Piz Roseg 3937m - Nordostwand
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Die Nordostwand des Piz Roseg war früher mal eine klassische Eiswand. Mit der drastischen Ausaperung führt die heute gebräuchliche Route nun mal links und rechts um die vielen Felshindernisse vorbei. So kann auch heute noch ein Grossteil im Firn/Eis gemacht werden, wobei aber die Hauptschwierigkeit meist in der Überwindung eines Felsriegels in der unteren Hälfte der Wand besteht. Als Vorteil des Eisschwundes darf die Reduktion der Eisschlaggefahr erwähnt werden, ob diese aber durch die erhöhte wieder Steinschlaggefahr wettgemacht wird, bleibt wohl im Ungewissen…
Im Juli 2009 stand ich auf dem Piz Morteratsch und erblickte zum ersten Mal in die Nordostwand des Piz Roseg. Eine schöne Wand mit homogener Steilheit von 50-60°, nur einmal durch einen Felsriegel unterbrochen. Von da an war diese Wand als Fernziel gesetzt, dass ich sie bereits nach weniger als zwei Jahren habe durchsteigen dürfen, hätte ich damals bestimmt nicht gedacht. Zu Beginn dieses Jahres habe ich mit einem guten Kollegen zwei mögliche Daten fixiert, während bei der ersten Option Neuschnee das Vorhaben verunmöglichte, so klappte die Durchsteigung diese Woche bei guten Bedingungen.
Zustieg und Biwak
Da der Winterraum der Tschiervahütte derzeit nicht zugänglich ist, beschlossen wir, unseren Aufenthalt im Gebiet mit einem Biwak zu bereichern. Nach einer Recherche im Internet wusste ich, dass dies in der Region von P.2814 beim Piz Umur gut möglich sein sollte.
Zusammen mit dem für diese Tour zwingenden Bike, nahmen wir für die Gletscherpassagen zu unvernünftiger Zeit auch noch Schneeschuhe mit. Für unsere Komfortansprüche mussten natürlich auch noch ein leichtes Zelt sowie Schlafsack und Matten mit. Mit dem mörderisch schweren sowie einer Velotageskarte bewaffnet trafen wir nach 3-4h Zugfahrt um 11:00 in Pontresina ein.
Der Weg in Richtung Tschiervahütte war angenehm flach, doch das Gewicht am Rücken forderte trotzdem zwischendurch eine Pause ein. Nach dem Hotel Roseg folgt noch etwas Bike-Strecke, danach versteckt man das Bike am besten irgendwo im duftenden Lärchenwald. Zu Fuss gings dann zügig zur Hütte, wo uns die Hüttenwartin zu unserer Überraschung frage, ob wir Übernachten wollten: Bedingt durch die Umbauarbeiten, ist die Hütte momentan innoffiziell (!) bewirtet (Ein kurzer Anruf wird es weisen…). Da wir unser Gepäck aber nicht umsonst hochgeschleppt haben wollte, lehnten wir höflich ab um marschierten weiter.
Wie erwartet, zeigte sich die Anhöhe bei P.2814 (787990 141085) als geeigneter Biwakplatz. Wir erreichten ihn dank den Schneeschuhen einigermassen schnell, wobei die letzten Hänge über mühsam verschneite Geröllhalden erklimmt werden mussten.
Als dann das Nachtessen anstand, bemerkte mein Kollege, dass er die falsche Gaskartusche mitgenommen hatte: Campingaz != Primus. Kalte Nudelsuppe und kalter Kartoffelstock gingen ja noch, aber die Polenta war in ihrer sandartigen Konsistenz SEHR gewöhnungsbedürftig.
Der Gipfeltag
Dank guter Ausrüstung hatten wir beide hervorragend geschlafen und wurden um 3:00 unsanft vom Wecker aus dem Schlaf gerissen. Das Morgenessen mit kaltem Porridge und Tee gestaltete sich eher ungemütlich und jeder Bissen war eine Tortur. Beim Loslaufen waren wir deshalb umso erstaunter, dass es bereits 03:50 war.
Die Schneedecke bis zum Einstieg war nur mässig gefroren, so schätzten wir auch hier wieder den Komfort der Schneeschuhe. Diese deponierten wir auf dem Gletscher, seilten uns los und marschierten nun mit zwei Eisgeräten mutig auf die Wand zu.
