Piz Roseg, 3937m - leider nicht ganz
|
||||||||||||||||||||||||
![]() |
![]() |
„der schönste Berg der Region“, „die schwierigste Normal-Route im Bernina-Gebiet“, „zu Unrecht einer der am wenigsten besuchten Gipfel im Bernina-Gebiet“ – dies sind alles Aussagen von Bergführern zum Piz Roseg.
Er ist in der Tat ein wuchtiger, imposanter Berg, von überall her zu sehen. Allein; die Route ist kompliziert und lang, verlangt einiges ab und schreckt wohl deshalb viele ab. In den vielen Jahren, in denen ich meine Ferien im Engadin verbringe, wurde der Wunsch irgendwann grösser, diesen formschönen Berg zu besteigen.
Die grössten Bedenken hatte ich bezgl. der heiklen Traverse von der Schneekuppe zum Hauptgipfel. Aber mein BF meinte am Vorabend, dass man sich den Hauptgipfel i.d.R. sowieso schenke und bei den warmen Temperaturen (und demzufolge weichen Schnee) sei der Hauptgipfel sowieso kein Thema. Aber es kam dann sowieso alles anders …
Mit dem Bike fuhr ich von Pontresina ins Val Roseg bis zum Hotel Roseg, wo ich mir ein kleines Mittagessen genehmigte. Danach stieg ich gemütlich bei schönstem Wetter den Wanderweg hinauf zur Tschierva-Hütte (2582m). Am Abend traf ich den BF Martin und wir besprachen den folgenden Tag.
03.00 Uhr Frühstück, 03.30 Uhr Abmarsch in finsterer Nacht. An das nächtliche Gestolpere im Geröll werde ich mich wohl nie gewöhnen ... Wir sollten heute die einzige Seilschaft am Piz Roseg sein, während ca. 20-25 Personen dem Biancograt entgegenstürmten ...
Die erste Herausforderung ist das Überqueren eines grossen Baches. Tönt zwar trivial, wird aber von Mal zu Mal komplizierter. Es folgte eine erste Gletscher-Überquerung, danach der eher mühsame Moränenaufstieg. Im Folgenden der komplizierte Aufstieg auf dem Vadret da Tschierva. Das Spalten-Labyrinth ist nicht ohne, das Eis bereits am frühen Morgen aufgeweicht, die Schneebrücken nicht vertrauenswürdig.
Man könnte meinen, dass man vom Fusse des Piz Umur direkt zu den Felsen des Eselgrates aufsteigen könnte. Davor sollte man sich jedoch hüten; man würde direkt auf die grosse Spaltenzone zusteuern. Anstelle dessen holten wir in einem grossen Rechtsbogen aus und stapften etwas mühsam im bereits tiefen Schnee voran.
Nach langen 3 ½ Std. erreichten wir schliesslich den Einstieg des Eselgrates. Nun folgte der schönste Teil der Tour; das Klettern in gutem Fels des Eselgrates. Von weitem sieht der Grat relativ harmlos aus, ist aber recht anspruchsvoll. In einem Auf und ab werden die Türme überklettert. Mir machte dies grossen Spass und hatte eigentlich nur an 2, 3 Stellen etwas Mühe. U.a. an der Schlüsselstelle, wo man sehr ausgesetzt ums Felseck klettern musste, praktisch ohne Griffe und Tritte – hätte ich ungesichert im Vorstieg niemals gemacht … Als ich die Stelle gemeistert hatte und beim BF ankam meinte dieser schmunzelnd „ja, das war die Schlüsselstelle“ ;-)).
Schliesslich erreichten wir nach ca. 2 Std. Kletterei den Ausstieg bzw. den Gletscher der Schneekuppe (2 Std. tönt nach viel, aber der BF sicherte überall ab, was zeitintensiv war). Fast alles Blankeis im ersten, steilen Aufstieg; dies spielte jedoch keine Rolle. Unterhalb des eigentlichen Aufstiegs auf die Schneekuppe, auf ca. 3600m erreicht man die letzte Querspaltenzone. Und genau diese sollte uns zum Verhängnis werden …
Bereits die letzten zwei Schneebrücken waren zweifelhaft. Nun standen wir vor der letzten Querspalte vor dem Aufstieg zur Schneekuppe. Diese Spalte war sehr breit und die Stelle, wo die letzten Fussspuren auszumachen waren, schien nicht mehr passierbar zu sein. Wir stapften der Spalte entlang um zu sehen, ob es andere Möglichkeiten gab. Da war jedoch nichts. Also gingen wir zu besagter Stelle zurück und der BF setzte eine Eisschraube, um sich dann auf den Knien vorzutasten. Er brach aber den Versuch ab, denn der völlig aufgeweichte Schnee hielt an dieser Stelle nicht (mehr); man wäre mind. 2m in die Spalte abgesackt.
