAV BY 11 Isarwinkel / Benediktenwand

Das Benediktenwandgebiet eignet sich für weglose Erkundungen besonders gut. Hier eröffnen sich ganz einsame Anstiegsmöglichkeiten auf nicht minder einsame Gipfel. Kürzlich haben mir die Tiefentaler Köpfe so gut gefallen, daß ich sie heute wieder aufsuchen will, allerdings über ihren     Nordgrat. Nach zwei weiteren, westlicheren Tiefentaler Köpfen möchte ich mich außerdem noch umsehen und hinterher Kaffee trinken auf der Tutzinger Hütte. Somit steht mir heute eine wirklich abwechslungsreiche Runde bevor. Und schon geht' s los mit der...

...Wegbeschreibung: Gschwendt - Brandenberger Hütte

 Ich starte am P. in  Gschwendt. Eine Straße führt, ausgeschildert mit "Tutzinger Hütte über Lainbachtal" immer den besagten Bach entlang nach Südosten. Das ganze zieht sich etwas, allerdings gibt es hier über die "Zähmung eines Wildbaches" ausgezeichnete Informationstafeln vom Wasserwirtschaftsamt Weilheim (siehe Info weiter unten). Beeindruckend fand ich am Weiterweg außerdem den Zusammenfluß von Schmiedlaine und Kotlaine: ein vor allem akustisches Highlight!
Flach zieht sich der Weg nun die Kotlaine hinauf und an der Söldneralmhütte sind insgesamt erst etwa 100 Hm absolviert. Dann endet die Straße an mehreren Kiesfurten und einem Schild "Baustelle". Es geht nun auf einem steilen und erosionsbedingt teilweise schmalen Karrenweg (AV-Weg 456 zur Tutzinger Hütte) weiter, der, immer hoch über der Kotlaine, erst kurz nach Nordosten und anschließend nach Südwesten ansteigt. Im Birkenmoos wird der Karrenweg wieder zu einer auch von KFZ befahrbaren Forstautobahn, die, für den Wanderer, immer noch mit "Tutzinger Hütte" beschildert, in Richtung Eibelsfleckalm weiterführen würde.
Nach ein paar Straßenschritten, immer noch im Birkenmoos , führen etwa am P. 994 m  zwei unbeschilderte Sraßenabzweige nach links. Der zweite führt zur Brandenberger Hütte, deren Hüttendach vom Abzweig schon zu sehen ist (siehe Foto und Bildkommentar). Von dieser Hütte aus habe ich mir den weglosen Anstieg über das Gurneck auf die Tiefentaler Köpfe zurechtgelegt.

Brandenberger Hütte - Gurneck (1196 m)

Der weglose Einstieg führt von der Hütte über die Straße in den Wald. Dort Nistkasten Nr.101, sowas amüsiert mich! Sanft ansteigend und einfach geht es nun bergauf, ein durchaus vergnüglicher, wegloser Anstieg. Zur Orientierung: immer, wenn der Wald auf der östlichen Gratseite deutlich abfällt, ist man richtig.
Am Gurneck schließlich flacht es aus und der Gipfel selbst hat keine Aussichten. Jetzt wird es in Richtung Tiefentaler Köpfe aber interessanter, denn der nunmehr etwas schmälere, deutlichere Grat besitzt eine Art Grenzschneise. Eine ganze Weile geht es nun schnurgerade und leicht aufwärts zu mehreren Wiesenterrassen, deren letzte schöne Tiefblicke auf die Tiefentalalm gestattet. Ein idealer Pausenplatz!

Der landschaftlich wunderschöne, aber rustikale Weiterweg am Nordgrat des Tiefentaler-Kreuzgipfels: so etwas muß man schon mögen!

Schroffe Felsen im weglosen Wald, das ist schon eine ganz besondere Szenerie! Spannend und für mich durchaus fordernd, was die Orientierung "nach Gefühl" betrifft. Ich bleibe stets so nah an der Grathöhe, wie möglich und suche Schlupfe. Aber wegen der Bäume, Felsen und Latschen ist der beste Weiterweg fast nirgendwo klar zu sehen. Links? Rechts? Manchmal gerate ich zwischen den Felsen in schöne, aber auch nasse und steile Grastrichter, einmal hieve ich mich eine schmierige Rinne (II) hinauf, nur um oben im Ausstieg zu sehen, daß direkt rechts unterhalb Gehgelände hinaufzieht. Morsche Baumstämme bewähren sich nicht besonders gut als Griffe, viel besser halten dünne, von Hand freigelegte, Wurzeln. Viele Steine kann ich einfach aus der Erde ziehen, andere wieder sind ganz zuverlässig. Rustikales Highlight war (Rucksack und Stecken voraus) eine schmale, erdige Kriechpassage unter einem Baumstamm durch...nun ja, sowas muß man schon mögen!
Anyway, Möglichkeiten gibt es hier sicher viele, bestimmt auch leichtere, aber ich bin, finde ich, insgesamt ganz gut durchgekommen. Eine weitere zerschlissene Jeans und ein durchlöchertes T-Shirt landen daheim im Mülleimer, aber was soll' s? Weglos Wandern ist alles in allem ein ganz billiges und außerdem äußerst lohnendes Hobby, auch wenn' s manchmal rustikaler zugeht!