Nach dem problemlosen Passieren des Bergschrundes wird es steil, bald schon queren wir in gutem Trittschnee über ein Firnband nach links hinauf unter den berühmt-berüchtigten Felsriegel. Nach dem Studium diverser Berichte, wollten wir ihn möglichst link und nicht etwa bei der dünnsten Stelle durchsteigen. Mittels zwei Friend konnte ich einen guten Stand einrichten und war auch nicht wirklich unglücklich darüber, dass mein Kollege sich für den Vorstieg der ersten Länge anbot.
Der Fels ist in diesem Teil wirklich nicht schwierig (II-III), aber recht brüchig und gute Placements sind rar. Durch eine solide Firnauflage mussten wir aber nur wenige Stellen klettern. In der Mitte des Riegels machten wir nochmals Stand und ich stieg die zweite Seillänge über Fels, Firn und eine kurze ca. 70° steile Eisstufe hoch. Oberhalb des Riegels blieb mir dann nichts anderes übrig, als mittels T-Schlitz eine mässige Verankerung zu erstellen.
Der Weiterweg sah gut aus, so banden wir uns wieder aus und querten nun nach rechts aufsteigend unter am nächsten Felshindernis vorbei hinauf. Nachdem die Firnauflage immer dünner wurde und bald Blankeis zu sehen war, sicherten wir zwei volle Seillängen in der nun aufstiegsmässig nach links verlaufenden Route. Die zweite Seillänge war dabei die unangenehmste Passage der ganzen Tour, da wir hier kaum verfestigten Pulverschnee auf Blankeis hatten.
Bald wechselten die Bedingungen im nun steilsten Teil der Wand wieder in guten Trittfirn. In diesem konnten wir fast bis zur Schneekuppe aufsteigen, ganz am Schluss sicherten wir nochmals eine Seillänge in annäherndem Blankeis.
Gross war die Freude und laut die Jauchzer, als wir gegen 10:00 endlich den Ausstieg etwas links von der Schneekuppe erreichten. Wir konnten kaum glauben, dass diese herausfordernde Tour so gut geklappt hatte. Wir waren vorher nie zusammen in den Bergen gewesen, zum ersten Mal gemeinsam unterwegs klappte alles reibungslos, als wären wir schon lange ein eingespieltes Team.
Das wir nicht auf den Hauptgipfel steigen würde war von vorherein klar, so hielten wir uns nicht lange auf und begannen nach den Pflicht-Fotos sogleich mit dem Abstieg über den Eselsgrat. Wir hatten hier super Trittschnee und waren sehr bald beim ersten Felsturm. Dieser wird überstiegen, woraus etwas weiter eine kurze Abseilstelle folgt. Von dort ca 20m über den hier flachen Grat zur bestens eingerichteten Abseilpiste (Jeweils zwei verbundene Bohrhaken). So konnten mit wir 4x 50m abseilen plus einmal mit Schlinge+Maillon direkt den Gletscher erreichen.
In mühsamster Spurarbeit durch mehrschichtigen Bruchharst-Sulz-Schnee erreichten wir gegen 12:00 viel zu anstrengend die Schneeschuhe, mit denen wir dann aber schnell wieder beim Biwak waren. Dort hiess es schnell alles zusammenpacken und dann mit den wieder sehr schweren Rucksäcken Richtung Tschiervahütte abzusteigen.
Der Abstieg von P.2814 zum Gletscher war dann nochmals eine Herausforderung für sich. In den verschneiten Geröllhalden versank man zum Teil bis zum Bauch in irgendwelchen Löchern. Da half manchmal nur noch Rucksackausziehen und sich irgendwie auszubuddeln.
Der Rest ist schnell erzählt: Bei der Tschiervahütte gab es natürlich ein wohlverdientes Bier, es folgte der Abstieg zu den Bikes und dank des um 5min verpassten Zugs durften wir in Pontresina nochmals ein Bier geniessen.
Fazit: Für mich war es die bisher herausforderndste Tour. Nicht unbedingt technisch, aber an die Steilheit von bis zu 60° und die konstante Ausgesetztheit während längerer Zeit muss man sich erst mal gewöhnen. Während der Durchsteigung ergeben sich keine wirklichen Ruhepunkte, wenn man etwas aus dem Rucksack haben will, muss man das den Kollegen machen lassen. Im Sinne einer mentalen Vorbereitung war deshalb ich vorbeugend alleine durchs Chalttäli vom Vrenelisgärtli gestiegen, ich wollte damit sicherstellen, dass mein Kopf bei einem solchen Unternehmen auch mitmacht. Doch es hat wirklich alles super funktioniert, grossen Dank auch an meinen Seilpartner Martin!