Der BF sah keine Möglichkeit, über die Stelle hinwegzukommen, weshalb auf ca. 3600m Schluss war. Schade! Heute hätte ich den Gipfel (bzw. die Schneekuppe) gepackt, bei mir hat heute alles gepasst. Aber manchmal stoppen einen halt äussere Einflüsse.
Somit kehrten wir um, stapften zum Grat zurück und hielten erst mal eine längere Pause. Danach stiegen wir über den Grat wieder ab, bzw. seilten an insgesamt fünf Stellen ab. Der BF liess mich jeweils runter, danach seilte er sich selbst ab. Dies benötigte natürlich auch wieder entsprechend Zeit. Die letzte Abseilstelle führt direkt zum Bergschrund, welche je nach Bedingungen fast nicht überwunden werden kann. Ich dachte zunächst, ich könnte mich am Seil hinüberschwingen; es reichte aber nicht ganz. So musste ich mich aus dem „Loch“ etwas hochkämpfen; der weiche Schnee war alles andere als ideal. Trotzdem fand ich eine griffige Stelle und konnte mich hinüberhieven.
Der lange Gletschermarsch zurück war etwas ermüdend, die Moräne bei Sicht (im Gegenteil zum Morgen) dann problemlos. Eine letzte Gletscherüberquerung, ein letztes Hindernis (der Bach!), dann waren wir wieder zurück in der Tschierva-Hütte. Ich war selbst etwas überrascht, dass ich nicht mal richtig müde war ...
In der Hütte vernahmen wir von einem weiteren, tragischen Unglück am Biancograt (3 Leute abgestürzt, nachdem bereits am Vortag eine Frau abgestürzt war – zudem musste mind. eine Person im Mittelteil des Biancogrates ausgeflogen werden, was wir selbst beobachten konnten). Mindestens 2 Seilschaften sind deshalb am Bianco umgekehrt und wieder zur Hütte abgestiegen und haben der Polizei Bericht erstattet.
Nach einer Erfrischung stieg ich mit dem BF bis zum Hotel Roseg ab, wo wir uns verabschiedeten und individuell mit den Bikes nach Pontresina zurückfuhren.
Martin, herzlichen Dank für die kompetente Führung!
Fazit:
Klar bin ich enttäuscht, dass es nicht ganz zum Gipfel gereicht hat. Zumindest lag es nicht an mir; heute hätte alles gepasst - das Wetter, die Fitness, etc. Allein, heute war's wohl „höhere Gewalt“, dass es nicht reichte …
Ich war aber froh, hatte ich einen sehr erfahrenen BF an meiner Seite; ein „junger Draufgänger“ hätte es ev. auf Biegen und Brechen versucht …
Eine der ganz grossen Touren im Kanton GR. Sie ist „kompliziert“ (wie die BF sagen), beinhaltet aber alles, was das Hochtourenherz begehrt.
Bedingungen:
die Bedingungen waren diese Woche im Berninagebiet sehr schlecht; d.h. viel zu warm. Wenn die 0-Grad-Grenze bei 4500m liegt und man deshalb bereits um 6 Uhr morgens im Pflotsch läuft, ist das gar nicht gut ... Der BF meinte, dass z.B. der Verbindungsgrat vom Palü-Ostgipfel zum Hauptgipfel momentan sehr heikel sei, da im weichen Schnee gar keine richtige Spur mehr gelegt werden kann bzw. die gelegte Spur einfach absäuft ...
Bemerkungen:
obwohl ich den Gipfel nicht bestiegen habe, wollte ich den Wegpunkt „Piz Roseg“ trotzdem erwähnen, damit der Erfahrungsbericht in Bezug auf den Piz Roseg wieder gefunden wird.
Zahlen:
Bike Pontresina - Hotel Roseg: 38 Min., 6.6km
Hotel Roseg - Tschierva-Hütte: 1 Std. 50 Min., 5.4 km
Tschierva-Hütte - P.3600 - Tschierva-Hütte: 11 Std., 1300Hm, 23.5 km
Tschierva-Hütte – Einstieg Eselsgrat: ca. 3 ½ Std.
Eselsgrat: ca. 2 Std.