Der Kreuzgipfel der Tiefentaler, die vergebliche Suche nach weiteren Tiefentaler Köpfen, die Tutzinger Hütte und der Ausklang auf der Brandenberger Hütte.

Schließlich erreiche ich schrofiges und angenehm gestuftes Gehgelände und schon kommt der Kreuzgipfel der Tiefentaler Köpfe in Sicht! Wie schön! Eine gemütliche Pause folgt...
Den kurzen, leichten Abstieg in eine Wiesensenke und die einfache Querung zu einem Elektrozaun wieder hinauf kenne ich schon aus meiner ersten *Tour auf die beiden höchsten Tiefentaler  (siehe dort).
Die Nachsuche nach weiteren zwei Tiefentaler Köpfen gestaltete sich dann leider nach Westen absteigend etwas frustrierend. Ich habe (siehe Fotos) einfach im überall gut zu gehendem Wald nichts mehr richtiges gefunden! 
Schließlich lande ich wieder aufsteigend in den Sattel nahe des schönen Südgipfels der Tiefentaler (1490 m), auf den ich noch einen Abstecher mache. Von dort gehe ich auf komfortablem AV-Weg, stets gut beschildert, über die Tutzinger Hütte, die Eibelsfleckalm und das Kotlainen- und Lainbachtal zurück zum Wander-P. in Gschwendt.
Einen Abstecher gönne ich mir allerdings noch als Ausklang: die Brandenberger Hütte mit ihrem Abschiedsblick auf den schönen Tiefentaler Kreuzgipfel.

Schwierigkeiten am Nordgrat?

Sehr gute Geher, unter anderem Jäger, Almerer, Waldarbeiter, richtige Bergsteiger (darunter etliche Hikr' s) und natürlich Gebietskenner, z.B. ortsansässige Gemsen, sprinten sowas wie den Tiefentaler Nordgrat natürlich rauf wie nichts.
Für Wanderer, zu denen ich mich zähle, liegt die Sache etwas anders. Ich habe mich auf diesem Grat, zumal als wegloser Alleingeher, sehr vorsichtig bewegt. Diese Vorsicht kann ich anderen Wanderern nur weiterempfehlen! Also: die Fußspitze kräftig in' s Gras hauen, alle "Griffe", auch herbstliche, feuchte Grasbüschel und Steine testbelasten und immer überlegen: komm ich notfalls genau hier auch wieder runter, denn "imfall", wie die Schweizer so schön sagen, muß man ja auch abbrechen können! Ein gewisser "Instinkt" für den jeweils besten Weiterweg und eine gut ausgeprägte Geländeerinnerung, falls man umkehrt, sind hier schon Voraussetzung. Keinesfalls hinaufpokern!
Gut sind für Alleingeher auf solchen, abgelegenen Wanderungen natürlich auch ein solides Back-up (meine Frau weiß immer sehr genau, was ich wie vorhabe) und in den etwas rustikaleren Passagen stecke ich das Handy eingeschaltet in die vordere Hosentasche, imfall...   

-----------------------Info: Wildbachlehrpfad Lainbachtal ---------------------------------

Lehrpfade sind à la: "Ich bin ein Baum und heiße Eiche" oft sehr kindlich und/oder fad. Ganz anders im Lainbachtal!
Das Wasserwirtschaftsamt Weilheim hat hier mit sehr gut bebilderten und betexteten Tafeln eine Art Freilichtmuseum errichtet. Die Informationen gehen weit über das eigentliche Thema, die "Zähmung eines Wildbachs" hinaus, man erfährt wirklich sehr viel mehr! Sinnvollerweise sind die Tafeln auch so aufgestellt, daß das Beschriebene, etwa Gesteinsschichten, Findlinge usw... gleich an Ort und Stelle besichtigt werden kann.
Und das Beste: es gibt auch einen "Museumskatalog" des Wildbachlehrpfades Lainbachtal mit allen Tafeln (für bessere Lesbarkeit auf "Originalgröße" gehen!).
Wie immer man zu Wildbachverbauungen steht, diese sachlichen Informationen werden auch Kritiker solcher Maßnahmen bereichern. Ich fand es jedenfalls gut, daß eine Behörde hier fundiert dokumentiert, was sie mit unseren Bächen und... mit unseren Steuergeldern tut!

Tourengänger: Vielhygler


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