Im Juli 2009 stand ich auf dem Piz Morteratsch und erblickte zum ersten Mal in die Nordostwand des Piz Roseg. Eine schöne Wand mit homogener Steilheit von 50-60°, nur einmal durch einen Felsriegel unterbrochen. Von da an war diese Wand als Fernziel gesetzt, dass ich sie bereits nach weniger als zwei Jahren habe durchsteigen dürfen, hätte ich damals bestimmt nicht gedacht. Zu Beginn dieses Jahres habe ich mit einem guten Kollegen zwei mögliche Daten fixiert, während bei der ersten Option Neuschnee das Vorhaben verunmöglichte, so klappte die Durchsteigung diese Woche bei guten Bedingungen.
Zustieg und Biwak
Da der Winterraum der Tschiervahütte derzeit nicht zugänglich ist, beschlossen wir, unseren Aufenthalt im Gebiet mit einem Biwak zu bereichern. Nach einer Recherche im Internet wusste ich, dass dies in der Region von P.2814 beim Piz Umur gut möglich sein sollte.
Zusammen mit dem für diese Tour zwingenden Bike, nahmen wir für die Gletscherpassagen zu unvernünftiger Zeit auch noch Schneeschuhe mit. Für unsere Komfortansprüche mussten natürlich auch noch ein leichtes Zelt sowie Schlafsack und Matten mit. Mit dem mörderisch schweren sowie einer Velotageskarte bewaffnet trafen wir nach 3-4h Zugfahrt um 11:00 in Pontresina ein.
Der Weg in Richtung Tschiervahütte war angenehm flach, doch das Gewicht am Rücken forderte trotzdem zwischendurch eine Pause ein. Nach dem Hotel Roseg folgt noch etwas Bike-Strecke, danach versteckt man das Bike am besten irgendwo im duftenden Lärchenwald. Zu Fuss gings dann zügig zur Hütte, wo uns die Hüttenwartin zu unserer Überraschung frage, ob wir Übernachten wollten: Bedingt durch die Umbauarbeiten, ist die Hütte momentan innoffiziell (!) bewirtet (Ein kurzer Anruf wird es weisen…). Da wir unser Gepäck aber nicht umsonst hochgeschleppt haben wollte, lehnten wir höflich ab um marschierten weiter.
Wie erwartet, zeigte sich die Anhöhe bei P.2814 (787990 141085) als geeigneter Biwakplatz. Wir erreichten ihn dank den Schneeschuhen einigermassen schnell, wobei die letzten Hänge über mühsam verschneite Geröllhalden erklimmt werden mussten.
Als dann das Nachtessen anstand, bemerkte mein Kollege, dass er die falsche Gaskartusche mitgenommen hatte: Campingaz != Primus. Kalte Nudelsuppe und kalter Kartoffelstock gingen ja noch, aber die Polenta war in ihrer sandartigen Konsistenz SEHR gewöhnungsbedürftig.
Der Gipfeltag
Dank guter Ausrüstung hatten wir beide hervorragend geschlafen und wurden um 3:00 unsanft vom Wecker aus dem Schlaf gerissen. Das Morgenessen mit kaltem Porridge und Tee gestaltete sich eher ungemütlich und jeder Bissen war eine Tortur. Beim Loslaufen waren wir deshalb umso erstaunter, dass es bereits 03:50 war.
Die Schneedecke bis zum Einstieg war nur mässig gefroren, so schätzten wir auch hier wieder den Komfort der Schneeschuhe. Diese deponierten wir auf dem Gletscher, seilten uns los und marschierten nun mit zwei Eisgeräten mutig auf die Wand zu.
Nach dem problemlosen Passieren des Bergschrundes wird es steil, bald schon queren wir in gutem Trittschnee über ein Firnband nach links hinauf unter den berühmt-berüchtigten Felsriegel. Nach dem Studium diverser Berichte, wollten wir ihn möglichst link und nicht etwa bei der dünnsten Stelle durchsteigen. Mittels zwei Friend konnte ich einen guten Stand einrichten und war auch nicht wirklich unglücklich darüber, dass mein Kollege sich für den Vorstieg der ersten Länge anbot.