Tschierva-Hütte - Hotel Roseg: 1 Std. 20 Min., 5.4 km
Bike Hotel Roseg - Pontresina: 15 Min., 6.6 km
Er ist in der Tat ein wuchtiger, imposanter Berg, von überall her zu sehen. Allein; die Route ist kompliziert und lang, verlangt einiges ab und schreckt wohl deshalb viele ab. In den vielen Jahren, in denen ich meine Ferien im Engadin verbringe, wurde der Wunsch irgendwann grösser, diesen formschönen Berg zu besteigen.
Die grössten Bedenken hatte ich bezgl. der heiklen Traverse von der Schneekuppe zum Hauptgipfel. Aber mein BF meinte am Vorabend, dass man sich den Hauptgipfel i.d.R. sowieso schenke und bei den warmen Temperaturen (und demzufolge weichen Schnee) sei der Hauptgipfel sowieso kein Thema. Aber es kam dann sowieso alles anders …
Mit dem Bike fuhr ich von Pontresina ins Val Roseg bis zum Hotel Roseg, wo ich mir ein kleines Mittagessen genehmigte. Danach stieg ich gemütlich bei schönstem Wetter den Wanderweg hinauf zur Tschierva-Hütte (2582m). Am Abend traf ich den BF Martin und wir besprachen den folgenden Tag.
03.00 Uhr Frühstück, 03.30 Uhr Abmarsch in finsterer Nacht. An das nächtliche Gestolpere im Geröll werde ich mich wohl nie gewöhnen ... Wir sollten heute die einzige Seilschaft am Piz Roseg sein, während ca. 20-25 Personen dem Biancograt entgegenstürmten ...
Die erste Herausforderung ist das Überqueren eines grossen Baches. Tönt zwar trivial, wird aber von Mal zu Mal komplizierter. Es folgte eine erste Gletscher-Überquerung, danach der eher mühsame Moränenaufstieg. Im Folgenden der komplizierte Aufstieg auf dem Vadret da Tschierva. Das Spalten-Labyrinth ist nicht ohne, das Eis bereits am frühen Morgen aufgeweicht, die Schneebrücken nicht vertrauenswürdig.
Man könnte meinen, dass man vom Fusse des Piz Umur direkt zu den Felsen des Eselgrates aufsteigen könnte. Davor sollte man sich jedoch hüten; man würde direkt auf die grosse Spaltenzone zusteuern. Anstelle dessen holten wir in einem grossen Rechtsbogen aus und stapften etwas mühsam im bereits tiefen Schnee voran.
Nach langen 3 ½ Std. erreichten wir schliesslich den Einstieg des Eselgrates. Nun folgte der schönste Teil der Tour; das Klettern in gutem Fels des Eselgrates. Von weitem sieht der Grat relativ harmlos aus, ist aber recht anspruchsvoll. In einem Auf und ab werden die Türme überklettert. Mir machte dies grossen Spass und hatte eigentlich nur an 2, 3 Stellen etwas Mühe. U.a. an der Schlüsselstelle, wo man sehr ausgesetzt ums Felseck klettern musste, praktisch ohne Griffe und Tritte – hätte ich ungesichert im Vorstieg niemals gemacht … Als ich die Stelle gemeistert hatte und beim BF ankam meinte dieser schmunzelnd „ja, das war die Schlüsselstelle“ ;-)).
Schliesslich erreichten wir nach ca. 2 Std. Kletterei den Ausstieg bzw. den Gletscher der Schneekuppe (2 Std. tönt nach viel, aber der BF sicherte überall ab, was zeitintensiv war). Fast alles Blankeis im ersten, steilen Aufstieg; dies spielte jedoch keine Rolle. Unterhalb des eigentlichen Aufstiegs auf die Schneekuppe, auf ca. 3600m erreicht man die letzte Querspaltenzone. Und genau diese sollte uns zum Verhängnis werden …
Bereits die letzten zwei Schneebrücken waren zweifelhaft. Nun standen wir vor der letzten Querspalte vor dem Aufstieg zur Schneekuppe. Diese Spalte war sehr breit und die Stelle, wo die letzten Fussspuren auszumachen waren, schien nicht mehr passierbar zu sein. Wir stapften der Spalte entlang um zu sehen, ob es andere Möglichkeiten gab. Da war jedoch nichts. Also gingen wir zu besagter Stelle zurück und der BF setzte eine Eisschraube, um sich dann auf den Knien vorzutasten. Er brach aber den Versuch ab, denn der völlig aufgeweichte Schnee hielt an dieser Stelle nicht (mehr); man wäre mind. 2m in die Spalte abgesackt.