Der Fels ist in diesem Teil wirklich nicht schwierig (II-III), aber recht brüchig und gute Placements sind rar. Durch eine solide Firnauflage mussten wir aber nur wenige Stellen klettern. In der Mitte des Riegels machten wir nochmals Stand und ich stieg die zweite Seillänge über Fels, Firn und eine kurze ca. 70° steile Eisstufe hoch. Oberhalb des Riegels blieb mir dann nichts anderes übrig, als mittels T-Schlitz eine mässige Verankerung zu erstellen.
Der Weiterweg sah gut aus, so banden wir uns wieder aus und querten nun nach rechts aufsteigend unter am nächsten Felshindernis vorbei hinauf. Nachdem die Firnauflage immer dünner wurde und bald Blankeis zu sehen war, sicherten wir zwei volle Seillängen in der nun aufstiegsmässig nach links verlaufenden Route. Die zweite Seillänge war dabei die unangenehmste Passage der ganzen Tour, da wir hier kaum verfestigten Pulverschnee auf Blankeis hatten.
Bald wechselten die Bedingungen im nun steilsten Teil der Wand wieder in guten Trittfirn. In diesem konnten wir fast bis zur Schneekuppe aufsteigen, ganz am Schluss sicherten wir nochmals eine Seillänge in annäherndem Blankeis.
Gross war die Freude und laut die Jauchzer, als wir gegen 10:00 endlich den Ausstieg etwas links von der Schneekuppe erreichten. Wir konnten kaum glauben, dass diese herausfordernde Tour so gut geklappt hatte. Wir waren vorher nie zusammen in den Bergen gewesen, zum ersten Mal gemeinsam unterwegs klappte alles reibungslos, als wären wir schon lange ein eingespieltes Team.
Das wir nicht auf den Hauptgipfel steigen würde war von vorherein klar, so hielten wir uns nicht lange auf und begannen nach den Pflicht-Fotos sogleich mit dem Abstieg über den Eselsgrat. Wir hatten hier super Trittschnee und waren sehr bald beim ersten Felsturm. Dieser wird überstiegen, woraus etwas weiter eine kurze Abseilstelle folgt. Von dort ca 20m über den hier flachen Grat zur bestens eingerichteten Abseilpiste (Jeweils zwei verbundene Bohrhaken). So konnten mit wir 4x 50m abseilen plus einmal mit Schlinge+Maillon direkt den Gletscher erreichen.
In mühsamster Spurarbeit durch mehrschichtigen Bruchharst-Sulz-Schnee erreichten wir gegen 12:00 viel zu anstrengend die Schneeschuhe, mit denen wir dann aber schnell wieder beim Biwak waren. Dort hiess es schnell alles zusammenpacken und dann mit den wieder sehr schweren Rucksäcken Richtung Tschiervahütte abzusteigen.
Der Abstieg von P.2814 zum Gletscher war dann nochmals eine Herausforderung für sich. In den verschneiten Geröllhalden versank man zum Teil bis zum Bauch in irgendwelchen Löchern. Da half manchmal nur noch Rucksackausziehen und sich irgendwie auszubuddeln.
Der Rest ist schnell erzählt: Bei der Tschiervahütte gab es natürlich ein wohlverdientes Bier, es folgte der Abstieg zu den Bikes und dank des um 5min verpassten Zugs durften wir in Pontresina nochmals ein Bier geniessen.
Fazit: Für mich war es die bisher herausforderndste Tour. Nicht unbedingt technisch, aber an die Steilheit von bis zu 60° und die konstante Ausgesetztheit während längerer Zeit muss man sich erst mal gewöhnen. Während der Durchsteigung ergeben sich keine wirklichen Ruhepunkte, wenn man etwas aus dem Rucksack haben will, muss man das den Kollegen machen lassen. Im Sinne einer mentalen Vorbereitung war deshalb ich vorbeugend alleine durchs Chalttäli vom Vrenelisgärtli gestiegen, ich wollte damit sicherstellen, dass mein Kopf bei einem solchen Unternehmen auch mitmacht. Doch es hat wirklich alles super funktioniert, grossen Dank auch an meinen Seilpartner Martin!
Tourengänger:
whannes

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