Der BF sah keine Möglichkeit, über die Stelle hinwegzukommen, weshalb auf ca. 3600m Schluss war. Schade! Heute hätte ich den Gipfel (bzw. die Schneekuppe) gepackt, bei mir hat heute alles gepasst. Aber manchmal stoppen einen halt äussere Einflüsse.
Somit kehrten wir um, stapften zum Grat zurück und hielten erst mal eine längere Pause. Danach stiegen wir über den Grat wieder ab, bzw. seilten an insgesamt fünf Stellen ab. Der BF liess mich jeweils runter, danach seilte er sich selbst ab. Dies benötigte natürlich auch wieder entsprechend Zeit. Die letzte Abseilstelle führt direkt zum Bergschrund, welche je nach Bedingungen fast nicht überwunden werden kann. Ich dachte zunächst, ich könnte mich am Seil hinüberschwingen; es reichte aber nicht ganz. So musste ich mich aus dem „Loch“ etwas hochkämpfen; der weiche Schnee war alles andere als ideal. Trotzdem fand ich eine griffige Stelle und konnte mich hinüberhieven.
Der lange Gletschermarsch zurück war etwas ermüdend, die Moräne bei Sicht (im Gegenteil zum Morgen) dann problemlos. Eine letzte Gletscherüberquerung, ein letztes Hindernis (der Bach!), dann waren wir wieder zurück in der Tschierva-Hütte. Ich war selbst etwas überrascht, dass ich nicht mal richtig müde war ...
In der Hütte vernahmen wir von einem weiteren, tragischen Unglück am Biancograt (3 Leute abgestürzt, nachdem bereits am Vortag eine Frau abgestürzt war – zudem musste mind. eine Person im Mittelteil des Biancogrates ausgeflogen werden, was wir selbst beobachten konnten). Mindestens 2 Seilschaften sind deshalb am Bianco umgekehrt und wieder zur Hütte abgestiegen und haben der Polizei Bericht erstattet.
Nach einer Erfrischung stieg ich mit dem BF bis zum Hotel Roseg ab, wo wir uns verabschiedeten und individuell mit den Bikes nach Pontresina zurückfuhren.
Martin, herzlichen Dank für die kompetente Führung!
Fazit:
Klar bin ich enttäuscht, dass es nicht ganz zum Gipfel gereicht hat. Zumindest lag es nicht an mir; heute hätte alles gepasst - das Wetter, die Fitness, etc. Allein, heute war's wohl „höhere Gewalt“, dass es nicht reichte …
Ich war aber froh, hatte ich einen sehr erfahrenen BF an meiner Seite; ein „junger Draufgänger“ hätte es ev. auf Biegen und Brechen versucht …
Eine der ganz grossen Touren im Kanton GR. Sie ist „kompliziert“ (wie die BF sagen), beinhaltet aber alles, was das Hochtourenherz begehrt.
Bedingungen:
die Bedingungen waren diese Woche im Berninagebiet sehr schlecht; d.h. viel zu warm. Wenn die 0-Grad-Grenze bei 4500m liegt und man deshalb bereits um 6 Uhr morgens im Pflotsch läuft, ist das gar nicht gut ... Der BF meinte, dass z.B. der Verbindungsgrat vom Palü-Ostgipfel zum Hauptgipfel momentan sehr heikel sei, da im weichen Schnee gar keine richtige Spur mehr gelegt werden kann bzw. die gelegte Spur einfach absäuft ...
Bemerkungen:
obwohl ich den Gipfel nicht bestiegen habe, wollte ich den Wegpunkt „Piz Roseg“ trotzdem erwähnen, damit der Erfahrungsbericht in Bezug auf den Piz Roseg wieder gefunden wird.
Zahlen:
Bike Pontresina - Hotel Roseg: 38 Min., 6.6km
Hotel Roseg - Tschierva-Hütte: 1 Std. 50 Min., 5.4 km
Tschierva-Hütte - P.3600 - Tschierva-Hütte: 11 Std., 1300Hm, 23.5 km
Tschierva-Hütte – Einstieg Eselsgrat: ca. 3 ½ Std.
Eselsgrat: ca. 2 Std.
Tschierva-Hütte - Hotel Roseg: 1 Std. 20 Min., 5.4 km
Bike Hotel Roseg - Pontresina: 15 Min., 6.6 km
Tourengänger:
Linard03

Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden
Kommentare (13)